Unsere Erfolge sind auch ein Ergebnis Kubas Staatspolitik

18.11.2005 23:47
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»Unsere Erfolge sind auch ein Ergebnis Kubas Staatspolitik«

Kubanischem Chemiker sollten in den USA zwei Preise für die Entwicklung eines neuen Impfstoffs verliehen werden, doch die verwehrten ihm die Einreise. Ein Gespräch mit Vicente Vérez Bencomo

* Vicente Vérez Bencomo hat die erste synthetische Impfung gegen das Bakterium Haemophilus influenzae entwickelt

F: Die US-Behörden haben Ihnen als kubanischen Wissenschaftler die Einreise verwehrt. Sie wendeten dafür einen Artikel der Einreisebestimmungen zu Personen an, die vorgeblich »eine Gefahr für die Sicherheit der Vereinigten Staaten von Amerika« darstellen. Was macht Sie so gefährlich?

Ich weiß es nicht. Während der vergangenen 15 Jahre habe ich alle meine Kräfte auf die Entwicklung von Impfstoffen für Kinder verwandt. Es ist für mich im Grunde nicht vorstellbar, daß eine zivilisierte Nation behauptet, dies verstoße gegen ihre Interessen oder bedrohe gar ihre Sicherheit. Aber genau das ist geschehen.

F: Weshalb?

Ich denke, sie haben ein Bild von Kuba geschaffen, das nichts mit der Realität zu tun hat. Unsere Erfolge auf dem medizinischen Gebiet gehen schließlich nicht nur auf den individuellen Einsatz oder die Arbeit unserer Forschungsgruppe zurück. Diese Erfolge sind auch ein Produkt der Arbeit unserer Regierung, von der gerade die gesundheitliche Versorgung von Kindern immer sehr hoch bewertet wurde. Weil das nicht mit ihrem Zerrbild von Kuba übereinstimmt, verbietet die US-Regierung, daß dies in den USA publik wird.

F: In den USA sollten Sie ja eigentlich an einem Festakt in Kalifornien teilnehmen, um zwei Preise für Ihre Forschungsergebnisse entgegenzunehmen. Wie haben die Kollegen dort reagiert?

Das Technikmuseum in San José im US-Bundesstaat Kalifornien und die Gesellschaft für Glykobiologie, die mich und weitere Kollegen eingeladen hatten, reagierte natürlich mit Protest. Auch andere Kollegen aus den USA haben uns ihre Solidarität ausgesprochen.

F: Protest hatte es schon im vergangenen Jahr gegeben. Nach der Verschärfung der Blockade wurde US-Wissenschaftsmagazinen untersagt, Beiträge aus Ländern zu publizieren, die unter einem US-Embargo stehen. Neben Libyen, Sudan und Iran betrifft das auch Kuba. Hat Sie das betroffen?

Ja, in der Tat. Damals wurde uns die Möglichkeit verwehrt, einen Beitrag in Infection and Immunity, der Zeitschrift der US-Gesellschaft für Mikrobiologie, zu veröffentlichen. Der gemeinsame Protest der US-Kollegen konnte dieses Verbot aber brechen. Wir haben unsere Forschungsergebnisse in der Zeitschrift und in dem Magazin Science veröffentlicht.

F: Worin besteht Ihre Arbeit?

Wir forschen an einer Impfung gegen den B-Typ des Bakteriums Haemophilus influenzae, das besonders bei kleinen Kindern Hirnhaut- und Lungenentzündungen verursacht. Seit den 80er Jahren gibt es zwar schon eine Mehrfachimpfung, die auch gegen dieses Bakterium wirkt. Während des recht komplizierten Produktionsverfahrens wird ein Stoff aus dem Bakterium selbst zur Herstellung des Impfstoffes benutzt. Die so entwickelte Impfung konnte die entsprechenden Krankheiten in den Industriestaaten rapide zurückdrängen. Den armen Ländern blieb diese Möglichkeit weitgehend verwehrt, denn die Produktion ist sehr kostspielig.

F: Wie wollen Sie dieses Problem also lösen?

Wir haben vor 15 Jahren begonnen, an einem synthetischen Impfstoff zu forschen, um die Produktionskosten zu senken. Inzwischen konnten wir zunächst ein Verfahren und dann den Impfstoff entwickeln. Wir haben zum ersten Mal bewiesen, daß eine Impfung für den Menschen aus synthetischen Antigenen möglich ist.

F: Wie wirkt sich die US-Blockade auf Ihre Arbeit aus?

Wir kommen nur sehr schwer an Arbeitsmaterial. Reagenzen, Labormaterial – vieles davon wird in den USA produziert und ist daher für uns nicht zu erhalten. Wir kommen nur sehr schwer an Fördermittel und können kaum mit den US-Kollegen in Austausch treten.

F: Ihr Impfstoff wäre eine starke Konkurrenz zu den derzeit vermarkteten Produkten. Wird die Blockade vielleicht auch aufrechterhalten, um die kubanische Konkurrenz auszuschalten?

Das ist sicher nicht der Hauptgrund. Es mag aber in die Politik Washingtons hineinspielen. Vor wenigen Jahren wurden wir von der Bush-Regierung schließlich auch beschuldigt, biologische Kampfstoffe herzustellen. Das war eine unverschämte Lüge, denn es ließ sich nicht das geringste Indiz für diese These anführen. Der US-Regierung geht es hier vor allem um politische Ziele.

Quelle:

http://www.jungewelt.de


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