Santiago Ende Oktober/November 2015

24.11.2015 11:00
#1 Santiago Ende Oktober/November 2015
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Forums-Senator/in

War in Holguin noch blauer Himmel, so trübt es sich auf dem letzten Drittel der Fahrt nach Santiago de Cuba ein und dann öffnet Petrus alle Schleusen. Es gießt aus Kannen. Der Taxifahrer – es ist diesmal nicht Reiner, der hat uns einem Kollegen zugeordnet – vermindet das Tempo nicht, auch wenn die Reifen auf dem nassen Asphalt nicht immer richtig greifen. Ich bin froh, als wir auf der Autopista sind. Aber jetzt ist es auch noch dunkel. Aber gegen alle Befürchtungen kommen wir heil in Santiago an.

Der Dauerregen hält noch an, als wir vor meinem Haus halten. Die Enkelin des Nachbarn hilft mit einem Schirm aus, sodass die Gepäckstücke trocken ins Innere gelangen, nicht aber ihr Träger. Ich suche mir erst einmal ein Handtuch und mache dann einen Kontrollgang durch das Quartier. Über den Innenhof rinnt das Wasser. Es kommt vom Nachbardach und auch die Zisterne läuft über. Ich drehe an diversen Hähnen und öffne den Filter der unter dem Haus auf die Straße führenden Leiter. Mit einem Besenstil stochere ich im Dunklen und plötzlich läuft alles besser ab. Im Haus selbst könnte ich jetzt mit Kreide genau kennzeichnen, wo das Dach überall undicht ist und repariert werden müsste. Nur habe ich keine Kreide. Und keine Lust, schon am ersten Abend über Bauarbeiten nachzudenken. Leben auf Kuba bedeutet eben auch, immer gegen den permanent drohenden Verfall anzukämpfen. Kein Wunder, dass viele in Lethargie verfallen. Auf diese Erkenntnis trinke ich ein Bier.

Nachts pflegen erst die Hunde der Nachbarn und später die Hähne ihre lautstarken Dialoge. Dazwischen grunzt ein Schwein. Morgens rumort ein alter Russenlastwagen vor dem Haus. Hinten rinnt das Wasser unbeirrbar, auch wenn es zu regnen aufgehört hat. Acht Uhr gehe ich zum Nachbarn, der sich die Sache anschaut, auch an ein paar Hähnen dreht und dann meint, dass sei normal. Nun, ich werde das Wasserleitungsproblem in Santiago wohl nie kapieren. Vielleicht sollte ich mir endlich die kubanische Mentalität zulegen: Wasser kommt aus der Leitung, Strom aus der Steckdose und das Geld auf dem Bankkonto oder dem Handykonto vom Yuma. Und kommt mal was nicht, dann ist der Staat oder der Yuma schuld.

Ich wische die Wasserlachen im Haus auf und sinniere erneut über nötige Bauarbeiten. Das Dach komplett austauschen oder lieber hinten erst einmal einen Neubau mit Betondecke machen? Andererseits bedeutet, das Dach anzufassen, ein unkalkulierbares Risiko: Was kommt da noch alles zum Vorschein? Und wie schnell kriegt man eine Reparaturlizenz? Außerdem stehen heute Behördengänge an. Also lange Hose, feste Schuhe und das Sommerhemd wenigstens eingepackt.

Am Boulevard (Plaza Dolores) treffe ich die ersten Bekannten. Die wichtigste Mitteilung, die Immigration sei umgezogen. Wohin genau, weiß allerdings niemand. In die Nähe der Polizeiwache am Cespedes, sagt einer. Ich gehe erst mal Geld tauschen. Der Eurokurs ist stabil schlecht. Ich tausche Cuc und die in MN. Außerdem kaufe ich zwei 20-Peso-Marken für das Visum. Dann gehe ich zur Polizeiwache. Das alte Hotel „Imperial“ - vor kurzem noch eine Ruine – ist zu neuem Glanz erwacht. Die Kronleuchter hängen bereits, die Fassade ist neu gestrichen, nur noch am Fahrstuhlanbau wird gebaut. Ich freue mich darüber und bin gespannt, ob sie auch die alte Uhr wieder anbringen werden. Überhaupt hat sich viel getan. Die Kathedrale ist saniert, schwelgt jetzt im Inneren in zwarten Blau- und Grüntönen. Lediglich ein paar Gemälde fehlen noch. Und die Enramada ist ein prächtiger Fußgängerboulevard geworden und zwar ganztägig und nicht wie bisher nur von neun Uhr morgens bis neun Uhr abends. Dazu wurde sie neu gepflastert, alle paar Meter anders. Auch wurden bunte Mosaiks eingebaut. Was ich nicht verstehe, ist der ebenfalls in den Boden eingelassene Schriftzug „Enramadas“. Warum das „s“ am Ende? Die Santiaguero können es mir nicht erklären. Am „Imperial“ endet der Boulevard in einer Baustelle und wird dann künftig bis zum Hafen führen, vorbei an der Eisdiele und dem neuen Kunsthandwerkerhof.

An der Polizeistation frage ich kurzerhand einen Uniformierten nach der „Immigration“. Der geht zu einem Zweiten und fragt diesen, der einen Dritten, der wiederum den Zweiten informier und der den Ersten und der ist stolz, mir tatsächlich Auskunft geben zu können. Offenbar ist die Polizeistation auf der Aguilera gemeint. Also jene, in der ich vor vielen Jahren schon mal Stunden als Zeuge eines Armbanduhrendiebstahls verbracht hatte. Die Uhr habe ich bis heute nicht wiedergesehen und auch der Typ dürfte längst wieder frei sein.

Als ich auf der Behörde ankomme, hat gerade die Putzbrigade übernommen. Es ist zwar von der Zeit her noch nicht ganz Feierabend, aber angesichts von Cholera und Denguefieber soll ich doch Verständnis haben, sagt man mir. Morgen, Companero, kommen Sie morgen wieder.

Da ich ohnehin gut angezogen bin, besuche ich eine Bekannte und lade sie ins „18 Plantas“ ein. Mit dem Fahrstuhl geht es nach oben. Der ist eigentlich für zwölf Personen, aber ein Viertel nimmt der Stuhl der Liftbedienung ein. Den Job möchte ich nicht machen, den ganzen Tag hoch und runter fahren. Das Restaurant ist, abgesehen von mehreren zusammengeschobenen Tischen, an denen eine Großfamilie sitzt, leer. Uns wird ein Zweiertisch in einem anderen Raum zugewiesen. Die Bedienung ist für kubanische Verhältnisse ungewöhnlich nett. Wir bekommen die Speisekarte gereicht und ich heuchle Erstaunen: Die Auswahl sei aber groß. Die Servicekraft schüttelt den Kopf über meine Naivität, entwindet mir die Karte und verweist auf die beiden Gerichte, die es tatsächlich gibt. Wir entscheiden uns für eine Art Jägerschnitzel, das mit Käse überpacken ist. Keine schlechte Wahl. Und es gibt Hatuey-Bier für zehn Peso. Während das gut gekühlte Bier gebracht wird, lockt die nächste Versuchung in Person einer kleinen, älteren Bedienung. Es ist die Bardame, die mit die Cocktailkarte unter die Nase hält. Und hier gibt es tatsächlich alles Angebotene und zwar ebenfalls für zehn MN. Ich bestelle Pina Colata mit Rum, meine Begleitung ohne Rum.

Das Essen ist gut. Wir genießen den Blick über die Stadt. Allerdings ist bei der letzten Renovierung nicht nur die Außenfassade gestrichen worden, sondern auch ein Teil der Fenster mit Farbe großzügig „verziert“ worden. Nach dem Essen wechseln wir in die Bar. Bloß gut, dass meine Bekannte bald heim will, ich könnte hier die Nacht verbringen. Aber morgen ist Behördentag. Also ordern wir den Fahrstuhl.

Am Boulevard ist nichts los. Der Biergarten „Las Enramadas“ ist fast leer. Wo früher Touristen und Santiagueros feierten und die angesagte Musik aus den Lautsprechern dröhnte, langweilt sich ein Musikantentrio, das wohl von staatswegen hierher abgeordnet wurde.

Ich schlendere noch zum Cespedes. Auch hier hat sich das Bild gewandelt. Der Platz ist voll mit Menschen, die von der Krankheit der Ersten Welt befallen sind: Alle starren nach unten, schauen gebannt auf ihre Handys und Tablets. Hübsche Mädchen flirten mit Unbekannten in der Ferne, Großmütter brüllen begeister ihre Enkel an, die aus Spanien oder Miami zugeschaltet sind. Viele haben es sich auf den Bänken richtig gemütlich gemacht. Noch vor zwei Jahren wären sofort Parkwächter herbeigeeilt, damit man ja nicht die Füße auf die Bank legt, jetzt ist das alles einerlei. Und unter den Augen der ständig filmenden Kameras bieten Straßenhändler Karten mit Internetzugang an.

