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Kubas "Damen in Weiß" üben die Demokratie
#1 Kubas "Damen in Weiß" üben die Demokratie
Zitat
Die regimekritische Frauenbewegung steht zunehmend unter Druck. Jetzt will sie eine neue Führung wählen – in freien und geheimen Wahlen. Es wären die ersten auf der Insel, die diesen Namen verdienen.
Ursprung:http://www.welt.de/politik/ausland/artic...Demokratie.html
Zitat
Dieses Bild wird von kubafreundlichen Foren...
#2 RE: Kubas "Damen in Weiß" üben die Demokratie
Inwiefern bei dieser Gruppe von irgendeiner demokratischen Kultur die Rede sein kann, wage ich mal in Frage zu stellen. Noch vor wenigen Wochen hat ein Teil der "Damen" einen in bester CDR-Manier durchgeführten Acto de Repuido im Gründungshaus der Gruppe veranstaltet. Wer darin keine Ironie zu erkennen vermag…
#3 RE: Kubas "Damen in Weiß" üben die Demokratie
Mein schon auf Welt.de unter dem Artikel hinterlassener Kommentar:
Interessantes Thema, leider ziemlich einseitig oder schlampig recherchiert -- von einer absichtlichen Verzerrung will ich mal nicht ausgehen. Zur Klarstellung:
1. Es wird bei den Damen in Weiß keine wirkliche Wahl geben, sondern auf Vorschlag der unter Druck geratenen Berta Soler lediglich ein Referendum, ob Soler weiterhin an der Spitze bleiben soll (Ja oder Nein), ohne dass Laufzeit oder Kompetenz ihrer Führungsposition transparent definiert wären.
2. Soler wird von ihren Kritikerinnen weniger "Führungsschwäche" vorgeworfen als ein autoritärer und undemokratischer Führungsstil.
3. Die Kritik an Soler kam keineswegs nur aus dem Exil, wo inzwischen die meisten Gründungsmitglieder der Damen in Weiß leben, sondern es gab auch einen offenen Brief von 100 aktiven oder ehemaligen Damen in Weiß, die weiterhin auf Kuba leben, darunter die Tochter der langjährigen Sprecherin Laura Pollán, Laura María Labrada Pollán.
4. Es gab einen sehr konkreten Auslöser für die Kritik: Das von Soler aus der Gruppe ausgeschlossene Gründungsmitglied der Damen in Weiß Alejandrina García de la Riva wurde in einer auf Video festgehaltenen Aktion ausgegrenzt und niedergebrüllt, was den organisierten Einschüchterungsmaßnahmen der kubanischen Staatssicherheit schockierend ähnlich sah.
5. Bereits mehrere Dutzend Soler-kritische Damen in Weiß sind seit 2013 unter Protest ausgetreten oder ausgeschlossen worden, viele von ihnen haben sich in der landesweiten Abspaltung "Ciudadanas por la Democracia" neu zusammengeschlossen.
Die (inzwischen auch) öffentliche Kritik an Soler hat bei genauerem Hinsehen einen problematischen Kern, der wenig mit Zersetzungsversuchen seitens der kubanischen Stasi und noch weniger mit einer Spaltung zwischen Aktivistinnen auf Kuba und im Exil zu tun hat (Stichwort "Caudillismo": die Tendenz zu autoritären Führungsfiguren auch in der Opposition). Wenn schon über den komplizierten Führungsstreit in dieser kubanischen Oppositionsgruppe berichtet werden soll, dann aber bitte nicht allein auf die Aussagen der umstrittenen Anführerin gestützt, sondern unter fairer Berücksichtigung mindestens zweier Seiten. Das sollte eigentlich eine journalistische Selbstverständlichkeit sein, oder?
P.S.: Bei der Schreibweise "Park Ghandi" (zweiter Absatz) sollte wohl noch mal ein Korrekturleser drüberschauen, das tut richtig weh (Institut Göte).
