Berlin: Kubas Zukunft - Ruin oder Freiheit?

30.03.2007 17:37
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#1 Berlin: Kubas Zukunft - Ruin oder Freiheit?
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Rey/Reina del Foro

Ein in Kuba zensierter deutscher Dokumentarfilm über Havanna feierte Premiere, die Diskussionen über Kubas Zukunft waren hitzig…

Kein Zufall, dass die Veranstaltung „Kubas Zukunft: Ruin oder Freiheit?“ emotional besonders aufgeladen war: Sie fand im Kino Babylon am Berliner Rosa-Luxemburg-Platz statt, dort wo die Bundesgeschäftsstelle der PDS ist und genau dort, wo Erich Mielke 1931 zwei Polizisten aus dem Hinterhalt erschoss und einen schwer verletzte. Kuba mit dem Regime Castro ist heute für viele Sozialisten – nach dem Zusammenbruch des Kommunismus in Mittel- und Osteuropa – so etwas wie ein Hoffnungsanker, Trutzburg und Symbol einer vergangenen Zeit. Im Publikum saßen einige von ihnen, wie sich in den Diskussionen zeigte, und es zeigte sich auch, dass sie sich schwer taten mit dem Bild, das auf dem Podium von Kuba gezeichnet wurde.

Die Friedrich-Naumann-Stiftung hatte den Veranstaltungsort mit Bedacht gewählt: Im Anschluss an die Diskussion fand im Babylon die Deutschland-Premiere des Dokumentarfilms „Havanna – Die neue Kunst Ruinen zu bauen“ statt, erst kürzlich mit dem Bayerischen Filmpreis ausgezeichnet und im Dezember in Havanna von der kubanischen Zensur aus dem Programm des dortigen Filmfestivals gestrichen.


Regisseur Florian Borchmeyer, Altstipendiat der Friedrich-Naumann-Stiftung, drehte die eindrucksvolle Dokumentation unter Bedingungen der real existierenden Diktatur, deren Einschränkungen und Behinderungen er sich geschickt entzog – sein Bericht darüber ist lesenswert. Er saß auf dem Podium neben Marina Schuster MdB (FDP), Boris Santa Coloma, freier Journalist und ehemaliger kubanischer Diplomat sowie Prof. Dr. Günther Maihold, Stellvertretender Direktor der Stiftung Wissenschaft und Politik.


Nach der Begrüßung durch den Vorstandsvorsitzenden der Friedrich-Naumann-Stiftung, Dr. Wolfgang Gerhardt, und dessen Hinweis, dass die Stiftung gerne in Kuba tätig wäre, wenn sie selbst entscheiden dürfte, mit wem sie dort wann, wo und worüber auch immer sprechen könne, zeichnete Maihold in seinem Impulsreferat ein ausgesprochen differenziertes Bild der Lage Kubas.

Prognosen über die Zukunft des Landes nach einem Ende der Ära Fidel Castro seien nur schwer zu treffen. Die wirtschaftliche Lage sei zwar wieder etwas entspannt, was mit der Unterstützung zusammenhänge, die Fidels neuer Partner Hugo Chavez aus Venezuela gewähre. Trotzdem herrsche in der Bevölkerung eine latente Stimmung der Unzufriedenheit. Daraus entstünde aber keine breitere Oppositionsbewegung, da es an Köpfen wie einst in Polen Lech Walesa fehle, die als Schrittmacher fungieren könnten. Fidel Castros Charisma habe in Kuba viele Intellektuelle fasziniert und gebunden, so Maihold, vielleicht werde ja aus diesem Fundus nach dem Tod des Maximo Lider die eine oder andere Führungsfigur kommen, vielleicht auch aus dem Umfeld der katholischen Kirche – konkrete Anhaltspunkte dafür gebe es aber nicht.


Borchmeyer zeichnete ein Stimmungsbild der Bevölkerung, das geprägt ist von Müdigkeit und Resignation, dem Rückzug ins Private, dem Kampf ums persönliche Fortkommen unter schwierigen Bedingungen oder der Organisation der Flucht in die USA oder nach Europa. Die mediale Propaganda-Dauerberieselung habe die Menschen mürbe gemacht, Abwendung von allem politischen sei die Folge. Dem gegenüber stünde eine Schicht mittlerer und meist jüngerer Kader, denen es in erster Linie um den Erhalt ihrer Privilegien ginge.

Auch von außen kämen kaum Impulse. Die USA hätten sich, so Maihold, durch ihre Embargopolitik schon lange in die Selbstblockade begeben. Marina Schuster beklagte das Fehlen einer einheitlichen Linie der EU, auch sonst ginge das Engagement in Sachen Kuba kaum über die Verabschiedung der einen oder anderen Resolution hinaus. Der Bundesregierung warf sie Untätigkeit angesichts der Zensur des Borchmeyer-Filmes in Havanna vor.

Auch Boris Santa Coloma kritisierte eine gewisse Teilnahmslosigkeit des Westens am Schicksal seines Landes. Er forderte die Deutsche Welle auf, ihre Sendungen für Kuba wieder aufzunehmen. Auch Touristen sollten das Land nicht boykottieren – im Gegenteil. Mit dem von ihm herausgegebenen „Solidarischen Reiseführer“ könnten Besucher mehr über den wirklichen Zustand des Landes erfahren und zudem Angehörige von politisch Verfolgten unterstützen.


Es folgte eine teilweise hitzig geführte Diskussion, dazu trugen vor allem vereinzelte Castro-Anhänger im überfüllten Saal bei. Alle Probleme Kubas hätten ihre Ursache nur in der Bedrohung durch die USA, Einschränkungen der Bürgerrechte stünden schließlich wertvollere soziale Rechte gegenüber…

Dass es auch mit sozialen Rechten in Kuba nicht weit her ist, konnten sie in der anschließenden Premiere sehen. Im Film wird Jean Cocteau mit den Worten zitiert: „Ruinen sind Unfälle in Zeitlupe“. Die ständige Gefahr, dass das Haus über einem zusammenstürzt, der Verfall einer wundervollen Stadt, Liebe zur Heimat, tiefe Enttäuschung über die realen Ergebnisse der Revolution und Hoffnungslosigkeit prägen die Aussagen der Menschen, die zu Wort kommen und ihr Schicksal schildern. Und immer schwingt der schon so lange unerfüllte Wunsch nach Freiheit mit.
http://berlin-brandenburg.fnst.de/webcom...b0280163efc978e

Nos vemos
Dirk

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