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Jahreswechsel 2014/15 in Cuba, Impressionen
So, Mittwoch Morgen, für dieses Jahr kann ich mit Deutschland abschließen. In den letzten Wochen habe ich so viel gearbeitet, dass kaum Zeit für Vorfreude blieb. Aber der Koffer wartet schon wieder eine ganze Reihe von Tagen gepackt und alle Mitbringsel sind gekauft. 40 kg sind es geworden. Erstmalig verhält sich Condor korrekt und verweist nicht rechtswidrig darauf, dass das Mehrgepäckpaket erst von Frankfurt an gelte. Ich bekam auch nach Buchung des Mehrgepäcks eine neue Flugbestätigung, auf der die Gepäckmenge korrekt vermerkt ist. Dennoch stehen 20 kg als Freigepäck von Dresden nach Frankfurt in den Anmerkungen, aber das ist möglicherweise nur noch nicht geändert. Wer kümmert sich schon um die uralten Textbausteine.
Jetzt kommt das Taxi und ich habe einen recht sympathischen aber auch sehr redseligen Fahrer abbekommen. Der schwatzt in einer Tour. Über Pedigra und dass er nicht rechts sei aber dennoch hingehe, weil von der Politik nichts zu halten sei. Das seien alles Lügner, die ausschließlich ihren eigenen Interessen dienen würden. Leise klagt er auch über das Mindestlohngesetz. Die Taxiinhaber haben die Mehrheit der fest angestellten Fahrer entlassen, aus Kostengründen. Nun ist er auf die Stunden angewiesen, die ihm der Chef zugesteht. Insgesamt hat er sich wohl finanziell ziemlich verschlechtert, muss allerdings auch weniger arbeiten. Das erscheint ihm leider nicht als angemessener Ausgleich. Parallel dazu ist der Fahrpreis gestiegen, ich zahle fast 10 Euro mehr. Aber darauf kommt es nun auch nicht mehr an. Allerdings soll doch der Mindestlohn erst ab Januar gelten. Warum sind jetzt schon die Preise erhöht?
Dass Condor auch bei einer Businessclassbuchung für die Lufthansa nur einen Economyplatz zugesteht, ist bei der kurzen Strecke ohne größere Bedeutung, fällt aber schon auf. In Frankfurt beglückt mich die Meldung, dass eines der irrsinnigsten Gesetzte der letzten Zeit durch den Bundestag gewunken wurde. Anscheinend will jemand das ambulante Gesundheitswesen zerstören und/oder mindestens gänzlich umkrempeln mit allen Risiken und der sicher zu erwartenden Kostensteigerung. Dies dann unter dem Namen einer Stärkung des Gesundheitswesens zu verkaufen ist wieder typisch politisch verlogen. Aber was soll´s, die nächsten 4 Wochen wird mich das alles nicht stören.
Das Flugzeug ist pünktlich und in der ersten Reihe sitzt es sich am bequemsten. Allerdings spart Condor auch hier, nicht nur weiter hinten. Sitzen kann ich ja ganz bequem, mein Hintern passt gut zwischen die Armlehnen und ich kollidiere auch nicht mit meinem Sitznachbarn. Aber als ich den Sitz umklappe und ein wenig schlafen will, verklemmen sich meine Schultern zwischen den Lehnen und was ich mit den Armen machen soll, erschließt sich mir während der ganzen Zeit nicht. Die haben einfach keinen Platz und ganz gleich wie ich sie lege, nach ein paar Minuten drückt und schmerzt es.
Meine Gedanken fliegen zurück. Vor fast genau 3 Jahren flog ich das erste Mal nach Cuba. Damals noch mit deutscher Partnerin, unmittelbar danach trennten wir uns. NEIN, das hatte nichts mit Cuba zu tun und gar nichts mit den Cubanas. Aber immerhin hatten mir beide, Cuba wie Cubanas, bei der Reise so gut gefallen, dass dies nun die 16 Reise dorthin ist. In Cuba habe ich mich verliebt. Der Doppeldeutigkeit dieser Formulierung bin ich mir wohl bewusst und sie trifft es wirklich gut.
Mein Sitznachbar ist zwar weit genug weg aber er nervt mich dennoch. Las der Typ erst in einem englischsprachigen Roman, holt er jetzt eine spanische, dann eine französische, dann eine italienische Tageszeitung heraus und studiert die Nachrichten. Das macht der doch nur, um mich zu ärgern und neidisch werden zu lassen. Dieses Ziel hat er erreicht. Das werde ich aber keinem verraten.
Die Ankunft in La Habana ist pünktlich, ich bin der Erste außerhalb des Flugzeuges, der Erste an der aduana und muss dort nicht warten. Wieder ein Stempel im Pass, die übliche Beflissenheit hinsichtlich der Papiere und das normale Desinteresse an dem Reisenden. Ja, ich bin in Cuba.
Dennoch sind meine Koffer schnell da und ich kann den Flughafen ohne viel Verzögerung verlassen. Vor 3 Jahren warteten wir fast 3 Stunden auf unserer Koffer, heute ist es eine Stunde. Als ich alles habe, verlasse ich ohne jegliche Verzögerung den Flughafen. Im Flieger waren wieder viele cubanos und die Menge von deren Koffern, Kisten und Kartons blockieren die Gepäckhalle gründlich. Ich muss mich zwischen wohlbeleibten mulatos und ihrer noch wohlbeleibteren Equipage hindurchzwängen.