#4 RE: Kubas "Damen in Weiß" üben die Demokratie
#6 RE: Kubas "Damen in Weiß" üben die Demokratie
Es gibt schon das erste Teilergebnis: Die Damas de Blanco der Provinz Matanzas haben sich erwartungsgemäß mit 32 gegen eine Stimme für den Verbleib von Berta Soler an der Spitze der Organisation ausgesprochen.
Zitat
Las Damas de Blanco comienzan el proceso revocatorio convocado por Berta Soler
En Matanzas, las integrantes de la organización dieron 32 a favor a su líder, y uno en contra.
http://www.diariodecuba.com/derechos-hum...1936_13280.html
So ähnlich wird das auch in den übrigen Provinzen ausgehen. Die allermeisten Kritikerinnen sind von Berta Soler aus der Gruppe ausgeschlossen worden oder von sich aus zurückgetreten. Die im Ausland lebenden Damas de Blanco haben auf Betreiben von Soler kein Stimmrecht. Die meisten der auf der Insel lebenden Damas kommen aus einfachen Verhältnissen, haben aufgrund ihres politischen Engagements keine Chance auf einen vom Staat bezahlten Job und sind schon deshalb auf die regelmäßig von Soler ausgezahlte Zuwendung angewiesen, haben also ein starkes Interesse am Status Quo. Außerdem wurde bei dieser Abstimmung keine Gegenkandidatin zugelassen. Meine schon vor dieser Kontroverse geäußerte kritische Meinung über Soler sehe ich eher bestätigt...
#7 RE: Kubas "Damen in Weiß" üben die Demokratie
Interessante Sache. Da Du ja sehr gut über die kubanische Opposition im Bilde bist, habe ich mal einige Fragen: Wie steht es um das Ansehen und den Bekanntheitsgrad der Damas de Blanco heute? Welche Gruppe ist derzeit die Einflussreichste bzw. Mitgliederstärkste? Was war die größte regierungskritische Demonstration die sich in den letzten 10 Jahren in Kuba ereignet hat und wer war der Initiator? Liege ich richtig mit der Vermutung, dass sich die Opposition vor allem in den großen Städten konzentriert?
#8 RE: Kubas "Damen in Weiß" üben die Demokratie
Puh... Hättest du mir nicht Ankreuzmöglichkeiten anbieten können? Dann müsste ich jetzt nicht so viel schreiben. Niemand verfügt über irgendwelche unabhängig erhobenen Zahlen oder repräsentative Umfragewerte, also ist das immer zu einem guten Teil Kaffeesatzleserei. Vermutlich hat die politische Polizei der kubanischen Staatssicherheit (Sección 21) noch das präziseste Bild und könnte deine Fragen am besten beantworten. Ich habe keinerlei exklusive Quellen, sondern halte bloß seit ein paar Jahren meine Augen und Ohren offen. Mein ganz persönlicher Eindruck:
Das Ansehen der Damas de Blanco hat durch die Vorgänge der letzten Monate auf jeden Fall gelitten -- sowohl unter den regierungskritischen Kubanern auf der Insel oder im Ausland als auch unter internationalen Diplomaten, Journalisten, Wissenschaftlern und Politikern, die für die kubanische Opposition wichtige Ansprechpartner sind. Für die große Mehrheit der Kubaner auf der Insel, die erstens politisch völlig apathisch und desinteressiert und zweitens ohne Zugang zu zuverlässigen politischen Informationen sind, dürften die Damas und ihre internen Streitigkeiten insgesamt ziemlich uninteressant und irrelevant sein. Insgesamt zehren die Damas noch von ihrem 2003 bis 2011 erworbenen, beispiellosen Ruf als furchtlose Frauen, die gegen die willkürlichen und völlig unverhältnismäßigen Gefängnisstrafen ihrer männlichen Familienmitglieder protestiert und mit viel Mut die oft gewalttätigen Repressionsmaßnahmen der Stasi auf sich genommen haben. Ich denke, dass die noch auf Fidel zurückgehende Entscheidung des Regimes, mit Schlägen und Actos de Repudio gegen gewaltlose Frauen vorzugehen, nicht besonders weise war -- ein paar eigentlich "revolutionäre" Prominente haben das ja in den letzten Jahren auch kritisiert. Die unter Raúl 2010/2011 vorgenommenen Entlassungen der meisten politischen Häftlinge mit sanfter Abschiebung ins Exil und die seitdem fast nur noch kurzfristigen Inhaftierungen haben den Damas dagegen viel argumentativen Wind aus den Segeln genommen. Bekannt sind die Damas nach wie vor bei vielen Kubanern, auch auf der Insel. Wofür die Damas jetzt eigentlich noch demonstrieren wissen dagegen die wenigsten Kubaner.
