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Kuba-Spagat
Kuba-Spagat
LA HABANA/BERLIN - Für die Fortsetzung der Sanktionspolitik gegenüber Kuba will sich der deutsche Außenminister auf dem heute beginnenden EU-Treffen in Luxemburg stark machen. Er sei "gegen entscheidende Veränderungen" des deutschen Strafregimes, das Kuba isolieren soll, kündigte Frank-Walter Steinmeier an. Die Berliner Kuba-Politik deckt einflussreiche Kräfte in mehreren EU-Staaten, die sich der US-Konfrontation angeschlossen haben, stößt aber auch auf Widerspruch. Spanien will sein wirtschaftliches Einflusspotenzial gegen internationale Konkurrenten sichern und bietet Kuba Kooperationen an ("Wandel durch Annäherung"). Zwischen den gegensätzlichen Positionen laviert die Berliner Regierung, um sich sämtliche Optionen offen zu halten. Man werde abwarten, wie die spanischen Vorstöße in der EU aufgenommen werden, bestehe jedoch auf "politischen Veränderungen" in Kuba, sagte der deutsche Außenminister. Teil dieser Politik ist die Förderung radikaler Oppositionskräfte, die sich in dieser Woche zu einer Konferenz in Berlin zusammenfinden. Unter dem Dach der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung wollen sie Umsturzszenarien diskutieren. Die Stiftung hat angekündigt, anschließend "Politikempfehlungen in der Kubafrage" zu unterbreiten. Das Berliner Treffen soll auf die kommende Entscheidung der EU-Staaten in der Sanktionsfrage Einfluss nehmen und verschärft den deutsch-spanischen Kuba-Dissens.
Langfristige Strategie
Auseinandersetzungen um die EU-Sanktionspolitik gegen Kuba zeichneten sich bereits im Februar ab. Damals legte die deutsche Ratspräsidentschaft den Mitgliedstaaten einen Entwurf für eine neue gemeinsame "mittel- und langfristige Strategie gegenüber Kuba" vor. In dem elf Punkte umfassenden Entwurf hieß es einerseits, Brüssel müsse "zu einem umfassenden und offenen Dialog mit den kubanischen Behörden über alle Themen, die von gegenseitigem Interesse sind, zurückkehren" und "die Beziehungen zwischen der EU und Kuba (...) verbessern". Andererseits war in dem Papier davon die Rede, man müsse auf "Demokratie, Menschenrechte und fundamentale Freiheiten" sowie auf "die Freilassung der politischen Gefangenen" drängen - Formulierungen, die gewöhnlich von Befürwortern harter Sanktionen benutzt werden.
Kein Anlass
Die widersprüchlichen Aussagen sind Kompromissformeln, um die weit auseinanderliegenden Positionen innerhalb der EU wenigstens formell zu legieren. Demnach unterstützt vor allem Spanien einen kooperativen Umgang mit La Habana und will auf diese Weise seinen Wirtschaftseinfluss auf der Karibikinsel wahren. Das spanische Interesse zielt ebenso auf das lateinamerikanische Festland und die dort bestehenden Kuba-Sympathien. Eine Fortsetzung des feindlichen Sanktionsregimes kann Spanien insbesondere in Venezuela, Bolivien und auch in Mexiko schaden. Mexikanische Kritik an der europäischen Kuba-Politik musste sich zuletzt der deutsche Außenminister anhören. Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz sagte die mexikanische Amtskollegin, ihr Land sei an "positiven, konstruktiven und nahen Beziehungen" zu Kuba interessiert - Steinmeier sieht dazu "keinen Anlass".
"Weißrussisches Szenario"
Mit dieser Haltung deckt Berlin mehrere EU-Staaten, die sich aus unterschiedlichen Gründen der US-Sanktionspolitik verpflichtet fühlen. So befürworten die Tschechische Republik, Polen, Schweden, Portugal, die Niederlande und Dänemark ein "weißrussisches Szenario". Es sieht Sanktionen vor, die gegen die Nachfolger Fidel Castros durchgesetzt werden sollen, falls sie - ähnlich wie der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko - ungeachtet der westlichen Drohungen den bisherigen Kurs fortsetzen und Kuba auch weiterhin der europäisch-amerikanischen Aufsicht entziehen.