M., einer der langjährigsten Jiniteros, ist auch unterwegs. Zwei magere Chicas hat er im Schlepptau. Beide stellen sich mit Namen vor, die ich sofort wieder vergessen habe.Die Mädchen wollen alle ins „Claqeta“ gegenüber der Kathedrale. Da steht bereits eine Schlange. Der Eintritt kostet für Ausländer zwei Cuc und für Einheimische 50 MN. Damit ist es für Extraneros billiger, wenn ich unterstelle, dass ich für zwei Konvertible 48 Nationale bekomme. Ein besonders cleverer Santiaguero möchte, dass ich ihm einen Cuc für den Eintritt spendiere, den anderen habe er bereits. Der junge Mann zeigt mir seine ansonsten leere Brieftasche. Ich deute auf ein darin befindliches Foto. Vielleicht sei es besser, er kaufe für die Cuc etwas für seinen Sohn? Das sei nicht sein Sohn, sondern der seiner Cousine. Aha. Ich schlendere über die Heredia zurück, bewundere die langen Beine der vor der Casa de la Trova stehenden Damen, die sehnsüchtig in den ersten Stock hinauf schauen und darauf warten, dass sie jemand einlädt.


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24.11.2015 11:41
avatar  Mario
#2 RE: Santiago Ende Oktober/November 2015
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spitzen Mitglied

Weiter bitte


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24.11.2015 11:48
#3 RE: Santiago Ende Oktober/November 2015
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Forums-Senator/in

Morgen geht's weiter. Im zweiten Absatz meinte ich übrigens nicht "Leiter" sondern eine "Leitung" beziehungsweise das Abflussrohr.


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24.11.2015 14:13 (zuletzt bearbeitet: 24.11.2015 14:24)
avatar  condor
#4 RE: Santiago Ende Oktober/November 2015
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Rey/Reina del Foro

Zitat von Jose Ramon im Beitrag #1
Was ich nicht verstehe, ist der ebenfalls in den Boden eingelassene Schriftzug „Enramadas“. Warum das „s“ am Ende? Die Santiaguero können es mir nicht erklären.




Weil sie so heißt
Calle Enramadas#
Laubhüttenweg - war es die "Judengasse"(eher nich) oder nur "Laubuden"-Verkaufstände" die diese Straße säumten? - keine Ahnung!

Hier könnte Ihr Zitat stehen.

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24.11.2015 14:28
#5 RE: Santiago Ende Oktober/November 2015
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Rey/Reina del Foro

Ein sehr schöner Bericht! Vielen Dank dafür.

Ich freue mich schon auf die Fortsetzung!

----
Aus aktuellem Anlass: "Nichts auf der Welt ist so gerecht verteilt wie der Verstand. Jeder ist überzeugt, er habe genug davon."

La mulata es la mejor creación de los españoles!

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24.11.2015 14:31
#6 RE: Santiago Ende Oktober/November 2015
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Rey/Reina del Foro

Zitat von condor im Beitrag #4
Zitat von Jose Ramon im Beitrag #1
Was ich nicht verstehe, ist der ebenfalls in den Boden eingelassene Schriftzug „Enramadas“. Warum das „s“ am Ende? Die Santiaguero können es mir nicht erklären.

Weil sie so heißt
Calle Enramadas#

Kubaner nach dem Sinn eines abschließenden "s" zu fragen, hat was.

http://www.ecured.cu/Calle_Enramadas
https://es.wikipedia.org/wiki/Enramadas
https://www.biblegateway.com/passage/?se...-44&version=DHH

--
La vida debería ser amarilla... amar y ya.

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24.11.2015 15:18
avatar  santana
#7 RE: Santiago Ende Oktober/November 2015
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Top - Forenliebhaber/in

ein sehr schöner bericht.


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24.11.2015 16:38
#8 RE: Santiago Ende Oktober/November 2015
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Rey/Reina del Foro

_______________________________________________________

Der Gesunde hat viele Wünsche - der Kranke nur einen.

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24.11.2015 18:43
#9 RE: Santiago Ende Oktober/November 2015
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Rey/Reina del Foro

Sehr realitisch und schon in schriftstellerischer Form! Auch die aufkommende Stimmung beim Lesen passt! Bin gespannt auf die Fortsetzung!

Eine Regierung muß sparsam sein, weil das Geld, das sie erhält, aus dem Blut und Schweiß ihres Volkes stammt. Friedrich II., der Große

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25.11.2015 10:31
#10 RE: Santiago Ende Oktober/November 2015
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Forums-Senator/in

In der Nacht toben auf einmal die Katzen derart über das Wellblechdach, dass ich kerzengerade im Bett sitze. Auch die Köter der Umgebung finden diesen Lärm ungehörig und äußern sich entsprechend. Dann schlafe ich tief und fest weiter, bis sich aus dem Nachbarhaus das Kinderfernsehen in meine Träume schleicht. Es muss also so kurz nach sechs Uhr sein. Als das Kind in der Schule verschwunden ist, dringt von der Straße her das Wummern des russischen Lasters. Ich dusche und suche vergeblich die Kaffeemaschine. Dann wechsle ich die Handys. Um an die Karte heranzukommen, muss ich den Akku ausbauen. Prompt fordert das alte Handy, dass ich ihm mitteile, wie spät es ist und welches Datum wir haben. Das zweite Handy teilt mir mit, dass es sich automatisch einstellt, fragte aber noch mal: Soll ich? Ja, mach mal. Vorsichtshalber will ich die Zeit mit der Uhr im Saal vergleichen, aber die ist stehen geblieben. Innerlich notiere ich, Batterie kaufen. Vorsichtshalber suche ich nach einem Akku, stecke den ins Ladegerät und das in die Steckdose. Kleiderordnung wie gestern, denn es ist erneut Behördentag. Vorsichtshalber stecke ich noch Handtuch und Badehose ein. Wenn ich schon mal in der Nähe bin, kann ich auch in den Pool vom “Las Americas” gehen...

Es geht aufwärts. Zum Waffenplatz hinauf, zur Plaza de Marte. Dort wimmelt es von Menschen. Eine Militärkapelle ist angetreten und Hunderte von Pionieren mit roten und blauen Halstüchern. Die meisten halten Blumen in der Hand. Ein Mädchen schwingt eine große Rede, in der sie Camilo Cienfuegos gedenkt. Vor dessen Denkmal stehen zwei Uniformierte zwischen einem Blumengebinde stramm. Später hält ein zweiter Sekretär eine Rede. Er wirkt gelangweilt, während er vorliest. Die Zuhörer auch. Dann erklingt die Nationalhymne und die Kapelle marschiert auf die Straße. Nach dem allgemeinen Abmarsch übernehmen die Straßenfeger auf dem leeren, vermüllten Platz das Zepter. Ich marschiere auch ab. Nun abwärts.

Auf dem weiteren Weg, wie überhaupt in den nächsten Tagen, staune ich, wie viele Häuser zum Verkauf stehen. Schließlich ist die Immigration erreicht. Ich klettere die Stufen hinauf und stehe unversehens vor der uniformierten Sachbearbeiterin. Es gibt keinen Warte- oder Vorraum. Die ist so verdutzt wie ich. Offensichlich bin ich früh dran. Meine Handyuhr scheint sich falsch eingestellt zu haben. Außerdem muss ich erstmal mein Behördenhemd vorkramen und überziehen. “So”, grinse ich, “jetzt”. Ich signalisiere, wie ernst ich die Behörde nehme. Die Frau muss ebenfalls lächeln. Der erste Pluspunkt ist gesammelt. Denn die brauche ich für mein TFamilienvisum. Statt meiner Liebsten habe ich nämlich nur deren Ausweis dabei und eine alte Kopie der Heiratsurkunde. Aber ich muss nicht groß begründen, warum, meine zwei Marken werden mit dünnen Leimstrichen versehen, aufgeklebt und ich bin schnell wie nie wieder auf der Straße, mit dem neuen Visum.