Außerdem werde ich erwartet. Diesmal habe ich novia erlaubt, mich in Havanna abzuholen. Sonst zog ich es ja vor, die ersten zwei Tage zum eingewöhnen allein in der Hauptstadt zu sein. Gleich nach dem Flug mag ich nicht mit dem Auto nach Trinidad fahren. Immer brauche ich etwas Zeit, mich an den Zeitwechsel und das Klima zu gewöhnen und bin wenig gesellschaftsfähig. In den ersten beiden Tagen Autofahren wäre eine wenig erfreuliche und ziemlich gefährliche Angelegenheit, das vermeide ich. Diesmal will ich mal nicht so sein und lasse mich abholen. In diesen ersten Tagen fühle ich mich sowieso nicht so wohl und es fällt mir schwer, sie angenehm zu nutzen. Vielleicht ist es ja zu zweit schöner?
Novia also fiele mir um den Hals, wenn sie denn da wäre. So hatte ich es mir zumindest gedacht. Aber chica sah nicht recht durch und erwartet mich an Terminal 3. Ich suche sie am Ausgang von Terminal 2, vergeblich natürlich. Zum Glück gibt es Telefone. Nun gut, also beginnt die Fahrt mit einem kleinen Umweg bevor wir uns begrüßen können. Abgenommen hat die Gute wieder, all die in Deutschland angefutterten Kilo hat sie verloren, nur gut so. Frauen älter, größer und schwerer als ich ....
Havanna erwartet uns weitere ohne Probleme. Diesmal hat die Inhaberin meiner Wunschcasa den Termin nicht vertrödelt, was sonst ihre Spezialität ist. Sie hat eine der wirklich schönen casas in Vieja, mit einer tollen Dachterrasse, ich liebe Dachterrassen! Wir haben das Zimmer ganz oben, mit Sala und eigener Dachterrasse, ich kann auf die Obispo hinuntergucken und -spucken, nun ja, letzteres könnte ich. Die Straße wimmelt gar nicht wie tagsüber. Schon seit ca. einem Jahr ist Musik in den paladares nach 22 Uhr untersagt. Der Verfall des Nachtlebens in Havanna Vieja ist gut zu beobachten. Erst fehlte die Musik, dann blieben die Touristen weg, dann begannen die Paladare eher zu schließen und jetzt findet man nach 22 Uhr nichts mehr zu Essen in der Gegend. Mit beginnender Nacht ist tote Hose in der Obispo, Das finde ich wirklich schade! Aber heute, in dieser ersten Nacht, ist das nicht so tragisch. Wir können uns ja zu zweit über diesen Mangel an Nachtleben hinweg trösten.
Toll hat sie das organisiert, meine Liebste. Am Morgen eröffnet mir Novia, dass sie Freitag einen ganz wichtigen Auftritt hat. Hormigita loca ist noch geschmeichelt für Ihre Arbeitseinstellung. Daher muss sie Freitag früh mit dem Viazul nach Trinidad, ich warte noch bis Sonnabend auf den Mietwagen. Wir fahren also erst einmal eine Buskarte für sie kaufen. Das letzte Ticket nach Trinidad bekommt Novia, ich staune allerdings, dass überhaupt noch etwas frei ist. Alle anderen Strecken und Zeiten sind ausgebucht. Klar, es herrscht ja schon Weihnachtsverkehr.
#3 RE:Jahreswechsel 2014/15 in Cuba, Impressionen
Zitat von Sisyphos im Beitrag #1
Meine Gedanken fliegen zurück. Vor fast genau 3 Jahren flog ich das erste Mal nach Cuba. Damals noch mit deutscher Partnerin, unmittelbar danach trennten wir uns. NEIN, das hatte nichts mit Cuba zu tun und gar nichts mit den Cubanas. Aber immerhin hatten mir beide, Cuba wie Cubanas, bei der Reise so gut gefallen, dass dies nun die 16 Reise dorthin ist. In Cuba habe ich mich verliebt. Der Doppeldeutigkeit dieser Formulierung bin ich mir wohl bewusst und sie trifft es wirklich gut.
Ist klar, ich glaube dir jedes wort und jeden buchstaben.
Familienbesuch, Einkaufsbummel in der Metropole (für Novia) und Besichtigung der neuen cervecería füllen den Tag. Wie an der Plaza Vieja gibt es jetzt am Hafen eine Kneipe, die selber ihr Bier braut. Dieses schmeckt sehr ähnlich, clara, oscura y negra gibt es ebenso. Die Bierstube ist größer als das Vorbild, fast leer, muss wohl noch bekannt werden. Man kann draußen im Schatten oder in der Sonne sitzen und auf den Hafen schauen. Eigentlich sehr angenehm aber Novia hat Hunger und bestellt sich brochetas. Die sind erwartungsgemäß, der Koch hat das Fleisch vergewaltigt, wie das die kubanischen Gastronomen so gut können. Nur gut, dass das Frühstück so umfangreich war und ich hier nichts essen will.
Wieder zurück wollen wir uns vor dem Abend etwas ausruhen, erwachen allerdings erst gegen 23 Uhr. Jetzt müssen Streicheleinheiten das Essen ersetzen. Es gibt Schlimmeres.
Am Freitag morgen setzt sich Novia ab in Richtung Viazul. Sie ruft bald darauf an, sitzt im Bus, nach Aufbietung allen Charmes neben dem Fahrer. 10 bis 15 andere müssen auf den Bus 2 Stunden später warten, obwohl sie Karten für den 11 Uhr haben. Da auch die Tour von 13 Uhr schon ausgebucht war, wird die Platzsuche im nächsten Bus sicher ein erfreuliches Erlebnis.
