letzter Teil

Im Treppenraum, der nach allen Seiten offen ist, steht das Wasser bis zur Türschwelle… Es ist grün gefärbt durch die zerhackten Blätter. Die Wände und Decke sind übersät mit diesem Grün. Ich kämpfe mich nach unten, die Schuhe sind nach wenigen Schritten durchgeweicht. Draußen erwartet mich die Apokalypse. Der kleine Durchgang vom Haus bis zum Hauptweg ist mit umgestürzten Bäumen in allen Größen und abgebrochenen ästen übersät. Alles was Sandy nicht fest genug erschien, hat sie sich zum spielen genommen. Der Hinterhof zwischen den im Rondell angelegten Häusern sieht wie nach einem Waldbrand aus. Es stehen nur noch ein paar massive Stämme, wo vorher ein Wäldchen war. Die Verkleidungen an den Dachüberständen aller Häuser liegen überall verstreut herum oder hängen halb herausgerissen über den Zimmerbalkonen. Dabei schaukel sie wie pendel hin und her und drohen ebenfalls noch herab zu stürzen.
Im tropischen Garten, direkt am Hauptweg auf dem Weg zum Buffet Restaurant, erinnert nur noch die in der Mitte stehende Hütte daran, das dieses Areal mal von Menschenhand angepflanzt und gepflegt wurde. Es ist eher ein Dschungel geworden.. Die dünnen Bäumchen sind reihenweise umgestürzt und haben sich in einander verkeilt. Nicht viel geht mehr gerade in Richtung Himmel. Liegen aus der ca. 60m entfernten Poollandschaft liegen in diesem ehemalige Paradies auf den nicht mehr als solche zu erkennenden Wegen.
Ich bahne mir weiter meinen Weg durch die versperrte Landschaft und erreiche den Lobbybereich.. Die Hotelmitarbeiter die im Konferenzraum die Nacht erbringen mussten, trauen sich ganz langsam gerade aus der Tür heraus. Zuerst natürlich der Sicherheitsverantwortliche der am Abend noch wie immer im Eingangsbereich zur Lobby stand. Auch er hat die Nacht zum Glück nicht im Freien verbringen müssen.
Er kommt auf mich zu und will mich davon abhalten die Lobby nun komplett zu durchqueren. Ich lasse ihn einfach stehen und tue so als ob ich keinen seiner immer wieder auf Englisch vorgetragenen Sätze verstehe. Er gibt schließlich auf und folgt mir nicht weiter. Die Alarmanlage der Bankcontainer direkt am Ausgang zu den Parkplätzen jault ununterbrochen. Auch diese Anlage hat noch keinen Strom und seitlich im Container ist in der Außenwand ein kreisrundes Loch als ob man die Fläche zum Torwand schießen benutzen wollte. Beides hat wohl dazu beigetragen das die Alarmanlage jault und dies auch noch weitere Stunden tun wird, bis auch die Akkus für die Zentrale leer sind. Ich gehe zum Willys, direkt daneben steht ein Peugeot mit zertrümmerter Windschutzscheibe. Was zum Glasbruch geführt hat ist nicht zu sehen. Dann höre ich leises Klacken…. So schnell wie Dauerfeuer aus einer Waffe… Schnell wird mir klar das dieses Geräusch vom Senior kommt.
Es ist der Anlasser, genauer gesagt der Magnetschalter davon. Die Batterie hat schon nicht mehr genügend Kraft den Anlasser zu starten und so zieht nur der Schalter ständig an…Ein Zündschlüssel steckt nicht im Schloss, aber durch das Wasser hat sich das Auto wohl selbst kurz geschlossen. Ich ziehe die Kabel an der Rückseite des Schlosses ab und sofort ist Ruhe. Das Auto steht aber sonst so da wie ich es hingestellt hatte. Der Rückwärtsgang und das Parken mit den Hinterrädern an den Bordstein hat das selbstständige Wegfahren verhindert. Mit Sicherheit hat der Anlasser die halbe durchgezogen. Durch den eingelegten Gang wäre es alleine los gefahren….
Andere Schäden am Senior sind nicht zu erkennen. Er ist eh grün – schwarz lackiert und so fallen die Blätter und der Unrat im und am Wagen kaum auf. Ich gehe zurück in die Hotelanlage und der Tag 1 nach unserem Date mit Sandy beginnt..

