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Kuba zu Zeiten des Bacardi-Clans
Kuba zu Zeiten des Bacardi-Clans
Ursula Voß erzählt die Geschichte der Rum-Familie wie einen historischen Roman.
Sonne, Palmen, blauer Karibik-Himmel und schöne Bikini-Mädchen, die zu Salsarhythmen die Hüften schwingen. Dieses Image kultivieren die Marketingstrategen des Konzerns Bacardi mit ihrem bekannten Rum. Mit Erfolg. Im Jahr 2002 betrug der Umsatz von Bacardi 2,9 Milliarden US-Dollar bei 444 Millionen US-Dollar Gewinn.
Die Hamburger Journalistin Ursula Voß ist dem Phänomen des berühmten weißen Rums in einer Monographie nachgegangen, und dabei ist ihr eine faszinierende Geschichte gelungen. Sie berichtet im saloppen Erzählstil - es klingt wie von einem guten Freund interessant erzählt. Sie findet den schmalen Grat, auf dem Faktenreichtum nichts Belehrendes hat und nonchalante Erzählkunst nichts Anbiederndes. Man hört das Buch mehr, als daß man es liest.
Die Geschichte der Firmengründung von Bacardi ist eine Auswandererstory nach dem Strickmuster: drei arme spanische Brüder wanderten nach Kuba aus und eröffneten 1830 einen Kramladen.
Zwei der Brüder gingen zehn Jahre später bankrott nach Spanien zurück, der dritte, Facundo Bacardi y Maz, hatte hingegen eine geniale Idee: Er wollte das in Kuba angebaute Zuckerrohr vermarkten - schließlich machte das Gewächs 90 Prozent des landwirtschaftlichen Anbaus aus. Bisher war der daraus gebraute Fusel nicht für den Weltmarkt zu gebrauchen.
Das wollte Don Facundo ändern. Ihm schwebte ein hochwertiges Markengetränk vor, das zum Land gehören sollte wie Cognac zu Frankreich, Whisky zu Schottland, Wodka zu Rußland und Campari zu Italien. 1862 lieh er sich von seiner Frau Amalia zehntausend Pesos, und die Erfolgsgeschichte des weißen Rums begann.
Sein Erfolgsrezept ist bis heute geheim. So viel aber ist bekannt: Don Facundo mixte erstklassige Melasse mit kubanischem Wasser und Hefe und ließ alles vergären. Nach einem neuen Destillationsverfahren wurden in zwei Gängen unreife Anteile herausgefiltert. Das Destillat war ein klarer, milder weißer Rum. Der reifte in Eichenfässern weiter heran, und aus dem weißen wurde so nach acht Jahren goldener oder tiefbrauner Rum. Dessen Erkennungszeichen, die Fledermaus, half besonders den 70 Prozent Analphabeten auf Kuba, ihr Lieblingsgetränk auf Anhieb wiederzufinden.
Die Geschichte der Bacardis ist untrennbar mit der Geschichte Kubas und der USA verbunden. Voß erzählt es wie einen spannenden historischen Roman: Kubas Bestrebung zur Unabhängigkeit von Spanien endete damit, daß die USA neuer Kolonialherr wurden. Ein kometenhafter Aufstieg begann für die Familie Bacardi. Besonders zur Prohibitionszeit floß ihr Fledermaus-Rum in Strömen.
Kuba wurde zum Treffpunkt der Reichen und Berühmten - Hemingway war in Havanna, und jahrzehntelang war Kuba als das Bordell Amerikas verschrien. Damit wollte Fidel Castro aufräumen. Doch er schuf nur eine neue Diktatur. Die Familie Bacardi wurde enteignet, die Fabriken verstaatlicht. Bei der Invasion an der Schweinebucht 1960 waren fünf Bacardi-Söhne dabei.
Doch durch geschickte Neugründungen auf den Bahamas und in San Juan auf Puerto Rico, in Europa und Asien konnte Bacardi immer weiter expandieren. Heute zählt die Familie mehr als 600 Mitglieder. Noch immer notiert Bacardi nicht an der Börse, noch immer ist das immense Firmenkapital in Familienbesitz.