Opposition
Um das Umsturzszenario offen zu halten, konterkariert Berlin die spanische Kuba-Strategie mit eigenen Beiträgen. Als der spanische Außenminister Miguel Ángel Moratinos Anfang April Kuba besuchte und dabei einen Dialog auf bilateraler Ebene vereinbarte, lud zeitgleich der Handelsbeauftragte der deutschen Botschaft in La Habana, Michael Klepsch, führende Vertreter der kubanischen Opposition in die Räumlichkeiten der Berliner Vertretung ein. Solche Treffen werden nach Auskunft der spanischen Presse monatlich abgehalten. Die gegenläufigen Aktionen offenbaren Spannungen innerhalb der EU und können erklären, warum das Kompromisspapier zur Kuba-Strategie im Februar nach ersten Beratungen an das Politische und Sicherheitspolitische Komitee (PSK) weitergereicht wurde. Das PSK ist ein Organ des EU-Ministerrates, das außenpolitische Themen von "besonderer Relevanz" behandelt. Nachdem die Debatte bis Ende März auch dort zu keinem Ergebnis führte, übergab die deutsche Ratspräsidentschaft die Angelegenheit dem "Komitee für Lateinamerika" (COLAT), das dem PSK untergeordnet ist. Am heutigen Montag will Außenminister Steinmeier mit seinem spanischen Opponenten Moratinos persönlich verhandeln.
Sprengstoffattentäter
Die deutsch-spanischen Kuba-Konsultationen werden von einer PR-Veranstaltung der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung begleitet. Die Stiftung führt in Berlin eine mehrtägige Konferenz durch ("Demokratie auf Kuba: Auf der Suche nach gemeinsamen Initiativen"), die den radikalen Organisatoren des "International Committee for Democracy in Cuba" (ICDC) verpflichtet ist. Das vom früheren tschechischen Staatspräsidenten Vaclav Havel gegründete Komitee residiert in Prag und wird von der Organisation "People in Need" (PIN) getragen. "People in Need" erhielt in den vergangenen Jahren mehr als 200.000 US-Dollar von US-Regierungsbehörden und setzt sich für Umsturzbewegungen in Belarus, in der Ukraine und in Moldowa ein. Für die Konferenz sind neben einem verurteilten Sprengstoffattentäter und weiteren zwielichtigen Exil-Kubanern hochrangige Politiker aus mehreren EU-Staaten angekündigt. Für die Bundesregierung soll der "Beauftragte für Menschenrechte", Günter Nooke, auftreten. Eine führende Rolle spielt der Unions-Bundestagsabgeordneten Arnold Vaatz, der im vergangenen Jahr aus Kuba ausgewiesen wurde, nachdem er an Dissidententreffen teilgenommen hatte. Wegen der Konferenz wurden in Berlin mehrere Protestveranstaltungen angekündigt.
Konkurrenten
Die radikale Gangart der Umsturz-Befürworter stößt auch in Teilen der deutschen Industrie auf Ablehnung. Ihre Investorenrolle wird durch die Kuba-Sanktionen beschädigt und hat zur Ausbreitung ungeliebter Konkurrenten geführt. Inzwischen besetzen Venezuela, Bolivien, China und Iran in Kuba Wirtschaftspositionen, die zuvor von den EU-Kernstaaten in Anspruch genommen wurden. Deutschland ist auf Platz 8 der zehn wichtigsten Handelspartner gesunken. "Nichts erleichtert das Marschieren einer Bevölkerung so sehr wie ein gemeinsames Feindbild", warnte der ehemalige Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Hans-Olaf Henkel, Anfang Februar auf einer Veranstaltung der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP). Henkel hält Sanktionen, weil sie die betroffene Bevölkerung zusammenschweißen, für falsch und den US-Handelsboykott für einen "Kardinalfehler": "Das Regime Castros wäre vermutlich schon längst am Ende, wenn es das Embargo nicht gegeben hätte."
Ausgleich
Ähnlich urteilt die CSU-nahe Hanns-Seidel-Stiftung. Wie man in München zu erkennen meint, wird der Nachfolger Fidel Castros um "begrenzte (...) Reformen" nicht umhinkommen. Es sei daher wichtig, Distanz zur Konfrontationspolitik der USA zu wahren, denen mehr "Flexibilität" statt "Weltmacht-Arroganz" gewünscht wird. Mit diesem Verweis bringt die CSU-Stiftung "Europa" ins Spiel, das durch einen "fairen Ausgleich zwischen Havanna und Washington den Weg ebnen (könnte) und so zur Stabilität der Region beitragen" - Berliner Kuba-Spagat, um zwischen (direktem d.S.) Umsturz und (Umsturz durch d.S.) "Wandel" bestimmend zu bleiben.
Quelle: http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/56817
#2 RE: Kuba-Spagat
#3 RE: Kuba-Spagat
Frank-Walter Steinmeier
Bundesminister für Auswärtiges
E-Mail:
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E-Mail:
poststelle@auswaertiges-amt.de
Homepage:
http://www.auswaertiges-amt.de
#5 RE: Kuba-Spagat
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