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Kubas Willkür mit Journalisten
Kubas Willkür mit Journalisten
Seit Fidel Castro schwer krank ist, sind ausländische Medien in Kuba nicht mehr willkommen. Damit nimmt die Isolation der Karibikinsel weiter zu.
Von Hans Moser, Buenos Aires
Hugo Chávez sei Dank. Der venezolanische Staatschef pilgert nicht nur regelmässig ans Krankenlager seines politischen Ziehvaters Fidel Castro, er lässt die Welt auch immer wieder an seiner Freude über die Genesungsfortschritte des Líder Máximo teilhaben. Wie zuverlässig diese Informationen aus Freundes Mund sind, lässt sich schwer abschätzen. Chávez ist zwar ein enger Vertrauter von Castro, aber nicht sein Leibarzt. Deshalb kennt wohl auch er nicht die ganze Wahrheit.
Castro selbst hat verfügt, dass sein Gesundheitszustand als Staatsgeheimnis behandelt wird. Seine Statthalter befolgen die Order strikt. Eine solch defensive und selektive Informationspolitik betreibt die Regierung in Havanna aber nicht erst, seit Fidel Castro im vergangenen Sommer die Amtsgeschäfte seinem fünf Jahre jüngeren Bruder Raúl übergeben hat. Aber in den letzten Monaten ist sie noch stärker dazu übergegangen, die unabhängige und kritische Berichterstattung über die Karibikinsel einzuschränken.
Dass für ausländische Journalisten auf Kuba mittlerweile ein noch rauerer Wind weht, bekamen dieser Tage gleich drei in Havanna tätige Medienvertreter zu spüren. Die Behörden beschieden den Korrespondenten der Tageszeitungen «Chicago Tribune» aus den USA und «El Universal» aus Mexiko sowie einem Mitarbeiter der britischen BBC, dass ihre Akkreditierung nicht erneuert wird. Als sie sich erkundigten, warum sie kein neues Visum erhalten, soll der für die Zulassung zuständige Chef des Internationalen Pressezentrums in Havanna, José Luis Ponce, ihnen mehr oder weniger deutlich zu verstehen gegeben haben, dass sie ein zu negatives Bild über Kuba vermittelt hätten.
Die kubanische Regierung legt nicht bloss gegenüber in Havanna ansässigen Korrespondenten die Informations- und Pressefreiheit sehr restriktiv aus. Ihre Willkür trifft auch Journalisten, die ein temporäres Arbeitsvisum beantragen, um sich vor Ort zu informieren. Zahlreiche ausländische Medienleute bemühen sich seit Monaten vergeblich um eine Einreisebewilligung. Nach welchen Kriterien ein Gesuch angenommen wird oder nicht, bleibt für aussen Stehende ein ebenso gut gehütetes Geheimnis wie der Gesundheitszustand von Fidel Castro.
Internationale Menschenrechts- und Medienorganisationen haben die Visaverweigerungen für ausländische Journalisten als Angriff auf die Pressefreiheit verurteilt. Vielleicht hätten sie sich bei ihrem Protest auf Fidel Castro berufen sollen, hat El Comandante sich in jungen Jahren doch sehr dezidiert für dieses Grundrecht ausgesprochen. «Jeder Mensch, der im Gesellschaftssystem einer freien Nation lebt, aber auch alle Menschen, die von Diktatoren unterdrückt werden, haben das Recht, ihre Meinung zu äussern», schrieb er im Februar 1959 in einem Brief an den Bischof von Chicago, Jules Dubois. «Es ist die Aufgabe jedes Journalisten, über Neuigkeiten zu berichten, denn erst durch die Pressefreiheit kann politische Freiheit entstehen.» Wenige Wochen zuvor hatten Castro und seine Kampfgefährten das Regime des Diktators Fulgencio Batista gestürzt und sich als Befreier Kubas feiern lassen. Schon bald nach dem Machtwechsel änderte er seine Meinung gründlich: Auch die Medien hatten sich fürderhin den Bedürfnissen der Revolution unterzuordnen.
Kritiker, nicht Konterrevolutionäre
Castro-Anhänger rechtfertigen den repressiven Kurs der kubanischen Regierung oft damit, dass viele Reporter nichts anderes im Sinn hätten, als die Errungenschaften der Revolution in den Dreck zu ziehen. Es gab tatsächlich einseitige oder falsche Berichte über Kuba. Die Mehrheit der Journalisten, die sich mit Kuba befassen, ist aber redlich bemüht, die komplexe Realität auf der Karibikinsel so wahrheitsgetreu wie möglich darzustellen. Es liegt ihnen fern, die irrationale Kuba-Politik der US-Regierung zu verteidigen; und sie lassen sich auch nicht vor den Karren radikaler Exilkubaner in Miami spannen.
Die kubanische Führung täte deshalb gut daran, nicht mehr hinter jedem potenziellen Kritiker einen möglichen Konterrevolutionär zu vermuten. Zugegeben: Offene Türen für ausländische Journalisten sind keine absolute Gewähr, dass die Welt ein zutreffendes Bild von Kuba erhält. Ausweisungen und Einreiseverbote allerdings noch viel weniger.
http://www.tagesanzeiger.ch/dyn/news/ausland/725655.html
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