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Herbst in Havanna
Die Flugpreise sind erfreulicherweise schon länger gesunken. Deshalb habe ich uns kurzerhand im Sommer einen 14-tägigen Flug nach Havanna gebucht. Diesmal war es die französische Airline über Paris.
Zu Beginn hatte mein Mann kurz Probleme mit seinem Arbeitgeber, einem ambulanten Pflegedienst. Dieser wollte die letzten drei Tage nicht als Urlaub gewähren. Da die Tickets schon gebucht waren, wäre Umbuchung teuer gewesen. Ausserdem fiel in die letzten drei Reisetage der Geburtstag von seiner Mutter und dies war doch der eigentliche Grund der Reise. Wenn der Urlaub nicht möglich wäre, dann müsste er wohl fristgerecht kündigen, teilte er seinem Arbeitgeber mit.
Und … schwupps... der Urlaub war genehmigt .
Geht doch. So einfach ist das, wenn der Arbeitgeber Mangel an Arbeitskräften hat. Mein Gatte ist wohl auch sehr beliebt bei den Patienten und ansonsten ziemlich flexibel bei der miesen Bezahlung.
Ich halte ja nicht viel davon, dass er arbeiten geht. Als studierter Jurist von der Uni Havana … hier in Deutschland im ambulanten Pflegedienst. Aber er will ja unbedingt arbeiten. Aber das ist alles ein anderes Kapitel. Jedenfalls fing unsere Reise mit dieser Urlaubsgenehmigung an und geht nun so weiter:
Los geht es in Düsseldorf. In Paris Charles de Gaulle umsteigen ist seit einiger Zeit komplett geändert und deutlich bequemer geworden. Alles wirkt irgendwie dezentralisiert, ruhig, ohne Schlangen mit Zubringerbussen und dezentralisierten Passkontrollen und erstaunlich kurzen Wegen. Sowohl auf dem Hin als auch auf dem Rückweg. Chapeau!
Fliegen finde ich nicht wirklich entspannt und erspare Euch die Details. Auch die Einreise in Havanna mit den seit zwei (?) Jahren offenen Bereich der Passkontrolle finde ich angenehmer. Die Chaotic am Gepäckband ist geblieben. Der Zoll ist aber nicht mehr so selbstbewußt. Wir sind da einfach durch geflutscht, ohne groß Aufmerksamkeit zu erregen.
Schwiegermama und Schwiegerpapa haben sich natürlich riesig gefreut. Ebenso die ganzen Nachbarn in Vedado. Diesmal ist mir aufgefallen, wie alt die Bewohner des ganzen Hauses sind. Alle Jüngeren sind im Ausland.
Am nächsten Morgen dann wie üblich früh wach werden. Mein Husten aus Deutschland war immer noch da. Seit ich selbständig bin, werde ich eigentlich nicht mehr krank. Aber dieses Jahr ist wohl die Ausnahme. Den Husten schleppe ich seit 14 Tagen mit mir rum. Und die trockene Luft beim Fliegen hilft wohl nicht wirklich.
Auf dem Balkon frühstücken und dann die Strandsachen zusammenpacken. Ich verkrümel' mich aus dem cubanischen Familienleben. Jeder weiss, dass mir die Playas del Este super gut gefallen. Mit einer „Maquina“ von Linea fahre ich dann zum Parque Central und laufe die Opispo runter. Schaue mich um, was sich verändert hat in Havana vieja. Jedesmal mehr Souvenierläden, ist mein Eindruck. Ansonsten erfreuen mich wieder die Hunde mit ihrem Ausweis vor dem Palacio del Gobernador am Plaza de Armas.
Ein Kollegin in Deutschland hat mir erzählt, dass ein deutscher Chor zu einem Mozartfestival auftreten würde. Sie selber würde nicht mitgenommen, weil sie das Programm noch nicht singen könne, gab mir aber die zwei Termine und Orte der Auftritte.
In der Basilica de San Franzisco de Asis habe ich dann am Freitag morgen nachgefragt, weil dort der erste Auftritt stattfinden solle. In dem Moment bin ich wieder im cubanischen Leben angekommen: Nein, ein Programm hätten sie nicht. Ob etwas in der eigenen Basilica stattfinden würde, könne man nicht mit Bestimmtheit sagen. Aber man hätte davon gehört, dass morgen die Mozartwoche eröffnen würde. Aber das hätte wohl was mit der Kathedrale zu tun. Das Programm der Kathedrale könne ich aber abfotografieren. Wenn ich wolle, könne ich aber Eintrittskarten für Freitag abend kaufen. Für die Basilica. Leider habe ich nicht wirklich verstanden, wofür die Eintrittskarten waren. Liegt wohl an meinem Spanisch.
