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Neulich in Kuba
Cementerio
Meine Novia, ich nenne sie mal B., verabschiedet sich vor Anbruch des Tages. Das verringert die Gefahr von der Casawirtin oder anderen Chismosos gesehen zu werden. Da sie sich schon etwas in mich verliebt hat , möchte sie mich gerne wiedersehen. Wir tauschen Telefonnummern aus. Sie besitzt ein älteres Handy, leider ist der Akku so verbraucht, dass sie es fast permanent laden muss. Ich verspreche, wenn ich gegen Abend wieder in der Casa bin, ein Mensajito zu schicken. Besito un chau.
Für mich stellt sich die Frage wie ich den heutigen Tag verbringen möchte. Die einschlägigen Sehenswürdigkeiten Santiagos kenne ich fast alle. Ich habe extra einen Reiseführer gekauft, „Cuba“ von Wolfgang Ziegler, 790 Seiten dick und fast ein Kilo schwer. Letztendlich habe ich ihn kaum gebraucht. Heute Morgen aber blättere ich mich in der Hoffnung etwas neues zu entdecken durch das Kapitel „Santiago“. Schließlich bleibe ich an dem Satz hängen:
„Wenn man der Geschichte Santiagos hautnah begegnen will, dann führt an dem 1868 eingeweihten Friedhof Santa Ifigenia kein Weg vorbei.“ (W. Ziegler – Cuba)
Es ist das Wörtchen „hautnah“, das mich anspricht. Und den Friedhof habe ich tatsächlich noch nie besucht. Also leihe ich mir wieder das klapprige Fahrrad und radle zum Cementerio Santa Ifigenia, der etwas außerhalb in Santiagos Westen liegt.
Der Friedhof ist durchaus einen Besuch wert. Kubanische Prominenz, wie z.B. Antonio Maceo, Carlos Manuel de Céspedes , José Martí, Mariana Grajales, Compay Segundo und verschiedene Mitglieder der Bacardi-Sippe wurden hier begraben.
Mein Fahrrad kann ich am Eingang in die Obhut der Friedhofswächterin geben. Dort müssen Touristen Eintritt bezahlen und zusätzlich 3 CUC fürs fotografieren. Im vorderen Teil des Friedhofes befinden sich die ‚wichtigeren‘ Gräber. Viele sind aus blendendweißem Marmor gefertigt und werden von meterhohen Engeln und Heiligenfiguren bewacht. Dazwischen einzelne Palmen und immer wieder Flaggen, die wohl besonders revolutionäre Gräber kennzeichnen. Dann gibt es noch das Mausoleum von José Martí mit halbstündiger Wachablösung.
Nach gut 2 Stunden habe ich genug hautnahe Geschichte erlebt und entspanne mich den Rest des Nachmittags bei ein paar Bucaneros auf meiner Terrasse.
Zurück in die Gegenwart
Abends schicke ich B. ein sms.
„Estoy en la casa, vienes?“
„Llegaré dentro de 30 minutos mi amor“
Zweieinhalb Stunden und zwei sms später steht sie vor der Tür. Sie sieht gut aus mit ihren 23 Jahren, eine schlanke, hochgewachsene Mulata, modisch gekleidet, aber nicht übertrieben oder gar nuttig. Und als sie versichert, daß sie mich den ganzen Tag sehr vermißt habe, läßt ihr strahlendes Lächeln keinerlei Zweifel zu.
Wir gehen erst mal was essen.
Da wir uns zum zweiten Mal treffen, bin ich in ihren Augen jetzt ihr fester Novio und damit für alle ihre Bedürfnisse zuständig. Es überrascht mich überhaupt nicht, dass ihre Mutter gerade Geburtstag hat. Und sie hat nicht mal Öl oder Essen im Haus um etwas zu kochen. Als Novio muß ich mich natürlich auch um die Mutter kümmern. Ich stecke ihr 10 CUC zu und sage artig: „Felicidades para tu mama“.
Später ruft sie eine Freundin an und ich höre, wie sie über den Kauf einer SD-Karte für ihr Handy verhandeln.
Der Preis: „10 Fula“.