Also weiter ins Krankenhaus, Nachwuchs anschauen. Zuvor mache ich auftragsgemäß noch ein paar Besorgungen. Dann stehe ich vor einem Sicherheitsmann, der mir den Zugang versperrt. Besuchszeit sei nachmittags ab 17 Uhr. Ja, ja, aber ich benötige dringend Papiere. Er verweist mich an eine Weißgekleidete, die mich an eine zweite. Schließlich nerve ich die Mitarbeiter durch mein pures Herumstehen mehr, als mich nervt, dass ich abgewiesen werde. Ich darf in Begleitung des Sicherheitsmannes passieren. Erster Stock. Drei Betten mit drei Frauen und drei Säuglingen in einem kleinen Zimmer. Ein Ventilator surrt. Es ist unserer. Fünf Minuten werden mir zugebilligt, dann stehe ich mit einem Zettel und zwei Behördenmarken erneut im Erdgeschoss. Die Frau in der Registratur müsste eigentlich da sein, ist sie aber nicht. Als sie endlich erscheint, bedeutet das noch lange nicht, dass sie auch bereit ist, meine Wünsche aufzunehmen. Das verstehe ich, aber ich weiche nicht. Ein Ausländer muss ja nicht alles verstehen. Die nächst höhere Vorgesetzte kommt. Ich gewinne. Sie will mich los werden.

Schweiß gebadet, aber zufrieden, stehe ich wieder vor dem Krankenhaus. Zwei Behördengänge abgehakt. Ich darf mir den Pool gönnen. Auf dem Weg dahin überlege ich, wen ich mitnehmen könnte, damit es nicht langweilig wird. Die Entscheidung erweist sich als richtig, denn der Pool ist - abgesehen vom Wasser - fast leer. Als typischer Deutscher schwimme ich erst einmal Bahnen. Dann lasse ich mich informieren, was es Neues gibt in Santiago de Cuba, vor allem wie der Karneval war und wie ernst die Cholera und das Denguefieber zu nehmen sind. Sehr ernst, wird mir mitgeteilt.

Später muss ich mich zum ersten Mal aufregen. Kubaner betrügen Kubaner. Denn unser Guthaben Zwangserzehr ist so schnell aufgebraucht, dass ich selbst an der Bar erscheinen muss, um alles nach- und erneut vorzurechnen. Der Scheiß-Deutsche hat natürlich recht und man entschuldigt sich freundlich lächelnd zähneknirschend. Ich ziehe mich mit einem Cocktail auf die Liege zurück und bekomme nun zu hören, wie schlecht die Menschen auf Kuba geworden sind, dass sie sogar die eigenen Landsleute betrügen. Inzwischen ist es Nachmittag geworden und der Poolbereich füllt sich mit deutschen Hoteltouristen, die sich über ihre Reiseerlebnisse austauschen. Zeit, die Zelte abzubrechen.

Als ich am Krankenhaus eintreffe, bekomme ich noch die Schlussworte mit, die eine Oberschwester vor einer kleinen Menschenmenge hält. Sie hat den Besuchern die Verhaltensregeln erläutert. Vor allem dürfen keine unverpackten Lebensmittel mitgebracht werden, kein Obst. Schließlich herrscht draußen die Cholera. Überdies müssen sich alle mithilfe der drei bereit stehenden, mit verschiedenen Flüssigkeiten desinfizieren. Auch halten alle potenziellen Besucher kleine Zettel mit Stempeln in der Hand. Sowas habe ich nicht, brauche ich auch nicht. Denn der Sicherheitsmann ist der von heute früh und dem hatte ich vorausblickend eine Cuc-Münze in die Hand gedrückt und so darf ich passieren. Ich bin auch der Einzige, dessen Rucksack nicht kontrolliert wird. Cuc sei dank.

Die Besucherstunde wird von den Schwestern pünktlich für beendet erklärt. Ich mache mich auf Wassersuche. An der Calle 4 gibt es große Sprudelflaschen, im Zentrum nicht. Überhaupt: Eigentlich gibt es alles, nur nicht dort, wo man es vermutet und auch fast nie in dem Moment, in dem man es eigentlich benötigt. Deswegen ist es wichtig, immer einen Einkaufsbeutel mit sich zu führen.

Als Wasserträger mache ich mich auf den Heimweg. Auf der Calle Enramadas kaufe ich 1,5-Liter-Flaschen Cola für 25 MN. Auch Flaschenbier gibt es, nur muss ich erst einmal im Haus nach meinem Leergut suchen. Ohne leere Flaschen gibt es keine vollen. Beim Suchen entdecke ich noch eine Flasche Rum, direkt aus der Fabrik. Lecker, lecker. Ich koche Wasser für die Eiswürfel ab.

Abends erneut Cespedes. M. hat diesmal nur eine Chica dabei, die er bald im Stich lässt, um sich an zwei Touristinnen ranzumachen. Es handelt sich um Bosnierinnen, wie er mir sagt. Was denn das für ein Land sei? Ansonsten teilten mit alle langjährigen Straßenbekannten mit, dass heute Abend ein Hitler-Film im Fernsehen laufe, denn würden sie sich anschauen und ich doch als Deutscher bestimmt auch. Nein, meine ich. Übrigens sei Hitler Österreicher: Austria. Nein, nicht Australien.

Ich wechsle in die Kathedrale und gerate in die nächste Verehrung eines Heiligen. Statt Camilo dreht sich hier alles um Judas Tadeus. Die Monstranz wird gerade durch das Kirchenschiff nach draußen getragen und triumphierend den Menschen auf dem Platz oder den Genossen im Rathaus gegenüber gezeigt. Der hölzerne Heilige erstrahlt inmitten seiner Blumen im blassen Licht der Handys. Denn alle fotografieren oder filmen. Ich nicht, ich bin völlig abgerüstet in die Nacht gestartet. Das ist ebenso ein Fehler, wie tagsüber ohne Einkaufsbeutel unterwegs zu sein. Es kann eben immer jederzeit überall etwas Interessantes passieren.

Später setze ich mich in die neue Kneipe an der Ecke Heredia/Hartman. Eine Band spielt. Das Bier kostet 1,50 Cuc. In dem Raum mischen sich Touristen und Einheimische. Letztere vor allem als Eintänzer. Auch M. taucht bald auf. Diesmal mit einer hübschen jungen Mulata, die er bei mir allein sitzen lässt, weil er sich drei Engländerinnen am Nachbartisch widmen muss. Der Cocktail schmeckt so wenig nach Rum, dass ich reklamiere. Dann schmeckt er, aber ich finde den Zuschank später prompt auf der Rechnung wieder. Das ist mir bisher auf Kuba noch nie passiert. Dass ein Gast zu wenig Rum im Glas reklamiert, war bisher für jeden Barkeeper eine Frage der Ehre. Nun ja, dafür gebe ich kein Trinkgeld. Das gleicht sich wieder aus.

Der Mulata spendiere ich ein Bier, nicht aber den Eintritt für die “Claqueta”. Schließlich will ich da nicht hin und die Kleine kapiert auch bald, dass mein Desinteresse an ihr kein Vorgeplänkel für mehr ist. Immerhin lerne ich noch drei ihrer Freundinnen kennen. Also habe ich für die nächsten Wochen schon genug Bekannte auf den innerstädtischen Jagdgebieten. Das ist ganz nett, wenn andere Touristen dann ungläubig staunen, wenn man von den aktuell hübschesten Mädchen der Stadt mit Wangenkuss begrüßt wird. Leider hält das immer für einen Aufenthalt, denn beim nächsten Mal sind Lilli, Tanja, Yumilesi und Carina spurlos in ihre Stadtteile verschwunden und haben neuen Lillis, Tanjas, Yumilesis und Carinas Platz gemacht.

Zurück im Haus schaue ich mir nicht den “Untergang”, sondern “Horst Schlemmer – Ich kandidiere” an. Bin diesmal bestens ausgerüstet mit auf Stick geladenen deutschsprachigen Filmen. Ob ich die mir in Deutschland auch angeschaut hätte, sei dahin gestellt.

Die Nacht läuft wie gewohnt ab: Katzen, Hunde, Hähne, das Schwein. Auch der Morgen: Kinderfernsehen, der wummernde Lastwagen. Der gehört der Stadt und ist führerlos. Offenbar weiß der Fahrer, dass er die Kiste nicht mehr ankriegt, wenn er den Motor abstellt. Ich kaufe Brötchen, mit Wurst und Brötchen belegt, ein. Auf der Enramada(s) macht ein renovierter Elektroladen auf. Die Schlange ist durch den Boulevard geteilt. Die Jeep-Fahrer lauern auf die Käufer von Kühlschränken und Klimaanlagen. Ich laufe hinunter zum neuen Malecon.