Frohen Mutes bin ich dann zur Kathedrale und habe mich erinnert, wie ich vor Jahren über beide Ohren verliebt in meinen Mann zu Weihnachten dort war. Es erstaunt mich doch immer wieder, wie so ein Gedächtnis funktioniert.
Am Eingang der Kathedrale fragte ich dann nach, ob sie etwas wüssten, von einem deutschen Chor. Und dabei merkte ich, dass ich noch im falschen Film war. Es sind halt zwei verschiedene Welten, in denen man sich aufhält.
Also … die Informationslage verdichtete sich folgendermaßen:
Samstagabend würde es klassische Musik in der Kathedrale geben. Welche? Antwort: Klassische! Frage: Welche Klassische? Antwort: Klassische!
Dann spürte ich, dass die Stimmung kippen könnte, und sagt mir innerlich: „ Du hast echt noch den falschen Chip drin! Hol ihn raus ! Ist doch alles nicht wirklich wichtig!“ , bedankte mich und fragte, wann es denn beginnen würde. Die Antwort war dann präzise: 19.30 Uhr !
Gebe ich so schnell auf? Nein, natürlich nicht. Dann bin ich wieder zum Parque Central und hatte noch Zeit bis der Bus zum Strand losfährt. Nachdem ich meine „pan con passas“ für den Strand gekauft hatte bin ich dann ins Hotel Inglaterra und habe die Damen an der Rezeption gelöchert. Die waren wirklich, wirklich, wirklich engagiert. Konnten mir aber auch nicht weiterhelfen, wo ein deutscher Chor auftreten würde. Aber die Eröffnung der Mozartwoche würde Samstag in der Kathedrale stattfinden. Um 20.00 Uhr ! Der Eintritt sei frei.
Ich merke schon, was ihr denkt. Ich bin wirklich kleinlich, mir solche Uhrzeiten zu merken.
Dann bin ich zum Strand gefahren. Irma hatte wirklich viel Sand angespült und die Playas del Este waren eine echter Traum. An diesem Tag gab es reichlich Wellen und Strömung und es hat riesig Spass gemacht im Wasser zu sein. Irma hat leider einige Palmen mitgenommen und der Schatten am Strand ist noch begrenzter geworden. Ich suche mir immer einen wenig besuchten Teil zwischen Mi Cayito und Hotel Atlantico aus.
Aber die Junx von Mi Cayito entdecken mich dann doch. Deshalb kaufe ich meist die doppelte Ration „Pan con passas“ (Rosinenschnecken) vorher in der „Patisseria francesa“ am Parque Central ein.
Das wirklich tolle an Cuba ist, dass sich der persönliche erotische Traum ziemlich schnell in der Realität anbietet. Irgendwie scheint dies dort zu funktionieren. Und dann wirkt es auch so, als ob man wirklich selber gemeint ist. Und es um echte Gefühle geht.
Damit dann am Ende niemand enttäuscht ist, teile ich meine „Pan con passas“ mit meinem erotischen Traum am Strand und mache ihm klar, dass ich kein gutes Geschäft bin. Und so sind alle zufrieden. Die meisten der Junx sind ehrlich und haben ihre ganz individuelle Geschichte und sind froh, was zu Essen zu haben.
Natürlich ist dieser Strand von der Polizei super gut bewacht. Und man wird regelmässig von Polizisten angesprochen, seine Sachen nicht rumliegen zu lassen, da viel gestohlen werde würde. In den ganzen letzten Jahren habe ich das für einen Witz gehalten und dachte eher, dass die Polizisten Prostitution unterbinden wollten.
An diesem Freitag wusste ich noch nicht, dass ich am nächsten Montag am Strand beklaut werden würde. Und die gesamte Polizeistaffel am Strand kennenlernen würde. Das erzähle ich Euch dann später und auch meine Sorgen, da ich eine Adresse angeben musste für das Protokoll. Ich war doch bei meinem Mann... und nicht in einer Casa particular... Was für einen Stress ich mir da gemacht habe...dabei war ich doch im Urlaub! Und Montag wollte ich einen Freund vom Flughafen abholen, der aus Barcelona kam. Wie gut, dass ich an diesem Freitag noch nicht wusste, was auf mich zukommen sollte.
Sehr schöner Reisebericht, Cachorro, vielen Dank!
