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Nur die Filmkunst ist auf Kuba wirklich frei
Nur die Filmkunst ist auf Kuba wirklich frei
Studieren auf Kuba ist noch immer ein Abenteuer / Ungewohnte Lernbedingungen zwischen Kontrolle und Lebensfreude / Von Clemens Bomsdorf
22. Oktober 2004 In einem autoritären Staat zu studieren ist immer ein Wagnis. Die Lebensqualität leidet, weil man ständig zweifeln muß, ob man mit seinem Gesprächspartner wirklich offen sprechen kann oder ob es sich nicht doch um einen Spitzel handelt. Zudem gilt an den Hochschulen üblicherweise nicht der Grundsatz "Die Lehre ist frei", sondern der Staat hat stets ein Auge darauf, was Professoren und Studenten sagen. Das ist in Kuba nicht anders.
In Deutschland gibt es eine stattliche Zahl - vor allem ostdeutscher - Hochschulen, die Austauschbeziehungen mit Kuba unterhalten. Viele der Kooperationen stammen noch aus DDR-Zeiten, als sich die Systeme näherstanden. In den vergangenen Jahren sind die Verbindungen aber erneut vertieft worden. "Wir arbeiten seit 1997 wieder intensiv mit unserer Partner-Uni in Santa Clara zusammen. Unsere beiden Hochschulen passen recht gut zusammen, weil sie im Maschinenbau ähnlich technisch ausgerichtet sind", sagt Lutz Wisweh, Professor an der Universität Magdeburg. "Natürlich kommt uns zugute, daß Maschinenbau ein politisch gänzlich unverfängliches Fach ist", sagt er. Wisweh schickt jedes Jahr eine Handvoll seiner Studenten nach Kuba und hat dort auch selbst bereits sechsmal gelehrt. Umgekehrt kommen seit Jahrzehnten Studenten aus Kuba nach Magdeburg. "Dadurch, daß viele der kubanischen Professoren bei uns studiert haben, bieten sie für die deutschen Austauschstudenten sogar Veranstaltungen auf deutsch an", sagt Wisweh. Es ist also nicht einmal zwingend notwendig, Spanisch zu sprechen, um in Kuba zu studieren. Sinnvoll ist es natürlich trotzdem, wie Tino Grosche erfahren hat. "Auch wenn man an der Uni ganz gut mit Englisch klarkommt, ist es für den Aufenthalt empfehlenswert, Spanisch zu lernen. Nicht zuletzt, wenn man zum Einkaufen in die Stadt geht, bringt Englisch alleine einen nicht weit", sagt er. Grosche war ursprünglich nach Kuba gekommen, um an der Universidad Central de Las Villas Santa Clara ein Pflichtpraktikum seines Studiengangs "Cultural Engineering" an der Uni Magdeburg zu absolvieren. Schnell stellte sich aber heraus, daß die Umstände die Arbeit an der kubanischen Hochschule fast unmöglich machten. "Wir haben nach sechs Wochen gemerkt, daß wir unsere Arbeit nicht wie geplant leisten können, weil ständig der Strom ausfiel und wir fast nie Zugang zu Computern, geschweige denn Internet hatten", sagt Grosche. Hinzu kam, daß er täglich einige Stunden damit verbringen mußte, sein Studentenleben zu organisieren. "Fließendes Wasser gab es nur sporadisch. Wenn es lief, verbrachten wir also unsere Zeit damit, die Vorräte aufzufüllen, und zum Einkaufen mußten wir eine Stunde mit dem Bus in den nächsten Ort fahren. Auch das kostete unheimlich viel Zeit", berichtet Grosche.
Dokumentationen über Prostituierte in Havanna
Dennoch hat ihm der Aufenthalt auf Kuba für sein Studium viel gebracht. Denn zu seinem Bachelor-Studiengang "Cultural Engineering" gehört neben Logistik und Wissensmanagement auch das Fach Kulturwissenschaft. "Ich wollte gerne in einem weniger entwickelten Land studieren, um einmal aus unserem Kulturkreis herauszukommen. Dadurch, daß ich einige Monate auf Kuba gelebt habe, konnte ich die kulturwissenschaftlichen Theorien, die ich an der Uni gelernt hatte, in der Realität überprüfen", sagt Grosche. Tatsächlich habe er Norbert Elias' Theorie der modernen Gesellschaften in Kuba bestätigt gesehen. "Elias spricht davon, daß eine kulturelle Entwicklung mit der Verschiebung der Peinlichkeitsgrenzen in enger Beziehung steht. Das war in Kuba offensichtlich. Dort gibt es, was Eßverhalten und Scham angeht, andere Werte als bei uns", sagt Grosche. Die Universidad Central de Las Villas Santa Clara, an der er studiert hat, bietet die üblichen Fächer an und unterhält mehrere Austauschbeziehungen nach Deutschland. Außerdem ist es normalerweise kein Problem, sich direkt an einer kubanischen Hochschule zu bewerben. Erste Wahl ist für viele natürlich die Universität in der Hauptstadt Havanna.
