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Neuer Prozess gegen Dissidenten
Dienstag 27. April 2004, 08:02 Uhr
Neuer Prozess gegen Dissidenten in Kuba
Havanna (dpa) - In Kuba hat am Montag ein neuer Prozess gegen Dissidenten begonnen. Angeklagt sind acht Männer und zwei Frauen, unter ihnen der blinde Rechtsanwalt Juan Carlos González Leiva. Sie waren im März 2002 in Ciego de Avila festgenommen worden.
Die Bürgerrechtler hatten in der Stadt rund 500 Kilometer östlich von Havanna gegen die Festnahme eines unabhängigen Journalisten demonstriert und lautstark die Respektierung der Menschenrechte gefordert. Wie die verbotene Kubanische Kommission für Menschenrechte und nationale Versöhnung am Montag in Havanna mitteilte, wurde der für Dienstag erwartete Prozessbeginn um einen Tag vorverlegt.
Das Verfahren in Ciego de Avila ist der erste Prozess gegen Dissidenten seit April vorigen Jahres, als 75 Regimekritiker zu Haftstrafen von zusammen 1454 Jahren verurteilt wurden. Den Angeklagten wird unter anderem «Respektlosigkeit» gegenüber Staats- und Parteichef Fidel Castro vorgeworfen, ein nur auf Kuba existierender Straftatbestand. Weitere Vorwürfe lauten auf Störung der öffentlichen Ordnung und Widerstand gegen die Staatsgewalt.
Der Dissident Elizardo Sánchez, Vorsitzender der Menschenrechtskommission in Havanna, berichtete, man habe einen Prozessbeobachter nach Ciego de Avila geschickt. «Er konnte das Gerichtsgebäude aber nicht betreten, weil die Polizei die Zone weiträumig abgesperrt hatte», sagte Sánchez.
#3 RE:Neuer Prozess gegen Dissidenten
Lukrativer Aktivismus
Neun Regierungsgegner auf Kuba zu Haftstrafen verurteilt. Anklage: »Von US-Vertretung unterstützt«
Der politische Konflikt zwischen Kuba und den USA spiegelt sich derzeit vor allem auf der juristischen Ebene wider. Nachdem in der vergangenen Woche im US-Bundesstaat Florida auf Druck Kubas vier Flugzeugentführer zu Haftstrafen verurteilt wurden, fällte ein Strafgericht im kubanischen Ciégo de Ávila zu Beginn dieser Woche die Urteile gegen neun Regierungsgegner. Die sieben Männer und zwei Frauen waren in der zentralkubanischen Stadt im März 2002 festgenommen worden. Gegen den Hauptangeklagten, Rechtsanwalt Juán Carlos González Leyva, Präsident einer Gruppe mit dem Namen »Kubanische Stiftung für Menschenrechte«, wurden vier Jahre Haft verhängt. Die Urteile gegen die übrigen Regierungsgegner lagen unter diesem Strafmaß. Die Staatsanwaltschaft hatte für die Angeklagten durchgehend sechs Jahre Freiheitsentzug gefordert. Bei dem Verfahren handelt es sich um den ersten politischen Strafprozeß seit den Verfahren gegen 75 Regierungsgegner vor einem Jahr.
In den internationalen Medienberichten wurde vor allem die Sehbehinderung des Angeklagten González Leyva hervorgehoben. Die Vorwürfe gegen den »blinden Dissidenten« (Nachrichtenagentur Reuters) jedoch blieben weitgehend ungenannt. So hatte sich das Verfahren maßgeblich auf die Aussagen von Zeugen gestützt, die vom kubanischen Staatsschutz als »unabhängige Journalisten« in die Gruppen der Regierungsgegner eingeschleust worden waren. Nach Angaben von Lester Téllez Castro etwa wurde die »Kubanische Stiftung für Menschenrechte« maßgeblich von der US-Interessenvertretung in Havanna finanziert. Der Streit um die Finanzmittel und die in Aussicht gestellte Aufnahme in das Visaprogramm der USA hätte innerhalb der Gruppe ständig zu Fehden geführt, so Téllez Castro. Diese führende Rolle von US-Diplomaten beim Aufbau der »demokratischen Opposition« ist nicht neu. Das kubanische Journalistenduo Rosa Miriam Elizalde und Luis Baez hat für das auf Kuba erschienene Buch »Los Disidentes« 2003 mehrere Informanten der Regierung interviewt, von denen entsprechende Kontakte bestätigt wurden. Nach Aussage von Otuardo Hernández Rodríguez hatte der nun verurteilte González Leyva nach eigenen Angaben »ständigen Zugang zur US-Interessenvertretung in Havanna«. Von dort aus seien auch Anweisungen für politische Aktionen gekommen. Seine regierungsfeindliche »Stiftung« sei zudem permanent mit politischem Material und Arbeitsgerät versorgt worden.
Die Gruppe um González Leyva war vor zwei Jahren festgenommen worden, als sie einen befreundeten Regierungsgegner im städtischen Krankenhaus besuchen wollte. Die »Deutsche Welle« berichtete am gestrigen Dienstag, daß sie »für die Verbesserung in der Gesundheitsversorgung des kommunistischen Landes« demonstriert hätten. Mit den Umständen des Verfahrens nehmen es Redaktionen außerhalb Kubas eben oft nicht so genau.
Harald Neuber - JW
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