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Chavez setzt umstrittenes Medien-Gesetz in Kraft
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#1 Chavez setzt umstrittenes Medien-Gesetz in Kraft
Chavez setzt umstrittenes Medien-Gesetz in Kraft
Opposition spricht von Zensur und "Maulkorbgesetz" - "Verbannung von Sex und Gewalt"
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Caracas - Venezuelas Staatspräsident Hugo Chavez hat am Mittwoch ein umstrittenes Mediengesetz in Kraft gesetzt. Das neue Gesetz wird von der Opposition und von ausländischen Organisationen als Zensurinstrument kritisiert. "Da wir eine Revolution durchführen (...) haben wir mit dem Prozess zur Demokratisierung der Medien und zur Befreiung auch der schwächsten der Venezolaner begonnen", sagte Chavez in einer TV- und Radioansprache in der Nacht zum Mittwoch (Ortszeit) kurz nach der Billigung des Gesetzes durch den Kongress. Der Linksnationalist erklärte, das neue Gesetz bedeute "das Ende der Medien-Tyrannei".
Die Oppositionsabgeordneten hatten am Dienstag während der Abstimmung im Plenarsaal des Parlaments mit schwarzen Mundknebeln protestiert. Sie bezeichnen die neue Verordnung als "Maulkorbgesetz". "Wir werden nun wie mit einer Pistole am Kopf arbeiten müssen", klagte der Leiter des TV-Nachrichtensenders Globovision, Alberto Ravell. Sein Unternehmen werde aber weiter wahrheitsgemäß berichten.
Millionenschweren Geldstrafen
Die Interamerikanische Pressegesellschaft (SIP) mit Sitz in Miami teilte mit, das Gesetz fördere die Zensur und auch die Autozensur, da viele Medien wahrscheinlich die vorgesehenen millionenschweren Geldstrafen um jeden Preis würden vermeiden wollten.
Mit dem "Gesetz der Sozialen Verantwortung für Radio und TV" strebt die Regierung Chavez nach eigenen Angaben eine "Verbannung von Sex und Gewalt" an. Die Opposition klagt, dass so etwa auch Berichte über Oppositionskundgebungen verboten werden könnten. Über etwaige Verletzungen des neuen Gesetzes würden regierungsabhängige Stellen entscheiden, heißt es.
Die meisten Medien Venezuelas gehören zusammen mit den Traditionsparteien, der Kirche sowie den Unternehmern und Gewerkschaften zu den schärfsten Kritikern von Chavez. Sie werfen dem Staatschef einen diktaturähnlichen Regierungsstil vor. (APA/dpa)
#2 RE:Chavez setzt umstrittenes Medien-Gesetz in Kraft
Quelle: Harald Neuber
Private Medien gezügelt
Venezuela: Neues Gesetz definiert soziale Verantwortung der Presse. Rechtskräfte starten mit US-Unterstützung Kampagne gegen Chávez-Regierung
Es war der erste große Auftritt der Opposition nach ihren Niederlagen beim Amtsenthebungsreferendum gegen Präsident Hugo Chávez im August und den Regionalwahlen Ende Oktober. Als das venezolanische Parlament in der vergangenen Woche ein neues »Gesetz über die soziale Verantwortung von Radio und Fernsehen« mit einer knappen Regierungsmehrheit von 87 zu 78 Stimmen verabschiedete, nahmen einige Mitglieder der oppositionellen Fraktionen an der Abstimmung mit schwarzen Maulkörben teil. Mit dem Gesetz, so ihr Vorwurf, greife »das Regime« massiv in die Pressefreiheit ein. Unterstützung erhalten die Gegner der Chávez-Regierung einmal mehr von der US-Organisation »Human Rights Watch« (HRW) und der »Interamerikanischen Pressevereinigung« (SIP).
Regierungsvertreter weisen die Vorwürfe entschieden zurück. Die Medien hätten mit einer unfairen Berichterstattung in den vergangenen Jahren maßgeblich zur Notwendigkeit des Gesetzes beigetragen, heißt es. Das Paradebeispiel für die Parteinahme der einflußreichen Medienunternehmen in Venezuela war die Berichterstattung der vier großen privaten Fernsehsender während des Putsches im April 2002. Während Hunderttausende Menschen auf den Straßen gegen die Putschisten demonstrierten, nahmen sich diese Redaktionen die (Presse-)Freiheit, Spielfilme oder Zeichentrickprogramme auszustrahlen.
