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Havanna
#1 Havanna
Ein Tag in Havanna
Sie stellte sich als Yadislenis, Yanislaidis oder Yumilesi vor. Einer dieser vielen Namen, die mit dem vorletzten Buchstaben des Alphabets beginnen, und die ich schon im nächsten Moment wieder vergessen habe. Da mir das schon seit Jahren so geht, fragte ich auch nicht nach. Ypsilon war jedenfalls eine kleine, nette Mulata, die wohl jeden Touristen mit ihrem fröhlichen „Hola“ begrüsst hätte. Aber in diesem Fall war ich es, der gerade auf der Mauer des Malecons Platz genommen hatte, um auf das Meer zu schauen und die dort schaukelnden Boote. Immerhin war sie eigens für mich einsamen Touristen über die mehrspurige Straße gelaufen. Also, warum kein Smaltalk. Vielleicht sollte meine innerliche Voreingenommenheit bezüglich Frauen am Malecon ja eines Besseren belehrt werden.
Wurde sie natürlich nicht. Nach gut zehn Minuten Gespräch griff Ypsilon zu, direkt zwischen meine Beine, was für mich völlig überraschend kam und überdies so früh am Morgen überhaupt nicht nett fand. Zum Glück war die Hand so schnell wie sie vorgeschnellt war, auch wieder zurück gezogen. Nun kamen Komplimente für das, was sie da gefühlt zu haben glaubte. Und wo ich denn überhaupt in Havanna wohnen würde, Hotel oder Casa? „Weder noch“, antwortete ich. Ich sei einfach auf der Durchreise, sozusagen auf Spaziergang vom Viazul-Terminal zum internationalen Flughafen. Und das war die reine Wahrheit, aber sie glaube mir natürlich kein Wort.
Tatsächlich war ich morgens halb acht in Havanna angekommen. Da der Express schon ausverkauft war, reiste ich mit dem Bummel-Viazul quer über die ganze Insel. Trotzdem war die Fahrt schnell vergangen und, wie der Zufall so will, hatte ich unterwegs sogar zwei Foristen wieder getroffen, die ich in Santiago de Cuba kennengelernt hatte. Die waren irgendwo zu- und irgendwo wieder ausgestiegen. Und aus irgendeinem Grund hatte der eine mir sein großes weißes Badehandtuch verehrt. Ich nutzte es als Kopfkissen.
Der Bummel-Viazul war aber gar keiner, der Fahrer war schneller als im Fahrplan vorgesehen am Ziel. So mussten sich die Mitfahrerinnen beeilen, sich für die Großstadt noch herzurichten. Die Landpomeranze, die gerade noch, tiefe Einblicke gewährend, neben mir geschlummert hatte, öffnete ihre Handtasche und legte Kriegsbemalung auf. Sie hatte mir vorher viel besser gefallen, aber ich hütete mich, dass auch nur anzudeuten. Verschreckt war auch der diensthabende Pförtner am Busbahnhof. Als der Fahrer ungeduldig hupte, kam er schwankend durch die Tür geschossen. Mit der einen Hand versuchte er seine Hose zu halten und tastete nach dem offenen Gürtel, in der anderen hielt er den Schlüssel für das Eisentor und versuchte sich gleichzeitig mit dem Unterarm den Schlaf aus den Augen zu reiben.
Der Bus fuhr ein und die übernächtigten Reisenden stürmten die Toiletten. Der Eintritt kostete einen Cuc, schließlich war Viazul ja ein Devisenunternehmen. Dafür gab es auf Wunsch bis zu drei Stück Toilettenpapier. Da die Spülung nicht funktionierte, beseitigte die Klofrau persönlich und sofort die Hinterlassenschaften ihrer Kunden. Ich wartete ab, bis die meisten diesen Punkt ihrer Reise abgehakt hatten. Schaute aber auch, dass ich nicht so lange trödle und der Express aus dem Osten ebenfalls einrollt.
