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Vorstellung Christian
Ja ihr habt natürlich alle Recht. Wenn man so gut verdient, hat man gefälligst nicht zu stehlen was man sowieso nicht tuen sollte. Das Risiko ist denen ja auch voll Bewusst, also sollte man es erst Recht lassen.
Es ist halt eher meine eigene Moral. Ich habe halt aus irgendwelchen Gründen das Glück in Deutschland geboren worden zu sein, Kind relativ wohlhabender Eltern zu sein, die mir außerodentlich viel ermöglichen. Insbesondere konnte ich immer viel reisen und habe dadurch gemerkt das es vielen Menschen finanziell nicht so gut geht wie mir. Auch viele Deutsch haben eine "härteres" Leben als ich.
Krass ist natürlich Lateinamerika. In Ecuador verhalf ich der Putzfrau (Susy) die bei der Familie wo ich wohnte putzte zu einem Job als Putzfrau bei der Friedrich Ebert Stiftung wo ich eine Praktikum machte.
Dadruch verdiente Susy den Mindestlohn von 360USD im Monat. (Das eine SPD Stiftung ihrer Deutschen Chefin ein Gehalt von 10.000USD +2000USD Mietgeld zahlt, eine Putzfrau aber mit 360 USD im Monat abspeist ist eine andere Geschichte) Viel wichtiger, Susy, hat aber quasi einen Job auf Lebenszeit und eine exzellente private Gesundheitsversorgung die komplett von der deutschen Stiftung gezahlt wird.
Das ist in Ecuador sehr wichtig, denn die meisten Hausangestellten sind nicht sozialversichert, sie müssen also in "Armenkrankenäuser" gehen.
Mit der Susy bin ich jetzt sehr gut befreundet sich nahm mich auch mehrmals zu ihrer Familie mit. Die leben wirklich in absoluter Armut, in einer Wellblechhütte mit Lehmfußboden.
Fast alle Familienmitglieder sind Putzfrauen oder Hausmeißter. Jeden Tag fahren diese Menschen also in Luxuswohnungen die oft auch Häuser in Deutschland in den Schatten stellen. Müssen für Menschen arbeiten, die sie weil sie arm und braun sind, respektlos behandeln. Am Abend kehren sie komplett erschöpft in ihre Hütten zurück. Von denen stiehlt keiner, weil das in Ecuador nicht so eine Nationalsport wie in Kuba. Außerdem verdienen sie ja ca. 300 USD wo mit man in Ecuador auch die Grundbedürfnisse einigermaßen befriedigen kann. Das ist ja auf Kuba mit 20USD nich möglich. Deshalb klaut ja jeder.
Oft wirft man ihnen aber vor zu stehlen um sie zu entlassen. Aber das ist auch ne ander Geschichte.
Die Schwester von Susy, Liliana hat 5 Kinder. Ihr Mann hat sie sitzengelassen. Sie muss von ihrem kargen Gehalt 5 Mäuler ernähren.
Ihr äteste Tochter wurde mit 14 schwanger und hatte als ich 2013 da war gerade das Baby bekommen. Abtreibungen sind natürlich illegal. Ihr Freund der Vater kifft, dadurch hatte das Baby einen Gehirnschaden.
Liliana arbeitet nur so als Putzfrau ist also nicht sozialversichert, ihre Kinder auch nicht. Also mussten sie mit dem kleinem Jorge in das Armenkrankenhaus für Kinder.
Er wurde nicht als Notfall eingestuft, sie mussten 2 Tage warten bis sie vorstellig werden konnten.
Die Diagnose war vernichtend, der Junge wird sein leben lang schwer geistig behindert sein. Dafür hat die Familie aber eigentlich kein Geld. Sie brauchen ein Famileinmitglied was arbeitet und zum Einkommen beiträgt.
Das alles hat mich damals schwer mitgenommen. Es hat mir auch wirklich die Augen geöffnet, wie gut es mir und uns eigentlich geht.
Danach bin ich nach Kuba gegangen und habe dort ein Semester in Havanna studiert. Auch dort erlebte ich einem Land wor arm und reich aufeinanderprallen. Ein Land mit übervollen Hotelbuffets und leeren Kubi Kühlschränken. Ein Land mit einer greisen Regierung, die irgendwas von Sozialismus faselt, und sein Volk zu Hungerlöhnen arbeiten lässt. Eine Regierung, die sich von Melia fürstlich für Hotelangestellte entlohnen lässt und ihnen eine Hungerlohn zahlt.
Es ist auch eine Regierung, die für schwere Menschenrechtsverletzungen verantwortlich ist. Ich war mal 2 Jahre in einer Amnesty International Studentengruppe aktiv. Dadurch weiss ich das die Gefägnisse in Kuba quasi ein rechstfreier Raum und nach allen Maßstäben eine Katastrophe sind. Kuba ist das einzige Land in Lateinamerika was dem Roten Kreuz Gefägnis-Besichtigungen verweigert. Dafür gibt es auch gute Gründe, weil die Schlagzeilen wären noch tausendmal schlimmer als stehlende Hotelangestellte. Bei Amnesty berichtet man von Schägen, Nahrungsentzug, Willkür, überfüllten Zellen,schlimmer Hygiene, und winzigen Strafzellen. Das sind aber nur "Berichte" von Häftlingen die nicht überpürft werden können, weil keine Beobachter zugelassen werden. Es gibt aber sehr viele solcher Berichte. Auch werden wohl politische Häftlinge nach guter Soviet-Manier zu Mördern und Vergewaltigern gesperrt um sie zu brechen.
Ich kann es nicht verantworten jemanden für 50 CUC in diese Hölle zu schicken. Wenn ich verletzt werde, dann natürlich schon. Vielleicht auch für 200+ CUC oder meinen Laptop mit meiner Masterabreit drauf(dann bestimmt)
Ich finde das einfach unverhältnißmäsig. Ich sehe ein, ich hätte das nicht als gemein und asozial bezeichnen sollen, schließlich habe die Geschädigten ja nur auf ihrem Recht bestanden. Daran ist nix falsches.
Ich war in dem Moment aber einfach entsetzt, dass manche als finanziell gut situierte Deutsche, bereit sind einem Menschen für 50 CUC sehr viel Leid zuzufügen. 50 CUC weniger schadet uns nämlich nicht wirklich, wenn wir ehrlich sind. Sonst könnten wir nicht nach Kuba fahren.
Ich habe halt in Lateinamerika leider genug wohlhabende Menschen kennengelernt die aus einer komfortablen Position auf ihr Recht bestehen, und damit vielen Menschen unverhältnismäßig viel schaden.
Ich bin vielleicht jung und naiv, aber ich bin der Meinung das wir alle mal mehr über die Konsequenzen unseres Handeln nachdenken sollten.
Das sollten natürlich auch die Hotelangestellten tun. Und man sollte diese Klaumanier nicht noch bestärken.
Aber sind wir doch mal ehrlich. Wie Chrsitian schreibt tuen das ja fast alle sehr oft. Eine arme Socke (der Minibarman) muss dann richtig büßen. Wie ist denn das bitte gerecht? Das ist einfach nur traurig.
Ja es geht den Hotelangestellten relativ gut! Aber sie sind trotzdem richtig arm, verglichen mit uns. Außerdem klauen ja alle, da wird es dann richtig schwer sein da nicht mitzumachen.
Wie bei einem russichen Roulette, gerät eine/r dann an einen Touri der sich nicht verarschen lässt. Das wars dann für sie/ihn. Ab in einen Horror Knast für Jahre. Ein Leben zerstört.
Die anderen klauen munter weiter. Wir fahren nach Hause, erzählen im Forum stolz, das wir uns nicht verarschen lassen.
Was für eine Welt!
Hallo Timo, Du wirst jetzt bestimmt sauer auf mich sein, egal.
Dein " Geschreibsel" ist reiner Studentenschxxx.
Wie hat mein Opa früher schon gesagt:
Mit Geld in den Taschen kann ich auch ein guter Sozialist sein!
Ich würde Dir glauben, wenn du eine Studentensauftour im Jahr weniger machen würdest und das Geld spenden würdest. Ich glaube aber, da hört bei dir die Solidarität auf.
Oder mit den Worten der Kirche:
Gebt den Armen Geld aber nicht aus meinem Portmonaie ha ha
#105 RE: Vorstellung Christian
Zitat von santana im Beitrag #104
falko ,bin da anderer meinungwie du,der junge mann macht sich wenigtes Gedanken über das in den letztenjahren an Ungerechtigkeiten auf dem planet passiert,was ich bei den meisten vermisse.
Ha ha Gedanken machen. Die mache ich mir auch,kost ja nix, man muss sich nicht einschrenken, wenn ich damit fertig bin, geniesse ich wieder das süsse Studentenleben...
Ich nenne so etwas scheinheilig.
#106 RE: Vorstellung Christian
50 CUC pro Zimmer,bei 12 Zimmern,alle vierzehn Tage wechseln die Gäste,macht 1200 CUC im Monat.Damit lebt man sehr gut auf Cuba und ist einfach nur kriminell.In jedem Land der Welt.Aber so jemanden willst du,Timo,ja den Knast ersparen.
#107 RE: Vorstellung Christian
Das Thema ist ja irgendwie ein Witz. Welcher normale Mensch läßt sich denn (falls er es sofort bemerkt) beklauen. In meinem Bekanntenkreis kenne ich keinen. Ein guter Freund von mir ist steinreich, er macht aber keine Welle. Für ein Hospiz hier spendet er jährlich einen großen Betrag. Auffällig sind nur seine extrem coolen Autos und seine Kleidung. Seine Frau sieht natürlich auch nicht aus wie eine Wachtel. Aber falls ihm jemand 10.00 EUR "klauen" würde, würde er sofort die Polizei anrufen (falls er nicht vorher ausrasten würde) .