Ich verbringe somit wieder mal einen Tag allein in La Habana. Es gibt unangenehmere Situationen aber heute entspricht das so gar nicht meinen Vorstellungen. Ich laufe durch die Straßen und sehe mich um, trinke etwas, kaufe mir Erdnüsse zum Bier, bewundere die Geschäfte und freue mich, nicht einkaufen zu (s)wollen. Nur Geld kann ich nicht tauschen. An den Banken stehen endlose Schlangen, Weihnachten bringt anscheinend wieder Geldgeschenke mit sich, die abgeholt werden müssen. Dazu werde ich mich nicht gesellen, ich habe ja noch genügend in der Tasche, um über die nächsten Tage zu kommen.
Seit ca. einem halben Jahr werden die Wasserleitungen in der Altstadt ausgetauscht. Das hat zur Folge, dass fast alle Straßen aufgerissen wurden. Aber nicht eine ist wieder hergestellt worden. Alle ähneln weit mehr Feldwegen als Stadtstraßen. An Kreuzungen balancieren die Fußgänger über Bretter, um die Reste einer festen Straße auf der anderen Seite zu erreichen. Mal sehen, wann sich das wieder ändern wird. Sicherlich nicht so bald, wir sind ja in Cuba. Da geht alles geordnet vor sich. Erst alle Straßen aufreißen, dann alle Wasserleitungen verlegen, danach irgendwann alle Straßen wiederherstellen. Da wir jetzt in der Phase des Aufreißens sind, kann es sich nur noch um Jahre handeln.
Als ich abends in die Casa komme, finde ich eine lustige Trinkrunde vor. Zwei Typen um die 60, vielleicht auch deutlich älter, zumindest sehen sie viel älter aus als ich, scharen sich um eine Flasche 18 Jahre gereiften schottischen Whisky. Der eine hat eine wohlbeleibt Morena von vielleicht 25 Jahren in der Hand, deren Chihuahua nur eklig ist. Aber hier lieben sie ja solche Tölen. Der Andere wird von der Wirtin geküsst.... vielleicht ist ja doch der Hund das kleinere Übel?
Ich werde zum Glenlivet eingeladen, da kann man nicht unhöflich sein. Allmählich verstehe ich, dass die beiden Männer englisch sprechen, so etwas ähnliches jedenfalls. Es sind Schotten. Der mit der jungen hübschen rundlichen Hundehalterin war schon 42 Mal in Kuba. In Worten zweiundvierzig, cuarenta y dos veces, sein Spanisch beschreibt er mit „un poquito“, was überaus nachsichtig ist. Doch wenn man „Englisch" spricht, ist das vielleicht so. Lange hält mich auch der Whisky nicht, noch hab ich mich zwar nicht an die kubanische Ortszeit gewöhnt aber ein wenig möchte ich doch von Havanas Nächten haben.
Ich laufe die schon wieder langsam ersterbende Obispo entlang und bedauere, was aus dieser Gasse des Nachts geworden ist. Mittlerweile schließen die meisten Kneipen tatsächlich schon kurz nach 10 Uhr. Es kommt ja keiner mehr. Das ist wirklich zu schade!
"Hey Michael!" tönt es da. Alex, ein abgebrochener Riese, ein kleiner Gauner in jeder Hinsicht des Wortes, hat mich erspäht und stürzt sich auf mich. Seitdem er mir einmal half ist er in seinem Verständnis mein „amigo". Was natürlich heißt, dass er immer nur mein Bestes will. Das gebe ich ihm aber so ungern, was auch immer er mir verkaufen will. Da ich schon gegessen habe und Zigarren mich erneut nicht interessieren, sollen es wieder mal chicas sein. Das ist schon fast ein Spiel zwischen uns. Er sucht immer eine besonders Hübsche und nie gefällt sie mir. Doch ist das Spiel mit ihm nicht wirklich einvernehmlich. Er hofft immer, an mein Geld zu kommen. Manchmal gebe ich ihm auch eine kleine propina für nichts. Aber nachdem er mir einmal half, ein billigeres Auto zum Flughafen zu finden, lasse mich mich nur noch ungern von ihm unterstützen. Der Fahrer bekam damals 20 CUC von mir und Alex forderte von ihm 10 CUC für die Vermittlung. Seitdem nehme ich lieber ein normales Taxi für 25 CUC zum Flughafen, als mir von ihm „helfen" zu lassen und 5 CUC zu sparen. Diesmal sucht er nun wieder eine Chica für mich. Nichts Neues wäre das, wenn er nicht einen der Streifenpolizisten fragen würde, wo denn jetzt die Girls wären. Der weist in Richtung Hotel Florida. Solches Einvernehmen aber auch...
Natürlich ist das nicht mein Weg, im Gegenteil. Mir kommt allerdings eine bildhübsche Person entgegen,die ich nicht übersehen kann. So etwas entgeht meinem Nachwuchsnapoleon nicht und flugs hat er sie in die nächste Kneipe bugsiert. Da sitzen wir nun und klönen. 24 ist sie, Santiaguera, Sohn von 4 Jahren, zu Besuch bei einer Freundin in der Hauptstadt zum Feiern, und sie ist einem schnellen Dollar nicht abgeneigt. Sie sieht aus wie eine braun getünchte Asiatin aber negiert jeglichen chino in der Familie. Hmm, soll ich nun meinen Augen oder ihren Worten glauben? Als ich sie fragte, wieso sie sich von einem Wildfremden in einer fremden Stadt diskussionslos in eine dunkle Ecke lotsen lässt, antwortet sie entwaffnend ehrlich (naiv? dumm? kubanisch?) „Er hat mich gerufen!“
Wie dem auch sei, nach ein paar Bucanero trennen sich unsere Wege am Kneipenausgang und Alex ist wieder einmal kurz vor der Verzweiflung. Ich würde ja gern mal wissen, was er so von den Chicas für die Vermittlung kassieren würde. Aber den Gefallen tue ich ihm trotz aller Neugier nicht.