Die Passkontrolle ist übrigens schon seit 2013 offen gestaltet, ber nur im Terminal 3. Im Terminal 2, wo die Condor landet, hat man die Boxen wie in der DDR.
Da der Terminal 2 erst 1998 erbaut wurden, kann es sein dass die Paskontrolle aber dort seit anfang an offen gestaltet ist.
Teil 2 vom Herbst in Havana
Am nächsten Morgen habe ich dann meinen Mann und seine beste Freundin, die schlanke Schwarze, die direkt gegenüber wohnt, überreden können abends mit mir zur Eröffnungsveranstaltung der Mozartwoche in Havana zu gehen.
Den Tag über habe ich am Strand verbracht und die dämliche Klimaanlage des Busses der Linie T3 vom Parque Central hielt meinen hartnäckigen Husten am Leben. Mittlerweile war es wohl schon ein Bronchitis. Die Salzluft am Wasser und das wirklich angenehm warme Wasser beim Schwimmen halfen dann doch eher meinem Immunsystem auf die Sprünge und es ging dann wieder etwas besser.
An dem Tag ist mir aufgefallen, dass sich die Strandszene bei Mi Cayito etwas geändert hatte. Die Stimmung war nicht mehr so ausgelassen fröhlich, wie ich das von früher kannte. Die Junx wirkten irgendwie auch weniger lustig...eher unterschwellig leicht aggressiv oder übermässig tuntig aufgetakelt. Erst später ist mir aufgegangen, dass die erfolgreichen Dienstleister / Serviceanbieter (bitte im Geiste ergänzen) wohl ins Internet abgewandert sind und dort ihre Kontaktanbahnung machen. Und nur noch die etwas einfacher gestrickten Schwarzen Bi's oder Heteros aus dem Oriente auf Raubzug unterwegs waren.
Der Rückweg gestaltete sich unproblematisch. Bei Schwiegermutter gab es eine rasche Mahlzeit und wir sind los mit einer Maquina zum Parque central, quer durch Habana vieja gelaufen und pünktlich zu Beginn der Veranstaltung in der Kathedrale angekommen. Gibt es denn sowas? Alles läuft entspannt, ohne Hektik und Chaos? Ja! Das gibt es wohl auch in Kuba.
Da mein Biorhythmus inzwischen auf 2 Uhr nachts umgeschaltet hatte, dämmerte ich bei Mozartmusik, wundervoller Innenbeleuchtung in der Kathedrale und warmer Luft vor mich hin. Im Verlauf stellten wir drei aber fest, dass diese beschissenen Kirchenbänke eine Folter für Hintern und Rücken sind. Da ist so blödsinnig wenig ausreichende Sitzfläche und das Rückenteil ist so steil angestellt...da ist die Economy-Class in einem Flieger die reinste Wonne.
Wir sind dann in die Nachbarschaft der Kathedrale in ein Paladar mit Dachterrasse. La moneda cubana (oder so ähnlich) hieß der Laden. Schöner Blick auf Hafeneinfahrt und Christo angeleuchtet bei Nacht. Der Flyer vermittelte auch, dass die Besitzer in Ausbildung von Personal und auch anderen sozialen Projekten ziemlich engagiert sind. Die Räume unten waren auch ganz ansprechend eingerichtet. Die schlanke Schwarze hatte Hunger und wir bestellten Mojitos und etwas zu Essen. Leider nutzt ein gut eingerichtetes Restaurant mit sehr guter Lage nix, wenn das Essen untere Mittelklasse ist. Schade eigentlich. Angenehmes Ambiente, gutes Essen und ein bißchen Leute gucken … das finde ich immer noch schwierig zu finden in Havana.
Das Gespräch wurde dann cubanisch interessant. Die schlanke Schwarze hat schon seit Jahren eine mehr oder weniger (un)glückliche Affäre mit einem verheirateten Mann. Dieser hat das einzige für europäische Verhältnisse normale Auto in Cuba. Eine Audi Mittelklassen-Limousine, mit der er uns manchmal fährt. Für Kohle natürlich. Der Wagen gehört eigentlich seinem Bruder, der im Ausland lebt. Ist aber für Cuba ein richtig schicker moderner Schlitten. Man kommt sich vor wie ein Diplomat mit Chauffeur.