Der sieht auf den ersten Blick toll aus. Der zweite Blick offenbart aber die Problematik: viel zu wenig Schatten. Auch das riesige neue Bierrestaurant mit seinem Hausbräu ist viel zu groß, als da jemals Stimmung aufkommen könnte. Ich bummle weiter in Richtung Bahnhof und schließlich nach San Pedrito hinein. Ich habe Post abzugeben. Der Stadtteil, der hinter der neuen Verbindungsstraße vom Platz der Revolution zum Friedhof liegt, ist weiterhin eine Katastrophe. Der Regen der vergangenen Tage hat große Seen entstehen lassen. Prima für Dengue und Cholera. Tatsächlich berichten mehrere Bekannte, dass Familienangehörige wegen Choleraverdachts in Krankenhäuser eingeliefert wurden. Beim jüngsten Fall in eines bei El Cobre, weil aller anderen voll seien.

Als ich auf dem Rückweg entlang einer dieser Wasserlachen balanciere, kommt wir ein L. entgegen. “Moment, mein Freund”, ruft er mir auf deutsch zu und deutet mir, zu warten. Denn L. fungiert gerade als Pfadfinder einer kleinen Lkw-Kolonne einschließlich eines Baggers. Er will die ortskundigen Fahrer zu ihrer Baustelle lotsen. Es passiert also doch was, in San Pedrito.

L. ist dann ganz aufgeregt. Die Fabrik, in der er arbeitet, hat heute die Arbeiter zeitiger nach Hause geschickt, weil die Kantine wegen Hygienemängeln geschlossen wurde. Und nun will sich L. mit seiner Freundin treffen. “Moment, mein Freund”, sagt er wieder und verschwindet in einem der Häuser. Freudestrahlend taucht er wieder auf. Mit dem Zimmer sei jetzt alles klar. Und jetzt benötige er noch Bier zum Ankurbeln der Stimmung. Er verhandelt mit einem anderen Anwohner und bekommt für 30 MN anderthalb Liter Bier aus der benachbarten Fabrik. Vorsichtig wickelt L. jetzt etwas aus und zeigt mir dann eine halbierte Tablette: Viagra. Schließlich sei die Freundin erst 29 und er fast doppelt so alt, sagt L. Er werde jetzt noch schnell zum Arzt gehen, der soll seinen Blutdruck messen und die Tabletteneinnahme abnicken. “Weißt Du, mein Freund, das ist alles teuer”, sagt L. 25 MN zahle er für die Stunde in dem Zimmer an den Wohnungseigentümer, 30 für das Bier, die Frau bekomme 50 MN. Und er habe noch neben seiner Ehefrau vier weitere Freundinnen. Eine habe er jetzt wegschicken müssen. “Ich hatte einfach kein Geld.”

Kubaner haben es wirklich schwer. 105 MN sind bei einem Monatseinkommen von 260 MN – beispielsweise einer der Blumenverkäuferinnen auf der Straße – schon eine stolze Summe. Aber L. hat wie so viele Kubaner eine Nebenbeschäftigung und in seiner Fabrik werden nahrhafte Dinge produziert, die sich gut verkaufen lassen. Was er natürlich nicht tut, falls das jemand denken sollte.

Auch viele andere, denen ich in den nächsten Tagen begegne, jammern. Beispielsweise dass kein Reis im Haus ist, weil kein Geld da ist. Dann aber setzt sich die Frau auf ein Motorradtaxi und lässt sich für zehn MN, also den Gegenwert von zwei libra Reis, eigenes Geld, also nicht aus Mitleid vom Yuma spendiert, bergab chauffieren: zehn, maximal 15 Minuten Fußweg einsparend.

Ich tue trotzdem das, was ich immer tue: Spontan zu helfen, eben wenn ich dazu nicht aufgefordert werde, mal eine Flasche Propangas zu spendieren oder frische Meeresfische, die ein Händler gerade vorbei bringt, aber die Brieftasche zuzulassen, wenn ich zum Spenden aufgefordert werde. Schließlich habe ich meinen Ruf als geiziger Deutscher zu verlieren.

Im Haus gibt es erst selbst zubereiteten Cuba libre special und dann ein Mittagsschläfchen. Das ist so tief, dass ich die SMS meiner Frau überhöre. Ich soll sie abholen, bitte sofort. Die Meldung ist eine halbe Stunde alt, als ich sie entdecke. Zum Glück stehen am Boulevard Taxis und ich bin so schnell da, dass ich die verschlafene Zeit auf angeblich nicht vorhandene Taxis schieben könnte oder einfach die Wahrheit sagen.

Zwanzig Minuten später hat meine Frau wieder das Kommando im Haus übernommen. Zeit, endlich den Seesack auszupacken. Dann gehe ich mit vollgeschriebenem Einkaufszettel zum Markt. Reis, Zucker und Salz gibt es im staatlichen Laden. Ein junger Mann wiegt erst den Reis und dann den Zucker ab und hat anschließend schon wieder vergessen, wie viel Reis das denn war. Da hilft ihm auch sein Taschenrechner nicht. Ich rechne ihm schließlich schriftlich vor, was ich erhalten habe. Und siehe da, er kriegt das mit dem Wechselgeld hin. Obst und Gemüse kaufe ich beim privaten Händler. Bepackt geht es heim. Für den zweiten Gang brauche ich Devisen. Drei Lebensmittelgeschäfte klappere ich ab, ehe ich endlich in einer geschlossenen Gefriertruhe Hühnchen finde. Andere Gefriertruhen standen offen. Die Ware war halb aufgetaut und das es die daneben herumlungernde Verkäuferin gestört hätte.

Öl gibt es auch und Teigwaren. Der dritte Gang besteht schließlich darin, die leeren Bierflaschen in den Laden zu bringen, damit ich volle kriege. Ein Kühlschrank voller 10-MN-Bier schreckt trinkfreudige Verwandtschaft ab, die mit Bucanero rechnet. Deren lange Gesichter vor Augen genehmige ich mir im Biergarten ein Bucanero, was mir prompt die Aufmerksamkeit von drei Chicas an verschiedenen Tischen einbringt: Hm, ein einzelner Extranero. Und was klappert bei dem bloß so?

Auf der Straße werde ich tatsächlich angesprochen. Ein deutscher Freund, einst der jüngste Bürgermeister der DDR, hockt am Tisch vor dem Restaurant am Dolores. Der Mann hat Mut, nach dem er seinen ersten Hausbau in Santiago gemeistert hat, will er sich an den zweiten wagen. Und erneut im Nirgendwo, statt im Zentrum. Ein plötzlich hereinbrechender Landregen reißt uns aus den Fachsimpeleien. Ich husche durch das Nass heim.


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25.11.2015 10:45
#11 RE: Santiago Ende Oktober/November 2015
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Rey/Reina del Foro

Unter dem Wellblech schlaefst Du also?
Nachwuchs ansehen, der Eigene?
wie sieht es aus mit Cholera und Dengue in Santiago de Cuba?

Warum werden Rucksaecke denn kontrolliert?
Interessant, 10 Peso Bier, welches denn?

Der juengste Buergermeister der DDR, Rudi Fleck und ist bereits verstorben! Ein Landsmann von mir, deshalb weiss ich das noch! Klaere mich bitte mal auf!

Ansonsten sehr gut!!!

Eine Regierung muß sparsam sein, weil das Geld, das sie erhält, aus dem Blut und Schweiß ihres Volkes stammt. Friedrich II., der Große

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25.11.2015 11:08
#12 RE: Santiago Ende Oktober/November 2015
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Forums-Senator/in

1. Das Wellblechdach überdeckt einen Teil der Terrasse und ich schlafe nicht im Kolonialhaus, sondern im Anbau.
2.Ja
3. Die Behörden nehmen es sehr ernst.
4. Weil darin Ungewaschenes ins Krankenhaus geschmuggelt werden könnte und der Choleragefahr.
5. Hatuey
6. der Ort gehört heute zur Gemeinde Barth, den Namen schicke ich Dir als PM.
7. Danke


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25.11.2015 12:11
#13 RE: Santiago Ende Oktober/November 2015
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Rey/Reina del Foro

Nicht schlecht! Wellblech- und Asbestdaecher rufen in mir etwas unwohles hervor! Kolonialhaus ist dann aber eine Baustelle!

Also bist Du dann auch ein Vater, der eigentlich schon Grossvater sein koennte?

Cholera und Dengue ist nach meiner Kenntnis in den letzten Jahren weiter ausgebrochen. Ob man das als ernstnehmen bezeichnen kann?
Hatuey ist ja eigentlich eine Marke von Bacardi und aus Santiago. In Habana und den Mittelprovinzen sind andere Biersorten angesiedelt und selbst kubanischen Bier ist da nicht fuer ein 10er erhaeltlich!