Die zahlenmäßig größte einzelne Oppositionsgruppe ist wohl UNPACU ("Unión Patriótica de Cuba"), die vom ehemaligen politischen Gefangenen José Daniel Ferrer von Santiago aus angeführt wird. Die Mitgliederzahl dürfte bei ein paar Tausend liegen, unter Garantie einschließlich vieler Informanten des Innenministeriums. Ferrer hat zwar auch ein großes Ego, wie das wohl als Gründer und Anführer einer politischen Gruppe normal ist, ist aber kein krankhafter Egoist und durchaus zu konstruktiven Kompromissen und gemeinsam mit anderen Gruppen und Persönlichkeiten formulierten Positionspapieren in der Lage. Seine Äußerungen sind in der Regel absolut vernünftig und mehrheitsfähig. Er kann viele Menschen zu öffentlichkeitswirksamen Aktionen mobilisieren (bisher vor allem im Osten des Landes und dort durchaus auch in Kleinstädten), kommt dabei aber nicht als hasserfüllter Demagoge rüber. Weil sich kaum internationale Journalisten oder Diplomaten in den Osten des Landes verirren, kann die Staatssicherheit dort mit viel größerer Härte gegen die Opposition vorgehen als z.B. in Havanna. Vielleicht wird Ferrer irgendwann an einer rätselhaften Krankheit oder bei einem Verkehrsunfall sterben oder bei einem Abendspaziergang an der Moncada-Kaserne von einem ukrainisch-tschetschenischen Killerkommando erschossen...
Welche oppositionelle Bewegung den größten Einfluss hat (und auf wen genau?) ist noch viel schwieriger zu sagen. Jedenfalls gibt es eine in den letzten Jahren gewachsene Zusammenarbeit zwischen den größten Oppositionsgruppen, wobei die stark gespaltene Haltung zur Obama-Politik der Annäherung aktuell einen gewissen Rückschritt bedeutet. Was regierungskritische Demonstrationen betrifft, so fällt mir spontan keine besonders herausragende der letzten zehn Jahre ein. Die Staatssicherheit nimmt ja meistens schon im Vorfeld sehr viele Anführer und potentielle Teilnehmer fest oder setzt sie unter Hausarrest. Wahrscheinlich müsste man den Trauerzug zum Begräbnis von Oswaldo Payá im Juli 2012 nennen. Oder vielleicht doch eher die Summe der allsonntäglichen Demos der Damas de Blanco (und inzwischen der Abspaltung "Ciudadanas por la Democracia") in Havanna und parallel dazu in einem Dutzend weiterer Städte? Je nachdem, wie aktiv die Stasi durchgreift, sind sonntags an die 100 Damas plus ein paar Unterstützer allein in Miramar zu sehen (Kirche Santa Rita, 5ta y 26).
Wer auf dem Land lebt, hat es angesichts der allgemeinen Schwierigkeiten in Sachen Verkehr und Informationsaustausch viel schwerer, sich in einer oppositionellen Gruppe zu organisieren als ein Kubaner in der Stadt. Feststellbare Unterschiede gibt es natürlich auch zwischen sozialen Gruppen (auch innerhalb Havannas), jung und alt, gebildet und ungebildet, mit und ohne Verwandtschaft im Ausland etc.
Wie gesagt, alles nur mein ganz persönlicher Eindruck. Andere mögen das anders erleben.