Montag sollte ich einen Freund vom Flughafen abholen und natürlich hatte ich an den Wagen gedacht. Aus irgendeinem Grund sollte ein Freund des Fahrers mitkommen, oder mein Mann das Auto fahren oder ich. Es hat mich 30 Minuten gekostet herauszufinden, wieso er denn nicht selber fahren würde. Erst habe ich gedacht mein Spanisch reicht nicht. Nein, nein... Cubaner haben so ihre Geschichten und Geheimnisse und Verschlingungen und Verwirrungen. Das braucht dann Geduld und Hartnäckigkeit, dies zu entwirren. Am Ende war die Geschichte ganz einfach: Der Fahrer, also die Affäre der schlanken Schwarzen, hatte für drei Monate keinen Führerschein, würde ihn aber bald wieder zurückbekommen. In Havana würde er fahren, aber auf dem Weg zum Flughafen wird häufiger kontrolliert. Deshalb würde er nicht so gerne fahren. Geklärt war an dem Abend dann gar nix...aber es gab viele unterschiedliche Varianten, wie wir meinen spanischen Freund am Flughafen abholen könnten. Mittlerweile weiss ich ja, dass sich die Dinge am Ende doch meist klären und wir nahmen ein Taxi von der Kathedrale zurück nach Vedado und …. dann konnte ich nicht Einschlafen, weil mein Biorhythmus schon wieder auf früh morgens umgestellt hatte.
Der Sonntag war dann ganz witzig am Strand. Mittags zog es sich zu und für eine Stunde gab es eine Dusche. Klatschnass in den klimatisierten Bus auf dem Rückweg, da freut sich eine Bronchitis und macht sich lautstark bemerkbar.
Wir sind dann mit Schwiegereltern und der schlanken Schwarzen in „La Cathedral“ zum Abendessen gegangen. Und da habe ich mich dann konsequent um meine Erkältung gekümmert und mit der klassischen Mojito-Therapie begonnen. „La Cathedral“ stand bei Irma unter Wasser und es erstaunte mich, wie wenig noch davon zu sehen waren. Irma hatte Wasser bis nach Calzada hinauf gebracht und auch die schlanke Schwarze hatte ihr Haus im Erdgeschoß komplett mit Wasser aufgefüllt gehabt. Geschichten wurden über die Woche ohne Strom erzählt. In der Nachbarschaft weiter runter zum Malecon hätten Familien ihre komplette Einrichtung verloren. Die Nachbarn in den Obergeschossen hätte nicht erlaubt, die Möbel nach oben zu bringen und so zu sichern. So entspannt solidarisch untereinander ist es wohl doch nicht immer unter Cubanern. Ansonsten war ich eher erstaunt, wie wenig noch zu sehen war. Freunde aus dem Norden von Santa Clara hatten Schlimmes geschrieben und davon werde ich dann noch später schreiben.
Glücklich mit Mojitos abgefüllt sind wir dann zurück und am nächsten Tag bin ich dann mit einem cubanischen Handy und meinem deutschen wieder an den Strand. Nennen wir meinen spanischen Freund Paco. Dieser wollte mir eine SMS schicken, falls der Flug Verspätung hat. An den Playas del Este habe ich mich wieder in den Bereich zwischen Mi Cayito und Hotel Atlantico gelegt. Die Ruhe gefällt mir dort gut. Später kamen dann auch Familien in die Nähe und natürlich machten mich die Polizisten in Zivil auf Diebe aufmerksam. Inzwischen kenne ich die Poli in Zivil auch schon. Sehen ganz witzig aus, mit ihren Goldkettchen, aber irgendwie nicht so richtig wie originale cubanische Strandjunx.
An dem Tag quatschte mich ein Schwarzer an, der dann etwas aufdringlich seinen Schwanz im Boxer massierte und rausholte, nachdem er mir eine Geschichte erzählt hatte, er sei Medizinstudent. Es war schnell klar, dass die Geschichte nicht stimmte, aber weil er sich so anstrengte mit seinem Ding und er mir auch nicht gefiel, holte ich meine Geheimwaffe aus dem Rücksack raus: Pan con passas .. um ihm die Hälfte anzubieten und ihn dann quitt zu werden. Den Rücksack hatte ich an einen Ast eines Mangrovengewächses aufgehängt, damit er nicht im Sand rumliegt. In dem Moment fragte er mich nach der Uhrzeit, und erst später wurde mir klar, dass er wissen wollte, wo ich meine Uhr und das Geld verstaut hatte. Nach einer weiteren Viertelstunde und einer merkwürdigen Geschichte, man könnte jetzt an dem chiringuito von mi cayito mit Karte zahlen, und ob er mir was holen solle, ich könne ihm doch Geld geben, hat er sich dann verabschiedet, ohne Geld natürlich.