----- natütlich bezogen auf STEHLEN !!
Hi@all!
Zitat von Timo im Beitrag #90
Also ich würde 50 CUC die mir im Hotel geklaut werden zwar versuchen wiederzubekommen, (ist mir auch schon mal passiert) aber ich finde es absolut nicht in Ordnung die Polizei in einem Unrechtsstaat wie Kuba einzuschalten.
Versetzt euch mal in die Lage der Putzfrau. Du bekommst einen Hungerlohn und musst jeden Tag "Superreichen" hinterher putzen. Vielleicht hat sie gestohlen weil jemand krank war oder was auch immer.
Sie für 50 CUC in eine kubanischen Gammelknast zu stecken und ihr Leben zu zerstören finde ich gemein und selbstsüchtig.
Nennt mich ruhig einen linken Idealisten aber das ist meine Meinung!
Als mir 50 CUC gestohlen wurde habe ich den Manager eingeschaltet und ihm 20 CUC versprochen wenn er nicht die Polizei einschaltet. Schwupps hatte ich das Geld wieder.
Obwohl ich Deine Meinung Grundsätzlich nicht teile, in dem oben beschriebenen Fall haben wir den örtlichen
PolizeiChef informiert, aber darum gebeten es bei einer (kleinen) Strafe zu belassen.
Er bekam daraufhin eine Multa von 1500 CUP und wenn ich richtig verstanden habe eine Verwarnung (Carta de Advertencia).
Ich bin wohl doch einMenschenfreund, denn eigentlich hatte diese Ratte es nicht verdient.
Immerhin hatte ich ihm im letzten Jahr ein paar Tauch Flossen geschenkt.
Vielleicht auch etwas Selbstschutz, weil ich dann vielleicht noch Zeit verloren hätte
auf diversen Amtsstuben.
joerg
nico_030
(
gelöscht
)
#109 RE: Vorstellung Christian
Hi@all!
@Timo!
Auch wenn Du Dich zum Thema äusserst, dieser Ellenlange, nichtssagende Beitrag ist
eigentlich nur Spam und verwässert diesen hoch interessanten Thread.
Du wirst es nicht mehr kennen, früher stand in jeder Telefonzelle geschrieben:
"Fassen sie sich kurz".
joerg
Guten Morgen,
ich sehe, das das letzte Thema sich weiter entwickelt hat und wenn ich dazu komme kann ich heute Abend vielleicht noch etwas dazu schreiben.
Für den Moment möchte ich von den unerfreulichen Erlebnissen auch mal zu den schönen Seiten wechseln, die es ja zweifelsohne auch auf Kuba gibt.
Ich habe mir in etwa 25 Jahren als Autodidakt den Gitarrenbau selber beigebracht, habe auch dem ein und anderen Meister mal über die Schulter sehen dürfen und das hat letztlich dazu geführt, das ich heute in der Lage bin, hochwertige Klassik, Western oder E-Gitarren zu bauen. Ich bin Werkzeugmäßig schon sehr gut ausgestattet und habe mir im Lauf der Jahre alles zugelegt was man zum Instrumentenbau benötigt.
Eine richtige Leidenschaft ist das geworden. In Deutschland konnte ich ihr nur begrenzt nachgehen, aber jetzt auf Kuba habe ich auf dem Dach und dem neu erbauten casita einen Platz wo ich mich so richtig austoben konnte. Ich hatte noch Tonholz, das ich vor zwanzig Jahren in Deutschland gekauft hatte und ich bekam immer wieder mal von einem befreundeten Schreiner in unserem barrio ein paar schöne Stücke Holz.
So fing ich an wieder Instrumente zu bauen. Erst für meine Frau, dann aus ganz gutem Holz ein Nachbau einer Torres Gitarre. Zu dieser Zeit hatte ich schon den Kontakt zu einem Gitarristen aus Holguin, der eine Cover Band leitete und der ab und zu vorbeikam.
Kennen gelernt hatte ich ihn als ich aus der Stadt zurücklief und von irgendwo her Blues hörte. Ich blieb stehen und entdeckte ihn in einer Garage. Ich sah ihm zu, er sah mich an und spielte weiter. Komm her sagte er dann, setz dich, trink einen Kaffee mit mir. Wir kamen ins Gespräch und so entstand eine Freundschaft. Er hatte mal in Belgien gelebt und sprach auch ein wenig deutsch. Von dort hatte er sich alle Instrumente mitgebracht die er in seiner Band einsetzte.
Ich habe einige Reparaturen an seiner Ibanez gemacht, er war froh, das ich sie ihm wieder spielbar gemacht hatte.
Nun eines Tages kam er bei mir an und hatte noch einen Mann dabei, der zwei Gitarren Koffer trug. Er stellte ihn vor und sagte, er hat ein Problem mit seinen Gitarren, vielleicht kannst du helfen. Er war klassischer Gitarrist und wie ich später erfuhr nicht irgendeiner, sondern einer der Besten auf Kuba. Er machte die Koffer auf, bei einer Gitarre war der Kopf abgebrochen, bei der anderen, einer teuren Ramirez musste man neu bundieren.
Kann ich machen sagte ich, lass sie hier. Hier entstand eine Freundschaft, die mir ziemlich viel bedeutete. Unsere Familien trafen sich im weiteren verlauf des Öfteren, zu Geburtstagen oder nur zum Essen und er lud uns auf seine Konzerte ein und auch auf Konzerte von bekannten ausländischen Gitarristen, die er während ihres Aufenthaltes zu betreuen hatte. Er war lange Zeit der Leiter der klassischen Gitarrenakademie von Holguin. Auch brachte er uns mit bekannten kubanischen Schriftstellern zusammen und anderen Musikern, die auf Kuba einen Namen hatten. Er war persönlich befreundet mit Leo Brauer, aber auch mit dem ehemaligen Stadtchef von Holguin und dem heutigen zweiten Mann hinter Raul Castro, Diaz Canel.
Er hatte einen gewissen Einfluss in der Schriftsteller und Künstlerorganisation UNEAC und brachte mich einmal mit dessen Präsident zusammen, als ich eine Idee hatte, klassische Gitarren aus einheimischen Hölzern zu bauen. Ich schrieb eine kleine Abhandlung, aus der die Kosten ersichtlich waren, benannte die Hölzer und Materialien um aufzuzeigen, das es möglich ist viel günstiger solche Instrumente zu bauen als sie zu importieren. Der letzte Einkauf wurde von einem Parteimitglied in China getätigt, der 20 klassische Gitarren mitbrachte, alle unbrauchbar.
Zugegen war auch ein kanadischer Gitarrenbauer, dem meine Gitarre sehr gefiel und der sie fotografierte und sie dann in Facebook einstellte, da ist sie glaube ich heute noch drin. Er schätzte sie auf $ 5000.- Dollar, was mich zwar stolz machte, aber wie ich heute noch glaube über das Ziel hinaus schoss.
Als ich an dieser Gitarre baute, sagte ich zu ihm, wenn sie fertig ist möchte ich das du sie spielst. Er freute sich und war ganz ungeduldig das Ergebnis in Händen zu halten. Als es dann soweit war, gab ich sie ihm schon lange vor einem wichtigen Konzert , damit er sich einspielen konnte. Dann lud er uns zum 1. Concierto de la Hispanidad in Holguin ein. Vor 200 Leuten spielte er und noch andere Künstler Musik aus Cuba und spanischer Komponisten. Er stellte mich vor, als Erbauer dieser Gitarre und begann zu spielen. Ich saß da und war ganz nervös, hoffentlich bricht jetzt nichts ab oder reißt oder geht kaputt dachte ich, aber alles hielt. Es war ein Erfolg für ihn. Wir waren nachher noch zusammen bei Ihm und ich sagte meiner Frau das ich ihm die Gitarre schenken möchte, weil bei uns schon 5 an den Wänden hängen. Als ich das dann machte war er völlig baff und bleich, ich sagte nur, ich kann sie mir in keinen besseren Händen vorstellen als in deinen.
Hier ging es nicht um einen materiellen sondern um einen ideellen Wert. Und ich habe auf Kuba schon einige Sachen verschenkt die Wert hatten, aber immer nur um Jemand eine Freude zu machen und mir letztlich auch. Diese Leidenschaft von mir hat mir neue Kontakte gebracht und viel Spaß. Ich habe andere Instrumentenbauer kennen gelernt und gesehen mit welch bescheidenen Mitteln sie Instrumente bauten, ich war manchmal wirklich verblüfft.
Es kamen immer öfter Musiker zu mir , die mich nach Instrumenten oder einer Reparatur fragten. War jemand in unserem Viertel und fragte nach einem Deutschen der Gitarren baut, wusste fast Jeder das ich das war.
Das habe ich gemeint als ich sagte, man war plötzlich integriert und akzeptiert, dieses Gefühl stellt sich irgendwann ein und erzeugt diese innere Zufriedenheit die, ich in Deutschland schon lange verloren hatte. Ich fand mich da nicht mehr wahrgenommen, nicht mehr wichtig, nur noch zu funktionieren hatte ich, ruhig sein und Mund zu machen. Abnicken, entscheiden tun andere, Linie halten und danach abtreten bis zum nächsten Tag. Und wie lange soll das jetzt noch gehen? Bis 66, och nee, da geh ich schon mal etwas vor Kollegen, da war ich 46.
Ich hatte auf Kuba was zu tun wo ich mich reinwühlen konnte, es hätte klappen können wie falko es schon richtig sagte, die Chancen standen 50 : 50.