#7 RE:Jahreswechsel 2014/15 in Cuba, Impressionen
Zitat von Sisyphos im Beitrag #4
Ach ja? Wenn ich jetzt noch wüsste, was Du eigentlich meinst.
Vor fast genau 3 Jahren flog ich das erste Mal nach Cuba. Damals noch mit deutscher Partnerin, unmittelbar danach trennten wir uns. NEIN, das hatte nichts mit Cuba zu tun und gar nichts mit den Cubanas
dann helfe ich mal uneigennuetzig auf die Spruenge! Ist Dein avatar eine Zeichnung in Bezug auf Dich?
#8 RE:Jahreswechsel 2014/15 in Cuba, Impressionen
@ Sisyphos
Wie ich Dich beneide!
An Dir ist wirklich ein Schriftsteller verloren gegangen.
Deine Berichte sind die Schönsten.
Aber wann bist Du denn geflogen? Offensichtlich vor Weihnachten?
Zitat von Santa Clara im Beitrag #7Zitat von Sisyphos im Beitrag #4
Ach ja? Wenn ich jetzt noch wüsste, was Du eigentlich meinst.
Vor fast genau 3 Jahren flog ich das erste Mal nach Cuba. Damals noch mit deutscher Partnerin, unmittelbar danach trennten wir uns. NEIN, das hatte nichts mit Cuba zu tun und gar nichts mit den Cubanas
dann helfe ich mal uneigennuetzig auf die Spruenge! Ist Dein avatar eine Zeichnung in Bezug auf Dich?
Ja, das ist eines der schönsten Bilder von mir.
Aber unabhängig davon, Du kannst mir ruhig glauben. Wir trennten uns damals, weil wir uns zu manchem nicht mehr einigen könnten. Der Urlaub war so etwas wie der letzte Versuch.
Zitat von Flipper20 im Beitrag #9
Aber wann bist Du denn geflogen? Offensichtlich vor Weihnachten?
Die Anreise war am Mittwoch den 17.12. Am 17.01. Geht es wieder heim. 4 Wochen halte ich in Kuba aus, dann brauche ich wieder anderes und die Arbeit braucht mich.
Sonnabend - frühstücken, Koffer packen, Wagen holen, ab nach Trinidad....
So war zumindest der Plan. Aber ich bin ja in Cuba. Vor der Autovermietung steht eine Schlange. Die „Ältesten" warten seit 8.30 und werden das noch bis 18.30 durchhalten müssen. Ich darf mich von 12 bis 19.30 gedulden, bis ich endlich auch ein Auto habe. In der Zeit habe ich mit Schweizern, Franzosen, Holländern, Deutschen eine Leidensgemeinschaft gebildet.
Als ich resignierend gegen 6 gehen will, meint doch die Gaviotatussi, dass ich besser bleiben solle. Sie hätten viel mehr Fahrzeuge vergeben als verfügbar sind. Ich würde am nächsten Tag das gleiche Problem haben, sie könne nichts garantierten oder reservieren. Also fasse ich mich mit Geduld und harre aus. Diesen Tag hatte ich mir anders vorgestellt.
Natürlich ist in meiner Casa nun gegen 20 Uhr alles ausgebucht, alle Zimmer sind belegt. Das Personal ist wegen meiner Verspätung schon in höchster Aufregung und grübelt, was mir passiert sein könnte. Aber das móvil der Wirtin ist mit ihrer prima fern der Hauptstadt, somit konnte ich nicht Bescheid geben. Alle haben Mitleid... meine Alternativcasa ist auch belegt... ich hasse die Feiertage!
La dueña erklärt jedoch, dass in ihrem Haus immer Platz wäre für mich und ich in ihrem Bett schlafen könnte.
Dazu lasse ich mich aber erst überreden, als sie meint, für sich ein anderes Bett zu haben. So können wir uns einigen und ich muss weder im Auto schlafen noch eine Nachttour nach Trinidad bewältigen.
Nachdem ich mich wusch und umzog, brüllt in der casa ein alkoholisierter Schotte vor sich hin und wieder verstehe ich außer fuck you und fuck me nichts. So laut der Kerl sich auch artikuliert, dass er Englisch spricht bleibt eine reine Vermutung. Ich muss nun für die Wirtin Dolmetscher sein. Der Freund ihres neuen novios ist sauer und fühlt sich betrogen, hat wohl von der zweiten Flasche Glenlivet schon zu viel intus. Nun soll ich dem novio erklären, was passiert ist, und mir wird jetzt erst das Ausmaß der Kommunikation zwischen den esposos bewusst. Er kann kein Wort Spanisch und ihr Englisch ist mit miserabel geradezu euphorisch charakterisiert. Aber so lange man sich liebt, muss man ja nicht miteinander reden. Das Geschwätz der Weiber kann doch die größte Zuneigung und den schönsten Tag verderben.