Ich guckte dann eine Zeitlang in Ruhe aufs Meer raus, war froh alleine zu sein, und wunderte mich, dass der Wind wohl aufgefrischt hatte, weil es hinter mir in den Ästen des Gewächses etwas knackte. Komisch dachte ich. Soviel Wind war doch gar nicht. Ich entschloss mich dann, Schwimmen zu gehen. Dazu packe ich alle Sachen zusammen und stelle sie näher ans Wasser, damit ich sie besser beobachten kann. Der Rücksack war merkwürdigerweise auf und ich stellte sofort fest, dass der kleine Beutel mit Geld, Uhr, Handys fehlt, schrie sofort rum „Robo, me han robado!“ und wusste auch sofort, wer es war. 50 Meter weiter quatschte der Polizist in Zivil mit Familien, lief von dort auf die Strasse hinter den Dünen und ich die Düne rauf und erwischte die Ratte genau in dem Moment, wie er auf der anderen Seite die Düne runter ist. Er ist durch das Gewächs durchgekrabbelt und war dann an meinem Rucksack. Am Ende haben sich die Polizisten gebrüstet, die hätten ihn erwischt. Aber ich war der Erste!
Das Ganze wurde dann ziemlich umständlich, insgesamt wurde dreimal ein Protokoll aufgenommen und jedes mal alle Geldscheine mit Nummern notiert. Was für ein Aufwand. Nachdem die Anzeige aufgenommen war, war der letzte Bus weg. Natürlich wollte man meine Adresse wissen und hier begann mein Stress. Die Adresse kannte ich, ist aber keine Casa particular. Nur eine Casa. Behelfsweise machte ich zunächst ungefähre Angaben. Zwischenzeitlich wurde mir erklärt, dass der Blödmann wohl für mindestens zwei Jahre eingesperrt werden würde. Geschieht ihm recht. Erst mit mir das Mittagessen teilen und mich dann beklauen.
Aber mein Problem war noch nicht gelöst mit der Adresse. Und Paco sollte um 22.00 Uhr am Flughafen sein. Ausserdem war noch nicht wirklich klar, wer denn das Auto fahren sollte. Also, echter Urlaub. Toll. Dieser Blödmann musste mich beklauen. Hätte alles so entspannt sein können.
Ich versuchte dann meinen Mann zu erreichen. Der ging nicht an das andere cubanische Handy. Rief dann meine Schwiegermutter an und diese sagte, dass mein Mann bei seiner Kosmetikerin sei und eine „limpieza facial“ machen würde. Da braucht man den einmal und der ist bei seiner Kosmetikerin! Wie heisst den dieser Film in den ich hier geraten bin?!? … dachte ich mir insgeheim. Naja... in Guanabo bei der Polizei dauerte es, der Staatswanwalt musste noch gesprochen werden, der Blödmann eingesperrt werden und ich war in Warteposition.
Mittlerweile rief mein Mann zurück. Ja, es würde ihm gut gehen. Die Kosmetikerin sei klasse, ob ich auch einen Termin machen wolle? Argghhh... auf deutsch habe ich die Situation erklärt, damit niemand etwas versteht. Er blieb ganz gelassen, und sagte ich solle seine Adresse angeben. Wir sind Familie!
Nun denn, ich blieb gegenüber der Polizei bei meinen vagen Adressangaben und nachdem dann 3 Stunden später alle Formalitäten erledigt waren, wollte ich die Polizei höflich überzeugen, dass ich mir ein Taxis zurück leisten könne. Nein! Sie würden mich nach Hause fahren!
Hahaha....entspannter Urlaub!
Und sie fuhren mich nach Vedado. Nach dem Tunnel verließ sie aber die Ortskenntnis und ich musste Anweisungen geben. Innerlich dachte ich, dass der Ärger jetzt erst wirklich losgehen würde. Sie hielten dann vor dem Haus an, notierten die Adresse und verabschiedeten sich. Schwiegermutter auf dem Balkon war natürlich begeistert, dass ich eine Polizeieskorte hatte und im gleichen Moment umarmte und küsste mich mein Mann auf der Strasse, der gegenüber bei der schlanken Schwarzen war. Die Polizei fuhr los und …. und... und … nix !
Erstmal... nix... der Anruf kam ein paar Tage später ..
Dann habe ich von dem Taschendiebstahl erzählt, mein Mann, sagte, ich lese zuviel im Kubaforum, und Schwiegereltern sagten auch, ich könne problemlos bei ihnen wohnen. Dann dachte ich auch, dass ich mich nicht verantwortlich für alles fühlen müsse und wenn sie es so sagen, dann sind sie doch auch in ihrem eigenen Land.