Ursula Voß deckt lustvoll die Verquickung von Politik und Kommerz auf. Sie berichtet von Attentatsplänen auf den Máximo Líder Castro, von den Wahlkampfspritzen für Jeb Bush durch die Bacardis in Florida. Und so entsteht eine Geschichte Kubas im Spiegel der Bacardis, die jeder Karibik-Urlauber im Reisegepäck mitführen sollte. Dann findet er auch garantiert das Unesco-geschützte Art-Deco-Firmengebäude in Havanna mit der Fledermaus auf dem Dach.
Ursula L. Voß: Die Bacardis. Der Kuba-Clan zwischen Rum und Revolution. Campus, 236 Seiten; 24,90 Euro.**
Nos vemos
Dirk
(
Gast
)
#2 RE:Kuba zu Zeiten des Bacardi-Clans
Tolle Erfolgsgeschichte der Unternehmer eines Familienunternehmens, welche sich nicht unterkriegen ließen. Erfrischend und ermutigend, dass im Zeitalter der multinationalen Konzerne mit gesichtslosen Managern auch noch Familienunternehmen eine Chance haben.
Leider hat die Ursel keine Ahnung von wirtschaftlichen Zusammenhängen, aber trotzdem soll ihr Werk ganz informativ sein. Ursel veröffentlicht u.a. Lobhuldigungen über Che ("Erinnerungen an Che Guevara") als Hörbuch, vermutlich hat sie kein so großes Zutrauen in das Leseverständnis ihrer Kunden aus dem Revolutionsmilieu.
http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/...ezcdrom&id=5364
Eine etwas andere Kritik zum gleichen Buch aus der FTD.
In Antwort auf:
Feeling Bacardi
von Alexander KluyJeder kennt den Rum, niemand die Familie dahinter. Ursula Voss hat sich in Kuba auf Spurensuche begeben
Facundo Bacardí y Mazó hatte eine Vision: guten Rum. Bacardí-Rum sollte nichts mit dem billigen Fusel zu tun haben, den es seit zwei Jahrhunderten auf Kuba zu trinken gab. Der Spirituosenhändler wollte ihn milder machen und sanfter, ihn in die Klasse heben von Brandy und Cognac.
Ohne Geld lässt sich keine Vision umsetzen. Hier kommt Facundos älterer Bruder José ins Spiel: Der investiert die Erbschaft seiner Taufpatin in das Startup. Technisches Know-how und ein paar Gerätschaften steuert José Leon Bouteillier bei. Die drei werden Partner und kaufen einem Freund von Facundo, der Bankrott gegangen ist, in Santiago de Cuba dessen Rumbrennerei ab. Der Beginn der Legende lässt sich auf den Tag genau bestimmen: der 2. Juni 1862.
Anderthalb Jahrhunderte später ist Rum der Marke Bacardi weltweit das Synonym für den karibischen Branntwein aus Zuckerrohr. "Wir sind keine Schnapsverkäufer, wir vermarkten ein Lebensgefühl", behaupten die Marketingstrategen des Konzerns. Der Amerikaner Peter Foster schrieb 1990: "Die Welt der Bacardís wurde ein allgegenwärtiges, sonnendurchflutetes Ferienwunderland - ein Äquivalent der Alkoholindustrie zu Marlboro Country."
Ein sehr lukratives Wunderland: 2,7 Mrd. $ wurden im Bilanzjahr 2000/2001 umgesetzt, ein Jahr später waren es bereits 2,9 Mrd. $. Der Nettogewinn betrug 444 Mio. $. Hochprofitabel ist auch Bacardis Deutschland-Ableger. Allein im Geschäftsjahr 2002/2003 stieg der Umsatz um 27,3 Prozent auf 400,7 Mio. EURO. Verantwortlich dafür waren Mixgetränke wie Rigo oder Bacardi Breezer.