Aber noch ging es mir gut und immer wieder mal gab es eine Überraschung. Mein Schwiegervater einer meiner besten Freunde dort und sportbegeistert wie ich wollte mich mal überraschen und hat sich was ganz besonderes einfallen lassen. Als ehemaliger Boxer saß ich natürlich bei den kubanischen Amateurmeisterschaften immer vor dem Fernseher, habe sie auch mal selber in Havanna mit angesehen. Ich habe mir dann auf dem Dach noch einen Fitnessraum hingestellt wo alle meine Sportgeräte rein gingen. Laufband, Boxsack, Gewichte und Kraftgerät. Ich war häufig da drin zugange, mein Schwiegervater hat nur den Kopf geschüttelt und mich als verrückt bezeichnet.
Eines Tages kam er dann am Nachmittag mit einem Schwarzen an und sagte, wir wollten zu dir und er wollte dich persönlich begrüßen. Ich dachte nur, wie spricht er auf einmal. Wer ist das fragte ich, das ist Mario Kindelan, Doppelolympiasieger von Sydney und Athen. Ich sah bestimmt ziemlich komisch aus in diesem Moment, gibt´s das auch. Wir begrüßten uns und setzten uns erstmal auf die Terrasse. Ich wusste zwar das Kindelan aus Holguin stammt und auch hier wohnte, aber ich hatte ihn noch nicht gesehen.
Mein Schwiegervater wohnt nur drei Häuser weiter und sie sehen sich öfter mal und da hat er einfach gefragt ob er mal mitkommen wolle, es gibt auch was zum Essen und zu trinken.
Das war vielleicht eine Überraschung. Wir haben übers Boxen gesprochen und meinen Fitnessraum angesehen, das war wirklich ein Erlebnis und ein paar Schläge gegen den Sack sind wir auch noch losgeworden. Das hat ihm gefallen, die Boxer hier schlagen gegen Lkw Reifen sagte er noch.
Solchen Leuten kann man auf Kuba eigentlich überall begegnen. Es gibt keine Berührungsängste, normales Verhalten, häufig ahnt man gar nicht, wen man da vor sich hat.
Nach Jahren dann hat man viele Kontakte geknüpft, Bekanntschaften gemacht und Verbindungen zur Hand, das man sich im kubanischen Alltag fast wie ein Kubaner bewegt. Es kommt einem so normal vor wenn man die alltäglichen Dinge erledigt, das man gar nicht mehr darüber nachdenkt. Das ist genau der Punkt den es zu erreichen gilt sagte mir ein Freund, ich sehe das genau so. Deine Zurückhaltung weicht einem Selbstbewusstsein das deine Bewegungen auch signalisieren. Du kannst dich sprachlich jederzeit artikulieren und fühlst dich sicher im Umgang mit Menschen. Du spürst die Akzeptanz deiner unmittelbaren Umgebung, auch weil du gezeigt hast, das du helfen und akzeptieren kannst. Eigentlich bist du jetzt angekommen.
Du hast deine Frau, zwei Kinder, du hasst endlich wieder eine Familie, damit meine ich alle die dazugehören, ( in Deutschland habe ich keine mehr ),so könnte das jetzt immer weitergehen.
Aber das wäre zu einfach für Kuba. Meine Schwiegermutter hatte sich zwischenzeitlich mit einem jüngeren Nachbarn liiert und bald wohnte er bei ihr. Er war freundlich und hilfsbereit und man trank ab und zu ein Bier. Auf der Finka half er ebenfalls und ich muss sagen, an ihm sah ich wie man sich im kubanischen Leben bewegt. Er hatte überall Verbindungen, er konnte sehr schnell Dinge organisieren oder Probleme entschärfen, ich erkannte wie wertvoll das war. Einzig das Geld war etwas knapp und führte immer wieder zu Streitigkeiten. Meine Frau schlug vor ihnen eine Möglichkeit zu geben ein Einkommen zu haben. Dazu wollte sie ein Pferd von der Finka nach Holguin holen und noch einen Einachser Wagen dazukaufen. Der Freund könnte dann damit Material fahren, so machen es viele hier und man kann durchaus davon leben. Das Pferd wurde bei einem Nachbarn untergestellt, der Wagen, ganz neu wurde gekauft. Der junge Mann schaffte sich einen Vorrat an Sand und Feinkies an den er dann bei Bekannten lagerte und von dort an die Baustellen liefern sollte. Meine Frau hätte das Pferd aber erst in Buenaventura abmelden müssen und auch noch mal untersuchen lassen, ob es gesund ist, aber jetzt war es schon in Holguin. Eigentlich ein Delikt. Wir bezahlten für den Unterstand CUC 10.- pro Monat auch bekam es Futter. Der Vermieter hatte selber lange dieses Geschäft gehabt und kannte sich mit Pferden aus. Nach Wochen fragte ich mal nach wie das so läuft, ich erfuhr das das Material zu teuer ein und zu billig verkauft wurde, da lohnt sich ein ausliefern nicht mehr. Der Freund saß fast immer zu Hause herum und ich fragte wieder, was macht er eigentlich. Wir holen dieses Pferd hierher, du hast nur rum Lauferei und ich sehe nicht das der sich bewegt. Dann kam er an das wir einen anderen Wagen brauchen, das Pferd kommt mit einer Achse nicht klar, die seitlichen Bügel schlagen immer zu hoch. Der Vermieter hat einen zwei Achser den er verkaufen möchte. Ich sagte nur, das ich jetzt gar nichts mehr kaufe. Zu meiner Frau sagte ich, wie stellt er sich das vor? Im Portal die Füße hoch und am Abend das Geld zählen oder wie? Dann erfuhren wir das die Beiden Interesse hatten diesen Wagen zu verkaufen und scheinbar des Öfteren zusammensteckten. Später stellten wir fest, das das Pferd nicht mehr da war. Wir fragten den Vermieter was ist los. Er druckste herum, das der Freund das Pferd einem Kutscher überlassen hatte, der am Stadtrand lebte. Er bekomme täglich sein Geld. Wie schön, aber bei der Schwiegermutter kam nichts an. Wir haben ein privates Taxi geholt und haben dann das Pferd gesucht. Irgendwann haben wir es gefunden, in einem Unterstand, weit außerhalb, in einem ziemlich schlechten Zustand. Meine Frau gab sich als Besitzerin aus und nach einiger Zeit hatten die das auch kapiert. Ich fragte, wer ist für diesen Zustand verantwortlich, sieh dir das Pferd an, aufgescheuerte Seiten, was habt ihr mit dem Kopf gemacht blutige Stellen und wie das überhaupt dasteht abgemagert, stumpfes Fell. Die Schuld wurde dem Freund zugeschoben, es sei schon so angekommen. Man hätte nicht viel damit gearbeitet.
Wir lassen das Pferd abholen sagte ich, lass es hier stehen.
Wir wieder zurück und zum Freund, wir fragten hast du das Pferd gesehen, in einem erbärmlichen Zustand, haben wir es dafür hergeholt. Du holst jetzt augenblicklich das Pferd dort ab und bringst es hierher. Was er auch machte, die ganze Straße hat das Pferd gesehen, ich wurde noch Tage danach gefragt was passiert sei und ob ich das gesehen hätte wie das Tier aussah. Wir haben uns keinen Gefallen damit gemacht, die Straße war gegen die Familie des Freundes schon länger voreingenommen und jetzt hatten ausgerechnet wir ihm die Chance eröffnet und der blamiert uns bis auf die Knochen, ich war sauer wie schon lange nicht mehr.
Das Pferd wurde wieder eingestellt und ich sagte beiden Männern, verkauft den Wagen, das Geschäft wird geschlossen. Meine Frau kontaktierte den Campesino, der das Pferd wieder abholte und selber erschrocken war über den Zustand.
Als der Wagen verkauft war erfuhren wir das nicht sofort, den ich hätte ja das Geld bekommen müssen. Ich also wieder rüber in den Stall, da stand der Freund mit ausgebeulten Hosentaschen. Ich sagte Wagen verkauft wie ich höre, und das Geld. Er zog dicke Geldbündel aus der Hose und gab sie mir. Ich bin sicher gerade noch rechtzeitig gekommen zu sein. Auch so ein Fall, da gibt man Jemand die Möglichkeit ein Einkommen zu erzielen, kauft einen Wagen, gibt ein Pferd, er muss nichts investieren und was macht er, nichts. Es ging ihm um ein bequemes Leben, er suchte den Kontakt zur Schwiegermutter, damit er an uns rankam.
Dazu gehört schon etwas mehr Phantasie und Ausdauer, wir haben dabei nichts verloren, aber ich hatte wieder etwas mehr dazugelernt. Diese kleinen Geschichten durchsetzen meine 8 Jahre immer wieder, plötzlich tauchen sie auf, unscheinbar, kaum zu erkennen, nur mit dem einen Ziel, irgendwie an unserem angeblichen Reichtum zu partizipieren.
Bis heute Abend eventuell
Tschüss Christian
#112 RE: Vorstellung Christian
Zitat von hombre del norte im Beitrag #100Zitat von Puncher im Beitrag #99
sie machen es ohne zwischen Aufwand und Nutzen und Risiko abzuwägen.
Das ist wirklich das Traurige. Weil es so weit verbreitet ist. Damit fügen sie nicht nur anderen, sondern auch sich selbst Schaden zu. Warum nur?
Ich für meinen Teil bin zu dem Schluss gekommen, dass man Kubaner nicht mit unseren Augen sehen darf - insbesondere darf man sie nicht mit unseren Moralvorstellungen messen.
Den täglichen Kampf um das ganz normale Überleben lernen die Kinder von klein auf. Das - aus unseren Augen - gestörte Verhältnis der Kubaner zum Eigentum trinken sie also mit der Muttermilch.
Man sollte sie mögen, die Kubaner, und großzügig Nachsicht üben, insbesondere, wenn man mit Ihnen leben will.
Die letzten zwei Beiträge von Flipper und Timo treffen den Nagel auf den Kopf, besser kann man es nicht zusammenfassen.!!!!
Lasst mich noch einige Bemerkungen zu den letzten Beiträgen machen, die ich mit selbst erlebtem untermauern möchte.