Geduscht, gefuttert und ab zum Flughafen, Paco abholen.
Das war dann auch ganz lustig. Am Ende sind wir dann doch nicht gefahren, sondern die Affäre von der schlanken Schwarzen. Unterwegs haben wir uns prächtig amüsiert: „Bleib ganz cool...zumindest kannst Du sicher sein, dass sie Dir keinen Führerschein abnehmen können!“
Paco war dann auch ziemlich schnell da. Die Casa particular, die wir für ihn gebucht hatten, hatte seine Reservierung für eine Nacht einfach unter den Tisch fallen lassen. Sie hatten Reservierungen für eine Woche, und die waren wohl attraktiver für den Umsatz. Das hatte ich am Tag vorher schon raus gefunden. Wenn es das erste Mal gewesen wäre, hätte ich es noch verstanden. Aber die Nummer kannten wir schon. So entschlossen wir uns, dass Paco auch bei uns schlafen würde. In Ermangelung von Betten, sollten Paco und ich in einem Bett schlafen. Natürlich war das bis zum letzten Moment nicht klar und kurzfristig war Schwiegermutter irritiert, da sie intuitiv wusste, dass Paco und ich mal eine Affäre hatten. Das ist aber schon lange her und schon wirklich Geschichte. Aber wie diese Cubaner so etwas einfach wissen, ohne dass ihnen jemand etwas erzählt hat! Die Betten waren dann verteilt und das Sofa wurde auch benutzt und so konnte ich nach einem erfüllten Tag endlich die Augen zu machen.
So jetzt reicht es...der nächste Teil beginnt mit dem Kapitel:
„Abholen des Mietwagens.“
Am nächsten Tag ging es dann weiter mit dem Abholen des Mietwagens. Wer sich mit Mietwagen in Cuba auskennt, weiss, mit welcher freudigen Erregung ich dann in den Tag gegangen bin. Unser Chauffeur holte uns (Paco, meinen Mann und mich) dann ab. Hatte ich schon erwähnt, dass er für die Mietwagenfirma arbeitet und schon einige Male hilfreich Einfluss nehmen konnte?
Jedenfalls begrüßte er uns damit, dass im Hotel Havana libre der Schreibtisch der Mietwagenfirma noch leer gewesen war, als er auf dem Weg zu uns dort vorbei schaute. Ich bin ja nicht komplett blöd, dass ich morgens um 8.00 Uhr einen Wagen abholen wolle. Aber ab 9.30 Uhr hatte ich schon erwartet, dass da jemand sitzt. War dann wohl doch der falsche Erwartungshorizont.
Um 10.00 Uhr waren wir dann pünktlich da, nur der „Gerente“ nicht. Paco und mein Mann sind dann auf die „Feria“ um die Ecke shoppen gegangen. Gegen 11.00 Uhr kam jemand in die Hotelhalle rein, den ich mit meiner Erfahrung als den „Gerente“ ausmachte und …. stimmte! Ja, er wisse, dass ich eine Reservierung hätte, er hätte auch schon davon gehört, dass es ein Auto geben würde. Aber es sei noch nicht ganz klar, wo es aktuell sei und in welchem Zustand. Ich könne doch mal rüber zum Hotel Nacional laufen, denn die Mitarbeiterin, die zuständig sei, würde dort arbeiten.
Dies ist nicht der Moment, um angespannt zu werden, sagte ich mir. Dann wird alles nur komplizierter und wir haben in drei Tagen noch keinen Wagen. Entspannt bleiben! ...war mein inneres Mantra.
Mittlerweile kamen Paco und mein Mann zurück und fragten mich (sinngemäß), was ich denn für eine Fresse ziehen würde? Hat wohl nicht geklappt mit dem Mantra...
Am Hotel Nacional passierte erstmal gar nix, da war keiner, keine Telefonnummer, aber die Klimaanlage in dem Container würde laufen, also gäbe es Hoffnung. Ich mache es kurz, am Ende hat es nur 3 Stunden gedauert, an ein Auto zu kommen. Hatte zwar kein Benzin im Tank, sah mit 40.000 km aus, wie mit 400.000 km, aber es fuhr! Es war Nebensaison (!) und die Mitarbeiterin stöhnte es würde keine Autos geben. Und freute sich über über das Trinkgeld. Das war eine gute Investition ! Denn dann gab es bei der Abgabe keinen Stress, als wir den Wagen zwei Stunden später abgaben.