Schließlich eine Katzenwäsche an den tröpfelnden Hähnen der Waschbecken. Ich werde in der Stadt schon eine Möglichkeit zum Duschen finden, sagte ich mir. Notfalls würde ich eine Casa zu zwei Stunden mieten. Die draußen wartenden Taxifahrer ignorierend folgte ich der sanft abfallenden Hauptstraße in Richtung Zentrum. Der Verkehr war um diese Zeit noch spärlich. An den Bushaltestellen warteten die Habaneros auf die verschiedenen Linien. Die Busse sind voll, aber nicht so, dass es aussichtslos wäre, mitzukommen. Überdies stauten sich die Leute vor allem an den Türen.
#2 RE: Havanna
Relativ schnell erreichte ich den chinesischen Friedhof. Das Tor stand offen und ich lief hinein. Ein Vorarbeiter belehrte mich aber, dass geschlossen sei. Überdies habe der Chef das Fotografieren verboten, weil gerade restauriert wird. Da ich die Aufnahmen bereits im Kasten hatte, trollte ich mich wieder. Eine kleine Mauer vor einem Haus nutzte ich für Marscherleichterung. Ich zog die Jacke aus. Es war schwül geworden.
Um nicht wieder in einem verfallenen Industriegelände zu landen, wie vor zwei Jahren, folgte ich diesmal stur der Hauptstraße. Diese verläuft jetzt in etwa parallel zur Mauer des Kolumbus-Friedhofes, deren gelbverputzte Mauer ich immer wieder durch Seitenstraßen leuchten sah. Letztlich entschloss ich mich zu einem Abstecher zum Haupteingang. Noch immer wird fleißig an den Grufthäusern und Denkmalen saniert, wie die zahlreichen Gerüste beweisen. Über den Blumenmarkt ging es wieder zurück zur Avenue.
Havanna blieb dunstig. Irgendwann sah ich rechts in weiter Entfernung die Umrisse des Jose-Marti-Denkmals am Platz der Revolution aufragen. Nein, ich mochte da heute nicht hin. Dafür reizte mich das Edificio „Lólez Serrano“ auf der Calle 13, ein Hochhaus aus dem Jahr 1929, das durch seinen Stil und seine Verzierungen auffällt. Rechts vor dem Eingang erinnern Buchstaben an die Erbauer, die Architekten und Ingenieure Mira & Rosich, also Ricardo Mira und Miguel Rosich. Auch im Inneren stellte sich das Gebäude eine architektonische Perle heraus. In der Lobby sind die schönen Terrazzofußböden erhalten und der Höhepunkt ist das Nickel-Silber-Relief „El Tiempo“ von Enrique Garcia Cabrera, typisch für den kubanisch-amerikanischen Jugenstil.
Neugierig lungerte ich so lange im Hausflur rum, bis mich einen ältere Dame aufforderte, doch einfach mal mit dem Fahrstuhl nach oben zu fahren. Der Lift ist neu und schnell war ich im achten stock. Höher geht es nur zu Fuß, aber die nach oben führende Treppe sperrte eine verschlossene Gittertür. Auch war der Blick über die Stadt schwierig, da die Mieter die Balkone der Flure verbaut haben. Zu Fuß lief ich, Stufe für Stufe ertastend, eine enge, unbeleuchete Treppe wieder herunter.
Vor der USA-Vertretung stand auffallend wenig Sicherheitspersonal. In einem kurzen Sprint würde ich bis zum Pförtnerhäuschen schaffen, ohne aufgehalten zu werden, schätzte ich ein. Allerdings weiß ich nicht, ob in den Häuschen noch Kubaner oder schon Nordamerikaner sitzen. Die Fahnenstangen, Castros Reaktion auf die Leuchtschrift-Nachrichten am Vertretungsgebäude, tragen keine schwarzen Fahnen mehr, sondern ragen wie silberne Spargel sinnlos in den Himmel.