Eine Regierung muß sparsam sein, weil das Geld, das sie erhält, aus dem Blut und Schweiß ihres Volkes stammt. Friedrich II., der Große

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25.11.2015 12:35
#14 RE: Santiago Ende Oktober/November 2015
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Forums-Senator/in

Doch, überall, selbst in Havanna, aber nicht Hatuey. Eine historische Hatuey-Reklame aus Bacardi-Zeiten ist auch noch an der heutigen Brauerei deutlich zu erkennen.


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25.11.2015 12:38
#15 RE: Santiago Ende Oktober/November 2015
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Rey/Reina del Foro

Hatuey darf ja auch nur in Kuba unter diesem Namen verkauft werden. Kubanisches Bier wird fuer 20 Peso verkauft. Ok, ich bin kein Biertrinker, aber schaue schon immer was es so gibt und auf die Preise. eine Cola kostet 15 peso und Bier dann preiswerter?

Eine Regierung muß sparsam sein, weil das Geld, das sie erhält, aus dem Blut und Schweiß ihres Volkes stammt. Friedrich II., der Große

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25.11.2015 12:51 (zuletzt bearbeitet: 25.11.2015 12:58)
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#16 RE: Santiago Ende Oktober/November 2015
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Rey/Reina del Foro

Zitat von Santa Clara im Beitrag #15
Hatuey darf ja auch nur in Kuba unter diesem Namen verkauft werden. Kubanisches Bier wird fuer 20 Peso verkauft. Ok, ich bin kein Biertrinker, aber schaue schon immer was es so gibt und auf die Preise. eine Cola kostet 15 peso und Bier dann preiswerter?

10 MN für Hatuey (oft ohne Etikett) und Tinima sind normal.
http://www.viajarcuba.org/cervezas-cubanas/

Hier könnte Ihr Zitat stehen.

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25.11.2015 17:24
avatar  Ralfw ( gelöscht )
#17 RE: Santiago Ende Oktober/November 2015
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Ralfw ( gelöscht )

liest sich gut bin schon ganz gespannt auf die Fortsetzung


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26.11.2015 10:54
#18 RE: Santiago Ende Oktober/November 2015
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Forums-Senator/in

Die in der Stadt lebende Verwandt- und Bekanntschaft trifft ein. Ein Hoch auf Mutter, Vater, Kind. Ich bin schon mittags auf einem dann stabil gehaltenen Alkohollevel. Es wird rumgetrunken, Rum getrunken. Für den frühen Nachmittag hat meine Frau ein Taxi bestellt. Es stehen Arzttermine an und die müssen in der heimischen Poliklinik absolviert werden und die befindet sich in II. Frente. Damit ist das Haus wieder leer. Ich halte die Stellung und feiere mit dem Nachbarn weiter bis die Hähne krähen.

Zeit, ein neuer Mensch zu werden. Ich besuche Maria. Ein Besuch, der für mich Kult ist und den ich genieße. Maria ist ein blondgefärbter und blondgelockter Engel um die Mitte vierzig und arbeitet in einem kleinen Herrensalon direkt an der Aguilera. Ich habe sogar Glück, auf der Wartebank sitzt niemand. Und sie winkt mir zu, Platz zu nehmen. Ich schaue zu, wie die Herren sich unter ihren Händen und denen ihrer Kolleginnen verwandeln. Dann bin ich an der Reihe. Spätens als ich bei der Rasur in der Waagerechten liege, dämmere ich dahin. Schließlich begutachtet Maria das Geschaffene und sagt zufrieden: “Ein neuer Mensch.” Das empfinde ich auch so. Tatendurstig hole ich mir aus der Casa sechs leere Plasteflaschen und mache mich auf nach San Pedrito. An der Bierfabrik lungere ich fünf Minuten rum. Dann schaue ich einem Anwohner, ich habe mir die Hausnummer gemerkt, bei der L. eingekauft hat, tief in die Augen und frage “Cerveza”? Der winkt mich in sein Haus. Dort übernimmt sofort die Frau die Regie. Ich kaufe vier Flaschen Bier a 30 MN und zwei Rum a 80 MN. Letzteren verkoste ich zuvor. Mir schmeckt er.

Die Beute schleppe ich zufrieden bergauf ins Haus. Anschließend werden die Colavorräte erneuert. Und dann klopft schon der Hausboy meiner alten Stammcasa. Die nächsten Stunden vergehen mit typisch kubanischem Palaver. Wir hocken auf der Terrasse in den Schaukelstuhlen und tauschen uns über gemeinsame Bekannte aus, wärmen immer wieder uralte Geschichten und Anekdoten auf und klagen über das Wetter. Hatte ich schon erwähnt, dass es für Ende Oktober unerträglich war ist? Tagsüber zwischen 33 und 35 Grad, nachts bis zu 25 Grad! Kaum ist man auf der Straße, schon kann man das Shirt auswinden. Am meisten genieße ich, wenn mein Besuch von Sandy erzählt. Wie die mit ihrer Urgewalt an den Haustüren rüttelte. Exakt drei Jahre ist das schon wieder her und noch längst nicht alles wieder aufgebaut. Aber es gibt noch ein anderes Gesprächsthema: der Papstbesuch. Schon zwei der Mädchen auf der Straße haben mir stolz verwackelte Handyvideoaufnahmen vom Besuch gezeigt, aber meine alte Casawirtin war in der Kathedrale dabei. Es war nun schon der dritte Papas, den die inzwischen 84-jährige Katholikin berühren durfte. Das aber, meint selbst der Hausboy, müsste ich mir unbedingt von ihr selbst erzählen lassen.

Die Schlange vor dem neuen Elektroladen ist so weit abgeschmolzen, dass ich einen Blick hinein werfen kann. Es gibt Ventilatoren für 30 Cuc. Die sind preiswert, praktisch, gut und ich kenne jemanden, dem ich einen verehren würde. Rasch vergleiche ist die Anzahl der Anstehenden mit der Zahl der noch vorhandenen Objekte der Begierde. Könnte ausreichen, also reihe ich mich ein. Nach einer Viertelstunde ist die Reihe hinter mir zwar länger geworden, aber nicht die Zahl der Anstehenden vor mir. Das hängt damit zusammen, dass die Garantieurkunden ausgefüllt werden müssen. Ich beschließe, das meine Verehrung für die potenziell zu beschenkende Person dann doch nicht so groß ist und ich lieber einen der hinter mir Anstehenden glücklich mache und verlasse das Wartekollektiv.

Am Plaza Dolores ist gerade ein Teil der kleinen deutschen Kolonie dabei, die Welt zu retten. Ich hocke mich dazu. Tja, wie müsste man die Kubaner verändern, damit das Land endlich funktioniert? Alle haben Ideen, aber wir bleiben uneins darüber, welche die richtige ist. Einigkeit herrscht nur darin, dass die weitaus größere italienische Kolonie hier alles versaut. Daraufhin öffnet der Himmel seine Schleusen und der spontane Stammtisch löst sich auf.

Am Nachmittag ist meine Frau zurück. Diesmal, es ist ja Wochenende, ist der Kleine dabei, der jetzt der Große ist. Damit füllt sich das Haus ganz schnell mit Gleichaltrigen, die Xbox spielen oder Trickfilm schauen. Eine halbe Stunde später sind alle auf der Straße verschwunden, spielen Baseball oder Fußball, um daraufhin wieder im Saal zu hocken. So wechselt sich das ab. Schlafenszeit ist, wenn die Kinder schlafen wollen. Schließlich sei Wochenende, meint meine Frau, als mir die in Deutschland geltenden pädagogischen Regeln einfallen. Die Kinder hätten es an den Schultagen schwer genug. Wenigstens setze ich eins durch: Reis und Pollo wird nicht auf dem Sofa gegessen, sondern höchstens im Schaukelstuhl! Papa spinnt, denkt der Große, sagt aber nichts und fügt sich kurzerhand, meine Frau grinst nur vor sich hin. Ich entschwinde auf die Terrasse. Morgen früh werde ich ihr mal zeigen, wie es inzwischen unter den Sofakissen aussieht, nehme ich mir vor.

