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Vorstellung
Hallo!
Ich habe mich vor einigen Tagen hier angemeldet und einige Freds durchgelesen, z.B den zur gegenwärtigen Situation ab 01/23 oder die Berichte von Puncher. Außerdem folge ich einigen Youtubern wie „The Spartan Vlog „, „Tiempo con Oli Vlog de una cubana“, habe den Trubel um Hildina verfolgt und die Ausreise von einigen Youtubern nach Mexiko und Ururguay. Außerdem lese ich die Berichte auf „Cuba heute“
Ich selbst war Ende der Neunziger und in den Nullerjahren 4x auf Cuba, bin per Mietwagen durchs Land gereist, war zum Sprachkurs an der Uni von Havanna und in einer Tanzschule. Die Salsa hat mich dann 2 Jahrzehnte begleitet, die Clubs in Berlin waren mein zweites zu Hause. Musik und Tanz konnten jeglichen Stress vertreiben und haben mich oft gerettet. Ich bin dann nie wieder nach Cuba gereist, weil ich keine Lust mehr hatte, das Regime mit meinen Dollars zu unterstützen und ich bei 2 Aufenthalten mir Lebensmittelvergiftungen zugezogen hatte, trotz größter Vorsicht und Kenntnis der üblichen Hygieneregeln.
Eigentlich hätte ich jetzt wieder Lust nochmal nach Cuba zu reisen nun ohne Urlaubszeitdruck oder dem Eigendruck dies oder jenes noch sehen zu müssen. Ich würde meine Zeit eher in Havanna verbringen, mir ein Fahrrad mieten, Spanisch lernen, zu Auftritten von Salsa-Bands gehen.
Die aktuellen Entwicklungen (Konvertierbarkeit der Währung, MIPYMES, Importmöglichkeiten für private Betriebe, Import von KfZ für Private, engere Kooperation mit Russland und China) finde ich interessant, bin aber ambivalent wie ich sie bewerten soll. Erschreckend finde ich den Niedergang der landwirtschaftlichen Produktion.
Als „gelernter“ Ossi sind mir die Grundregeln des sozialistischen Lebens bekannt, wobei mir klar ist, dass in der DDR im Vergleich zum heutigen Cuba paradiesische Zustände herrschten.
Meine Fragen würde ich demnächst eher im Fred „gegenwärtige Situation“ stellen. Meine Fragen gehen eher in die Richtung, wie ihr die Situation einschätzt, was machen die Veränderungen mit den Cubanern, wie ist die Stimmung, gibt es Hoffnung?
Viele Grüße Holger
Zitat von Salsero62 im Beitrag #1Hallo Holger! Wenn Du etwas mehr Zeit in Kuba verbringen wirst, würde ich eher ein preiswertes Fahrrad von hier mitnehmen und am Ende des Aufenthaltes dort verschenken: Ich vermute, dass das je nach Aufenthaltsdauer trotz Einweg-Transportgebühr der Fluglinie unterm Strich für Dich finanziell günstiger wäre; außerdem hättest Du wahrscheinlich ein besseres Fahrrad und würdest dazu noch eine Kubanerin oder einen Kubaner glücklich machen.
Eigentlich hätte ich jetzt wieder Lust nochmal nach Cuba zu reisen nun ohne Urlaubszeitdruck oder dem Eigendruck dies oder jenes noch sehen zu müssen. Ich würde meine Zeit eher in Havanna verbringen, mir ein Fahrrad mieten
Zitat von Salsero62 im Beitrag #1
Meine Fragen gehen eher in die Richtung, wie ihr die Situation einschätzt, was machen die Veränderungen mit den Cubanern, wie ist die Stimmung, gibt es Hoffnung?
Viele Grüße Holger
Willkommen hier.
Das Leben ist immer mehr una lucha. Die Versorgungslage für die normalen Cubaner wird täglich schlechter. Nicht umsonst sind letztes Jahr 200 TSD Cubaner abgehauen.
Hoffnung? Mit dieser Regierung bestimmt nicht. Fidel hatte wenigsten carisma.
Fuck you Putin
"Meine Fragen gehen eher in die Richtung, wie ihr die Situation einschätzt, was machen die Veränderungen mit den Cubanern, wie ist die Stimmung, gibt es Hoffnung?"
Die Situation ist für die normalen Kubaner hoffnungslos. Durch die hohe Inflation ist alles unerschwinglich, eine Salatgurke ist Luxus und wird eingeteilt.