Nach dem Erklären flüchte ich lieber und gehe vor lauter Frust dann doch noch Essen, in mein Lieblingsrestaurant. Mit der hübschen Kellnerin flirte ich gar zu gern. Die flirtet anscheinend auch gern mit mir, freut sich offensichtlich, mich wieder zu sehen. Aber jedes Angebot, einmal zusammen trinken oder essen oder tanzen oder .... zu gehen, findet stets Erwiderung in vielen Begründungen und Klagen. Diesmal ist der Vater krank und im Krankenhaus. Sie besucht ihn jeden zweiten Tag und ist in den anderen Nächten totmüde. Das muss man der chica lassen. Sie hat immer wieder neue Argumente und wiederholt sich nie. So spielen wir stets das gleiche Spiel und können uns sicher sein, dass nie mehr daraus wird. Eine für Kuba untypische Situation, aber eine sehr angenehme.
Danach sehe ich Alex wieder, wir schwatzen und ich beobachte ihn bei der Arbeit. Werbung für das Restaurant, das ihn gerade beschäftigt, lohnt sich nicht mehr. Es ist schon zu spät dafür. Also bewirbt er wieder chicas. Erstaunlich ist nur, dass das Geschäft in der Obispo trotz ständig präsenter Polizei und Kameraüberwachung noch läuft. Einen Kunden hat er schon gefunden. Die chica bugsiert Alex in eine illegale casa um die Ecke, der Tourist läuft hinterher, so weit verläuft eigentlich alles normal. Doch nach weiteren ca. 15 Minuten Schwatz und Anpreisen von Chicas verabschiedet sich Alex. Er habe noch zu tun. Er redet nun mit zwei Polizisten und alle drei stellen sich in die Nähe der Casa, in der der Tourist samt chica verschwunden ist. Alex telefoniert und nach einer Weile kommt der Touri heraus und geht selbstverständlich unbehelligt seines Weges. Alex geht daraufhin in die Casa und kommt mit der Chica an der Hand wie ein Liebespaar heraus. Beide gehen an den Polizisten vorbei, Alex nickt den Sheriffs zu und verschwindet mit der Chica.
Mich lässt er grübelnd zurück. Ist der Typ nun ein Polizist in Zivil, der so die Chicas heimlich einkassiert oder nutzt er die Bekanntschaft mit der Polizei, um den Chicas seine Hilfe als besonders notwendig zu demonstrieren und bei ihnen abzukassieren? Wie dem auch sei, er ist und bleibt ein Gauner! Doch jetzt ist es wirklich Schlafenszeit für mich und ich ruhe gut im Bett der dueña, erfreulicherweise tatsächlich ohne sie.
Erstmalig habe ich so die Möglichkeit, den Familienwaschraum zu sehen und zu nutzen. Das ist etwas, was ich bei den Kubanern wohl nie verstehen werde. Die Gästezimmer des Hauses sind picobello, die Bäder sauber und gut in Schuss. Die Wirtin war schon wiederholt im Ausland, eine Tochter lebt in Spanien, eine in Italien, und sie weiß wohl, was die Gäste wollen. Sie ist auch keinesfalls arm. Immerhin bat sie mich vor der Reise, ihrer Tochter in Spanien eine beträchtliche Summe zu überweisen. Von der Insel scheut sie solches Unternehmen. Am Geld liegt es also auch nicht. Dennoch hat das Klo keine Brille, hält das Waschbecken nur aus Tradition und hat keinen Wasserhahn, ist die Dusche nur mit kaputten Fliesen und einem Schlauch ohne Brause bestückt, fehlt der Duschvorhang, ist die fehlende Scheibe in der Tür durch Pappe ersetzt. Wie sich die Familienmitglieder in dieser überaus engen Kammer waschen, möchte ich mir gar nicht ausmalen. Ich belasse es zwangsläufig beim Zähneputzen. Wenn es weder am Geld noch am Wissen um die Möglichkeiten liegt, dann kann es sich nur um Desinteresse und Bedürfnislosigkeit handeln. Gerade an dieser Stelle fehlt mir völlig das Verständnis. Ohne ein ordentliches Bad leide ich spätestens nach zwei Tagen gründlich.
#14 RE:Jahreswechsel 2014/15 in Cuba, Impressionen
wie immer toll geschrieben vielen Dank! Wenn ich mir vorstelle, das jemand der das erste Mal in Kuba ist, einen solchen Zirkus mit dem Leihwagen erlebt, für den hat sich Kuba als Reiseziel erledigt. Novias beste Freundin hat auch einen starken asiatischen Touch, aber Sie dementiert, dass irgendwelche Vorfahren aus Asien kommen. Ich dachte erst, das Sie halt einen kleinen Spleen hat. Nach deiner Geschichte, scheint es so, als ob eine asiatische Herkunft in Kuba ein kleines Stigma ist.
#16 RE:Jahreswechsel 2014/15 in Cuba, Impressionen
Doch nun kann ich endlich nach Trinidad. Erst einmal hole ich das Auto ab, das noch vor dem Hotel Sevilla steht. Dabei kann ich mir einen neugierigen Blick nicht verkneifen. Tatsächlich stehen gegen 9 schon 8-10 unzufriedene Kunden vor dem Büro der Autovermietung. Wie gut, dass ich gestern doch noch gewartet habe.
Der Wagen ist neu, hat erst knapp 5000 km auf der Uhr. Aber das ist doch so viel, dass ich die Ausrede der Bürotante nicht mehr glaube. Sie hatte behauptet, dass die Polizei an der Verzögerung gestern schuld sei, deren Stempel gefehlt habe. Dass ein Auto mit so viel Kilometern erst von der Polizei für die Fahrt frei gegeben werden muss, ist denn doch eher unwahrscheinlich. Es ist wie immer in Cuba, schuld sind stets andere.