Morgens kann ich den Großen motivieren, mit mir zum Cespedes zu gehen. Ich habe eine Verabredung mit den dänischen Harlistas. Die schweren nagelneuen Maschinen werden gerade aus ihren nächtlichen Schutzhüllen geschält. Eine größer werdende Gruppe von Santiagueros steht herum. Na klar darf sich mein Sohn auf eine der Maschinen setzen. Die Zuschauer staunen und er wird am Montag in der Schule der Größte sein, wenn er die Fotos herumzeigt. Dann dröhnen die Motoren und die Musikanlagen. Die Dänen tuckern davon. “Ach, dass waren keine Amerikaner, nur die Maschinen?” Jetzt sind die Santiagueros doch etwas enttäuscht. Hatten sie doch gehofft, dass die Wikingertypen eine Vorhut des versprochenen Besucheransturms aus den USA sind. Überhaupt sind USA-Touristen Fehlanzeige. Keiner hat auch nur einen einzigen gesehen. Da mögen die deutschen Zeitungen schreiben, was sie wollen. Briten gibt es dafür auffallend viele. Und natürlich Deutsche.

Ein Tourist hat in der WLAN-Zone Cespedes einem Schwarzhändler eine Internetkarte abgekauft und probiert die Wettterapp aus. Begeistert liest er ab, dass in Santiago 33 Grad sind. “Das hättest Du hier auch ablesen können”, meint seine Frau und deutet auf die Leuchtschrift am Bankgebäude.

Wir kaufen Kuchen ein und Eis. Dann sind die Harleys wieder vergessen, denn auf unserer Straße werden die selbst gebauten Seifenkisten ausprobiert.

Abends gehe ich mit einem Freund ins Hafenviertel. In die bunten Lichter der seit dem Stadtjubiläum überall im Zentrum errichteten mehrfarbigen Blumen-Lampen sieht der Malecon schön aus. Auf der Ufermauer sitzen Liebespaare mit Rum- und Weinflaschen und schauen sich in die Augen oder auf die Lichter am anderen Ende der Bucht. Ein kleines Schiff ist zu einer Bierstube umgebaut. Gezahlt wird in Devisen. Bis zum Club Nautico laufen wir nicht, wir wollen das Hausbräu ausprobieren. Obwohl der riesige Saal, abgesehen von acht Gästen leer ist, scheitern wir am Türsteher. Unsere Anzugsordnung ist nicht korrekt, d.h. meine schon, aber nicht die meines einheimischen Begleiters. Es ist grotesk, denn der ist wesentlich modischer gekleidet, als ich. Aber es sind eben die Schultern frei und das darf nicht sein. Ich verlange schließlich den Chef und erläutere das Problem. Ich hätte so viel von dem hervorragenden Bier gehört, es auch schon in Havanna verkostet, und nun dürfe ich es leider, leider in Santiago nicht verkosten, nur weil meiner Begleitung der Eintritt verwehrt werde und ohne Begleitung könnte ich leider nichts trinken, denn so sicher, das wisse er ja auch, leider, leider, sei das Hafenviertel noch immer nicht. Dem Mann reicht diese Litanei, wir dürfen passieren, werden aber verschämt an einer Seitenstrecke des Tresens platziert. Das hat den Vorteil, dass ich der einzig hübschen Chica nun – wenn auch gut zehn Meter entfernt - schräg gegenüber sitze und zusehen kann, wie sie sinnlich ihr Bier aus einem Stohhalm saugt.

Wir bestellen dunkles Bier und das ist gut und süffig. Aber die Gläser sind schon angeschlagen, dafür ist die Bedienung freundlich. Ja, es sei hier ab und zu auch richtig voll, versichert sie. Ich kann mir das nur schwer vorstellen, außer ein Kreuzfahrtschiff hätte ihr seine gesamten Passagiere ausgekippt. Und bei einem Preis von zwei Cuc für den halben Liter - und ganz abgesehen von der geltenden Anzugsordnung – gehen die Einheimischen doch bestimmt lieber in die umliegenden MN-Kneipen, wo die Stimmung richtig gut ist und das Faßbier sechs MN kostet. Inzwischen erscheint der Einlass-Mensch wieder mit einem Hemd. Das wird meinen Freund für 20 MN für die Aufenthaltsdauer im Haus überlassen.

Mein Begleiter trinkt zum ersten Mal dunkles Bier. Und es scheint ihn nicht so richtig zu überzeugen. Jedenfalls ist mein Glas leer, als er noch immer am ersten Drittel nippelt. Ich bestelle Nachschub, aber das geht schief. Denn die Kellnerin bringt gleich zwei gefüllte Gläser und mein, durchaus sonst trinkfreudiger Freund sitzt jetzt vor zwei Gläsern. Und weil er Kubaner ist und über eine nie versiegende Quelle in Miami verfügt, bestellt er jetzt die nächste Runde. Ich hätten ihn gern gestoppt, denn jetzt sitze ich jetzt vor anderthalb vollen Gläsern und er vor zweieinhalb. Und der Liter Schwarzbier hätte mir auch gereicht. Letztlich nehme ich dem unglücklich dreinblickenden ein Glas ab.

Wir beschließen den Aufstieg ins Zentrum zu wagen. Überzeugt hat mich der Laden nicht. Das Bier ist gut, aber das war es auch. Die Sache mit dem Hemd ist eine Frechheit. Und für ein nächtliches Besäufnis ist die Gegend wirklich zu unsicher. Es sei denn, man nimmt ein Taxi. Aber da gehe ich lieber in den Club Nautico.

Zurück auf der Enramda wird mein Freund wieder munter. Er kauft mexikanisches Bier. Wir gehen noch kurz in den “Club Santiago”, wo die neuesten Musikvideos lautstark laufen und alles auf Wintertemperatur heruntergekühlt ist, und anschließend in die unterirdische Bar (dort, wo früher der Handwerkermarkt war und heute Musikveranstaltungen stattfinden, hat das einen Namen?). Es ist voll, dunkel und laut. Wir setzen und an den Tresen und trinken Cuba libre. Und dann reicht es auch.

Die beiden nächsten Tag geben sich wieder Verwandte und Bekannte die Türklinke in die Hand. Keine Chance, zu entkommen. Sohnemann ist wieder in den Bergen, um fürs Leben zu lernen. Die Schwester meiner Frau ruft an und teilt mit, der Hausarzt würden klagen, dass er das Neugeborene noch überhaupt nicht gesehen habe und dass das überhaupt nicht ginge, schließlich trage er die Verantwortung. Meine Frau stimmt dem zu, schließlich sei sie Wöchnerin und unter der Obhut ihrer Familie besser aufgehoben, als als Gastgeberin für die Santiagueros. Ich bekomme den Auftrag, an der Calle 4 ein Taxi zu organisieren. Dort angekommen, schmeißt ein Fahrer sofort alle schon zur Fahrt bereiten Leute raus, was mir irgendwie peinlich ist, aber immerhin habe ich 15 Cuc geboten. Und für diese Summe bin ich schon hin- und zurückgefahren. Und das zweimal. Allerdings hatte ich damals, und das ist 14 Jahre her, so lange verhandelt, dass mich noch jahrelang die beteiligten Fahrer grüßten, aber lieber nicht mehr mit mir um den Preis feilschten.

Ich weise also dem Überlandtaxifahrer den Weg zum Haus. Und dann sitze ich erneut allein im Haus. Aber nicht lange. Ich soll nach Kinderwagen Ausschau halten und die vorhandenen Modelle fotografieren. Für die Berge brauchen wir einen mit großen Rädern. Gibt es natürlich nicht. Ich knipse trotzdem alle möglichen Wagen. In den Geschäften gibt es fünf verschiedene Modelle. Die Preise reichen von 57 bis 188 Cuc. Abends gehe ich mit einer Bekannten meiner Wahl ins El Baturo und zwar in den Innenhof. Gutes Essen, einschießlich zweier Biere kostet das 75 MN. Ich glaube erst, die haben sich zu meinen gunsten verrechnet, aber der Blick auf die Details belehrt mich, dass alles stimmt. Die Begleitung will nicht nur auf den Cespedes, sondern wegen der vielen Polizei heim (Polizeianwärter in grünen Uniformen schlendern begleitet von einem richtigen Polizisten mit Schäferhund über den Platz). Ich ordere ihr ein Motorradtaxi.