Für Yumas mit Dollar sieht die Sache anders aus. Vieles ist billiger geworden, einiges auch teurer, aber es geht. Man muss halt auf dem Schwarzmarkt alles "organisieren" und auf Vorrat kaufen (Nevera ist Pflicht).
In und um Havana scheint sich die Lage durch viele private Anbieter etwas zu bessern, die importieren Lebensmittel per Container über die autorisierten staatlichen Stellen - im Oriente habe ich davon noch nichts gehört.
Die Veränderungen machen mit den Kubanern, dass jeder weg will, darüber wird auch offen gesprochen, die Angst vor dem System ist weg, nur noch Verachtung - Diaz Chanel - Zingao - jeder weiß, dass etwas passieren wird; keiner weiß was.
Ähnlich wie in der DDR im Juli 89. Reicht das als Einschätzung?
hola Salsero62, willkommen im Forum; trotz der für viele Kubaner schwierigen ökonmischen Lage bist du als Tourist mit ausreichend Devisen - insbesondere in der im Vergleich zu anderen Provinzen privilegierten Provinz Havanna (da zB bessere Strom-/Lebensmittel-/Treibstoffversorgung) - vergleichsweise gut versorgt; die Stimmung bei vielen Kubanern ist meiner Meinung nach bedrückter und weniger fröhlich als früher (vor Corona); viele wollen das Land auf Grund fehlender wirtschaftlicher Perspektiven u kaum Hoffnung auf Besserung das Land verlassen; ganz aktuell zB: gestern abend hat eine Tante von meiner Holden Kuba Richtung Nicaragua verlassen (one way ticket); saludos aus der Provinz Havanna, nosanto
Ich versuche mal meine Interpretation der aktuellen Veränderungen in halbwegs verständliche Worte zu fassen.
MIPYMES, Importmöglichkeiten für Private, Währungsreform: Es geht ein wenig in Richtung des chinesischen Modells. Ich hab mir das vor einigen Jahren mal in Vietnam angeschaut. Für einen großen Teil der Bevölkerung wurde die Lebenssituation dadurch verbessert. Die Stimmung im Land war überaus positiv, trotz weiterhin Ein-Parteien-Sozialismus. Allerdings spielen große westliche Firmen eine wichtige Rolle, die dort produzieren lassen. Für Cuba bedeutet die Privatwirtschaft, dass eine weitere (Einkommens-)klasse entsteht. Auch die Angestellten der MIPYMES werden deutlich mehr verdienen als die beim Staat angestellten. Liegen da nicht Chancen für Händler, Handwerker, Autoschrauber? Allerdings wird die Ungleichheit zwischen den Cubanern weiter wachsen. Früher konnte man mit dem Peso nix kaufen, jetzt kann man, aber die Pesos reichen nicht. Wieviel sozialer Sprengstoff erwächst daraus? Sollte man diesen Entwicklungen nicht etwas Zeit geben bis sie wirken? Der Übergang zu einer teilweisen Marktwirtschaft dauert und ist mit Schmerzen verbunden.
Niedergang der Landwirtschaft: Der Partei scheint die Weiterentwicklung des Sozialismus mittlerweile vollkommen egal. Ausreichend Lebensmittel auf einer karibischen Insel zu produzieren ist kein Hexenwerk. Der Nomenklatura scheinen die Deviseneinnahmen aus Tourismus, remesas, hohen Zöllen (die durch die MIPYMES steigen werden), Lizenzen der casas part. usw. zu reichen. Ist ja auch einfacher. Man muss sich mit keinem campesino mehr rumstreiten. Das Geld reicht um eine Minimalversorgung mit Lebensmitteln, Strom, Benzin, Medizin sicherzustellen und den Überwachungs-Polizeiapparat am laufen zu halten und den Parteioberen für ein gutes Leben in den Villen von Miramar zu ermöglichen. Und wenn's mal richtig knapp wird, helfen Russland oder China mit einer Spende, die ein großes Interesse daran haben, dass dieser Stachel vor der Küste Floridas erhalten bleibt. Also dass sich das politische System grundsätzlich verändert, daran glaube ich nicht, aber ich sehe einige Entwicklungen in die richtige Richtung.
Frage an die Vielfachfahrer nach Cuba: Was berichten Inhaber von MIPYMES? Was können sie importieren? Was verdienen sie? Welche Geschäftsmodelle funktionieren? ...