Sachen ins Auto und Paco und ich verabschiedeten sich nach Vinales. Stopp in Pinar del Rio und das Museum Gulbenkain (oder so ähnlich) angesehen. Paco ist aus Barcelona und mich hat mehr die Architektur des Gebäudes als die Ausstellung interessiert. Der ehemalige Besitzer war Catalane und das Gebäude hat seinen Charme, erinnert an den Stil von Gaudí. Den Wagen hatte ich vor der Verandawerkstatt eines Schusters geparkt und ihn gebeten, darauf aufzupassen. Er wollte nicht mal Geld annehmen dafür und ich legte es ihm dann einfach auf seinen Tisch. Es gibt doch noch unverdorbene Menschen.
Das war dann in Vinales anders. Als wir unsere Casa nicht fanden, fragten wir eine ältere Frau, die auf ihrer Veranda sass, nach dem Weg. Sie machte eine Geste in eine unbestimmte Richtung, ohne genauere Angaben. Und, ob wir denn nicht eine „comission“ für diese Auskunft geben würden? Paco war erst irritiert und lachte dann.
Vinales ist eine einzige Casa particular.... und nicht so groß. An der „Esquinita“ (eine kleine Eckbar) setzte ich abends meine konsequente Mojitotherapie des Hustens fort. Wir hatten viel Spass dort und endlich mal wieder Zeit in Ruhe zu quatschen, natürlich von unseren wilden alten Zeiten, als wir nächtelang in Barcelona unterwegs waren. Zu der Zeit, in der das Nachtleben in Barcelona beginnt, werden in Vinales die Bürgersteige hochgeklappt. Ist auch entspannter so.
Vinales ist wohl auch ziemlich einfach zu Kontaktanbahnung. Bald setzte sich eine schlanke Schwarze zu uns an den Tisch. Sie lud sich praktisch zu uns ein, verkrümelte sich aber etwa 10 Minuten später wieder, weil wohl irgendetwas nicht stimmte. Sie erhielt wohl nicht die gewünschte Aufmerksamkeit. Interessant war, wie das gesamte Personal, mit denen wir uns auch schon nett unterhalten hatten, dies aufmerksam beobachtete und dann Witze darüber machte, als die Arme wieder abzog.
Einen Tag sind wir nach Cayo Levisa rüber mit dem Boot. 35 cuc für das Boot und das Mittagessen, das insgesamt deutlich schlechter aussieht, als es schmeckt. Das Ambiente und die Präsentation des Essens ist schon echt armselig, der Strand schön aber nicht paradiesisch, und man hat so ein bißchen Robinson Crusoe Feeling, da die Fähre erst um 17.00 Uhr wieder zurück fährt. Von Vinales sollte man mit dem Auto großzügig 2 H Fahrtzeit einbauen um pünktlich morgens an der Fähre zu sein. Cubaner brauchen eine gesonderte Erlaubnis, die es in Havana geben würde, um das Boot zu betreten. Kommentare über diesen Ausflug hatte ich von mieserabel bis paradiesisch gelesen. Ich finde, der Tagesausflug hat sich gelohnt, aber länger würde ich nicht dort auf der Insel bleiben. Ich hatte, ziemlich enttäuschte Gesichter gesehen, bei denjeniegen, die auf der Fähre waren und mehrere Tage bleiben wollten.
Der Rückweg mit dem Boot war dann noch spannend. Der Motor ist alle paar Minuten ausgefallen, aber der Wind hat uns in die richtige Richtung getrieben. Der Mechaniker war ziemlich am fluchen und hatte wohl etwas Stress. Hätte ich nicht verstanden, aber Paco schon. Ich zählte dann mal durch, wieviele Schwimmwesten an Bord waren. Für die Frauen und Kinder hätten die vielleicht gereicht. Aber wir hatten ja kein Leck und Land war doch in Sichtweite. Irgendwie funktioniert es am Ende doch immer in Cuba und wir kamen auch an.
Wir haben dann einen Tag noch die Sachen gemacht, die man dort so macht, in den Höhlen und Tropfsteine angeguckt. Da es auch geregnet hat, haben wir uns eine Wanderung erspart und nur die Gruppen gesehen, die Nachmittags total verdreckt zurückkamen. Am Schönsten und auch gar nicht so sehr beworben fand ich den kleinen Botanischen Garten gegenüber der Tankstelle. Die Führung war interessant und ich war wieder mal erstaunt, wie umfangreich gebildet doch einzelne Cubaner sind.