Auch nach sechs Generationen liegt fast der gesamte Aktienbestand in Händen der Familie und sitzen zahlreiche Verwandte in Spitzenpositionen. Erst vor wenigen Jahren wurde der erste externe Manager an die Geschäftsspitze berufen.
Solche Informationen zu bekommen ist schwerer als gedacht. Das hat die Hamburger Journalistin Ursula Voss erfahren, als sie für ein Hörfunkfeature über die Bacardís nach Kuba aufbrach. In der mittlerweile fast unübersichtlich verzweigten Familie gelten Auskünfte an Außenstehende noch immer als tabu. Der Ehrgeiz von Voss war entfacht, die Bacardí-Geschichte dennoch zu erzählen. Das ist ihr gelungen: farbig, bunt, durchaus abenteuerlich und vor dem Hintergrund von heißen und kalten Kriegen, Revolutionen und Machtkämpfen fast schon pittoresk.
Den Gründer Facundo Bacardí y Mazó porträtiert Voss ebenso eindringlich wie dessen Sohn Emilio, der zwischen Politik, dem Kampf für ein unabhängiges Kuba und der Literatur schwankte. Die bestimmende Figur im 20. Jahrhundert war der eingeheiratete José Pepín Bosch, der in führenden Positionen fast 50 Jahre lang autokratisch, aber brillant die Geschicke leitete. Kritik aus der Bacardí-Sippe wehrte er ab mit dem Satz: "Ich mache euch reicher!" Souverän manövrierte Pepín den Konzern durch Prohibition, Unruhen und Diktaturen und rettete das Unternehmen nach der Verstaatlichung 1959 vor dem Untergang.
Schon anderthalb Jahre zuvor hatte Pepín auf den Bahamas die Handelsmarke Bacardi weltweit schützen lassen. Heute kommt der Rum mit dem Fledermaus-Signet nicht mehr aus Kuba, sondern von den Bahamas und aus Puerto Rico.
Über wirtschaftliche Details surft Voss in ihrer flott geschriebenen Firmenbiografie manchmal allzu flott hinweg. Das fällt beispielsweise auf, wenn sie nachzeichnet, wie Bacardi den italienischen Wermutproduzenten Martini e Rosso schluckte.
Dass Bacardi exilkubanische Gruppen unterstützt, wird von Manuel J. Castillas, der in den 1990ern Bacardi leitete, diplomatisch umgangen: "Die Bacardí-Familie hat keine politische Vision außer der Hoffnung, nach Kuba zurückzukehren." Solche Sprüche werden von Voss nicht hinterfragt. Bacardis Pressesprecher formuliert ebenso unpolitisch, aber weitaus feuriger: "Wir wollen zurück, weil auf Kuba unsere Wurzeln sind, weil dort unser Rum erfunden wurde von Don Facundo Bacardí y Mazó. Die Insel ist unsere Heimat. Kuba - das sind wir!"
--------------------------------------------------------------------------------
Die Bacardís. Der Kuba-Clan zwischen Rum und Revolution Ursula Voss Campus 2005, 236 S., 24,90 EURO, ISBN 3593373181.
Jenseits von Kuba
1862 Am 2. Juli gründet Facundo Bacardí y Mazó mit seinem Bruder Emilio und José Leon Bouteillier in Santiago de Cuba eine Rumbrennerei. Das Geschäft floriert.1959 Fidel Castro verstaatlicht die Privatunternehmen auf Kuba. Anderthalb Jahre zuvor hat Firmenchef José Pepín Bosch die Handelsmarke weltweit schützen lassen.
2005 Heute kommt der Rum mit dem Fledermaus-Signet nicht mehr aus Kuba, sondern von den Bahamas und aus Puerto Rico. Nach Castros Tod will die Firma zurückkehren.