Aber was soll's, ich bin mobil, der Wagen ist größer als erwartet und ich bezahlt habe, es kann in Richtung Familie gehen. Die Fahrt ist dann auch entspannt, schneller und Sprit sparender als ich es gewohnt bin. Ok, die Sitze sind unbequem und die Kupplung kommt erst auf dem letzten Millimeter, aber das ist halt ein Geely. Wirklich unangenehm hingehen ist, dass die Pedalen für chinesisch minderwüchsige Füße gemacht sind. Meine Plattfüße verhaken sich immer mit der Bremse, wenn ich Gas geben will, und der Wechsel vom Gas zur Bremse ist stets eine feinmotorische Herausforderung. Ich hoffe nur, dass ich nie eine Notbremsung machen muss.
Auf dem Weg nehme ich wie immer Leute mit, die die botella machen. Manchmal ergeben sich doch angenehme Gespräche. Weil ich nicht wieder wegen zu junger Tramperinnen Ärger mit Novia will, entschließe ich mich, eine ältere Dame von reichlich 60 Jahren einzuladen, die mit ihrer Urenkelin unterwegs ist. Von der fürchte ich nichts Schlimmes aber sie bringt mich doch aus der Fassung.
Wohin ich will? Warum Trinidad? Wie alt Novia sei?
Dann kommt doch tatsächlich - „Was, die ist schon 30? Warum hast Du so eine alte Freundin?“ Ganz hilfsbereite alte Dame erklärt sie mir, dass ich bei meinem Aussehen und meiner Kraft unbedingt eine jüngere Frau brauche. Sie habe eine Enkelin - hier das Foto. Niedlich, aber ich habe doch novia. Daraufhin kommt die wortreiche Erklärung, dass diese Enkelin wunderhübsch wäre (stimmt tatsächlich) und sehr niveauvoll. Sie spräche gut Englisch und Italienisch und wäre lange mit einem yuma liiert gewesen. (Hmm - englisch und Italienisch? Dann werden es wohl schon mindestens 2 yuma gewesen sein.) Diese Beziehung sei nun zu Ende und die Enkelin habe ihr erklärt, dass sie sich nie wieder mit einem Kubaner einlassen würde. Das sei doch genau die Richtige für mich. Klar, bei der Lebensgeschichte weiß ich wirklich nichts Besseres. Als ich das erkläre, kommt das nächste Foto. Diese Enkelin sei erst 18 und habe noch nie eine Beziehung zu einem Ausländer gehabt, spräche daher aber auch nur Spanisch. Wenn ich die Eine nicht wolle, sei die Zweite doch perfekt für mich. Leider muss ich Oma enttäuschen, noch mag ich Novia gar nicht gegen eine 18-Jährige eintauschen. Das mache ich erst dann, wenn unser durchschnittliches Alter wieder über 40 liegt, ich habe also noch ein paar Jahre Zeit.
In Trinidad werde ich herzlich begrüßt, lautstark und stürmisch von den Hunden. Nicht weniger lautstark von dem Töchterchen, deutlich leiser von den Erwachsenen. Veränderungen in der casa bewundern, Mitbringsel auspacken, späten Mittagsschlaf halten und schon ist es Zeit zum Ausgehen. Novia hat natürlich wieder Auftritt im Palenque de las Congas Reales. Man höre und staune, Musik, Gesänge und Tänze sind anders, nach mehr als 2 Jahren hat sich das Programm geändert. Ich kann es genießen, heute zumindest, und bestimmt dauert es 20 bis 30 Aufführungen. bis mir wieder die ersten Töne schon Übelkeit hervorrufen.
Wie schon beim letzten Besuch schlafe ich bei Novia. Fenster sind eingebaut, Zimmertüren gibt es, das Wasser läuft auch warm aus der Wand und Strom steht zur Verfügung. Beim letzten Mal war ich noch unsicher, aber Novia hatte keinerlei Bedenken. Der CDR-Chef ist ein Nachbar und würde mit Sicherheit nichts melden. Nur gegen Prostitution hätte man hier etwas. Von mir wisse ja jeder, dass ich zu ihr gehöre, das störe niemanden. Bei der letzten Ausreise hatte mich auch keiner gefragt, wo ich denn geschlafen habe. Die fehlende Meldung aus einer Casa fiel nicht auf. Sollten sie mich diesmal fragen, werde ich mich auf meine altersbedingte Verblödung zurückziehen müssen und eingestehen, dass ich den Namen der gemieteten Casa vergessen hätte. Wer soll sich schon diese ganzen spanischen Namen merken. Immerhin vergesse ich ja auch vor Schreck jegliche spanische Vokabel, wenn die Polizei oder andere Gremien mit mir reden wollen. Auf der Fahrt hierher hat mich einer an einem Kontrollpunkt gestoppt. Auf mein von einem strahlenden Lächeln begleitetes „Hoppla Senor. Was jibts denne? Sprichsde Deutsch? Gowarit paruski?“ hin winkte er nur ab und ließ mich ohne weiteres Wort weiter fahren.