Es ist natürlich nicht so…, das alle Bediensteten eines Hotels stehlen. Es sind einige wenige die sich aber sehr gut organisieren. Meine Frau sagte immer, das ist eine ganze Kette von Mitarbeitern die daran beteiligt sind. Sie selber hat nicht gestohlen sagt sie, mir fehlte die Courage. Aber sie hat häufiger Geldbörsen in Schubladen gefunden, auch Schmuck der offen
Auslag und Tresore die offen standen. Sie bekam Lebensmittel aus der Küche und hat sich dort mit den Köchen und Chefköchen gut gestellt, was ich bei den Besuchen in den Hotels selber sah.
Wurden zum Beispiel Lebensmittel mit nach Hause genommen, dann war normalerweise der Koch involviert und der Wachmann am Personaleingang. Normalerweise haben die Bediensteten dem Koch die Waren für wenig Geld abgekauft und dann noch dem Wachmann was abgegeben, oder sie machten es auf eigene Rechnung. Es gab für alle Restaurants und Gourmet Bereiche verantwortliche Köche, die nur noch dem Chefkoch unterstanden und der kam fast ausnahmslos aus Spanien. Es wurden im Lauf der Jahre immer wieder Köche ausgetauscht, weil es zu Unregelmäßigkeiten kam. Meine Frau brachte Rindfleisch und guten Fisch, europäischen Käse, Schinken und Wurst mit nach Hause, Dinge von denen ein normaler Kubaner nur träumen konnte. Es gab Wein und spanischen Sekt, man konnte sich sprichwörtlich bedienen, wenn man es nur nicht übertrieb sagte sie.
Wir haben uns einige Male je eine Woche Urlaub in den Hotels in Guardalavaca gegönnt und ich habe erlebt was alte Beziehungen wert sind. Meine Frau hatte noch etliche ehemalige Kolleginnen und Kollegen die dort arbeiteten und uns die Reisetaschen prallvoll füllten, das ist jetzt nicht übertrieben. Am Hauptbuffet stand normalerweise der Koch und meine Frau er fingen sofort erfreut an sich zu unterhalten. Er nahm sie auf die Seite und sie stellte mich vor. Das reichte schon, am Tisch sagte sie nur zu mir, er wird uns alles geben was wir wollen. Unsere kleine Tochter hatte immer wieder mal Magenprobleme, er machte ihr zum Abendessen eine gute Malangasuppe. Er kam dann an unseren Tisch mit einer Flasche Wein in der Hand, legte sie uns in den Kinderwagen und deckte sie zu. Für euch sagte er. Zu meiner Frau noch, mi vida sag was du willst ich bringe es dir, Champagner willst du, du sollst ihn haben. Und so ging das eine Woche lang. War er nicht da, dann bekamen wir unsere Sachen von einem Koch der bei den Früchten stand und den sie auch kannte. Serano Schinken, französischer Schimmelkäse, Massen von Joghurt für unsere Kinder, Aluminiumpapier aber was für Rollen. Wurst, Oliven, Rinder Carpaccio, es war kaum zu glauben. Waren wir mit dem Essen fertig, dann drückte der Koch meiner Frau ein Aluminium Päckchen mit den guten Sachen in die Hand und gab ihr noch ein Küsschen und wir gingen. Ich stand mit dem Kinderwagen etwas abseits und kam mir irgendwie wie Falschgeld vor, als ich sah wie geschliffen das ablief. Und so war es jedes mal, die Zimmermädchen brachten uns Shampoo, Seife und vor allem Spielzeug für die Kinder, das von den Urlaubern zurückgelassen wurde.
Wir bekamen in der Zeit als es weit und breit kein Toilettenpapier gab, im Blau Costa Verde 10 Rollen von einer ehemaligen Kollegin meiner Frau. Ich hatte zuhause schon alte Zeitungen zurecht geschnitten wenn es hart auf hart kommen sollte. Wir telefonierten häufig bis nach Las Tunas wegen WC Papier und haben das auch schon mal abholen lassen wenn es welches gab. Ein Maler aus der technischen Abteilung versorgte uns mit Colorante für Acryl Farbe, die ich zum streichen des Hauses benötigte, ging alles. Man zeigte sich in angemessenem Rahmen erkenntlich und hatte für die Zukunft die Kontakte gesichert oder neue dazu gewonnen. Von da an reichten nur noch Anrufe bei der Kollegin und die Sachen waren Tage später abholbereit bei Ihr zu hause.
Meine Frau verdiente natürlich nicht CUC 250.- sondern der Rest waren Trinkgelder die in einem Topf aller Zimmermädchen eines Blockes gesammelt und dann aufgeteilt wurden.
Und trotzdem war es harte Arbeit. Morgens um 6:00 in den Bus und eine Stunde zum Hotel. Dann fertig machen zur Arbeit und bis ca. 15:00 arbeiten. Alles musste wieder für den nächsten Tag vorbereitet werden bevor man nach Hause konnte. Eine Stunde zurück und um 17:30 war sie dann zu hause. In den Hotels wurde permanent überwacht, fehlende Zimmerausstattung, wie Handtücher, Waschlappen, Bettzeug, oder Decken mussten sie selber ersetzen. Die Gäste wurden auf einem Bogen gebeten den Service im Zimmer zu beurteilen und wie sie zufrieden waren. Der Gast sieht häufig nicht die Konsequenz für das Zimmermädchen wenn er es negativ beurteilt. Sie wird unter Druck gesetzt, bekommt schlechtere Objekte zur Reinigung und wird dann auch noch von der Umverteilung der Trinkgelder gestrichen wenn sich dies wiederholt. Man arbeitet immer unter Strom sagt meine Frau. Man muss sich zum lachen zwingen, man muss freundlich sein, man muss den ganzen Tag die liebe nette Kubanerin sein, die die Touristen sich wünschen.
Und so läuft das überall, aber das wisst ihr. In Geschäften, Lagern, Krankenhäusern, auf Baustellen, in Fabriken, usw. Wenn nun Jemand behaupten würde dies oder jenes kriegst du nicht, wäre ich bereit dagegen zu halten, du bekommst auf Kuba fast alles. Du brauchst Verbindungen, und du brauchst Leute die den Mund halten können, das ist fast das größere Problem, aber ansonsten…..
Ich wollte ein kleines Dach abdichten und benötigte Teerpappe. Gibt es in keiner Tienda, jedenfalls damals nicht. Ich habe sie bekommen, aus Havanna vom Flughafen. Sie haben die Dächer dort neu abgedichtet und da fielen einige Rollen für mich ab. Ich wollte mal eine Sauna bauen, habe ich zum Glück aber nicht und benötigte Glas oder Steinwolle, gibt´s auch nirgends zu kaufen. Habe ich bekommen, aus Holguin von der neuen chirurgischen Klinik. War als Isoliermaterial für die Rohrleitungen vorgesehen. Viele Materialien die ich bei späteren Bauten benötigte, bekam ich vom Neubaugebiet Villa Nuevo in Holguin. Farbe, Zement, Fliesen, Wasserrohre, Kabel, ich brauchte gar nicht mehr in die Tienda gehen. Der Bauleiter kam direkt zu uns nach hause, der Kontakt wurde über eine ehemalige Kollegin meiner Frau hergestellt, zu der er ein Cousin war. Tage später fuhr ein Lkw vor und lud meine Bestellung ab.
Jeder auf der Straße sah und wusste das, aber nie hat uns irgendwer denunziert. Ich habe in den Jahren fast jedem hier geholfen, mit Geld, mit Material oder Werkzeug, mit persönlicher Arbeitskraft, natürlich umsonst, ich war einer von Ihnen, wie es der Präsident mal gesagt hatte, und das war mir mehr wert wie alles was ich vorher in Deutschland erreicht hatte, ganz ehrlich.
Aber sollte ich jetzt nachdenken ob ich mich inkorrekt verhalten habe?
Um diesen kleineren Bericht noch abzuschließen möchte ich erzählen, ab wann meine Desillusion bezüglich Geschäfte machen begann.
Wir waren mal wieder in Havanna und hatten in unserer Casa einen guten Blick auf den Malecon und die Galeria Paceo, die gleich neben dem Melia Cohiba liegt. Ich sah auf die Straße runter und bemerkte einen Jungen der mit einem Einkaufswagen voller Gajetta Tüten an der Ecke stand. Er stand nur da und wartete. Immer wieder mal hielt ein Auto an und das Fenster wurde runter gelassen. Einige Tüten gingen nach innen, einige Scheine kamen heraus.
Das passierte immer wieder mal. Irgendwann fing ich zu zählen an und stellte fest, das er ganz ordentlich verkaufte. Der Wagen wurde auch immer leerer, na der wird jetzt bald nach hause gehen sagt eich zu meiner Frau. Stattdessen kam ein roter Kleinwagen, der Kofferraum ging auf und der Einkaufswagen wurde wieder befüllt. Ich staunte nicht schlecht was der Junge bis jetzt verkauft hatte. An einem anderen Tag beobachtete ich das er sich mit zwei Polizisten unterhielt, die immer am Melia Cohiba Streife gehen. Sie gingen plötzlich in eine schattige Ecke, der eine Polizist trank Wasser von dem Jungen und der andere nahm etwas verdeckt Geld entgegen, das war stark anzunehmen. Danach sind sie wieder abgezogen. Ich wollte jetzt wissen wie viel der Junge am Tag verkauft. Am nächsten Morgen ging ich runter, begrüßte ihn und sagte, ich wohne da oben und sehe dich immer hier stehen. Was kosten deine Gajetta denn, 1.- CUC, und wie viel ist drin, so 20 Stück. Ich sah sie mir an, ich habe Erfahrung mit Gajetta, ich bin ein absoluter Gajetta Fan, aber nur von denen in Holguin. Die sind ca. 15cm im Durchmesser und hellgold gebacken, mit etwas Salz obendrauf. Ich habe sie nur auf der Straße gekauft und nur von einem Verkäufer und dann immer 10-15 Stück, das war für mich ein Hochgenuss und dazu ein paar Bier vom Thermo.