#9 RE: Kubas "Damen in Weiß" üben die Demokratie
Vielen lieben Dank für Deine ausführliche Antwort. Das hat doch mein Bild ein wenig erhellen können. Man macht ja nicht umsonst eine Trennung zwischen der "harten" und "weichen" Opposition, richtig? Unter der erstgenannten Gruppe verstehe ich dabei jene, die früher in den bewaffneten Kampf gegen Fidel zogen um enteignete Plantagen zurückzugewinnen (platt gesagt). Die "weiche Opposition", deren faktischen Einfluss auf die kubanische Politik ich mittelfristig als weitaus größer ansehe, besteht dagegen aus Intellektuellen, Bloggern und kritischen Geistern (z.B. Padura), die der Regierung grundsätzlich nicht übel gesonnen sind aber Veränderungen fordern.
Mir scheint, als wäre die harte Opposition spätestens seit Raúl auf dem Rückzug – auch, weil durch die pragmatischere Repressionspolitik weniger Märtyrer geschaffen werden. Sehe ich es richtig, dass das Geld, welches Berta Soler an ihre Mitglieder verteilt, aus den USA stammt? Das würde natürlich ihre Glaubwürdigkeit total untergraben.
#10 RE: Kubas "Damen in Weiß" üben die Demokratie
Zitat von reyney im Beitrag #11
Vielen lieben Dank für Deine ausführliche Antwort. Das hat doch mein Bild ein wenig erhellen können. Man macht ja nicht umsonst eine Trennung zwischen der "harten" und "weichen" Opposition, richtig? Unter der erstgenannten Gruppe verstehe ich dabei jene, die früher in den bewaffneten Kampf gegen Fidel zogen um enteignete Plantagen zurückzugewinnen (platt gesagt). Die "weiche Opposition", deren faktischen Einfluss auf die kubanische Politik ich mittelfristig als weitaus größer ansehe, besteht dagegen aus Intellektuellen, Bloggern und kritischen Geistern (z.B. Padura), die der Regierung grundsätzlich nicht übel gesonnen sind aber Veränderungen fordern.
Mir scheint, als wäre die harte Opposition spätestens seit Raúl auf dem Rückzug – auch, weil durch die pragmatischere Repressionspolitik weniger Märtyrer geschaffen werden. Sehe ich es richtig, dass das Geld, welches Berta Soler an ihre Mitglieder verteilt, aus den USA stammt? Das würde natürlich ihre Glaubwürdigkeit total untergraben.
Woher soll das Geld denn sonst kommen? Auch eine Opposition kostet Geld! wie soll man das verstehen, dass die Repressionspolitik weniger Maertyrer schafft? Da geht noch genung ab im Roten Kuba. Vermutlich meinst die grobe und grosse Politik dazu und nicht die kleine, die im Alltag stattfindet.
Padura in einem Topf zu werfen ist gewagt, er will bestimmt nicht da mitwirken. Aber irgendwie koennte deine These passen!
#11 RE: Kubas "Damen in Weiß" üben die Demokratie
Zitat von reyney im Beitrag #11Mir scheint diese Einteilung nicht viel mit der historischen Realität zu tun zu haben. Zur von dir genannten Zielsetzung der früher bewaffneten Oppositionellen gebe ich zu bedenken, dass viele von ihnen bis 1959 an Fidels Seite gegen Batista gekämpft hatten. Damals gab es klar formulierte Ziele, von denen Fidel allerdings bald nach seiner Machtübernahme nichts mehr wissen wollte -- entweder, weil er einen vorher geheim gehaltenen Plan verfolgte, oder weil ihm der "Honig der Macht" zu Kopf gestiegen ist. Männer aus dem ehemaligen Widerstand gegen Batista wie Eloy Gutiérrez Menoyo, William Morgan, Manolo Ray, Manuel Artime oder selbst Orlando Bosch kämpften nach 1959 nicht für eine Wiederherstellung der ungerechten früheren Ordnung, sondern gegen eine neue Militärdiktatur in der Hand eines Caudillo und für die Wiedereinführung der Verfassung von 1940, die nicht nur demokratisch war, sondern auch wichtige soziale Reformen vorsah (einschließlich Bodenreform). Von wegen "Plantagen": Dieser "harten", kämpfenden Opposition schlossen sich auch viele Kleinbauern an, die bald gemerkt hatten, dass sie von Fidel und seinen Kommunisten keineswegs wie versprochen zu Eigentümern ihres Landes gemacht wurden, sondern dass ihr Land schrittweise unter zentralstaatliche Kontrolle gezwungen wurde.