Doch auch die kleineren Orte haben ihren Reiz. Eine für Kuba ungewöhnlich liberale und eigenständige Hochschule ist die Escuela Internacional de Cine y Televisión (EICTV - Internationale Film- und Fernsehschule), deren Campus etwa eine Fahrstunde von Havanna entfernt liegt. Der Staat mischt sich in die von Gabriel García Marquez mitbegründete Filmschule ausgesprochen wenig ein. "Im Archiv gab es jede Menge Filme, und etliche davon würden aus ideologischen Gründen sicherlich nie im kubanischen Fernsehen gezeigt. Aber die EICTV ist relativ frei", sagt Till Steinmetz, der als Austauschstudent der Kunsthochschule für Medien (KHM) in Köln das vergangene Wintersemester auf Kuba verbracht hat. Die Filmschüler hätten Dokumentationen über Junkies und Prostituierte in Havanna drehen können, sagt Steinmetz. Für das Staatsfernsehen sei so etwas undenkbar gewesen. Die EICTV genießt in Lateinamerika einen so guten Ruf, daß Studenten sogar aus Chile und Brasilien kommen, um dort zu studieren. "Wer hier seinen Abschluß gemacht hat, hat keine Probleme, in Südamerika eine Stelle zu finden", hat Till Steinmetz beobachtet. Auch für ihn war es eine interessante Erfahrung, an der EICTV studiert zu haben. "Die Herangehensweise war viel klassischer, als ich es aus Deutschland gewohnt war." Die Filmprojekte, die er während seines Auslandssemesters machen mußte, waren an strenge Vorgaben gebunden. "Es wurde vorgeschrieben, wie lange und mit welchem Material wir filmen durften. Auch bei der Wahl des Teams waren wir nicht frei. An der Kölner Hochschule ist der Abgabetermin das einzige, was von vorneherein feststeht", sagt Steinmetz. Allerdings bildet Köln in Deutschland auch eine Ausnahme. "Der Unterricht in Kuba war sehr verschult. Wir mußten täglich von neun bis 18 Uhr anwesend sein und unsere Kurse belegen, das war ich aus Köln nicht gewohnt", berichtet der Student. Dafür kamen immer wieder Berühmtheiten aus Hollywood wie Mike Figgis, Regisseur von "Leaving Las Vegas", nach Kuba, um an der Schule zu unterrichten. Überraschend war für ihn auch zu sehen, daß an der EICTV nicht mit DV-Kameras, sondern auf 35-mm-Material gefilmt wurde. In Deutschland wäre das viel zu teuer, aber auf Kuba kostet die Entwicklung des Filmmaterials sehr wenig.
Löcher im Busboden und Petroleumgestank
Natürlich hat Steinmetz die Zeit auf Kuba auch genutzt, um etwas vom Land zu sehen. "Als Studenten waren wir sozusagen kubanische Staatsbürger auf Zeit mit einem entsprechenden Paß und konnten uns freier bewegen als gewöhnliche Touristen, die zum Beispiel in manchen Unterkünften nicht wohnen dürfen. Dadurch habe ich das Land sicherlich viel besser kennengelernt, als wenn ich eine Pauschalreise gemacht hätte", sagt er. "Als ich das erste Mal in Havanna ankam, war ich völlig überwältigt. Es stank wahnsinnig nach Petroleum, weil die Autos mit billigem Rohöl fuhren, und die Busse hatten Löcher im Boden, durch die man die Straße sehen konnte. An viele Dinge, die man zum Arbeiten braucht und in Deutschland im Supermarkt kaufen kann, kam ich nur schwer heran. CD-Rohlinge gab es zum Beispiel nur gegen US-Dollar, und für manche Kabel mußte man in etliche Geschäfte gehen, weil kein Laden sie ständig im Sortiment hatte", sagt der Deutsche. Aber daran gewöhne man sich.
Nach einigen Wochen reihte sich Till Steinmetz dann ein, wenn er vor einem Haus einige Menschen in einer Schlange stehen sah. "Das war immer ein Zeichen dafür, daß man da etwas kaufen konnte, das es nur selten gibt."
Informationen zur kubanischen Hochschullandschaft gibt es unter anderem auf der Internetseite des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (http://www.daad.de) sowie bei der kubanischen Botschaft (http://www.botschaft-kuba.de/d050_wissenschaft.html). Der DAAD hat auch einen Studienführer Lateinamerika herausgegeben (W. Bertelsmann Verlag 2004, 292 Seiten, 19,90 Euro, ISBN 3-7639-0409-3). Die EICTV ist im Internet unter http://www.eictv.org zu finden, die Hochschule in Santa Clara unter http://www.uclv.edu.cu. Eine Liste mit kubanischen Partnerinstitutionen aller deutschen Hochschulen findet sich unter http://www.hochschulkompass.de
Text: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.10.2004, Nr. 248 / Seite 55
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