Die hier waren so 6-7 cm im Durchmesser und man konnte schon erkennen, das sie vermutlich staubtrocken waren, also musste man sie mit einer Pasta essen. Wieviel verkaufst du denn so am Tag, er überlegte, so 30–35 Packungen. Und du stehst wie viel Tage in der Woche hier, 7 aber mit meinem Bruder zusammen. Wir verabschiedeten uns. Er verkaufte natürlich keine 35 Tüten, ich zog 10 ab, es waren eher 25. Kein Kubaner sagt dir was er wirklich verdient oder verkauft. Da wird noch drauf geschlagen um den eigenen Erfolg zu beschönigen. Unser privater Taxifahrer hatte immer sehr schöne Autos und er pflegte sie, das konnte man sehen. Immer wenn ich ihn fragte wie viel er dafür bezahlt hat kam eine Summe raus, die nicht glaubhaft war. Mal 25000.- CUC dann wieder 20000.- CUC er kaufte und verkaufte wieder. Was er aber damit suggerieren wollte war, mein Geschäft geht gut, ich verdiene prächtig. Immer Touren an den Strand usw.
Also dieser Gajetta Junge verdiente mit diesen trockenen Scheiben pro Monat 750.- CUC Brutto. Sie machten sie selber hatte er noch gesagt. Abzüglich Mehl, Öl, Wasser, Salz, Tüten, freundschaftserhaltende Maßnahmen für die Gesetzeshüter, müsste er ganz sicher um die 500.- CUC Netto verdienen. Vermutlich hängt die Familie noch mit drin, aber wenn das mal kein Spitzenlohn ist.
Und wir hebeln uns in El Martillo das Kreuz aus um 25t Juka zu pflücken und stehen nachher und einem Jahr Wartezeit mit ganzen 200.- CUC da. Ich war wirklich deprimiert und da begann ich innerlich diese Idee des Geschäftemachens zu begraben. Ich hatte die wesentlichen Hemmnisse erkannt, wir lebten zu weit von diese Finka weg, wir hatten kein Auto, wir waren deshalb immer auf Fremde angewiesen,und, wir lebten in Holguin, das ist Provinz, hier ticken die Uhren völlig anders wie in Havanna. Hier würden wir nicht zu Potte kommen, das war mir jetzt klar.
Havanna das ist die Insel auf der Insel, hier kannst du fast alles machen, hier fragt dich keiner wo die Papiere für dein Material sind, oder was du da im Keller für Maschinen hast, oder was in den vielen Säcken ist die da in der Ecke liegen und wo Tabakverschnitt für falsche Kippen drin ist. Ich konnte mir das dann auch selber beim Sohn unserer Vermieter ansehen. Er hatte immer mit Autos gehandelt und kaufte die Lizenzen auf, die man z.B als Ausländer erhalten kann um sich ein Auto zu kaufen. Ging der Ausländer zurück in die Heimat verkaufte er die Lizenz. So konnte er immer wieder gute Fahrzeuge beschaffen.
Irgendwann heiratete er, war knapp dreißig und baute auf einem freien Grundstück in Vedado ein Haus, in der Form eines Flügels/Klavier. Es ergab drei sehr große Wohnungen zum vermieten, aber nur mit besten Materialien. Weiße Leder Sofas offene Küche, tolles Bad mit italienischen Fliesen, Flachbildschirm an der Wand. Oben auf dem überdachten Dach, ein kleiner Swimmingpool, Fitnessraum, Kamera überwacht, alles sehr, sehr schön. Der Zimmerpreis war heftig CUC 60.- aber sagte er, ich inseriere im Internet und bin auf der ersten Seite. Ich habe fast nur Geschäftsleute aus Russland, der Schweiz, Touristen kaum. In guten Monaten habe ich CUC 3000.- verdient, an weniger guten kann es auch mal die Hälfte sein. Jetzt ziehen wir wieder CUC 500.- ab und dann kommen wir der Realität wohl schon näher, aber wenn das mal kein guter Verdienst ist. Dann hat er uns in seinem Audi A8 wieder in unsere Casa gebracht. Wie gesagt, in Havanna habe ich meine Bemühungen irgendwie Geld zu verdienen begraben, hätte ich das nur mal früher gemacht.
Ich wünsche euch noch einen schönen Abend
Tschüss Christian
Hi@all!
Dazu kommt bestimmt auch wenn Du noch so gut vernetzt bist, Dein "Makel" als Ausländer.
Ich habe so etwas als Berliner als Sportbootverleiher im Margrafenheide an der Ostsee erlebt.
Obwohl die rechtlichen Rahmenbedingungen für alle gleich sind, wurden mir überall Knüppel zwischen
die Beine geworfen.
Ich schätze das dürfte auch in Kuba ein Problem werden für Ausländer die sich dort was aufbauen und
dabei erfolgreich sind.
joerg
Exakt nico,
wenn dein Preis nicht unter dem des Kubaner´s liegt, dann kauft er nicht. Wenn du den überhöhten Tarif des Bici Taxis nicht bezahlst, dann fährt er nicht und bleibt lieber noch einige Stunden länger ohne Kunden stehen. Das ist dieses Spiel von gewinnen oder verlieren. Ich sagte ja, sie sind gnadenlose Spieler, das entzieht sich häufig unserem Verständnis.
Christian
Zitat von Puncher im Beitrag #117
Exakt nico,
wenn dein Preis nicht unter dem des Kubaner´s liegt, dann kauft er nicht. Wenn du den überhöhten Tarif des Bici Taxis nicht bezahlst, dann fährt er nicht und bleibt lieber noch einige Stunden länger ohne Kunden stehen. Das ist dieses Spiel von gewinnen oder verlieren. Ich sagte ja, sie sind gnadenlose Spieler, das entzieht sich häufig unserem Verständnis.
Christian
Das Spiel muß man wohl oder übel mitspielen, allerdings kann man die Regeln verändern. Als Ausländer hat man viel mehr Möglichkeiten als ein Cubaner. Zum Beispiel kommt man (wie Du schön beschrieben hast) mit Leuten zusammen, die einen normalen Cubaner nicht mit dem ArscX ansehen würden. Bestes Beispiel ist der Typ von der DTI. Wenn man geschickt sein Netzwerk aufbaut und Beziehungen hat geht alles - überall auf der Welt.
Dieses Spielchen, das die Cubaner mit Dir spielen ist verglichen mit anderen Ecken der Welt harmlos. Zum Beispiel Verglichen mit der Arabischen/Nordafrikanisen Welt sind die Cubaner blutige Anfänger. Sie können z.B. nicht handeln.
Nun waren wir also wieder zurück in Holguin, und ich versuchte irgendeine Ordnung in meinen Kopf zu bekommen wie es weitergehen kann. In Gesprächen mit Kubanern wird zwar viel über Geschäfte geredet, aber schnell wird klar, das das unausgereifte Träumereien sind von denen man lieber die Hände lässt. Mit der Einführung von Reformen 2010, der trabajo de cuenta propia, wurden zwar an die 180 Tätigkeiten für Selbstständigkeiten freigegeben, aber geführt hat das im Wesentlichen zu nichts. Plötzlich schossen in Holguin überall Restaurants aus dem Boden, an vielen Ecken gab es eine Cafeteria, Fahrrad Reparaturbetriebe und Schuhputzer hatten plötzlich Saison. Am La Placita gleich bei mir, gab es früher vielleicht zwei, drei Moto Taxis, jetzt waren das weit über 15, die sich jeden Tag die Stunden dort vertrieben. Private Taxis ebenso, der ganze Park war umlagert von Taxis. Gab es erst einen, dann gab es bald viele. Das war und ist für die meisten kein Geschäft, das reicht gerade mal zum überleben, habe ich damals gesagt und sage ich heute noch.
Einige haben aber Erfolg gehabt, weil sie ganz was anderes angefasst haben, sie haben mit Sicherheit sondiert, was dem Kubaner wichtig ist. Der eine hat eine Gerät in seiner Garage gehabt und Calcomanias angeboten, also Folienherstellung für Motorräder und Autos. Da war immer eine Schlange zu sehen wenn ich vorbeiging. Er musste gut verdient haben, das Gerät hat er sicher aus dem Ausland erhalten, war aber nicht so groß, konnte direkt vom PC angesteuert werden
Der andere, so ein Rasta Typ in der Stadt, entsperrte und reparierte Handys. Der musste nach einiger Zeit einen Warteraum bei sich unten einrichten, die Leute standen in Schlangen an. Nun ja, mich interessierte das jetzt nicht mehr wirklich, auch hatte ich ziemlich Energie verbraucht, ich spürte das langsam.
Meine Mutter musste zwischenzeitlich wieder ins Krankenhaus, sie erbrach, der Blutdruck ging wieder hoch, trotz Tabletten, also brachten wir sie wieder ins Krankenhaus. Wieder Notaufnahme, Stabilisierung und dann in den normalen Patientensaal, mit 8 anderen Kranken. Jetzt hatte sie ja ihre Residencia und musste auch im Saal des Volkes leiden. Umsonst, aber in gänzlich anderen Umständen wie beim ersten Mal. Die Toilette war im Saal und verstopft, und ausgerechnet ich musste da jetzt rauf, als ich meine Mutter besuchte. Toilettenpapier gab es nicht sagte mir die Schwester, auch nichts anderes, hatte ich mir eh schon gedacht. Ich ging rein und schloss ab. Anfassen konnte man eigentlich gar nichts, die Schlüssel war versaut, aber sah besser aus wie viele die ich schon gesehen hatte. Ich entschloss mich meine Socken zu opfern, ich musste mich schon verrenken das ich mit nichts in Berührung kam, brachte diese Aktion aber halbwegs zufrieden stellend zu Ende und kam dann ohne Socken wieder raus. Da lagen noch einige arme Menschen im Saal, denen sichtlich nicht mehr viel Zeit blieb.