Auf Höhe des Felsens auf dem das Hotel Nacional steht, hockte ich mich auf die Ufermauer und begegnete der eingangs erwähnten Y-Mulata. Eigentlich arbeite sie im obersten Stockwerk eines der 50er Jahre Hochhäuser in der Rezeption, aber heute habe sie frei, sagte sie. Und wir könnten doch zusammen etwas unternehmen. Abe nach diesem direkten Griff ihrer Hand an einer Stelle, an der sie absolut nichts zu suchen hatte – zumindest aus meiner Sicht - bedauerte ich freundlich: Es sei viel zu früh und ich müsse mir erst die Stadt ansehen und zwar allein. Y zeigte Verständnis. Ich könne ja am Nachmittag hier wieder vorbeischauen.
Froh, der Chicafalle entflohen zu sein, lief ich weiter. Schaute ein paar Anglern zu. Und bog dann vom Malcon in jenen Stadtteil ein, den man in Deutschland wohl als Gründerzeitviertel mit Jugendstilelementen bezeichnet hätte. Prompt taten sich die nächsten Chicafallen auf. Ich wurde in Wohnungen gebeten und als naiver Tourist und neugieriger Kuba-Provinzler folgte ich natürlich den Einladungen. Ich trank einen süßen Kaffee, bedauerte weder Schokolade, noch Spielzeug oder Sachen für die Kinder dabei zu haben und auch kein Parfüm. Auch verspürte ich keine Lust mit der Chefin der Wohnung ins Bett zu gehen, auch nicht mit deren Tochter oder der Nichte. Ich muss wirklich eine Enttäuschung für diese ehrenwerten Kubaner gewesen sein.
Schön zu lesen. Dass Du aber auch so egoistisch bist und den liebenswürdigen Cubanas nichts Gutes gönnst, gibt allerdings schon zu denken.
#6 RE: Havanna
Hi@all!
Als "selbsterdachte" Erzählung gelungen.
Aber in Echt?!
Ich laufe(und radle) nun seit über 15 Jahren durch Kuba(auch Habana),
aber solche Geschichten habe ich nie Erlebt.
Vielleicht verhältst/ Kleidest duch dich ja anders als ich, oder Du bist einfach
viel schöner?
Ich habe einfach Probleme damit, wenn gerade hochmoralische Zeitgenossen von den
vielen aufdringlichen Kubanerinnen berichten, und auch das diese dann noch ungefragt Hand anlegen.
Aber wie gesagt, eine schönes Märchen.
jörg
#9 RE: Havanna
Hi Jörg! Du solltest vielleicht einfach mal dein Umfeld wechseln Aber im Ernst - 15 Jahre durch Cuba gelaufen und sowas ist dir nicht passert? - zumindest die Y-Namen sind doch sowas von echt, immer wieder neue Namen, grandios Ich habe sie mir immer gleich aufgeschrieben Und das Kennenlernen hat doch nun auf Cuba wirklich wenig mit Kleidung und schon gar nichts mit Aussehen bzw. Schönheit zu tun, aber man lernt ja nie aus
Hand anlegen habe ich auf der Straße noch nie erlebt. Vielleicht weil ich nur selten am Malecon sitzend mit den Chicas plaudere. Aber in einer Disko passierte mir schon wiederholt, dass eine oder mehrere Grabschhände vorn oder hinten in Hüfthöhe auf sich aufmerksam machen wollten.
Auf der Straße bleibt es zumindest tagsüber stets bei eindeutigem Zwinkern, Winken, "Grüßen". Das aber ist wahrlich keine Seltenheit. Von Wendehälsen mal ganz abgesehen, die bekommen so manche Chicas sogar, wenn sie mit ihrem Cubano an der Hand durch die Gegend laufen und das Bedauern, jetzt keinen fetten Fang machen zu können, ist dann offensichtlich.
Es stimmt allerdings, mit Frau an der Hand passiert das seltener, ist jedoch nicht ausgeschlossen.