Aus der FTD vom 29.06.2005
Bacardi-Porträt von wikipedia:
(
Gast
)
#4 RE:Kuba zu Zeiten des Bacardi-Clans
für die Havana Club-Fraktion ist vielleicht folgende Anekdote interessant:
http://www.cigaraficionado.com/Cigar/CA_...344,735,00.html
In Antwort auf:
Juan Prado, then the sales manager for Bacardi in Havana, witnessed the drama. In March 1957, a group of students from the Directorio Revolucionario stormed the palace of Cuban dictator Fulgencio Batista. Prado had gone up to the top of the Edificio Bacardi on Avenida Belgica after he heard the shooting. The students were routed and Batista emerged safe. Many in Cuban business society went, as Peter Foster writes, "to 'congratulate' Batista on his survival" after union leaders had done so. But Pepin Bosch, then president of Bacardi, would not, despite Batista's having sent a senator with a letter asking Bosch to offer his congratulations."The senator asked if Bosch would be willing to express his 'goodwill' toward Batista in an interview with one of the journalistic hacks Batista kept on the government payroll," Foster writes. "Again Bosch refused, saying that anybody who had seized power deserved to have to watch his back. In that case, he was told by the senator, the government 'could not guarantee his safety.' Bosch told the senator he had no fear; they wouldn't dare to kill him." But Bosch, whom Foster interviewed extensively before Bosch died in 1994, was concerned that Batista might seek to make life, and business, unpleasant. Batista might even expropriate the company. Bosch transferred the trademarks to the Bahamas, where they are registered to this day.
Hier die Highlights für die Analphabeten:
1. Nach dem Attentat der Studentengruppe "Directorio Revolucionario" im Jahre 1957 (= Castro's Rivalen, welche später alle von ihm umgelegt oder verjagt wurden) gratulierten Wirtschaftsführer aber vor allem Gewerkschaftsführer dem Diktator zum Überleben.
2. Pepin Bosch, Schwiegersohn Bacardís und Vorstandschef, lehnte es aber nach dem Attentat ab, Batista öffentlich zu unterstützen und wird von diesem in Mafiamanier bedroht.
3. Als Folge transferiert er die Schutzmarken der Firma Bacardí in die Bahamas.
4. Die Familie wandert erst aus, nachdem sie 1960 enteignet wurde, sie flieht eben nicht mit den Schergen Batistas.
Alles nachzulesen in der Geschichte des englischen Autoren Peter Foster "Family Spirits". ("Family Spirits: The Bacardi Saga. Toronto: Macfarlane Walter & Ross, 1990.")
Meine Frage wäre: wie viel hat die Ursel vom Peter abgekupfert?? Ohne die Machwerke zu kennen, würde ich mal behaupten: 90%.
Noch was zu Peter Foster:
hier seine Kurzbiographie:
In Antwort auf:
Peter FosterPeter Foster was born in London, England. Following an economics degree from Christ's College, Cambridge, he worked as a journalist for the Financial Times of London until 1976, when he emigrated to Canada to work for the Financial Post, becoming a senior editor in 1977. He left the Post in 1979 to write The Blue-Eyed Sheiks, which did too well to be good for him. He has written eight books and is currently writing signed editorials for the Financial Post section of the National Post, which he joined when it was launched in 1998. He is also a contributing editor of Toronto Life. He still thinks he has big books in him!
Selected Publications:
Self-Serve: How Petro-Canada Pumped Canadians Dry. Toronto: Macfarlane Walter & Ross, 1992.
Family Spirits: The Bacardi Saga. Toronto: Macfarlane Walter & Ross, 1990.
The Master Builders: How the Reichmanns Reached for an Empire. Toronto: Key Porter, 1986.
Other People's Money: The Banks, the Government and Dome. Toronto: Collins, 1983.
The Blue-Eyed Sheiks: The Canadian Oil Establishment. Toronto: Collins, 1979.Awards:
National Business Book Award, for Self-Serve, 1992.
Runner up, National Business Book Award, for The Master Builders, 1986.
Three gold National Magazine Awards for articles in Saturday Night and Canadian Business.
Ich glaube, die Wahl zwischen den Werken von 68-er Ursel und Peter sollte da relativ leicht fallen.
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