Beweise des Terrorismus
Bei einem Exilkubaner in Los Angeles wurde ein enormes Waffenarsenal gefunden. Nun sind US-Behörden und -Regierung in Erklärungsnot
Von Deisy Francis Mexidor, Havanna
Der Fund erstaunte selbst die FBI-Beamten. Im Rahmen von Ermittlungen wegen einer Schießerei durchsuchten sie Mitte des Monats das Haus des Exilkubaners und ehemaligen US-Militärs Robert Ferro in Los Angeles. Bei der Routinekontrolle fanden sie mehr als erwartet: In seinem Wohnhaus lagerte Ferro über 1000 Waffen. Der Fund an sich war schon brisant. Doch spätestens die Aussage des 61jährigen machte den Fall zu einem Politikum. Bei den Verhören gab Ferro an, der antikubanischen Terrororganisation Alpha 66 anzugehören. »Was wird das FBI nun tun?«, frage die kubanische Tageszeitung Granma vor wenigen Tagen. Eine Antwort blieb bislang – wie zu erwarten – aus. Nach jüngsten Erkenntnissen will die US-Staatsanwaltschaft noch nicht einmal Anklage gegen den notorischen Terroristen erheben.
Sie folgt damit der eigenen Tradition. Anfang der 90er Jahre war Ferro schon einmal ins Visier der US-Justiz geraten. Damals wurde ihm vorgeworfen, ein paramilitärisches Ausbildungslager geleitet zu haben, in dem US-Bundesbeamte beträchtliche Mengen des militärischen Sprengstoffes C-4 fanden. Ferro gab seinerzeit nicht ohne Stolz an, daß es zu seinem Auftrag gehört habe, mit der kubanischen Revolution »Schluß zu machen«. 1992 wurde er verurteilt – allerdings nur zu zwei Jahren Haft wegen »illegalen Sprengstoffbesitzes«. Die Terrororganisation Alpha 66, in deren Auftrag er handelte, blieb unberührt. Ein ähnlicher Ausgang deutet sich auch im aktuellen Fall an. Die Anführer von Alpha 66 zumindest leugneten jedwede Verbindung zu Robert Ferro.
Nach Angaben des Internationalen Pressezentrums in Havanna wurde die Terrororganisation Alpha 66 im Jahr 1962 in den USA gegründet. Die Polizeibehörden in Miami ordnen sie als »anticastristisch« ein und bezeichnen sie als »eine der gefährlichsten und aktivsten Organisationen« des kubanischen Exils. Die Geschichte bestätigt dieses Urteil. Seit den 60er Jahren gehen auf das Konto der Alpha 66 zahlreiche Morde. So fielen der Gruppe kubanische Fischer ebenso zum Opfer wie ein Mitglied der Küstenwache. Schon kurz nach der Gründung überfielen Alpha-66-Mitglieder im Jahr 1963 kubanische Schiffe, damals griffen sie auch ein Studentenwohnheim in Tarará, einem Vorort Havannas, an. In den vergangenen Jahren wird die Terrortruppe unter anderem für drei Anschlagsversuche auf das Hotel Guitart-Cayo Coco verantwortlich gemacht.
Die US-Regierung ficht all das in ihrer Haltung zum kubanischen Exil und zu dieser Organisation nicht an. Ernesto Díaz, der aktuelle Anführer der Terrororganisation, bewegt sich frei in Miami. Die Organisation unterhält Filialen in Kalifornien, New York und New Jersey. Als der amtierende US-Präsident George W. Bush im Mai 2003 seine neuesten Pläne gegen die kubanische Revolution vorstellte, gehörte Díaz zu den Ehrengästen im Garten des Weißen Hauses.
Die kubanische Regierung sieht sich deswegen in ihrem Urteil bestätigt: Washington läßt antikubanische Terroristen weiterhin von den USA aus operieren. Der Fall Ferro beweist damit auch, wie notwendig die Arbeit der »Cuban 5« war. Die Informanten Antonio Guerrero, Ramón Labiño, René González, Gerardo Hernández und Fernando Gonzáles sind seit über sieben Jahren in den USA inhaftiert, weil sie antikubanische Terrororganisationen unterwandert hatten, um weitere Morde zu verhindern. Im Gespräch mit junge Welt bezeichnet Rosa Aurora Freijanes, die Ehefrau von Fernando González, die Haltung der US-Regierung und der Justiz am Samstag als »Beleg für die Doppelmoral Washingtons in ihrem Kampf gegen den Terrorismus«.Während die Beweise gegen die Mitglieder von Alpha 66 »erdrückend« seien, seien ihr Mann und die anderen vier Kubaner in unterschiedlichen US-Gefängnissen inhaftiert, »weil sie eben diesen Terrorismus bekämpft haben«.
(Übersetzung: Harald Neuber)
Quelle: http://www.jungewelt.de/2006/04-24/005.php
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