Da wurde gestöhnt und geschluchzt, meine Mutter dazwischen. Sie sprach jetzt wieder viel mit sich selber und begann auch wieder zu singen, das beruhigte mich etwas, so schlecht konnte es also nicht stehen. Ich ging täglich die vier Kilometer zum Hospital und brachte was zum Essen. Auch Windeln und Klopapier. Meiner Mutter ging es scheinbar immer besser, sie sang jetzt pausenlos und lies sich kaum unterbrechen. Der Pfleger sagte mir, sie kann bestimmt bald nach Hause, besser wäre es, denn sie singt und spricht auch in der Nacht pausenlos, die anderen kriegen kein Auge zu, wir auch nicht. Die Pfleger mussten nachts immer im Saal bleiben und jetzt wurde es ihnen doch zuviel. Nach einer Woche holten wir sie wieder ab.
Aber es gab eigentlich fast immer irgend etwas was einen beschäftigte, aufregte, ärgerte oder manchmal auch resignieren lies.
Die Mutter war also zu Hause, da kam meine Schwiegermutter an und sagte ob ich nach der Waschmaschine sehen könnte, da läuft soviel Wasser raus. Ich hatte ihr eine aus Deutschland mitgebracht und gehofft sie wüsste das zu schätzen in Bezug auf Handhabung und Pflege, nachdem sie Jahrelang auf einem Zementwaschbrett gewaschen hat, von Hand. Weit gefehlt. Sie bekam bei diesem Top Lader die Wäscheklappe nicht auf, also holt sie einen Schraubenzieher und stemmt sie auf. Dabei springt eine Spannfeder der Klappe ab und fällt auf den Boden. Sie entleert, dann füllt sie wieder und schließt die Klappe. Es wird gewaschen, dann geschleudert. Durch die Zentrifugalkraft geht beim schleudern die Klappe auf, weil die Federspannung fehlt, die Klappe schlägt bei 1200 UpM gegen den Laugenbehälter aus Kunststoff und hinterlässt ein faustgroßes Loch, durch das das Wasser abfließt. Da hatte ich schon die Nase voll. Überhaupt hatte ich ein sehr spezielles Verhältnis zu meiner Schwiegermutter, eine wirklich liebe und nette Frau, aber sie hat es einen feuchten Dreck interessiert was ich zu ihr sagte. Das führte im Einzelfall schon mal dazu, das sie kreideweiß mit einem Fleischmesser vor mir stand und ich mir überlegte ob ich sie jetzt ko schlagen soll.
Ich reparierte den Behälter mit meinen Heißluftklebestiften. Nächste Wäsche, wieder lief die Brühe raus. Natürlich. Ich hatte den Heizstab vergessen. Wenn du mit Temperatur wäscht, erhitzt er den Kleber der wird weich und das Loch öffnet sich wieder. Also Heizstab ausbauen, jetzt funktioniert sie wieder.
Nur eine von vielen kleinen netten Geschichten die dir auf Kuba widerfahren können.
Ich hatte ja diesen halben Keller mit der Zeit zu einem richtigen Schmuckstück ausgebaut, aber wie das vorher aussah, ein großes Loch im Boden, wo die Toilettenfüllung über unsere Abwasserrohre einfloss, Blechdeckel drauf fertig. Heerscharen von Cucarachas und anderem Getier haben sich da getummelt. Irgendwann beschloss ich das komplett neu zu bauen. Ich wunderte mich auch, warum das Loch nie überlief, die ganzen Jahre. Wir wollten neben dem Loch das eine viereckige Form hatte ein neues graben und richtig auszementieren, mit den Rohren verbinden und einen Abfluss zur nächsten Straße legen. Dieser Abfluss lief dann in den Fluß, einige Meter weiter. Aber so ist es nun mal. Nach dem einbrechen der Decke von der alten Grube, vorher hat ein Lkw noch die Jauche abgesagt sah ich dann auch warum die nie überlief, sie hatte keinen Boden, lief alles direkt in die Erde. Die verschlammte total und hätte vielleicht mal in Jahren ein Problem für die Hinterseite des Hauses werden können, die ich neu gebaut hatte. Eine 6 Meter lange Eisenstange konnte man spielend einfach in die Erde stecken bis sie fast verschwunden war, also da kam der Neubau gerade recht. Als alles fertig war sah das wirklich toll aus. Ich hatte alles gefliest, sämtliche Rohre unter Zement, mit Ablaufsieb oder einem registro, ein Stall war auch noch dazugekommen, eine Schlachtecke, wie beim Metzger, so gefiel mir das.
La fosa war in einem Behälter der nur noch eine Steinplatte als Öffnung hatte und mit Silikon versiegelt wurde. Musste man wirklich mal was abpumpen, schnitt man den Silikon auf und fertig. Es roch nach nichts mehr und die Fenster hatte ich mit Gittern und Fliegennetzen versehen. In der Ecke sollte dann die Sauna entstehen. Meine Frau und ich lieben das schon in Deutschland waren wir fast jede Woche im Kursaal Bad Cannstatt saunieren, das war toll. Ich hatte fast schon alle Materialen, hatte Silikonkabel aus Deutschland bekommen, sogar Rigipsplatten von Knauff fand ich in der Tienda. Fehlte noch der Ofen und Holz zum vertäfeln.
Das mit dem Holz ist nicht einfach gewesen. Mein Schreiner brachte mich mit zwei Leuten zusammen die illegal Holz fällten. Ist eigentlich auch heute noch so. Eigentlich arbeitet jeder Schreiner Illegal, den das Zedernholz dürfte er gar nicht haben. In Mayarie sitzt ja so was wie die Holzindustrie Kubas, aber eben nicht für die Particulares. Überall an den Einfall und Ausfallstraßen wurden Polizeikontrollen gemacht und Mengen von Holz beschlagnahmt. Der Holzpreis wurde immer teurer, weil kaum noch ausreichend Holz nach Holguin kam.
Wir trafen uns also außerhalb Holguins und sie führten uns in eine Gegend die ich nicht kannte. Wir fuhren wie im Kreis in einer Siedlung aus Holzhütten und hielten dann vor einem Grundstück an. Wir gingen rein und unter einer großen Plane lag dann das Holz. Schöne große Caoba Blöcke, ein wirklich schönes Holz. Ich brauchte ca. 300 Fuß und wir begannen mit dem vermessen. Das sollte bei allen Geschäften auf Kuba obligatorisch sein. Auf dem Markt oder beim Kauf auf der Straße, nimm niemals ohne nachzuprüfen. Wir kamen auf 270 Fuß, das war für mich in Ordnung der Preis lag bei CUP 50.- pro Fuß, ich war zufrieden den das Holz war noch nicht trocken und sie wollten es wegbekommen, ein Schreiner hätte das nicht unbedingt gekauft, die brauchten trockenes Holz, ich hatte noch Zeit, mussten sie aber nicht wissen. Das Holz wurde Wochen später erst geliefert, nachdem die Strecke sicher war und der Schreiner bei sich Platz auf dem Dach geschaffen hatte wo er es verstecken konnte.
So… und dann veranlasste mich ein kleiner Zwischenfall, das ich diese Saunapläne verwarf, der Zwischenfall hieß Schwiegermutter.
Ich ging einige Tage später in den Keller so nenn ich das jetzt mal und sehe das eine Keramikplatte die ich Millimetergenau in einen registro eingesetzt hatte, zerbrochen war. Die Teile hat man wieder reingelegt, aber der Kasten war nicht mehr dicht. Kamen wieder Cucarachas raus. Ich ging nach oben und fragte die Schwiegermutter was passiert sei. Och, sie wollte da was rein gießen und weil sie die Platte nicht abbekam, hat sie wieder ihren Schraubenzieher geholt und die Platte aufgestemmt, dabei sei sie zerbrochen. Ich schoss zu meiner Frau nach oben und schrie, das ich jetzt gar nichts mehr in diesem Haus mache. Deine Mutter wird uns auch die Sauna ramponieren, das schwöre ich dir mich kotzt das nur noch an, ich baue nichts mehr Basta, usw. Und das wo schon Material für über 600.- CUC gekauft war, ich hatte die Schnauze einfach voll vor soviel Ignoranz.
Ich hatte ihr viel für die Küche aus Deutschland mitgebracht, das meiste existierte schon bald nicht mehr. Mit Messern tief gefrorene Hühnerteile auseinander hebeln bis die Klinge bricht, mit einem schönen Fleischhammer Nägel in die Wände schlagen, die Waschmaschinen Aktion, habt ihr schon einmal ein Kunststoff Schneidebrett zerbrochen? Die haben ja eine gewisse Flexibilität, nicht ohne Grund. Wenn nicht, lasst es euch von meiner Schwiegermutter zeigen. Sämtliche Tassen die sie von uns bekam, hatten schon nach kurzer Zeit keine Henkel mehr. Wenn ich gerade so darüber schreibe, möchte ich gar nicht wissen was momentan mit unserer Wohnung alles passiert.