Ich habe das Gefühl, die Mutter wird dieses Jahr ohne Geburtstagsgeschenk auskommen müssen.
In der Casa unterhalten wir uns ein bißchen. B. ist Mutter eines 5-jährigen Kindes welches irgendwo in einem Randbezirk Santiagos bei der Mutter aufwächst. Sie hat ein eigenes Haus, allerdings ohne Baño. Für ein Baño fehlen ihr 250 CUC. Ihre Gedanken beschäftigen sich viel mit der Pflege ihrer Fingernägel und ihrer Haare. Und, das muß ich zugeben, beides ist Top. Generell ist Konversation nicht ihre Hauptstärke und so widmen wir uns den Rest des Abends den Dingen, die sie wirklich kann.
Weiter Richtung Osten
Nach vier Tagen habe ich genug von Santiago. Um die Busverbindungen Richtung Osten zu checken leihe ich nochmal das Fahrrad und fahre hinauf zum VIAZUL Busterminal bei der Plaza de la Revolucion.
Der Revolutionsplatz in Santiago mit Maceo Denkmal
Vor dem VIAZUL Büro sprechen mich Taxifahrer an. Für 25 CUC würde einer mich nach Guantanamo fahren. Wir einigen uns auf 15 CUC. Das ist zwar teurer als der VIAZUL, dafür holt er mich in meiner Casa ab und ich muß nicht frühmorgens mit meinem Gepäck quer durch Santiago tigern.
Zum Frühstück am nächsten Morgen gibt es schwarzen Kaffee und Dulces aus der nahegelegenen Bäckerei. Die Dulces sind bis auf die zwei dicken schwarzen Haare die ich darin finde, sehr lecker. Super pünktlich um 8 Uhr hupt das Taxi auf der Straße. Es ist eine Maquina, ein grüner Ford, betagt, aber gut in Schuß. Von der Terrasse rufe ich hinunter, daß ich gleich komme.
Schnell stopfe ich mein restliches Zeug in die Reisetasche. Gerade als ich aufbrechen will stürmt die Casabesitzerin ins Zimmer und erblickt B., die immer noch vor sich hin trödelt. Genau diese Situation habe ich die ganze Zeit zu vermeiden versucht.
Sie atmet schnell und tief ein, wobei sich ihre nicht gerade unterentwickelten Brüste gefährlich aufrichten und dann geht das Gezeter los:
„Das gehe ja überhaupt nicht, weiblicher Besuch sei nur erlaubt wenn im Casabuch registriert“ usw.
Zwischen dem Gezeter läßt sie immer wieder das Wort „Inmigracion“ fallen. Und sie will das Carnet.
B. ist das gar nicht recht, was ich gut verstehen kann. Mir auch nicht, denn ich fühle mich für die Situation verantwortlich und das letzte was ich möchte, ist, daß sie Probleme bekommt.
Draußen wartet ungeduldig das Taxi und auch ich will aufbrechen.
Ich schlage der Casawirtin vor, ich könne ja 10 CUC für die Doppelbenutzung des Zimmers ‚nachbezahlen‘ und dafür wird das Mädel nicht ins Buch eingetragen.
Der Vorschlag stößt zwar auf offene Ohren, die gierige Alte möchte aber 25 CUC haben, was ich ablehne. Wir einigen uns schließlich auf 15 CUC.
Das Mädel bekommt ihr Carnet zurück und ich kann endlich los.
Zum Abschied guckt sie ganz traurig und fragt: „No te puedo acompañar?“
Aber ich habe andere Pläne und so gebe ich nur das vage Versprechen, sollte ich nach Santiago zurückkehren, würde ich sie anrufen.
Taxi nach Guantanamo
Das Taxi klappert noch zwei Casas ab um weitere Touristen aufzugabeln. Mit dem Fahrer sind wir zu sechst. Die anderen wollen alle nach Baracoa. Gegen 9 Uhr verlassen wir Santiago Richtung Osten, Richtung Guantanamo und Baracoa.