Ende

- ich habe die 1 Woche Hotel bereits in Deutschland gebucht. Die restliche Zeit vor und nach dem Hotelaufenthalt waren wir in Holguin und kurz in Santa Lucia..
- wir sind am 22.10.12 von Holguin losgefahren, erst am darauf folgenden Tag kamen erste nachrichten von einem drohenden tropischen Sturm und am Abend des 23.10.12 dann der Hinweis auf die mögliche heraufstufung auf H1. Die Zugbahn war eher in Richtung Holguin ausgelegt so das ein verbleib im Hotel für uns sicherer erschien.
- Meine Frau ist Kubanerin, wir haben also keinerlei Probleme gehabt irgendetwas nicht richtig zu verstehen..
- Es gab keine Verhaltensregeln vom Hotelpersonal ausser ab 18 Uhr kein Ausschank von alkoholischen Getränken und ab 23 Uhr kein Aufenthalt mehr im Freien.
- Die Stärke mit der Sandy dann letztendlich durchgerast ist und die Zugrichtung konnte niemand mehr erahnen, da ja im laufe des Abends die Fernsehverbindung gekappt war.
- Selbst der Notstromgenerator der Hotelanlage wurde ab 2 Uhr abgeschaltet. Es ging somit gar nichts mehr, auch nicht die interne Telefonanlage..
- Im Laufe des nächsten Vormittags wurde der Generator wieder in Betrieb genommen, es wurden aber nur Lobby und Buffet Restaurant sowie die Kühllager versorgt.
- Wir hatten insgesamt 2 Tage keinen Strom und 3 Tage kein Brauchwasser im Zimmer. Für die WC-Spülung habe ich mit einem Mülleimer Wasser vom Pool holen müssen
- geduscht haben wir in dieser Zeit nicht, nur notdürftig gewaschen mit Wasserflaschen,diese wurden im Großpack verteilt
- das Hotel und die gesamte Region hinter Santa Lucia waren über 2 Tage nur über Banes zu erreichen.
- kurz hinter Santa Lucia in Richtung Küste wird an einer Brücke gebaut. Da gibt es eine ca. 1 Kilometer lange Umleitung, die den Wassermassen eines Flusses nicht standgehalten hat
-Helden des cubanischen Straßenbaus haben das Flußbett an der Umleitung "Übersehen"... Der Fluß hat mit dem hochwasser die Straße einfach mitgenommen..
- die Probleme mit dem Brauchwasser kamen auch aus dieser Richtung, irgend eine Wasserturbine hat den Hurrikan nicht überlebt, die Armee kam nach 3 Tagen mit Ersatz
- auch bis mindestens Guardalavaca gab es genau so lange keinen Strom und wasser, bis auf Insellösungen mit Generator
- Handy hat fast durchweg immer funktioniert, der Sendemast in der Nähe ist stehen geblieben, auch hier hat ein Generator die Stromversorgung gesichert
- Die Bananenplantagen bis ca. 15 Km vor Holguin sind in Richtung Küste alle zerstört, auch sonst muss es massive Schäden in der Landwirtschaft geben, wir haben jede menge überflutete Felder gesehen
- in Holguin gab es kaum Schäden, das Zentrum von Sandy war zum Glück zu weit entfernt und der kern über Cuba noch nicht so groß
- ab 7 Uhr hat die Armee die baumschäden auf den Straßen beseitigt und ab 10 Uhr früh war kaum noch etwas von Sandy zu sehen, allgemein gab es in Holguin nur Lob in Richtung Zivilverteidigung und Armee...
- aus den umliegenden hotels kamen nach Sandy jeden Tag Urlauber, wir haben mit dem Doppeldeckerbus am 27.10. eine Runde gemacht bis Guardalavaca. Die anderen hotels hatte es wesentlich schlimmer getroffen, wir haben alle von aussen gesehen. Am schlimmsten war der Anblick am Amigo Atlantico, hier waren am Haupthaus ganze Aluminium-Fenster-Fassaden einzelner Zimmer heraus gerissen
- im Bereich Santa Lucia bis Freyre / Carinero hatten am 31.10.12 verschiedene Häuser auf dem Land bereits nagelneue Blechdächer, Respekt dafür, ich denke man hat von IKE einiges dazu gelernt...Die Region hinter Santa Lucia hatte aber noch keinen Strom
- ich war wenige Stunden vor dem Heimflug nochmal in dieser Region um das Dach eines Ferienhauses am Strand von Carinero sichern zu helfen ( gehört dem Onkel meiner Frau )