Man macht ja nicht umsonst eine Trennung zwischen der "harten" und "weichen" Opposition, richtig? Unter der erstgenannten Gruppe verstehe ich dabei jene, die früher in den bewaffneten Kampf gegen Fidel zogen um enteignete Plantagen zurückzugewinnen (platt gesagt). Die "weiche Opposition", deren faktischen Einfluss auf die kubanische Politik ich mittelfristig als weitaus größer ansehe, besteht dagegen aus Intellektuellen, Bloggern und kritischen Geistern (z.B. Padura), die der Regierung grundsätzlich nicht übel gesonnen sind aber Veränderungen fordern.
Die kubanische Opposition, von der wir heute reden, ist durchweg gewaltlos und geht vor allem auf die 1980er Jahre zurück. Mit Batista oder uralten Ansprüchen hat diese Bewegung und ihre Repräsentanten nie etwas zu tun gehabt, viel mehr mit Perestroika, Solidarność, den Universellen Menschenrechten und dem Ende des Kalten Krieges. Innerhalb dieses breiten und sehr facettenreichen Oppositionsspektrums (und ihrer Sympathisanten und Unterstützer im Ausland) bezeichnet "hart" und "weich" eher das Maß an Verhandlungsbereitschaft mit der Diktatur und damit verbunden zum Beispiel die Einstellung zum Wirtschaftsembargo der USA oder zu Versuchen, über Dialog oder Bürgerinitiativen (wie das Varela-Projekt) schrittweise Veränderungen zu erreichen.
Jemand wie Padura mag in dem sehr allgemeinen Sinne ein "Dissident" sein, dass er eine von der Regierung unabhängige und abweichende Meinung hat, aber er ist ganz sicher kein "Oppositioneller", schon weil er sich nicht politisch engagiert.
Sehr wohltuend, hay cojones, wie differenziert du hier die diversn Sachlagen betrachtest und darstellst, gerade für reyney hoffentlich bereichernd und auch für seinen Blog verwendbar.
Seine Herangehensweise erscheint mir doch oft noch sehr vom "Denken des Kalten Krieges", sprich "böser Kapitalismus" oder Westen gegen auf jeden Fall "besseren" Sozialismus geprägt. Erschreckend, welch längst überholte Plattitüden er hier immer wieder einstellt und dabei doch immer wieder betont, dass es ihm um "objektive Information" ginge.
#13 RE: Kubas "Damen in Weiß" üben die Demokratie
Genau diesen generationellen Wechsel, der auch einen Wechsel der Methoden und Zielstellungen seitens der Opposition bedeutet, habe ich zu beschreiben versucht. Die heutige Oppositionsbewegung ist gewaltlos, richtig. Es gibt viele Konzepte das zu beschreiben: Loyale und radikale Opposition, weich oder hart, und dabei wären noch immer die unzähligen Grauzonen an den Schnittstellen zwischen Staat und Zivilgesellschaft zu erwähnen.
Allerdings erscheint mir deine Weißwaschung des bewaffneten Widerstands in den 1960er und 70er Jahren ein wenig vereinfachend. Sicherlich verfolgten manche gute Absichten. Aber glaubst Du wirklich, dass jeder der sich von Miami und Kuba aus dem Kampf gegen die Revolution anschloß, primär Interesse an Demokratie und Menschenrechte hatte? Willst Du vollkommen ausschließen, dass sich ehemalige Anhänger Batistas oder enteignete Unternehmer und Großgrundbesitzer aus dem Exil heraus auch an rechtsautoritären Vorstellungen à la Strössner orientiert haben könnten? Oder das manchen Politik schlichtweg egal war, so lange sie ihren Besitz zurück erhalten?