Die Fahrt in dem Oldtimer macht Spaß. Mit 60-70 km/h tuckern wir über die Autobahn, dazu Salsa Musik vom USB-Stick. Es ist ein perfekter Morgen, blauer Himmel, strahlendes Licht, nicht zu warm, nicht zu kalt. Fast währe ich weiter bis Barcoa gefahren, die Vorstellung in dem Oldtimer die Farola hoch zu tuckern ist reizvoll.
Guantanamo
Aber dann bin ich doch in Guantanamo ausgestiegen.
Vor Jahren hatte ich eine Novia aus Guantanamo, eine süße Mulatica. Sie ist jetzt mit einem Franzosen verheiratet und lebt in Europa. Manchmal, aber nur ganz selten, schreiben wir uns noch. Deshalb ist mir die Stadt vertraut. Es ist nicht schwer sich zu orientieren. Die Straßen sind schachbrettartig angeordnet. Im Zentrum liegt der Parque Marti und drum herum alles was für mich Touri relevant ist.
Für 15 CUC finde ich eine schöne Casa. Alles ist sehr gepflegt und vor meinem Zimmer im zweiten Stock befindet sich eine Art überdachte Terrasse. Die Besitzerin wohnt in einem anderen Haus im Zentrum und meistens ist nur eine Hausangestellte anwesend. Also kein abendliches Spießrutenlaufen an Novela schauenden Großmüttern vorbei, um in mein Zimmer zu kommen. Separaten Eingang habe ich nicht, stattdessen bekomme ich einen Hausschlüssel.
Ich mache mich auf zu einem ersten Rundgang durch GTMO. Seit meinem letzten Besuch hat sich einiges verändert. Neu ist der Boulevard, eine Fußgängerzone mit Bars, Straßencafés, Restaurants und sogar Sitzbänkchen zum Ausruhen. Richtig schön haben sie das gemacht. Neben den Devisenlokalen gibt es viele Angebote in Moneda Nacional, was früher eher die Ausnahme war.
Erster Spaziergang durch Guantanamo:
Parque Marti
Parque Marti
Vom vielen herumlaufen durstig geworden setze ich mich vor einer Devisentränke am Boulevard an ein Tischchen. Während ich das Treiben auf der Straße beobachte bemerke ich in der gegenüberliegenden Peso-Bar „La Reina“ eine Negrita, die dort arbeitet. Es sind keine Gäste in der Bar, sie sitzt gelangweilt an einem Tisch und schaut zu mir herüber. Als ich zurückschaue macht sie Zeichen mit gespreizten Daumen und Zeigefinger, lacht, deutet auf mein Bucanero. Ich gehe rüber und frage sie, ob sie eine Cervecita möchte.
Klar möchte sie, aber nicht hier wo sie arbeitet. Zuerst muss sie den Chef fragen, aber der macht keine Probleme. Es gibt eh nichts zu tun. Sie lotst mich paar Straßen weiter in eine etwas schummrige Bierschänke. Es gibt zwar nur Mayabe, dafür ist man im Halbdunkel ungestört. Abgesehen von der schläfrigen Bedienung und ein paar halbwüchsigen Kubanern, die mit glasigen Augen an einem mit leeren Bierdosen übersäten Tisch sitzen, sind wir die einzigen Gäste.
Fortsetzung folgt
#29 RE: Neulich in Kuba
#30 RE: Neulich in Kuba
Dann hau rein, doctora
#33 RE: Neulich in Kuba
Zitat von ElHombreBlanco im Beitrag #33Zitat von jan im Beitrag #32
doctora
Jan nimmt Bezug auf # 31 .
#38 RE: Neulich in Kuba
#39 RE: Neulich in Kuba
Zitat von ElHombreBlanco im Beitrag #38Zitat von Varna 90 im Beitrag #37
Jan nimmt Bezug auf # 31 .
Is mir schon klar. Nur ist Sisyphos mir nicht als weiblich in Erinnerung.
Sisyphos hat(te) doch eine Beziehung mit einer Tänzerin, wenn ich mich nicht irre.
Ich denke die war nicht lesbisch.
#41 RE: Neulich in Kuba
#43 RE: Neulich in Kuba
Zitat von San_German im Beitrag #43
Das Foto von der Casa Grande aus ist mein Favorit...