Die Rückfahrt nach Havana am nächsten Tag war spannend. Da ich vor 6 Monaten schon einmal Ärger wegen Geschwindigkeitsüberschreitung hatte, wusste ich, dass man die Strafe von 60 cuc auf die Hälfte reduzieren kann, wenn man innerhalb von einigen Tagen zahlt. Unser Chauffeur (zur Erinnerung, der ohne Führerschein ) erzählte uns aber, dass man in der Regel mit Polizisten verhandeln könne. Das sei die bessere Option. Der Schlüsselsatz sei: „Hay otra solucion para eso?“ … und dann findet man eine andere Lösung. Er hätte nur Pech gehabt, weil es auch Polizisten gibt, bei denen das nicht funktioniert. Und dann war sein Führerschein wohl weg.
Gut...diesmal hatte ich das Schild gesehen, es war aber weit und breit niemand zu sehen und eigentlich machte die Geschwindigkeitsbegrenzung keinen Sinn. Und schwupps … 500 Meter weiter... die Polizei und ich wurde natürlich angehalten. Der Typ tat echt streng, mit angespannten Pobacken und dunkler Stimme. Als ich ihm die Papiere in dem Heftchen der Mietwagenfirma gab, suchte er neugierig darin rum, fand aber nur die Tankquittungen. Hin und her. Natürlich wusste ich, dass ich zu schnell war. Paco neben mir fing an, dass es in Spanien, „renunciar una multa“ geben würde. Ich wusste zwar nicht, was das ist, merkte aber, dass der Bulle interessiert tat. Dann übernahm ich die Initiative und sagte den Schlüsselsatz und … noch mehr Interesse. Dann formulierte ich in 3. Person, dass es Länder geben würde, in denen man die Strafe sofort zahlen würde und es damit schneller erledigt sei....z.B. könnte ich doch nun 10 cuc zahlen und wir hätten keine Probleme mehr und nestelte an meinen Portemoainne rum, bekam die Papiere und meinen Führerschein zurück und 10 cuc wechselten seinen Besitzer. Langsam kenne ich mich immer besser aus in diesem Land ! Und in Zukunft werde ich direkt 10 cuc in den Mietwagenvertrag reinstecken. Dann erspare ich mir die umständlichen Formulierungen.
Und zurück nach Havana. Mit dem Wagen sind wir dann zum Morro rauf und haben ein paar Sehenswürdigkeiten besucht, für die man ein Auto braucht.
Später nachmittags brauchte dann mein Mann den Wagen. Sein Bruder ist vor einem Jahr verstorben, sein Haus in Marianoao gehört mittlerweile seiner Mutter und mein Mann wollte mit drei Freunden und Immobilientypen den Verkaufspreis eingrenzen.
Paco, die schlanke Schwarze von Gegenüber und ich sind spazieren gegangen und dann in Vedado in ein Wohnhaus, dessen Erdgeschoß mit Veranda als Bar umgebaut ist. El Bohemio heisst der Laden und weiter ging es mit der Behandlung meiner Erkältung.
Später kam dann mein Mann dazu und erzählte, dass alles gut gelaufen sei. Sie hätten auch schon Kaufinteressenten. Der Wagen sei geparkt. Da wusste ich noch nicht, dass ein hinteres Seitenfenster offen war und ganz ungünstig unter einem Dachrinnenabfluss stand. Ich freute mich nur darüber, dass mein Schatz an einen Regenschirm gedacht hatte, denn es fing an, zu regnen.
Und es regnete die ganze Nacht und den darauffolgenden Tag. Das ganz hiess eine tropische Depression. Regen ohne Wind wie ich lernte. Im strömenden Regen sind wir dann am nächsten Tag nach Santa Clara gefahren. Und der Rücksitz war nachts geflutet worden. Schön, ich war begeistert.
„Das kann doch jedem passieren!“ war das einstimmige Urteil von Schwiegereltern, Nachbarn, Freunden, der besten Freundin und von Paco. Selbst Paco ist mir in den Rücken gefallen. Paco war inzwischen von den Schwiegereltern getauft worden, und hiess von sofort an „Chiqui“. Selbst mein Freund Chiqui ist mir in den den Rücken gefallen und ich stand blöd als der total verspannte Deutsche da! Rücksitz geflutet! Na und!?! Kann doch jedem passieren!
So ... für heute ist Schluss...
Das nächste Kapitel heisst: "Sightseeing in Santa Clara in knöcheltiefen warmen Wasser !"
#16 RE: Herbst in Havanna
#17 RE: Herbst in Havanna
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