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Mit Rückenwind über Fidels Insel
10.04.2008 15:35 (zuletzt bearbeitet: 10.04.2008 15:36)
#1 Mit Rückenwind über Fidels Insel
Mit Rückenwind über Fidels Insel
Hans Brühl
Chemnitz/Deutschland
Schön ist es, wenn sich Träume noch im Alter erfüllen. Dieser ist mehr als 25 Jahre alt.
Kuba, ein Land fast ohne Industrie, wurde bis 1989 von den Ländern des RGW (Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe / Comecon) im Handel durch vorteilhafte Konditionen begünstigt und damit wirtschaftlich unterstützt. Als Äquivalent zu ostdeutschen Industrieartikeln kamen in unsere Läden Mangosaft und „Kubaapfelsinen“; die Lebensmittel-industrie verarbeitete kubanischen Rohrzucker.
Die kubanischen Ferienorte Varadera, Insel der Jugend und Havanna wurden bei uns bekannt. Sie waren mit einem Hauch von Exotik umgeben, weil Staat und Sicherheitsorgane bestimmten, wer nach Kuba reisen durfte. Mir war ein einziger Kubareisender persönlich bekannt, er wohnte in unserer Nähe. Als beruflich tätiger Servicetechniker verlegte er „die jährlich 2 Wochen Kuba“ gern in die Zeit des deutschen Winters. Er kam gebräunt zurück, wenn bei uns Eis und Schnee herrschten.
Statt der uns verwehrten Mittelmeerküste Italiens und Spaniens an Kubas Strände zu reisen – das war lange mein lange gehegter Wunsch. Im Trubel der Wiedervereinigung
hatte ich diesen alten Traum fast vergessen, denn im nahen Europa gab es zunächst viel Neues zu entdecken.
Meine Chance, doch einmal Kuba zu besuchen, entsprang der Idee meiner Spanisch sprechenden Tochter. Sie suchte jemanden, der sie auf einer Radtour durch die karibische Insel einen Monat lang begleitet. Viel Zeit zum Überlegen brauchte ich da nicht!
Als Rentner oblag mir die Reisevorbereitung. Jeder lud auf sein Rad etwa 16 kg Gepäck, was sich nachträglich als zu reichlich bemessen heraus stellte. Dank meiner persönlichen Dolmetscher-Begleiterin gab ich mich mit der Floskel „Lo siento, no hablo Espanol (Es tut mir leid, ich spreche nicht Spanisch)“ als Sprachvorbereitung zufrieden.
11 Stunden nach dem Start unseres Flugzeuges in Leipzig waren wir vom herbstlichen Oktober Europas ins sommerliche Kuba gelangt. Den wenig kubatypischen Ferienort Varadero verließen wir bald. Es ging per Rad über die Hauptstadt Havanna durch 11 der insgesamt 14 Provinzen. Dem ständig von Ost nach West wehenden Passatwind passten wir unsere Strecke an, denn Rückenwind ist der beste Freund des Radtouristen. An 3 Tagen saßen wir auch insgesamt 24 Stunden in Fernreisebussen, wobei wir noch zwei weitere Provinzen durchfuhren.
Auf insgesamt 1750 Kilometern erlebten wir ein liebenswertes Kuba. Bestimmt waren es 1000 Dörfer oder Flecken, durch die wir radelten. Pferde- und Ochsengespanne assoziierten Erinnerungen an meine Kindheit, wo wir Städter aus Mangel an Lebensmitteln den Kontakt zu Bauern suchten. Bauernleben ist wohl überall auf der Erde mühsam. Muss ein mittel- oder nordeuropäischer Bauer Haus und Stallung vor Kälte und Schnee schützen, fürchtet der Kubaner Hurrikans, die er Zyklone nennt.