Ja ,daß ist auch mein Favorit
obwohl vom Cementerio hätte ich auch noch ein cooles Foto.
Es freut mich natürlich, daß es einigen Spaß macht meinen Bericht zu lesen und daß die Fotos gefallen.
Ich habe viel fotografiert auf dieser Reise und dabei ein paar mal eine Technik angewandt, die aus der Streetfotografie bekannt ist. Ich hatte kürzlich ein Video von einem Streetfotografen gesehen, worin dieser die tollsten Fotos schoß, indem er mit der Kamera in der Hand durch die Straßen lief und aus der Hüfte heraus fotografierte, ohne daß die Leute es merkten. Ich habe das auch versucht und neben viel Schrott kamen dabei ein paar ganz gute Ergebnisse zustande. Ich werde im Verlauf des Reiseberichtes ein paar Beispiele zeigen.
Nächster Teil der Novela:
Y. ist Mitte 30, schlank, mit der athletischen Figur einer Sportlerin. Vom Hauttyp ist sie eher Negrita als Mulata. So steht es auch in ihrem Carnet.
Es macht Spaß sich mit ihr zu unterhalten, sie ist intelligent und interessiert, nicht der übliche Smalltalk der Chicas der so häufig nach kurzer Zeit mit einem „comprame papi“ endet. Auch die Pflege von Fingernägel und Frisur sind bei ihr kein Thema. Sie liest gerne und Mathe war in der Schule ihr Lieblingsfach. Ich bin ein bißchen baff.
Sie ist gut drauf und wir haben viel zu lachen. Aber als sie plötzlich sagt, ich ähnle Raul Castro muß ich doch schlucken. Als ich jung war, wurde ich von wohlwollenden Zeitgenossinnen gelegentlich mit Robert Redford verglichen, später, in mittleren Jahren, wurde mir einmal eine gewisse Ähnlichkeit mit Klaus Kinski attestiert, was ich damals schon schockierend fand, aber Raul Castro, das ist der Hammer.
Als ich entsetzt nachhake: „Raul Castro? Este viejo maricón?“ relativiert sie schnell: „No es tu cara, son los espejuelos“.
Gott sei Dank! Auch wenn ich nicht mehr der jüngste bin, Raul könnte altersmäßig ohne weiteres mein Vater und vom optischen Erhaltungsgrad mein Großvater sein. Ich werde nach meiner Rückkehr ein ernstes Wörtchen mit meinem Optiker reden müssen.
Dann muß sie wieder zu ihrer Arbeit, die, da fast nie Gäste in die Bar kommen, eigentlich gar keine Arbeit ist, und die mit 10 Pesos/Tag lächerlich schlecht bezahlt wird.
Als ich am nächsten Morgen an ihrem Arbeitsplatz vorbeilaufe ist sie nicht da. Bis auf einen gelangweilt herumsitzenden Angestellten ist das Lokal leer. Sie hat heute frei sagt er, als ich frage wo Y. sei. Aber er gibt mir ihre Adresse und ich beschließe sie am Nachmittag zu besuchen.
Den Vormittag vertreibe ich mir damit, durch die Straßen Guantanamos zu schlendern und mich der Kunst der Streetfotografie zu widmen.
Ein paar Kostproben:
Später kaufe ich im Devisenladen ein tiefgefrorenes Pollo, ein paar Büchsen Bier und Refresco und mache mich auf den Weg zu der Adresse die mir der Barmann gab. Das Pollo hält die Getränke schön kühl, denn obwohl die Sonne schon recht tief steht, ist es heiß in Guantanamos Gassen.
Y. wohnt etwas außerhalb des Zentrums in einer Gegend, die sich La Loma del Chivo nennt. Es ist nicht gerade das beste Viertel Gtmos. Der schwarze und damit ärmere Bevölkerungsanteil ist hier besonders hoch. Die Straßen und Gehwege sind rissig, die Häuser bis in die oberen Stockwerke vergittert. Abends mischt sich dumpfer Reggaeton mit rhythmischem Changüí oder helltönendem Bachata. Halbwüchsige Schwarze lungern auf der Straße herum, ein paar ältere Herren sitzen im Schatten einer Veranda und spielen Domino. Aber sie beachten mich kaum. Als ich nach Y. frage, scheint sie jeder zu kenne.