Der erste Tag in Trinidad verläuft ruhig wie es sich gehört. Geld brauche ich nun doch, in der Bank ist keine nennenswerte Schlange und novias Töchterchen begleitet mich. Die Chance, einen fast leeren großen Raum und ein wehrloses Publikum zu haben, nutzt sie weidlich aus. Sie probt die Choreographie, die ihre Mutter gerade an die Tänzer vermittelt, hat diese auch schon gelernt. Alle Touristen und die Bankmitarbeiter sind ganz gerührt, wie süß und ehrgeizig die Kleine tanzt. Ich bin es weniger, vor allem weil eine ganze Reihe Figuren mit Ganzkörperfußbodenkontakt enthalten sind. Als ich das Geld getauscht habe, sind die Bankmitarbeiter zufrieden. Ist es doch heute nicht mehr notwendig, den Fußboden zu wischen. Der ist blitzsauber, ganz im Gegensatz zu dem Mädchen. Wenn sie schon so aussieht, kann sie mich auch gleich auf dem Spaziergang mit den Hunden begleiten. Der dauert eine Weile und danach ist sie wirklich reif für eine Dusche und einen Kleiderwechsel, ist ebenso müde wie die Tiere.
Die Hunde in Kuba dauern mich wirklich. Den Straßenkötern geht es ja noch gut. Aber die Wirtin der casa in Havanna beispielsweise hat einen Husky. Der verbringt den gesamten Tag in der Wohnung. Mit dem geht keiner auch nur spazieren, dass er ausreichend rennen kann, ist ausgeschlossen. Ich kenne andere, die sind ganz stolz auf ihren Rottweiler. Die Welpen kosten aktuell mehr als 100 CUC. So ein edles Schmuckstück darf die Wohnung natürlich auch nicht verlassen. Genauer betrachtet ist das vielleicht sogar gut. Da ja doch niemand mit dem Hund umgehen kann, möchte ich einem Rottweiler oder ähnlich großen Tier eigentlich gar nicht auf einem Spaziergang begegnen. Schon die beiden kleinen Hunde von novia, ein ChowChow und eine Promenadenmischung, genießen die Ausflüge mit mir immer sehr, da ansonsten niemand etwas mit ihnen macht. Alle meine Kommentare zum Umgang mit Hunden stoßen auf „besseres Wissen“. Die kleinere Hündin von beiden ist „ungezogen“. Dass sie den ganzen Tag an der Kette liegt und sich weder bewegen kann noch spielen darf, ist dabei unbeträchtlich. Wenn ich sie frei lasse will sie erst einmal herum toben und sich bewegen. Dabei wird sie natürlich und unausweichlich lästig, was als klarer Beweis gilt, dass man sie nie frei lassen darf. Immerhin benimmt sie sich ja immer ungehörig. Dass sie nach einem Spaziergang, bei dem sie 2-3 Stunden pausenlos rennt und springt, ein liebes und zufriedenes Tier ist, ruhig und ausgeglichen, nimmt hingegen keiner zur Kenntnis. Ich glaube, Kubaner sind noch weniger in der Lage, auf Argumente zu hören und sie zu bedenken, als man das bei Deutschen erlebt. Ihre Argumente nehmen auch ganz oft weder Bezug auf die Worte des Gesprächspartners. Ebenso wenig nehmen sie wahr, was nicht in ihr Weltbild passt. Sie hören einfach, wovon sie glauben, dass der Andere es sagen könne. Dass sie sowieso alles besser wissen, macht eine Diskussion nicht fruchtbarer. Insofern passen die Auseinandersetzungen hier im Forum durchaus zu Cuba, ganz gleich, um welches Thema sie sich gerade drehen.
Einen Tag später, Töchterchen wünscht sich einen Strandtag und weil Novia wieder durchgehend beschäftigt ist, gibt es wirklich nichts Besseres zu tun. Also fahren wir nach Ancón und auf vielfachen Wunsch eines einzelnen Kindes mit 2 Hunden. Dass dies kein ruhiger oder gar entspannter Tag für mich ist, kann sich jeder vorstellen. Abends sind wir alle zufrieden, alle müde und alle sehr ruhig. Das fällt dann doch einmal auf, novia zumindest. Sie beginnt zu glauben, dass Kinder ebenso wie Hunde Bewegung brauchen. Aber sicher wird das keiner umsetzen wollen.
Nun ist der 24.12. Ich bin kein Weihnachtsfan, den ganzen deutschen Trubel brauche ich nicht. Der kubanische Trubel ist heute allerdings nicht auch recht in meinem Sinne. Nach einem schönen gemeinsamen Frühstück verschwindet die ganze Familie ins Hotel Ma. Dolores. Die Weihnachtsaufführung muss vorbereitet werden. Novia hat eine neue Choreographie gemacht und der Raum muss geschmückt werden. Wie das ist Kuba so ist, bei einer neuen Inszenierung können die Chefs zur Inspektion kommen. Wenn sie nicht gut heißen, was sie sehen, kann das bis zum Verbot gehen, mit diesen Tänzen nochmals aufzutreten. Entsprechend angespannt und aufgeregt sind alle.
Was ich bislang nicht wusste, es gibt eine jährliche Evaluation durch die Zentrale in Havanna und eine durch die regionalen Verantwortlichen. Novia war wegen dieser Besuche immer völlig von der Rolle. Das verstand ich nicht bis sie mir heute erklärt, welche Bedeutung das hat. Wer bei diesen Evaluationen durchfällt, darf nicht mehr auftreten. Sie sagt, dass ein zweiter Anlauf auch nicht möglich sei oder zumindest nur bei besonderem Wohlwollen des Bewertenden erfolgen kann. Das hieße ja Berufsverbot! So etwas kann ich mir nicht recht vorstellen, nicht einmal in einem „Rechtsstaat“ wie Kuba. Aber sie beharrt auf ihrer Aussage.