Wenn du aber mit dem Fahrrad unterwegs bist, bist du wahrscheinlich zu schnell wieder weg und die Chicas können gar nicht reagieren.
Zitat von Manzana Prohibida im Beitrag #9
Und das Kennenlernen hat doch nun auf Cuba wirklich wenig mit Kleidung und schon gar nichts mit Aussehen bzw. Schönheit zu tun, aber man lernt ja nie aus
vielleicht hat Nico_030 ja ein spezielles Parfum welches die Chicas fernhält ; sozusagen ein "Antibrumm" für den Yuma
oder er trägt schon die neueste Mode für die Herren aus Paris
Zitat
debatte-um-pe.....-auf-dem-laufsteg
http://www.spiegel.de/stil/rick-owens-in...-a-1014650.html
#20 RE: Havanna
Das war eine meiner ersten Erfahrungen in Kuba: Donnerstag angekommen - Freitag in der Diskothek "Batanga" im Hotel Ciego.
Der Weg von Tisch über die volle Tanzfläche geriet zum Spießrutenlauf. Viel Doppel-Druck praller Möpse, Kniffe in den Hintern und Testgriffe an die Klöten.
Es war allerdings so voll, dass man gar nicht feststellen konnte, welche da hingelangt hatte.
Da war egal, in welche Augen man fragend geschaut hat, ein freundliches Zwinkern war bei allen.
Eines weiß ich noch: So richtig entrüstet war ich nicht....
Man ist ja schließlich kein Party-Pooper.
#25 RE: Havanna
Kurze Zeit später traf ich eine wirklich nette Polizistin. Die saß auf einem Plastestuhl am Straßenrand und bewachte ein Absperrband. Nein, nicht etwa die Einhaltung der Absperrung, denn alle Vorbeigehenden hoben es hoch und über ihre Köpfe, um darunter hinweg zu schlüpfen. Ich nickte der Uniformierten zu und erhielt eines der ganz seltenen Polizistinnenlächeln, denen ich bisher auf dieser Insel begegnet bin. Die Absperrung hing mit Dreharbeiten für einen Film zusammen. In einem der Zelte stapelte sich die Technik, in einem anderen hatte das Catering Kannen mit Kaffee aufgebaut und Teller mit belegten Brötchen. Irgendwie hatte ich den Eindruck, dass letzteres Zelt besser bewacht wurde. Da noch nicht gedreht wird, schlenderte ich weiter. Drei Blöcke entdeckte ich eine Menschenansammlung und eine wirklich filmreife Szene.
Eine Handvoll Bauarbeiter versuchte mit ihrem japanischen Autodrehkran einen Baum aus den Überresten eines abgetragenen Hauses zu entfernen. Dessen Wurzeln hatten sich aber so stark in dem Stahlbetonskelett verankert, dass es den Autokran von seinen Hydraulikauflegern zu heben drohte. Immer wieder musste der Kranfahrer Stahlseil entspannen. Gespannt beobachteten die Habaneros das Geschehen, jeder dritte hatte ein Fotohandy gezückt.
Ein Arbeiter wurde schließlich in einem stählernen Käfig nach oben gezogen. Mit den Stiefeln stieß er ein paar Maurerbrocken weg, die polternd in die Tiefe fielen. Dann sprach er anscheinend mit dem Baum, streichelte seine Rinde und legte eine neue Kette um dessen Stamm. Plötzlich riss ein Ast dem Mann den Helm vom Kopf, der ebenfalls nach unten fiel. Die Menge stieß besorgte Laute aus. Der Arbeiter wedelte énergisch mit den Armen und ließ sich zurück auf den Boden transportieren. Dem Brigadier signalisierte er, um keinen Preis mehr nahe an den Baum zu gehen. Der Kranfahrer scheiteret erneut und zeigte sich zudem gereizt, weil zwei, drei Kubaner ihm jetzt Tipps geben wollten, wie am besten vorzugehen ist.
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