Von den Städten gefielen uns außer der sehr investitionsbedürftigen Hauptstadt Havanna und Santiago de Cuba einige durch Tourismus weniger bekannte: Cienfuegos, Ciego de Avila, Morón. – Unvergesslich die 200 Kilometer Naturstrand an der Südküste entlang der Sierra Maestra – durch Hurrikan Dennis vom Juli 2005 noch stark gezeichnet! Einige Straßen wären nach unseren Maßstäben dauerhaft gesperrt worden. Dort hatte man am Rand der von der Flut verschonten Straßenseite zur Markierung der Gefahrenstelle einfach Steine gelegt. Bei der allgemein defensiven Fahrweise sehen die Verantwortlichen vermutlich kein Risiko.
Den bestimmt nachhaltigsten Eindruck hinterließ die Freundlichkeit der Menschen. Nicht nur Kinder winkten oft spontan. Ein von uns abgegebener Gruß blieb selten unbeantwortet. Alt und jung riefen „Hola“, wenn wir uns näherten. Dabei gehören Radfahrer ebenso zum Straßenbild Kubas wie Reiter, Kutschen, Fuhrwerke und motorisierte Zweiräder. Kraftfahrzeuge sind weniger zahlreich, dafür aber meist optimal beladen oder mit Menschen voll gestopft.
Wir erlebten das sozialistische Kuba als ein aus europäischer Sicht armes Land. Es gibt sehr vieles, was man als Fremder oder Kurzbesucher nicht beurteilen kann. Einiges könnte man auf Dauer selbst auch schwer ertragen, z. B. Lebensmittel-rationierung und die Unzuverlässigkeit von Stromversorgung und öffentlichem Verkehr. Wir hatten aber den Eindruck, dass Kubas Gemeinwesen funktioniert,
weil die Bevölkerung ihr Schicksal tapfer und klaglos trägt. – International anerkannte Leistungen Kubas sind kostenlose Bildung für alle und das für Lateinamerika, aber auch für manches Industrieland, vorbildliche Gesundheits-wesen.
Hier der Link
http://www.tu-chemnitz.de/seniorenkolleg...0Ereignisse.htm
Ist schon ein paar Tage her aber dennoch lesenswert.
Gruss Johannes
Hans Brühl
Chemnitz/Deutschland
Schön ist es, wenn sich Träume noch im Alter erfüllen. Dieser ist mehr als 25 Jahre alt.
Kuba, ein Land fast ohne Industrie, wurde bis 1989 von den Ländern des RGW (Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe / Comecon) im Handel durch vorteilhafte Konditionen begünstigt und damit wirtschaftlich unterstützt. Als Äquivalent zu ostdeutschen Industrieartikeln kamen in unsere Läden Mangosaft und „Kubaapfelsinen“; die Lebensmittel-industrie verarbeitete kubanischen Rohrzucker.
Die kubanischen Ferienorte Varadera, Insel der Jugend und Havanna wurden bei uns bekannt. Sie waren mit einem Hauch von Exotik umgeben, weil Staat und Sicherheitsorgane bestimmten, wer nach Kuba reisen durfte. Mir war ein einziger Kubareisender persönlich bekannt, er wohnte in unserer Nähe. Als beruflich tätiger Servicetechniker verlegte er „die jährlich 2 Wochen Kuba“ gern in die Zeit des deutschen Winters. Er kam gebräunt zurück, wenn bei uns Eis und Schnee herrschten.
Statt der uns verwehrten Mittelmeerküste Italiens und Spaniens an Kubas Strände zu reisen – das war lange mein lange gehegter Wunsch. Im Trubel der Wiedervereinigung
hatte ich diesen alten Traum fast vergessen, denn im nahen Europa gab es zunächst viel Neues zu entdecken.
Meine Chance, doch einmal Kuba zu besuchen, entsprang der Idee meiner Spanisch sprechenden Tochter. Sie suchte jemanden, der sie auf einer Radtour durch die karibische Insel einen Monat lang begleitet. Viel Zeit zum Überlegen brauchte ich da nicht!