Inhalte definiert
Das neue Gesetz definiert nun erstmals Inhalte, die ausgestrahlt werden dürfen. Maßgebliche Einschränkungen gibt es bei sexuellen oder gewaltverherrlichenden Beiträgen. Unter anderem schreiben die insgesamt 35 Artikel des Gesetzes ein Werbeverbot für Alkohol und Tabak vor – eine Maßnahme, die seit Jahren auch in Deutschland diskutiert, gegen den Widerstand der Industrie jedoch nie durchgesetzt werden konnte. Zum Jugendschutz wird das tägliche Programm in zwei Blöcke eingeteilt: Von sieben Uhr morgens bis 19 Uhr am Abend gelten dabei besondere Regelungen bezüglich jugendgefährdender Inhalte. In dieser Zeit sind auch Privatsender angehalten, mindestens drei Stunden Bildungs-, Informations- oder Kulturprogramme auszustrahlen.
Angriffe aus Miami
Viele dieser Regelungen entsprechen europäischen Maßstäben zur Medienkontrolle an oder entwickeln sie – wie das Werbeverbot für Suchtstoffe – weiter. Für die Gegner des Gesetzes spielt das indes keine Rolle. Der Chefkolumnist der US-amerikanischen Tageszeitung Miami Herald bezeichnete die Verabschiedung des Gesetzes als »schlechten Moment für den Journalismus«, weil es der Regierung künftig die Möglichkeit zu Eingriffen in die Inhalte gebe. Der Präsident des Medienunternehmerverbandes SIP, Alejandro Miró Quesada, ging in seinem Urteil deutlich weiter. Das Mediengesetz sei »eine Gefahr für die Pressefreiheit, weil es die Zensur des Staates etabliert«. Quesada, der hauptberuflich die wirtschaftsliberale peruanische Tageszeitung El Comercio herausgibt, ruft auch nach der Verabschiedung des Gesetzes zum internationalen Protest auf. »Es geht um das Recht der Bürger, sich frei zu informieren und nicht das zu hören und zu sehen zu bekommen, was die Regierung sie wissen lassen will, wie es in Kuba der Fall ist«, so Miró Quesada. Daß es bei der »Kritik« am Mediengesetz um einen Angriffe gegen die Chávez-Regierung geht, belegt auch die Geschichte des SIP: Miró Quesadas Vorgänger Danilo Arbilla zeichnete als Pressechef der Militärdiktatur in Uruguay für die systematische Verfolgung von Journalisten und zum Verbot von 173 Publikationen verantwortlich.
Vor diesem Hintergrund ist verständlich, weshalb Präsident Chávez die Verabschiedung des Gesetzes als »Beginn der Demokratisierung der Medien« bezeichnete. Die Kritik des SIP wies er zurück. Dessen Protest, so Chávez, bliebe schließlich gerade dann aus, »wenn die privaten Medien die Wahrheit kidnappen und nur darüber informieren, was die Medienunternehmer und die Eliten verbreiten wollen«.
Regelungen nicht neu
Tatsächlich übergehen die Gegner des Gesetzes geflissentlich, daß ähnliche Regelungen, wie sie das neue Mediengesetz nun in Venezuela etabliert, weltweit Standard sind. So sprachen sich Medienunternehmer in Spanien zeitgleich zur venezolanischen Initiative einer Initiative dafür aus, die jugendgefährdende Inhalte aus dem Tagesprogramm der dortigen Fernsehsender zu verbannen. In Frankreich wird gerade das Verbot eines Satellitenprogramms wegen rassistischer Inhalte diskutiert. Und auch in Mexiko läuft die Debatte über eine stärkere Kontrolle der privaten Medien auf Hochtouren. Fast zweihundert Nichtregierungsorganisationen fordern vom Parlament in Mexiko-Stadt die Verabschiedung eines entsprechenden Gesetzes. Ihr Argument: Mit der uneingeschränkten Macht der Medienkonzerne werde die Demokratie erst in Gefahr gebracht. Eine staatliche Kontrolle sei daher unabdingbar.
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