Letzte Woche liefen im ZDF in verschiedenen Nachrichtensendungen zu diversen Tageszeiten (mindestens) drei Stücke, die der für das Berichtsgebiet Kuba zuständige Leiter des Auslandsstudios Washington auf einer seltenen Reise auf die Insel produziert hatte. Erwartungsgemäß ging's so gut wie ausschließlich um die US-Perspektive. Erstaunlich, dass ein Nachrichtenbeitrag mit dem zum Sendezeitpunkt immerhin schon ganze vier Wochen zurückliegenden Kuba-Besuch der US-Rocker "Dead Daisies" aufgemacht und geschlossen wurde! Sprachlich fand ich's auch nicht so vorbildlich ("Kubas berühmteste Musikschule rockt auf dem Cello für seine Gäste aus Amerika..." -- autsch!). Inhaltlich halte ich auch die Aussage für zweifelhaft, dass die Tatsache, dass in den letzten zehn Jahren keine US-amerikanischen Rockmusiker in Kuba aufgetreten sind, irgendetwas mit bestehenden und jetzt aufgehobenen Verboten zu tun gehabt haben soll -- oder kann mich jemand aufklären? Und wie soll das mit den neuen Profiten der US-Landwirte konkret funktionieren, die jetzt mehr Reis, Bohnen und Maschinen nach Kuba exportieren wollen? Auch das wird nicht erklärt. Tatsächlich waren die Agrarimporte aus den USA bis 2008 schon viel höher als heute. Ein allen Klischees entsprechender Straßenmusiker, der inmitten von Touristen Folklore-Kitsch zum Besten gibt und den angeblich positiven Effekt des US-Embargos auf die Bewahrung der einzigartigen kubanischen Kultur betont. Darauf folgen, völlig zusammenhanglos, Bilder einer Sonntagsdemo der "Damen in Weiß" mit dem nichtssagenden Kommentar "Für sie hat das Land schon lange seine Seele verloren." und einem kurzen, auch noch falsch übersetzten Statement von Berta Soler (sie verlangt die "legale Anerkennung der Zivilgesellschaft" durch die Regierung, übersetzt wird die Forderung "dass wir eine Zivilgesellschaft werden"). Im Beitrag für die 19-Uhr-Hauptausgabe der Heute-Nachrichten behauptet der Reporter, "Die Stimmung auf Havannas Straßen hat etwas von verbotener Liebe. (...) die Gralshüter des Sozialismus verunsichert die Lage" -- gerade so, als wären die bisherigen Machthaber nicht an für sie profitablen Geschäften mit den USA interessiert.

Was haben wir am Ende als Zuschauer gelernt? Irgendwie reisen jetzt mehr US-Amerikaner nach Kuba und alles wird anders. Was das für das kubanische System insgesamt oder für die Durchschnittskubaner bedeutet? Keine Ahnung!

zur ZDFmediathek:
Heute Journal vom 20.03.: "Kuba: Die US-Touristen kommen." (3:08 Min.) http://www.zdf.de/ZDFmediathek/#/beitrag...ouristen-kommen
(Leicht variierte, kürzere Version im Morgenmagazin.)
Heute 19 Uhr vom 21.03.: "Kuba: Erleichterungen für US-Firmen." (2:13 Min.) http://www.zdf.de/ZDFmediathek/#/beitrag...uml;r-US-Firmen

Die ARD hat den -- zumindest theoretischen -- Vorteil, dass das für Kuba zuständige Auslandsstudio seinen Sitz in Mexiko hat. Das heißt im Normalfall, dass die von dort nach Kuba reisenden Korrespondenten wenigstens über Spanischkenntnisse verfügen und die regelmäßige Berichterstattung über Kuba im lateinamerikanischen Kontext verfolgen und Kuba nicht bloß aus der US-amerikanischen Perspektive sehen. Fürs Fernsehen sitzt in Mexiko Peter Sonnenberg vom SWR (der zum Thema der US-Möchtegern-Investoren den Weltspiegel-Beitrag im Februar gemacht hat, den wir damals hier diskutiert haben), fürs Radio Martin Polansky vom MDR.

Der Vollständigkeit halber will ich das hier noch nachliefern: Der geschriebene Bericht desselben Autors ist deutlich weniger schlecht als sein TV-Beitrag -- weil er weniger stark vereinfacht und sich diesmal nicht thematisch verheddert (z.B. fehlt der in diesem Zusammenhang völlig deplatzierte Verweis auf die Damen in Weiß):

Kuba und die USA
Verliebte Feinde: Kubas zweite Revolution
http://www.heute.de/verliebte-feinde-kub...a-37656940.html