„Es la casa en la esquina.“
Dann stehe ich vor ihrem Haus. Ich klopfe an die Tür und rufe laut „Y“. Noch einmal: „Y“.
Überraschend schnell erscheint sie aus den Tiefen des Hauses, gekleidet in knappen Shorts, die ihre langen Beine perfekt zur Geltung bringen. Eine filterlose Zigarette in der Hand blickt sie mich verwundert an.
„Entra, entra.“
Im Eingangsbereich liegt eine schmächtige Gestalt regungslos auf einem zerlumpten Lager.
„Mi tio“, erklärt sie „llegó borracho en la noche“.
Eine ebenfalls ziemlich dürre, ältere Frau taucht aus einer dunklen Ecke auf und mustert mich neugierig.
„Mi tia“.
Ich sage „hola“
Und die Tia grinst mich zahnlos an.
Ich gebe Y. das Pollo und die Refrescos.
„Kannst du uns was leckeres kochen“?
Es ist eines von diesen schmalen, aber tiefen Häuser, nur ein Zimmer breit, dafür aber drei oder vier Zimmer tief. Und am Ende schließt sich noch ein kleiner Patio an, in dem zwischen allerlei Schrott ein paar Hühner gackern.
Sie zieht mich in ihr Zimmer. Es ist ein kleiner fensterloser Raum, darin ein breites Bett, ein uralter Ventilator, ein Stuhl, in einer Ecke eine Elektrokochplatte und ein paar Kochutensilien. Auf einer kleinen Kommode steht ein Radiogerät, in den Fächern darunter Bücher und die Schulhefte ihres Sohnes. In der anderen Zimmerecke ein Altar für die Santos. Die Wände sind grob verputzt und wurden wohl vor längerer Zeit mal mit wäßriger Farbe gestrichen. Hier wohnt sie mit ihrem 15-jährigen Sohn. Wenn sie ihr Zimmer verläßt, schließt sie es mit einem Vorhängeschloß ab.
Dann sagt sie nüchtern und fast beiläufig diesen Satz, der mich berührt:
„Hier kannst du den Grad der Armut sehen in dem ich lebe.“
Die Zubereitung des Hühnchens dauert etwa drei Stunden. Währenddessen trinken wir das Bier bevor es warm wird. Die Refrescos verteile ich an die Tia und Y's Sohn. Erstere kommt alle 10 Minuten ins Zimmer um irgend etwas zu fragen, zu holen oder zu bringen, aber ich vermute es ist Neugierde. Sie möchte den Yuma sehen.
Das Essen ist ausgesprochen lecker. Keine Ahnung wie sie das mit den wenigen Zutaten geschafft hat, vielleicht haben die Santos aus der hinteren Ecke ein bißchen mitgeholfen.
Für den Abend kaufe ich eine Flasche Cubay Añejo Suave, einen dunklen, angenehm weichen Rum. Der geht runter wie Öl. Ich frage Y. ob sie auf ein Schlückchen mit in meine Casa kommen möchte. Natürlich möchte sie, aber sie hat auch Angst vor dem Registrierungsbuch. Ich sage, lass es uns einfach versuchen. Wenn es nicht klappt, überlegen wir uns etwas anderes.
In der Casa lässt sich das Problem zum Glück unbürokratisch lösen. Sie muss zwar ihr Carnet abgeben, aber die Casabesitzerin verspricht, sie nicht ins Buch einzutragen.
Später liegen wir auf dem Bett, trinken Rum aus Wassergläsern während im TV eine Novela läuft. Auf Y‘s Körper entdecke ich erstaunlich viele Narben. Sie möchte aber nicht erzählen, wie diese zustande kamen. Kaum ist die Novela zu Ende, richtet sie sich auf und sagt im Befehlston:
„Ponte un condon“.