Zum Beispiel hatte ich vier Waschmaschinen aus Deutschland mitgebracht, wenn du noch nie mit Hand gewaschen hast, jedenfalls für eine Familie weißt du gar nicht was auf dich zukommt. Wir haben an normalen Tagen drei Maschinen gewaschen, auch mal vier. Das sind Berge von Wäsche. Ich habe sie auch schon mit der Hand gewaschen, nach zwei Tagen hat es mir dann gereicht. Dazu noch die Wäsche meiner Mutter bzw. die Unterdecken und Spannbezüge, die waren jeden Tag verpinkelt. Ich hatte die Maschinen im Keller stehen und wenn ich eine nicht sofort wieder ans laufen brachte, dann kam die nächste zum Einsatz. Auf dem Dach hatte ich an einer Ecke einen Zementblock gegossen, so ca. 200 kg und eine massive Eisenstange eingesetzt. Da konnte ich dann meinen Schwenkarm des elektrischen Seilzugs befestigen und die unten im Gang stehende Maschine hochziehen. Der hat auf 12 Meter 150 Kg gehoben, hat voll gereicht. Dann wieder mit zwei Mann die Treppe runter auf die Terrasse und die Maschine in die Küche gebracht, angeschlossen und fertig. Denn Druck erzeugte eine Wasserpumpe mit Ausgleichsbehälter, bekommt man über Revolico in Havanna für schlappe CUC 150.-
Meine Waschmaschinen habe ich geliebt, ich habe sie gehätschelt und getätschelt, da durfte Niemand ran, und jetzt steht eine Traummaschine von LG mit Direktantrieb alleine in Holguin in meiner Küche und ist meiner Schwiegermutter wehrlos ausgeliefert, ich fühl mich so hilflos!
Ja, mit der Zeit hat sich dann mein Augenmerk immer mehr auf meine Mutter gerichtet, sie baute ab und man konnte wirklich nichts machen. Die Freunde von uns aus der Klinik sagten, dann auch, man muss sich jetzt selber vorbereiten für den Fall das es zu Ende geht, es ist einfach so.
Sie aß noch halbwegs, trank ein wenig, schrie immer noch ein bisschen aber nicht mehr soviel und war ansonsten der gleiche Mensch wie seit dem Schlaganfall. Sie beachtete mich nicht, und eigentlich war ich froh das sie mit der Frau, die für sie da war etwas Bewegung vor dem Gesicht hatte.
Wir lebten so normal wie möglich weiter, mir war das aber schon seit längerem einfach nicht mehr möglich, zu sehr ging mich das alles jetzt an. Ich schlief nicht mehr normal, war morgens völlig übermüdet und schleppte das den ganzen Tag mit mir rum.
Es ergab sich, das ein Bekannter aus Freiburg Medikamente mitbrachte die er eigentlich seiner Bekannten, einer Krankenschwester geben wollte. Die gab dann ihrer Mutter eine Tablette Tramadolor 200 gegen Rückenschmerzen. Die Mutter stürzte aber kurze Zeit später und erzählte, sie sei wie benommen gelaufen und hätte keine Stufe mehr steigen können. Ich erfuhr davon und sie schenkte mir die Packungen weil sie nicht überzeugt war.
Tramadolor gehört zur Familie der Opioide und ist ein starkes Schmerzmittel, allerdings mit entsprechenden Nebenwirkungen.
Ich nahm eine Tablette und verspürte recht schnell die schläfrig machende Wirkung. Endlich klappte das Schlafen wieder und ich hatte vier Packungen bekommen, wie gut dachte ich.
Ich wünsche euch noch einen schönen tag
Tschüss Christian
Zitat von Puncher im Beitrag #119
Das führte im Einzelfall schon mal dazu, das sie kreideweiß mit einem Fleischmesser vor mir stand und ich mir überlegte ob ich sie jetzt ko schlagen soll.
Wie ging denn dieses Abenteuer aus? Auch wenn es eine alte Frau ist, ein langes, superscharfes seeehr spitzes Messer - Horrorvorstellung - wie schnell sind Sehnen durch und ob die wieder richtig zusammenwachsen...
nein castaneda, sie ist keine alte Frau, im Gegenteil, sie sieht richtig gut aus für eine 57jährige, sie ist vom Land und später in die Stadt gezogen, sie hat richtig Feuer im Ofen, wenn man da so sagen kann.
Nun ich habe ihr gesagt weißt du was dir fehlt, ein Mann fehlt dir. Du hast zuviel Energie und fängst jetzt mit mir an zu kämpfen. Als Trottel bin ich hier gut genug, oder? Ich kann kaufen, reparieren, bauen, da bin ich der Beste, aber wenn ich dich um was bitte, dann hat Xiomara kein Interesse mehr. Ein Wort gab das andere und ich ging dann rauf. Solche Zwischenfälle hatten immer zu Folge, das sie 3-4 Wochen nicht mehr nach oben kam. Angenehm ruhig war´s dann immer. Aber mit dem Messer in der Hand hatte ich sie noch nie erlebt, deshalb sagte ich mir blitzschnell, noch ein Schritt auf mich zu, dann erwisch ich sie, ehrlich, sie war kreidebleich vor Wut.
Christian
Hi@all!
Köstlich, ich erkenne unzählige Erlebnisse mit meiner geliebten " Familie" u.a. wieder.
Vor Jahren hat hier mal ein Forumsmitglied Sinn gemäß folgende Aussage getätigt:
Bewege Dich in Kuba als ob Du ein surreales Computerspiel spielst, dann kommst
Du vielleicht mit dem Umständen dort klar.
joerg
#123 RE: Vorstellung Christian
Ich hatte vor langer Zeit etliche Jahre diverse, asiatische Kampfsportarten betrieben, darunter auch Selbstverteidigung gegen Waffen. Messer sind so eine verdammt heikle Sache. Es gibt viele Techniken zur Verteidigung, aber ein Fehler und dann ... Mein Meister meinte, er würde sich unbewaffnet nur auf einen Kampf mit einem Messer einlassen, wenn es keine andere Möglichkeit mehr gibt.
Ja Nico,
das dürfte stimmen, wen man von den Erfahrungsreichen Beiträgen einiger Mitglieder das wichtige herausnimmt, dann würde das das kubanische Phänomen vielleicht am ehesten beschreiben und treffen.
Bestimmt hast du Recht Castaneda, ich kann nur mit Fäusten umgehen und die wollte ich mir nicht zerschneiden lassen. Mir haben meine Trainer immer gesagt, die Verletzungen mit denen du am wenigsten rechnest, sind die,
die du gegen Nicht Boxer erhälst. Die bewegen sich nämlich völlig unorthodox, und verletzten dich unter Umständen schon durch ihre pure Bewegung. daran habe ich in dem Moment auch gedacht und bin besser rückwärts gelaufen. Aber ich mag meine Schwiegermutter, sie hat den gleichen Impuls wie ich.
Christian
Über die wohltuende Wirkung der Tabletten brauche ich sicher nichts zu sagen, ich schlief wie ein Bär. Am nächsten Tag bis 13:00, 14:00 Uhr. So ging das bei Bedarf über Monate und immer regelmäßiger. Auch mal zwei Tabletten wurden genommen, wenn die Familie zu sehr stresste.
Aber irgendwann nimmst du die Letzte und weißt gar nicht was dich noch erwartet. Bei haben sich von der ersten Nacht an schwere Muskelzuckungen und Rastlosigkeit eingestellt, schlafen war gar nicht mehr möglich. Ich drehte mich permanent im Bett und dachte in einem Ameisenhaufen zu liegen, es kribbelte überall. Ich stand auf und legte mich wieder hin, ich war am Morgen völlig von der Rolle und sag aus wie ein Toter. Das ging fast eine Woche lang ich war verzweifelt, wusste aber warum ich das jetzt am Hals hatte. Zu unseren Ärzten wollte ich nicht gehen, das war mir zu peinlich. Danach normalisierte sich mein Zustand zusehends, so schön wie der Schlaf auch war, er war es nicht wert.
Ich trainierte noch in meinem Fitnessraum, aber körperlich fühlte ich mich nicht mehr fit. Ich bekam Symptome, die ich noch nie hatte, zu den jahrelangen Schlafstörungen jetzt auch Ohrenrauschen, Pfeifen, Brustenge und stechen, Rückenschmerzen, aber ich dachte das ist eben so wenn man zuviel um die Ohren hat.
Meine Frau nahm mich mal zu Ihrer Tante mit, die immer im September glaube ich, das Fest des heiligen Lazarus feierte und in Ihrer Wohnung einen Altar aufbaute und schmückte, und davor einen Tisch mit vielen Essensachen stellte. Kekse, Süßigkeiten auch Rum usw. Das wurde von den Leuten mitgebracht die kamen. Und kommen konnte Jeder, das gab es keine Einladung.
Man saß zusammen unterhielt sich und irgendwann begann eine Zeremonie. In der Mitte des Raumes wurde ein Gefäß mit Wasser aufgestellt und daneben lagen grüne zweige mit Blättern. Jeder sollte nun in die Mitte kommen und die Tante bespritzte mit den Zweigen die Leute mit Wasser. Diese drehten sich dreimal im Kreis. Ich machte das auch. Danach kam ein Medium herein, eine Frau mittleren Alters. Die wurde nun in Trance gesungen und geredet. Irgendwann wälzte sie sich auf dem Boden mit völlig verengten Gliedern. Dann wurde sie ruhiger und jetzt konnte jeder zu ihr gehen, nacheinander und sie sagte ihm welche Leiden er hatte und was man dagegen machen kann. Sie musste einen berühren währenddessen. Sie sprach mit einer völlig unnatürlichen Stimme, man konnte Angst bekommen wenn man das hörte, also beeindruckend war das schon. Bei mir sagte sie, man solle ein bestimmtes Wasser besorgen und dann in einem Glas unter mein Bett stellen. Meine Frau hat das dann auch bekommen und ob es nur Zufall war oder weil ich die Matratzen bald wöchentlich tauschte, nach einer Woche hatte ich keine Kreuzschmerzen mehr.
Dann, eines Morgens, wir sitzen beim Frühstück in der Küche, höre und spüre ich einen schweren Schlag in der Wohnung. Bei bestimmten Geräuschen weiß man sofort, das war kein Gegenstand, das war ein Mensch. Ich stürzte ins Zimmer meiner Mutter, da lag sie nackt auf dem Boden, die Hilfe über ihr. Sie plapperte sofort los, ich wollte sie hochheben bin aber über den Schaukelstuhl hinter mir gefallen und mit meinem Kopf auf die Nachtischkante geschlagen. Und davon sollte der Schlag kommen den ich sogar über den Granitboden spüren konnte?