wir waren bis 28.10. im Hotel... am 27.10. kam aus Richtung Holguin das neue Ladazündschloß und das Batterieladegerät. Ich habe die Batterie im eingebauten Zustand an den Steckdosen im Parkplatzbereich laden können, da wo die Hotelcars, die elektrisch laufen, geladen werden
Fotos der Hotelanlage habe ich kaum gemacht, zu groß war der Schock und irgendwie wollte ich zwischen den aufräumenden Angestellten nicht noch Sensationsbilder knipsen... Wir haben lieber mit angepackt... ( wie viele der Hotelgäste, die zbsp. die riesige Lobby des Hotels wieder mit eingeräumt haben... , da kommen einen fast ein paar Tränen vor Rührung.... ) Das Personal hat übrigens 48 Stunden im Dauereinsatz gearbeitet weil keine neue Schicht kommen konnte. Die meisten wohnen in Richtung banes/mayari und das war ja noch näher am Zentrum von Sandy....
Respekt vor allen Menschen dort, die alles wieder aufbauen müssen...

Am Morgen nach dem Hurrikan gab es sehr schnell für alle Hotelgäste einen " Frühstücksbeutel "... Das Buffet Restaurant war geschlossen und es muss wohl tatsächlich einige Touristen gegeben haben die 2 Stunden nach dem Inferno wieder Hunger hatten...
Ok, für Familien mit Kindern passend... Es waren belegte Brötchen, Bananen und Getränke drin...

Das große Buffet Restaurant hatte dann ab 13 Uhr wieder auf, die verschiedenen kleinen Restaurants, auch Eisdiele, Bierbar usw. waren noch mind. 3 Tage geschlossen. Das Strandrestaurant und das am Pool haben erst am Tag unserer Abreise wieder geöffnet gehabt. Hier waren größere Teile vom Dach weggeflogen, blieb auch erst mal so... Sah man eben den Himmel beim Essen, ist ja nicht schlimm solange es nicht regnet...

Wir haben am Flughafen noch andere Deutsche getroffen, die mit uns im PP waren, die hatten die Nacht zu dritt in der Badewanne verbracht bis das Wasser dort durch die Zwischendecke kam.... Sind dann aus dem Bad raus und Minuten später hat die Zwischendecke sich in Richtung Boden verabschiedet... Soviel zum sichersten Raum....

Das Hotel war fast voll als wir ankamen... Und wurde in den Tagen nach Sandy noch voller, da ja aus umliegenden Hotels Gäste dazu kamen... Als ca 300 Engländer nach 3 Tagen Flugverspätung endlich abgeholt wurden, kamen ebendso viele neue wieder an... Es wird wohl keine oder nur wenige Stornierungen gegeben haben..

Ein deutsches Paar wollte aber in Richtung Varadero transferiert werden. Die hatten 3 Wochen PP gebucht, in der 1. Woche kam Sandy und nach 2 Tagen ohne Dusche und Wasser im WC wollten die umbuchen...

Muss aber sagen das am 28.10.12 der Hotelbetrieb wieder fast normal lief... Nochmal Hut ab vor dieser cubanischen Leistung, die aber auch viel damit zu tun hat, das das Hotel ja Gaviota gehört und die nunmal direkt zur Armee gehören...

Da gab es mit Sicherheit bevorzugte Behandlung....

die Gäste kamen uns allen möglichen Hotels in der Umgebung.. Ich hab es selbst gesehen, alle hatten schon AI Bändchen am Handgelenk und ihr komplettes Gepäck dabei...