Auf dem Chespedes dann ein längerer Schwatz mit, ja, wie hieß sie gleich? Jedenfalls einem der Mädchen aus Ms Umfeld. Da ich nun schon quasi ein Langzeitbekannter bin, seit vergangener Woche, erzählt sie mir bereitwillig aus ihrem Leben. Sie arbeitet als Assistentin eines Schuldirektors, leben bei der Großmutter, wo sie sich mit ihrem 36-jährigen Bruder das Bett teile und ob ich nicht eine Massage wolle. Nein, wolle ich nicht. Auch nicht ins Claqueta. Naja, dann eben nicht, tschüss. Sie steht auf, dreht sich noch einmal um und wechselt auf eine Bank schräg gegenüber. Ein Vorgang, der natürlich genau beobachtet worden ist. Denn kurz darauf fragt “Nelli”, ob sie sich setzen dürfe. Nelli heißt eigentlich Yanisnellis oder so, ist aber erfahren genug, ihren Namen abzukürzen, und nur deswegen weiß ich ihn noch. Sie ist 24, ist dünn wie ein Knabe, hat zwei Kinder und wohnt gleich in der Nähe. Das “gleich in der Nähe” stellt sich im weiteren Gespräch als Santa Ursula heraus. Alles ist eben relativ. Ob ich im Hotel oder einer Casa wohne, will sie wissen. Casa, antworte ich. Oh, dass sei ja schön. Ob sie sich die mal anschauen könnte. Leider nein, meine ich, die Wirtin lasse keinen Chicabesuch zu. Dass sei aber schade, meint Nelli. Ja, aber sicher, sage ich. Da habe ich recht. Viele Chicas würden klauen. Hm, auch dieses Gespräch ist damit festgefahren. Wir sitzen nebeneinander und beobachten das Geschehen. Die Polizeistreifengruppe schlendert vorbei. Interessanterweise halten zwei der Anwärter, Frau und Mann, Händchen. Sie sind auch die letzten in der Gruppe.

Zu Nelli gesellen sich mehrere Freundinnen. Jetzt sitze ich wie der Hahn im Hühnerstall da und Nelli erzählt allen, dass meine Wirtin keine Chicas zulasse. Alle schauen mich mitleidig an. Dann verabschiedet sich die Gruppe geschlossen und geht zur Casa de la Trova. Nur eine Negra taucht nach fünf Minuten wieder auf, um Konversation zu betreiben. Wie denn? Kann sie englisch? Nein. Deutsch? Nein. Französisch? Nein. Russisch? Nein. Spanisch? Nein. Sie merkt, dass sie reingefallen ist und lacht schallend. Der Extranero sei ja richtig lustig. Da fehle ihm nur noch eine Massage. Sie kenne da in der Nähe eine Wohnung... Und dass der Extranero das nicht möge, sei nicht möglich, er sei ja vollkommen verspannt. Zum Glück fällt mir ein Gegenargument ein, dass immer greift. Der Extranero hat nämlich kein Geld. Nur noch einen Cuc für ein Bier, nein, nicht für sie, für ihn. Nachts sei es in Santiago nämlich gefährlich, habe die Wirtin gesagt. Kein Geld? Die Chica schaut unglücklich. Gar keins? Aber vielleicht morgen? Ja, ja, manana ist manana manana. Und der eine Cuc, könne ich nicht auf den verzichten?


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26.11.2015 11:26
#19 RE: Santiago Ende Oktober/November 2015
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Rey/Reina del Foro

Gibt ja reichlich Getraenke!

Eine Regierung muß sparsam sein, weil das Geld, das sie erhält, aus dem Blut und Schweiß ihres Volkes stammt. Friedrich II., der Große

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26.11.2015 11:33
#20 RE: Santiago Ende Oktober/November 2015
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Forums-Senator/in

Hm, vielleicht bin ich ja auf dem Weg zum Alkoholiker? Und nur, weil meine Pru-Lieferantin in Las Tunas weilt.


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26.11.2015 11:54
#21 RE: Santiago Ende Oktober/November 2015
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Rey/Reina del Foro

Nein, es ist ja immer etwas zum Feiern in Kuba!

Eine Regierung muß sparsam sein, weil das Geld, das sie erhält, aus dem Blut und Schweiß ihres Volkes stammt. Friedrich II., der Große

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26.11.2015 21:53
avatar  nosanto
#22 RE: Santiago Ende Oktober/November 2015
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Top - Forenliebhaber/in

Hola Jose Ramon, super Bericht , sehr amüsant, zumal ich selbst von 21 bis 28 Okotober in Santiago war. Habe auch dieses Bierlokal am neu errichteten Malecon besucht (und natürlich auch die 2 MN-Bierlokale (Bier a 6 Peso, wie du richtig sagst, wobei das Hatuey Bier für mich geschmacklich etwas gewöhnungsbedürftig ist) in der steilen Gasse, die rauf zum Balkon de Velazquez führt.
Der neue Malecon ist zwar sehr bunt und kreativ gestaltet, aber es fehlen bei der Hitze (und es war in SdC mit über 30 Grad und hoher Luftfeuchtigkeit ziemlich warm) die schattenspendenden Bäume.
Auch die neu gestaltete Enramadas hat mich nicht ganz überzeugt. Null grün, ein bisschen Mosaik und Betonpflastersteine, thats it.
Nehme an, der in Bearbeitung befindliche untere Teil der Gasse wird auch nicht besser. Aber vielleicht passiert ein kuban. Wunder.
Das El Baturo Restaurant kenne ich leider nicht. Wo ist das? Wollte wieder in das Restaurant in der Nähe inter der Cathedrale gehen (1900 oder so, ein schöner Kolonialbau mit stilvoller Bar, Essen in MN (leider mit geringer Auswahl) und wunderschönem Innenhof. Leider wegen Desinfektion geschlossen.
Hast Du dir auch einmal die patia los dos abuelos an der plaza de marte gegeben? Ende Oktober fand ein live-act mit 9 Musikern statt. Kubastimmung pur, trotz strömendem Regen, das Publikum samt allen Musikern waren im kleine Vorzimmer. Die 2 cuc eintritt wars jedenfalls wert. Das Bucanero für ein cuc macht einen auch nicht arm.
Die Terasse im Libertad war wieder mal geöffnet, schade dass es nur Import-Bier gab (sol, presidente, heineken, brahma, bavaria oder so was). Da ist die Terrasse vom Rex fast noch besser. Jedenfalls gefällit mir dein Bericht sehr gut . Freue mich schon wieder auf SdC, von 16 bis 24 Februar werde ich mich wieder in der "Hölle der Karibik" wiederfinden. Wünsche Dir und deinen Cubanitos in SdC alles Gute. Saludos, nosanto


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29.11.2015 14:14
#23 RE: Santiago Ende Oktober/November 2015
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Forums-Senator/in

Waschmaschine auf die Terrasse geräumt und arbeiten lassen. Später die Wäsche aufgehängt und Musik gehört. Ein Geräusch alarmierte mich. Eine graue Regenwolke hatte sich angeschlichen und umsehens Verstärkung erhalten. Ich räumte die Leine ab und hing ein paar Sachen unter dem Terrassendach auf. Dann galt es die Grünpflanzen aus dem Schatten in den Regen zu räumen. Außerdem nutzte ich den Guss, den Boden zu schrubben. Nach der Naturdusche gönnte ich mir einen Cuba libre. Als die Sonne wieder schien, räumte ich die Pflanzen zurück und hängte die Wäsche wieder auf.

Für das Abendessen hatte ich das “1900” ausgewählt. Das bedeutete Einhaltung der Kleiderordnung analog eines Behördentages. Meiner Begleitung hatte ich ebenfalls Bescheid gesagt. Die ehemalige Bacardi-Villa war auch geöffnet, aber leider nicht die Terrasse, sondern der Salon im Erdgeschoss. Der einen Anzug tragende Einlassdienst nahm das rote Absperrseil aus dem Ring, verschloss es wieder, führte uns zum Salon und schloss die Tür hinter uns. Der Raum war menschenleer. Alle Tische waren mit rotem Tuch eingedeckt, Gedecke standen bereit, die Klimaanlage war exakt auf “angenehm” eingestellt. Wir suchten uns einen Tisch am Rand aus. Meine Begleitung war tief beeindruckt von der Pracht, von den prächtig verzierten Porzellanfiguren und -vasen. Es war irgendwie unwirklich. Später erschien ein Mann und setzte sich hinter das Klavier (oder war es gar ein Flügel, ich bin mir nicht sicher).