Als Rentner oblag mir die Reisevorbereitung. Jeder lud auf sein Rad etwa 16 kg Gepäck, was sich nachträglich als zu reichlich bemessen heraus stellte. Dank meiner persönlichen Dolmetscher-Begleiterin gab ich mich mit der Floskel „Lo siento, no hablo Espanol (Es tut mir leid, ich spreche nicht Spanisch)“ als Sprachvorbereitung zufrieden.
11 Stunden nach dem Start unseres Flugzeuges in Leipzig waren wir vom herbstlichen Oktober Europas ins sommerliche Kuba gelangt. Den wenig kubatypischen Ferienort Varadero verließen wir bald. Es ging per Rad über die Hauptstadt Havanna durch 11 der insgesamt 14 Provinzen. Dem ständig von Ost nach West wehenden Passatwind passten wir unsere Strecke an, denn Rückenwind ist der beste Freund des Radtouristen. An 3 Tagen saßen wir auch insgesamt 24 Stunden in Fernreisebussen, wobei wir noch zwei weitere Provinzen durchfuhren.
Auf insgesamt 1750 Kilometern erlebten wir ein liebenswertes Kuba. Bestimmt waren es 1000 Dörfer oder Flecken, durch die wir radelten. Pferde- und Ochsengespanne assoziierten Erinnerungen an meine Kindheit, wo wir Städter aus Mangel an Lebensmitteln den Kontakt zu Bauern suchten. Bauernleben ist wohl überall auf der Erde mühsam. Muss ein mittel- oder nordeuropäischer Bauer Haus und Stallung vor Kälte und Schnee schützen, fürchtet der Kubaner Hurrikans, die er Zyklone nennt.
Von den Städten gefielen uns außer der sehr investitionsbedürftigen Hauptstadt Havanna und Santiago de Cuba einige durch Tourismus weniger bekannte: Cienfuegos, Ciego de Avila, Morón. – Unvergesslich die 200 Kilometer Naturstrand an der Südküste entlang der Sierra Maestra – durch Hurrikan Dennis vom Juli 2005 noch stark gezeichnet! Einige Straßen wären nach unseren Maßstäben dauerhaft gesperrt worden. Dort hatte man am Rand der von der Flut verschonten Straßenseite zur Markierung der Gefahrenstelle einfach Steine gelegt. Bei der allgemein defensiven Fahrweise sehen die Verantwortlichen vermutlich kein Risiko.
Den bestimmt nachhaltigsten Eindruck hinterließ die Freundlichkeit der Menschen. Nicht nur Kinder winkten oft spontan. Ein von uns abgegebener Gruß blieb selten unbeantwortet. Alt und jung riefen „Hola“, wenn wir uns näherten. Dabei gehören Radfahrer ebenso zum Straßenbild Kubas wie Reiter, Kutschen, Fuhrwerke und motorisierte Zweiräder. Kraftfahrzeuge sind weniger zahlreich, dafür aber meist optimal beladen oder mit Menschen voll gestopft.
Wir erlebten das sozialistische Kuba als ein aus europäischer Sicht armes Land. Es gibt sehr vieles, was man als Fremder oder Kurzbesucher nicht beurteilen kann. Einiges könnte man auf Dauer selbst auch schwer ertragen, z. B. Lebensmittel-rationierung und die Unzuverlässigkeit von Stromversorgung und öffentlichem Verkehr. Wir hatten aber den Eindruck, dass Kubas Gemeinwesen funktioniert,
weil die Bevölkerung ihr Schicksal tapfer und klaglos trägt. – International anerkannte Leistungen Kubas sind kostenlose Bildung für alle und das für Lateinamerika, aber auch für manches Industrieland, vorbildliche Gesundheits-wesen.
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http://www.tu-chemnitz.de/seniorenkolleg...0Ereignisse.htm
Ist schon ein paar Tage her aber dennoch lesenswert.
Gruss Johannes
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