Ich möchte nicht in allen Einzelheiten beschreiben was nun folgt, nur so viel: Was über mich hereinbricht ist animalisch. Selten bin ich so zugeritten worden. Sie würgt, kratzt, beißt und schreit – ich werde am nächsten Morgen einige blaue Flecken an meinem Körper finden. Diese Mischung aus Aggression, hemmungsloser Triebhaftigkeit und Leidenschaft ist zwar ein bißchen gewöhnungsbedürftig, aber auch durchaus faszinierend. Und wenn es nach ihr gegangen wäre, hätten wir das ganze gleich nochmal gemacht.
Playa
Ich bin jetzt fast zwei Wochen in Kuba und war noch kein einziges mal am Strand.
Y. kennt eine Playa an der Straße Richtung Baracoa. Ihr anderer Tio besitzt eine Maquina und für einen Zuschuss zum Sprit und ein paar Cervezitas ist er bereit uns dort hin zu fahren. Als wir starten sind wir zu viert, seine Novia kommt auch mit. Die beiden sind sehr nett und ihr Bierdurst ist, wie ich bald merke, groß.
Auf halbem Weg machen wir Stopp an einem Mirador. Man kann dort fast bis Gtmo Bay gucken. Die Landschaft wirkt sehr trocken, außer niedrigen Büschen und Kakteen scheint nicht viel zu gedeihen.
Der Strand ist nicht der sauberste, aber trotzdem nett. An der Straße gibt es ein Restaurant mit kaltem Bier und wenn man ein paar Stufen runtergeht findet man schattige Plätze unter knorrigen Bäumen. Das Meer ist toll. Wir machen es wie die Kubaner, setzen uns mit Bierdosen in der Hand ins knietiefe Wasser und genießen den Nachmittag.
In der Maquina zum Strand
Landschaft östlich von GTMO
La Playa
Wieder zurück gehen wir am Abend in die Casa de la Musica. Allerdings halte ich es nicht lange aus. Die weit über die Schmerzgrenze aufgedrehte Musikanlage macht jegliche Konversation unmöglich. Man kann sich nur gegenseitig anschreien.
„Que?“
„Que has dicho??“
„Hä???”
„Como????”
Keine Ahnung warum sich Kubaner bei diesen extremen Lautstärken so wohlfühlen, für meine mitteleuropäischen Ohren ist das akustische Folter. Nach einem schnellen Bierchen sage ich:
„Vamos a la casa.“
Heute gibt es keine Novela. Kaum sind wir im Zimmer kommt der Befehl:
„Ponte un Condon.“
Da ich heute weiß was kommen wird überlebe ich es ohne zusätzliche Verletzungen und blaue Flecken. Und heute schwitzt sie mehr als ich.
Danach ist es als wäre ein Damm gebrochen. Eine filterlose Popular nach der anderen rauchend erzählt sie mir ihre komplette Lebensgeschichte. Sie spricht eine Stunde ohne Pause. Ich liege daneben und sage kein Wort. Was ich zu hören bekomme hat mit dem Kuba der Reiseprospekte mit seinen glücklichen, tanzenden und ewig lebenslustigen Kubaner, nichts, aber auch gar nichts gemeinsam.
Ihre Mutter starb früh, ein Vater war nie vorhanden, großgezogen wurde sie von einer Tante. Sie erzählt von Armut, sexuellen Übergriffen in frühster Kindheit, körperlicher Gewalt, Beziehungen und Ehen mit nutzlosen Männern und von Verwandten, die sich gegenseitig betrügen und bestehlen. An ihrem linken Unterarm hat sie zwei dünne, parallel verlaufende Narben. Überbleibsel eines mißlungenen Selbstmordversuchs.
Sie endet mit den Worten, die sich fast wie eine Drohung anhören:
„Als Kind war ich hilflos, heute kann mir kein Mann mehr etwas antun“.
Langsam verstehe ich woher diese Aggressivität kommt, die vor allem beim Sex, oder auch wenn sie zu viel Rum getrunken hat, hervorbricht. Und noch etwas wird mir bewußt, ich bin gerne mit ihr zusammen, ich mag sie. Trotz, oder gerade wegen ihrer widersprüchlichen Persönlichkeit.
Fortsetzung folgt
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