Dann schaute eine Frau vorsichtig um die Ecke und verzog das Gesicht. Die Bedienung. Mist, schien sie sich zu sagen, hat der Mann am Klavier doch recht gehabt. Es muss gearbeitet werden. Ersteinmal räumte die zum Erstaunen meiner Begleitung Besteck, Teller und Gläser ab. Haben die doch geschlossen, flüsterte mir mein Gegenüber zu. Doch die Kellnerin brachte die Karte und diesmal spielte ich das Spiel mit. Ich bestellte die Getränke und dann studierten wir sorgfältig die Gerichte, tauschten uns über diese aus und schickten uns an, zu bestellen. Die Bedienung schüttelte eins ums andere mal den Kopf. Das gebe es nicht, das auch nicht und das auch nicht. Immerhin blieben zwei Gerichte übrig und wir entschieden uns für Fisch, was, wie sich herausstellte, eine gute Entscheidung war. Nach uns kamen weitere Gäste. Die Rechnung war etwas höher als im El Baturo oder in der Taverna, aber das war klar. Sollte in Kuba der Kapitalismus oder die soziale Marktwirtschaft einziehen, dürften Besuche in Restaurants wie dem “1900” auch für mich nicht mehr alltäglich leistbar sein.

Auf der Heredia ist eine Bühne aufgebaut. Neueste Mode, selbst gefertig, wird vorgeführt. Eine Transe tritt auf und sorgt für Jubelstürme. Dann singt ein Jüngling ein paar Schlager. Höhepunkt sich tanzenden superdicke Frauen, die ebenfalls für Jubel sorgen und zurzeit in Santiago zu den angesagtesten Attraktionen gehören.

Zurück in der Casa die Wäsche abgenommen. Der Nachbar schaut vorbei und macht eine Handbewegung, die in Russland die Frage nach sto gramm inpliziert. Ich hole die Flasche aus dem Kühlschrank.

Der nächste Tag zeigt sich von seiner grauen Seite. Willkommener Anlass endlich das Bacardi-Museum zu besuchen. Das von Emilio Bacardi 1899 gestiftete Städtische Museum war lange Zeit wegen Sanierungsarbeiten geschlossen gewesen. Ich hatte es aber auch zuvor nicht besucht. Heute soll es aber sein. Ich steige die Stufen zu dem prächtigen neoklassischen Gebäude hinauf. Der Eintritt kostet für Ausländer zwei Cuc, die Fotoerlaubnis fünf. Ich werde in den ersten Stock geschickt. Dort sind europäische und kubanische Ölgemälde und Skulpturen ausgestellt. Alle Räume sind hervorragend klimatisiert, aber die Bilder überhaupt nicht geschützt. Da die Aufsicht mit Telefonieren beschäftigt ist, mache ich ein paar Aufnahmen. Speziell die Gemälde von den betrunkenen Negern finde ich interessant. Auf einem Bild entdeckte ich Lilienstein und Bastei, im Vordergrund die Elbe bei Pillnitz. Ich drehe eine Übersichtsrunde und schaue mir später einige Sachen genauer an. Aus den 1930er Jahren sind ein paar interessante Sachen dabei und die jüngsten Stadtansichten stammen aus den 2000er Jahren, warum aber gerade sie für diese Dauerausstellung ausgewählt wurden, erschließt sich mir nicht. Auch würde mich interessieren, ob das alle Schätze sind oder ob noch was im Depot lagert. Lohnenswert ist der Besuch jedenfalls.

Im ersten Stock (Erdgeschoss) widmet man sich Museumsstifter Bacardi und seinen Reisemitbringeln: archäologische Funde aus indianischen Kulturen. Den meisten Platz nehmen aber Waffen aus den Befreiungskriegen des 19. Jahrhunderts ein, speziell aus dem spanisch-amerikanischen Krieg. Es sind diverse Säbel, Sporen, Pistolentaschen und vor allem Kneifer kubanischer Generäle zu sehen. Eine Vitrine ist mit Piratenpistolen gefüllt. Mit Interesse betrachtete ich die historischen Fotos von der Stadtentwicklung. Ich mache ein paar Aufnahmen, bis mich eine Aufsicht daran erinnert, dass ich keine Fotoerlaubnis erworben habe. “Ach, muss man das?”, staune ich. Was die denn koste? Cinco Cuc? Das sei aber teuer. Die Frau nickt, während ich die Kamera wegstecke. Morgen werde ich mir ein paar der Gebäude in der Realtität ansehen. Insbesondere die große Markthalle gegenüber dem ehemaligen Kino “Oriente”.

Eine Gruppe uniformierter Studenten wird durch die Ausstellung geführt. Einige mustern mich, als würde ich zu den Exponaten gehören. Wir müssen uns das anschauen, aber warum tut der sich an, mögen die sich fragen. Während ich mir ein Video mit historischen Aufnahmen Fidels ansehe, er sagt gerade jenen bedeutenden Satz, der jetzt an der Eisdiele in Metalllettern an der neu errichteten Wand steht: “Gracias, Santiago., werde ich von einer Aufsicht daran erinnert, dass es auch noch das Erdgeschoss/Keller gibt, der aus ihrer Sicht die eigentliche Attraktion des Museums birgt: eine originale ägyptische Mumie. Es geht eine Metallwendeltreppe nach unten. Dort sind verschiedene ägyptische Kunstwerke ausgestellt, Schrumpfköpfe, zwei Skelette und tatsächlich eine Mumie. Sie und der dazugehörende, reich mit Malerei verzierte Sarkophag sind in zwei verschiedenen Vitrinen untergebracht. Vitrine bedeutet, ein Glasbehälter, auf den einfach eine weitere Glasplatte gelegt wurde. Es liegen auch reichlich Krümel auf den Boden. Enweder fressen hier irgendwelche Tierchen oder beides zerfällt so. Eine Klimaanlage gibt es hier nicht. Ich bin durch und möchte noch einmal zu den Gemälden, da öffnet eine der Aufsichtskräfte eine Metalltür und plötzlich stehe ich wieder auf der Aguilera.

Beeindruckt bin ich trotzdem. Ich beschließe zum Cespedes zu gehen und mir die ebenfalls wiedereröffnere Galerie “Oriente” anzusehen. Hier sind ebenfalls viele Lichtpots eingebaut, die die Räume modern erscheinen lassen. Die ausgestellten Grafik fasziniert micht aber nicht, dagegen das sanierte Gebäude. Von außen habe ich sogar den roten Salon leuchten stehen, den hat mir gut einem Jahrzehnt mal ein Kulturhaus-Mitarbeiter gezeigt, der einst in Karl-Marx-Stadt gearbeitet hatte und nun einen schwunghaften Handel mit Zigarren und Gemälden betrieb.

Den Abend habe ich für einen Besuch des “Teatro” auf der Calla Enramadas reserviert. Die Schwulen und Lesben der Stadt, die sonst vom Club Santiago ins Capitolio ausgewichen sind, treffen sich an diesem Abend dort. Eine Show ist angekündigt.

W. holt mich pünktlich ab. Der Eintritt kostet für alle 20 MN und dafür bekommt jeder ein Kondom. Auch jede Menge Informationsmaterial liegt auf seinem Tisch zum Mitnehmen aus. Außerdem werden die Taschen kontrolliert, sogar meine Bauchtasche. Man will wohl verhindern, dass zu viel Rum nach oben gebracht wird.

Das kleine Theater auf dem Dach ist bereits gut gefüllt. Musik erklingt. Die Leute stehen in Gruppen herum, einige tanzen schon. Zwei Lesben knutschen miteinander.Seltsamerweise ist die eine meist dick und hell und die andere dünn und dunkler. Vor mir steckt ein bärtigern Typ seine Zunge in den Mund eines Glatzkopf. Ein Anblick, der gewohnheitsbedürftig ist. Ich geh mir ein Bier holen (1,50 Cuc). Während ich mich durch die Menge schiebe, entdeckt mich Angela. Sie/er gehört zu meinen Modellen, die ich einmal für eine Ausstellung abgelichtet habe. Sie sieht weiblicher aus, als ich sie in Erinnerung hatte. Wehe dem Touristen, der einen über den Durst getrunken hat, wenn sie ihn anmacht. Der dürfte morgens erstaunt dreinblicken.

Die Show ist große Klasse. Insbesonders die Feuerschluckerin, sowas habe ich in Deutschland noch nicht gesehen. Ich habe die Videokamera dabei und filme. W. schirmt mich ab, denn auch hier ist man vor Taschendieben nicht sicher. Außerdem blinkert mir dauern ein Typ dauernd zu. Nach der Show ertönt wieder Musik und die Stimmung kippt leicht. Die ersten leeren Rumflaschen kullern über den Boden. Es ist Zeit, zu gehen. Ohnehin ist es schon nach eins. Draußen taucht gerade eine Gruppe Asiaten auf. Ob hier noch was los sei? Ja, eine große Gayparty. Die Asiaten schwatzen aufgeregt zusammen, entscheiden sich aber gegen einen Besuch. Wir gehen noch ein Bier trinken.


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