Entsprechend aufgeregt ist sie heute wieder und setzt alles daran, die Aufführung so gut wie möglich zu gestalten. Was auch heißt, dass sie den Saal schmückt, für einen Vorhang sorgt, ... Von Seiten des Hotels erfolgt überhaupt nichts. Das ist nicht mal in der Lage, das Männerklo zu reparieren. Dieses ist seit nunmehr fast 2 Jahren geschlossen. So ist die chica von 11 Uhr nachmittags bis Mitternacht durchgehend beschäftigt, die ganze Familie ebenso und auch die Mehrzahl der Tänzer macht mit. Ich habe also den ganzen Tag allein in Trinidad für mich und laufe durch die Gegend, schwatze mit Bekannten, trinke etwas in einer Ecke und lasse mich gehen. Abends fahre ich dann ins Hotel und sehe mir die Aufführung an. Als wir weit nach Mitternacht endlich zu Hause sind, muss ich novia geradezu zwingen, sich unter die Dusche zu stellen. So eine verschwitzt-schmutzige Person will ich nicht im Bett haben, ganz gleich wie müde sie ist. Meine Liebste schafft es gerade noch, sich zu waschen, dann kippt sie ohne Essen ins Bett und schläft 12 Stunden. Die Nachbarn wollen Weihnachten noch feiern. Das heißt laute Musik bis die Lautsprecher anschlagen, hemmungsloses Mitsingen der reichlich betrunkenen Leute und Tanz bis gegen früh 4 Uhr. War hier nicht mal die Rede von einem Gesetz zum Lärm des Nachts? Das mag ich dann doch nicht mit den Nachbarn diskutieren, zumal Chica trotz des Lärms tief und fest schläft.
Ich gewöhne mich ja auch wieder langsam an den Geräuschpegel der Nächte. Das Schwein in der Wohnung im Erdgeschoss grunzt und quiekt ständig vor sich hin. Es ist mittlerweile so fett, dass es praktisch nicht mehr laufen kann, Ich frage mich schon mindestens ein halbes Jahr lang, warum es noch nicht geschlachtet wurde. Viel mehr Gewicht wird es kaum noch zunehmen können, also frisst es nur noch sinnlos. Ein guter Bauer hätte schon gehandelt. Aber wir sind ja in der Stadt, fast glaube ich, dass das Riesenschwein schon ein Maskottchen geworden ist und nie geschlachtet wird. Die Hunde der Nachbarn, Katzen, Hähne, mitunter ein Pferd auf der Straße, das Schnarchen und gelegentlicher Streit in der Umgebung, so still wie zu Hause ist es hier keinesfalls. Eigentlich ideal bei Schlafstörungen, man kann lauschen und sich seine Bilder zu den Geräuschen phantasieren. Fast schade, dass niemand von uns an Schlafstörungen leidet.
#24 RE:Jahreswechsel 2014/15 in Cuba, Impressionen
Zitat von Santa Clara im Beitrag #24
... geht es noch weiter heute?
Ich bemühe mich!
Am nächsten Tag, heute hat Kiki, einer der Chefs von Novia, seinen religiösen Geburtstag. Der muss natürlich gefeiert werden. Von 2 Uhr an sind Unmengen von Menschen in seiner Casa, wird getrommelt, getrunken, getanzt. Die Congas dröhnen, immer wieder wechselnde Gesänge erklingen, die verschiedenen Orichas werden der Reihe nach besungen und gepriesen. Der „Zeremonienmeister“ sieht aus wie direkt von den Massai importiert, mehr als 2 m groß, extrem feingliedrig und schlank, sehr dunkel. Er trägt auch eine passende Robe und Kappe dafür.
Allmählich tanzen sich einige in Trance. Ein Junge von vielleicht 18 Jahren beginnt zu zucken, zu taumeln, wird aufgefangen, wälzt sich stammelnd auf dem Fußboden. Kurz darauf geht es einer älteren recht rundlichen Frau auch so, die mindestens dreimal so alt ist wie der chico.
Natürlich muss getrunken werden, wir sind ja in Cuba. Rum fließt in Strömen. Es gibt auch Fruchtbowle. Nachdem ich einen trago des angebotenen Rums bekam, ziehe ich das gepanschte Zeug vor. Dieser Billigrum unklarer Herkunft aus der Riesenplasteflasche beizt nicht nur die Mundschleimhäute sondern auch den Magen gar gründlich und hinterlässt lange Zeit einen sehr sehr gewöhnungsbedürftigen Geschmack im Mund. Ein Becher davon muss reichen, ganz gleich wie sehr die Freunde auch lästern. Doch die Hauptbestandteile der Bowle sind der gleiche Rum und Zucker. Alles andere spielt eine nur geringe Rolle. Insbesondere die Früchte scheinen zu mindestens 75% aus Zucker und Rum zu bestehen. Recht rasch kleben also Finger und Lippen und die Zunge am Gaumen. Als es etwas zu essen gibt, ist auch dies alles nur ganz schrecklich süß, was gäbe ich für ein Glas Wasser und ein Stück Fleisch!
Abends wird die Feier kurz unterbrochen, damit die Tänzer ihre Aufführung nicht versäumen. Vielleicht wäre es besser gewesen, denn alle sind reichlich alkoholisiert. Einer verletzt sich beim Tanz mit der Machete, so stumpf diese auch ist. Andere torkeln recht über die Bühne. Aber die Touristen klatschen sogar mehr als sonst und das Trinkgeld ist nicht geringer. Danach geht es wieder zur Feier, es ist der private Teil angesagt. Noch mehr soll getrunken werden, noch mehr getanzt. Aber länger als bis gegen 2 halte ich es nicht aus und auch novia ist froh, ins Bett zu kommen.
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