Ich hob meine Mutter hoch und setzte sie aufs Bett, ich konnte äußerlich nichts erkennen und ließ sie anziehen. Ich erzählte das meiner Frau und wir waren der Meinung das das so nicht passiert ist. Später hat mich meine Frau dann gerufen und mir das Knie meiner Mutter gezeigt, stark geschwollen. Da ist mir die Sicherung durchgebrannt und ich fing zu schreien an. Weißt du was jetzt passiert brüllte ich die Frau an, sie wird sterben, das überlebt eine Demenzkranke nicht, wie konnte das nur passieren, was du mir erzählst ist nur die halbe Wahrheit. Die Hilfe war völlig perplex. Am selben tag erfuhren wir von der Schwiegermutter, die zwischenzeitlich mit der Frau gesprochen hatte, das meine Mutter zweimal gefallen ist. Sie wollte sie aufheben und da ist sie zum zweiten mal so richtig satt auf´s Knie aufgeschlagen. Meine Frau ging sofort los und sprach mit einer Bekannten, die immer als Ersatz bereit stand, sie kam noch am Abend und die zweite Dame wurde also auch entlassen. Übrigens, ich vergaß zu erwähnen, das auch sie uns bestohlen hatte. Nur diesmal konnten wir es beweisen, ich hatte am PC eine Kamera angeschlossen und in einer Gitarrentasche an der Wand gesteckt. So konnte man das Wohnzimmer, das Bad und einen Teil der Küche einsehen. Ich sah mir immer die Dateien an wenn wir weg waren und Abends zurückkamen. Da ging sie in unser Bad und benutzte Parfüm oder Deos, im Zimmer meiner Mutter fehlten immer mehr Nippes Figuren, und von meinem Schinken war mal das beste Stück verschwunden, was ich eigentlich dem Chirurgen für seine gute Arbeit geben wollte. Ich habe ihr das nicht vorgehalten, weil ich weiß wie sie wohnt und sie hat eigentlich geholfen und nie nein gesagt. Es ist nur so, wenn du mit fremdem Menschen zusammen bist in deiner Wohnung und du musst ihnen vertrauen, dann fühlst du dich ziemlich wehr und hilflos in dem Moment wo du feststellst, das sie dich bestehlen. Sie waren in deinem privaten Bereich und haben da rumgestöbert, es ist ein eigenartiges Gefühl.
Aber nun musste sie gehen, das war ihr übrigens schon zweimal passiert, das sie meine Mutter nicht richtig gehalten hatte, damals waren es nur leichte Beulen am Kopf, aber jetzt war es wirklich eine Katastrophe. Wir sprachen mit dem Orthopäden in der Klinik, der sagte nur, ich brauche sie hier, ich muss wissen was genau sie hat, vorher kann ich nichts machen, ich muss röntgen. Für mich war das der Horror. Eine Demenzkranke Person, soll man nach Möglichkeit nicht aus ihrer gewohnten Umgebung herausreißen, schon das umhängen von Bildern an der Wand, kann eine Desorientierung auslösen, die den Gesamtzustand verschlechtert. Also wurde ein großer Wagen geholt und ich begann meine Mutter die Treppe hinunter zu tragen. Diesmal klemmte ich sie mir vor die Brust und Stufe für Stufe ging´s runter, das klappte sehr gut. Dann rein in den Wagen und ab ins Hospital. Schon während der fahrt sah ich ihre angstvollen Augen sie wusste nicht mehr wo sie war. Der Arzt wartete schon und zügig ging es zum röntgen. Eine uralte deutsche Röntgenmaschine, die teilweise noch in den Nato grünen Holzkisten der Bundeswehr stand strahlte mich an, die würden die Grenzwerte sicher nicht mehr einhalten, dachte ich noch, aber deshalb stehen sie ja jetzt auch auf Kuba. Die Bilder zeigten zum Glück keinen Bruch der Hüfte, den das wäre wohl ihr Todesurteil gewesen. Der Arzt sagte uns, das ca. 90% aller Menschen im Alter meiner Mutter nach so einer Fraktur sterben, nicht am Bruch, sondern in der Zeit danach im Bett, an Lungenentzündung. Meine Mutter war 88. Sie hatte einen Haarriss in der Kniescheibe, den man normalerweise operieren würde sagte er, aber in anbetracht der Gesamtsituation kann man das auch mit einem Gips hinbekommen.
Als sie den nach einer weiteren Stunde am Bein hatte, da wusste sie immer noch nicht was eigentlich passiert war, das konnte ich ihrem Gesicht entnehmen. Jetzt ging es auch mit einem Krankenwagen zurück und die drei Sanitäterinnen die da noch mitfuhren waren so lustig und plapperten drauflos, es war überhaupt nicht trübselig, kubanische Lebensfreude eben.
Als sie uns absetzten fragte der Fahrer, wie kommt sie da jetzt rauf? Ich sagte, so wie sie runtergekommen ist, ich trage sie. Er blieb unten stehen bis ich oben war, er konnte es wohl nicht recht glauben. Sie wog ja jetzt gut 5 Kilo mehr und ich war ausgepumpt, als ich sie absetzte, sie war wieder zu hause, aber von diesem Tag an nicht mehr dieselbe.
Sie aß immer weniger, wurde immer dünner, sie dämmerte Wochen so vor sich hin, ich wusste das es dem Ende entgegen ging. Eines Tage war ich auf dem Dach und baute an einer Gitarre, da kam meine Frau rauf und sagte, deine Mutter ist gestorben. Da lag sie jetzt auf einer Liege und hatte es geschafft. Sie tat mir in diesem Moment sehr leid, denn sie ist nicht einfach gestorben, sondern verhungert und verdurstet. Sie hat vergessen wie man schluckt, sie konnte nicht mehr beißen. Sie hatte Essen im Mund und kaute nicht. Sie sah uns an und wusste nicht was sie tun sollte. Alles lief wieder raus, mit dem Trinken dasselbe. Ein Arzt kam noch am Tag ihres Todes und untersuchte sie, dann schrieb er auf was sie benötigte, das sie weiterleben könnte. Infusionen und Vitamine in einer Menge, die für uns auch mit Verbindungen nicht mehr zu beschaffen gewesen wären und ins Krankenhaus wollte ich sie nicht mehr bringen, wozu? Da würde sie das schlucken auch nicht mehr erlernen. Sie sagte zum Schluss immer wieder das sie so einen Durst hätte, aber sie konnte kein Wasser mehr im Mund behalten, es ist nichts schönes das mit anzusehen und nichts machen zu können.
Ich legte sie auf´s Bett und die Frauen zogen sie schön an. Wir mussten eine Ärztin anrufen die die Leichenschau machte und uns ein Formular aushändigte. Mit dem geht man zum Beerdigungsinstitut teilt den Tod mit und gibt ihr Carnet ab. Das wird von dort direkt an die Imnigracion weitergeleitet, die normalerweise eine Meldung an die deutsche Botschaft sendet. Das Institut sagt dir die eventuelle Abholzeit, in der Regel noch am selben Tag. Bei uns war es Abends, ich habe mich schlecht gefühlt. Ich habe in den fünf Jahren eine andere Einstellung zu meiner Mutter erhalten, sie war nicht die Frau, für die ich sie immer hielt, ich ging auf Distanz. Jetzt fehlte mir die Möglichkeit mit ihr darüber zu sprechen.
Noch wusste Niemand das meine Mutter gestorben war, aber das änderte sich natürlich als der Leichenwagen vorfuhr. Ein Cadillac neueren Baujahrs. Mein Schwiegervater war da, unser Campesino auch, sie riefen mich, er ist da Christian. Ich nahm meine Mutter, sie war schon etwas steif und konnte sie so wieder vor die Brust klemmen. Der Schwiegervater legte ihr ein Tuch über den Kopf und ich ging wieder Stufe für Stufe runter. Unten standen jetzt schon einige Leute und warteten auf mich. Alle wollten irgendwie helfen. Einer zog den Sarg raus, ein anderer nahm ihre Beine, so das wir sie legen konnten. Ich stand noch einen Moment da und der Wagen fuhr zurück ins Institut wo sie aufgebahrt wurde. Es ist auf Kuba üblich das die Familie über Nacht am Sarg bleibt, Freunde und Bekannte kommen, sie alle sitzen zusammen und unterhalten sich über den Toten und erzählen sich Geschichten. Ich war auch da, blieb aber nur bis 22:00 ich erklärte das ich das nicht könne, in Deutschland ist das so nicht üblich, sie sollen mir nicht böse sein, war schon in Ordnung.
Am nächsten Morgen dann gegen 8:00 wurde der Sarg wieder verladen und man fuhr auf den Friedhof Mayabe. Gehalten wurde vor einer Reihe mit Grüften. Die Schwere Steinplatte wurde abgestemmt und ich und mein Schwiegervater griffen uns die Seile die unter dem durchliefen und ließen ihn langsam in die Gruft hinab. Die Platte kam wieder darüber, fertig.
Die Bestattung und alle Formalitäten haben nichts gekostet.
Hier wird sie nun zwei Jahre ruhen um dann umgebettet zu werden in einen Marmorkasten an der Friedhofswand. Dazu hätte ich vor einigen Wochen nach Kuba fliegen müssen, aber das ist mir nicht möglich, also hat mein Schwiegervater das für mich übernommen. Der Sarg wird geöffnet und die Knochen herausgenommen und gesäubert. Danach werden sie in einer Schachtel in den Marmorkasten gelegt, der zugemauert wird. Sie liegt jetzt also auf Kuba, ich weiß nicht wann ich wieder da sein werde.
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