Weder das vietnamesische Modell noch das chinesische, über die in Kuba seit über 20 Jahren gesprochen wird. Das grundlegende Problem ist, dass 200 Kilometer entfernt Genossen, die ähnliche oder gleiche Arbeit verrichten, ziemlich gut leben können. Außerdem, je moderner und automatisierter eine Gesellschaft wird, desto geringer ist das Interesse der Bürger an manuellen Arbeiten und Landarbeit. Deshalb rufen sie Einwanderer herbei, um diese schweißtreibenden und mühsamen Jobs zu erledigen. Wenn du jedes europäische Land besuchst, das die Entwicklungsphase bereits überwunden hat, was tun sie? Sie lassen Einwanderer herein und arbeiten als Landarbeiter, Fischer auf dem Meer und Bauarbeiter. Natürlich gibt es nur Einheimische, die diese Gruppen leiten, aber aus einer bequemen Position und vor allem mit Anwendungen! Mit Anwendungen ist die moderne Art zu arbeiten!!!. Schmutzige und lästige Arbeit möchten sie vermeiden. In Kuba ist genau dasselbe passiert. Wer auf dem Land arbeitet, sind nur die Älteren, die Jungen wollen nichts von diesen mühsamen Jobs wissen, unabhängig davon, ob sie gut oder schlecht bezahlt werden. Kleine und mittlere Unternehmen sind eine mentale Erfindung, denn wenn sie Kapital nicht zulassen (und sie sind anticapitalistas !gegen Kapitalismus!), bleiben sie ohne Geld, ohne Investition und ohne Geld ist man arm. Und wenn du arm bist, hast du endlose Bedürfnisse. Es ist letztendlich ein Oxymoron (Widerspruch)zu denken, dass Kuba Reichtum schaffen kann. Möge es sein, wie es Gott will, "que sera sera, lo que sea ya sonara y siempre sera lo que Dios querra "aber es wird sicherlich in oligarchischen Gruppen enden, ähnlich wie im Osten
Woher das Kapital kommen soll? Von der Verwandschaft in Miami. Warum sollte jemand der in Havanna eine Elektrikerfirma gründen will und Verwandschaft in den USA hat, nicht das nötige Startkapital bekommen? Was ist eigentlich aus den Märkten geworden, wo es Elektrogeräte zu in Lateinamerika üblichen Preisen geben sollte? Sind die eine Konkurrenz für die "Mulas" geworden? Kann ein MIPYMES ein Fremdwährungskonto eröffnen und damit in China einkaufen? Heute auf "Cuba heute" Bericht zu einer Kooperation mit JD.com.
Es gibt doch genug fleißige Leute auf Cuba, sonst würde auch ein Schwarzmarkt nicht funktionieren. Der ist nun leider immer der teuerste von allen Märkten. Trotzdem Preise auf revolico für z.B Paracetamol oder ein Samsung Galaxy A14 ähnlich wie hier. Dass die Staatsangestellten mit 40 Dollar im Monat durch eine noch lange harte Zeit gehen werden, ist mir klar.
à propos....Heute erscheint ein ziemlich ausführlicher Artikel über die Entwicklung von Klein- und Mittelunternehmen (Mipyme) in Kuba, zwei Jahre nach dem "Start" dieses Versuchs, die wirtschaftliche Situation im Land zu verbessern. Verpaßt ihr auch nicht die Kommentare der Leser, sie sind sehr aufschlussreich.
http://www.cubadebate.cu/especiales/2023...s-anos-despues/
Danke für diesen Artikel. Ja, in den Kommentaren ist viel Aufschlussreiches drin. Von " die MIPYMES sind an allem Schuld " bis zu konstruktiven Verbesserungsvorschlägen wie dem Absenken von Steuern für Lebensmittelproduzenten. Jeder dritte Kommentator freut sich über die gesunkenen Bierpreise. Das ist doch was!
Keine Ahnung, wie es in Cuba in 5 Jahren aussieht. Ein Oligarchensystem halte ich für möglich und wäre besser als das was jetzt ist. Auch Oligarchen brauchen Arbeitskräfte und in Russland werden zumindest Gehälter gezahlt, von denen ein Grund-Lebensstandard möglich ist. Aber vielleicht hat Cuba in 5 Jahren auch venezolanische Verhätnisse. Wär schlimm.
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