Dabei waren einige von ihnen an – gelinde gesagt – moralisch fragwürdigen Taten beteiligt. Damit meine ich nicht nur die Invasion in der Schweinebucht. Auch der von Dir erwähnte Orlando Bosch hat beispielsweise an der Ermordung von unschuldigen Jugendlichen mitgewirkt, bei dem Terroranschlag auf die Cubana-Maschine im Jahr 1976. Diesen Aspekt sollte man nicht unter den Tisch fallen lassen, wenn man über die frühe Opposition spricht.
Echt schade, dass die Betroffenen - die Damen in Weiß - nicht mitbekommen, was hier für Wikipedia-Schlachten um Ihre Motivation und Hintergründe geführt werden.
Sie wären stolz auf sich.
#15 RE: Kubas "Damen in Weiß" üben die Demokratie
#16 RE: Kubas "Damen in Weiß" üben die Demokratie
Zitat von reyney im Beitrag #13
Genau diesen generationellen Wechsel, der auch einen Wechsel der Methoden und Zielstellungen seitens der Opposition bedeutet, habe ich zu beschreiben versucht. Die heutige Oppositionsbewegung ist gewaltlos, richtig. Es gibt viele Konzepte das zu beschreiben: Loyale und radikale Opposition, weich oder hart, und dabei wären noch immer die unzähligen Grauzonen an den Schnittstellen zwischen Staat und Zivilgesellschaft zu erwähnen.
Allerdings erscheint mir deine Weißwaschung des bewaffneten Widerstands in den 1960er und 70er Jahren ein wenig vereinfachend. Sicherlich verfolgten manche gute Absichten. Aber glaubst Du wirklich, dass jeder der sich von Miami und Kuba aus dem Kampf gegen die Revolution anschloß, primär Interesse an Demokratie und Menschenrechte hatte? Willst Du vollkommen ausschließen, dass sich ehemalige Anhänger Batistas oder enteignete Unternehmer und Großgrundbesitzer aus dem Exil heraus auch an rechtsautoritären Vorstellungen à la Strössner orientiert haben könnten? Oder das manchen Politik schlichtweg egal war, so lange sie ihren Besitz zurück erhalten?
Dabei waren einige von ihnen an – gelinde gesagt – moralisch fragwürdigen Taten beteiligt. Damit meine ich nicht nur die Invasion in der Schweinebucht. Auch der von Dir erwähnte Orlando Bosch hat beispielsweise an der Ermordung von unschuldigen Jugendlichen mitgewirkt, bei dem Terroranschlag auf die Cubana-Maschine im Jahr 1976. Diesen Aspekt sollte man nicht unter den Tisch fallen lassen, wenn man über die frühe Opposition spricht.
Welchen bewaffneten Widerstand meinst Du denn genau? Die Konterrevolution, die Castro immer als Banditentum bezeichnete? Fast alle waren mal an der Seite Castros. Wie sonst haette man denn ueberhaupt gegen Castro kaempfen sollen? Er war ja auch kein feiner Verfechter um Umgang mit seinen Gegnern. Huber Matos, bis zum letzten Tag gesessen. Bei Empfang in Berlin mit aehnlichem Wortlaut wurde er deshalb von Deinen cuba si compañeros angezeigt! Kennst Du diese Geschichte denn?
Wenn Castro so ein freundlicher Staatsmann war, warum hat er die Schweinebucht Aktivisten gegen bares ausgetauscht?
Die Sache mit dem Flugzeug, ganz klar eine Schweinerei.
#17 RE: Kubas "Damen in Weiß" üben die Demokratie
Zitat von reyney im Beitrag #13Weißwaschung ist sicher nicht meine Absicht. Ich befürworte allein friedliche Mittel im Widerstand gegen die Diktatur und lehne Gewalt ab. Aber wer die im Namen von Menschenrechten und Demokratie verübten, gewaltsamen Aktionen zwischen Moncada 1953 und Santa Clara 1958 für legitim hält, der kann den Kampf vieler derselben Rebellen zwischen 1960 und 1965 nicht pauschal verurteilen oder ihnen niedrigere Beweggründe unterstellen als die, aus denen sie vor 1959 bewaffneten Widerstand geleistet hatten. Auch diejenigen Kubaner, die nicht schon gegen Batista, sondern erst gegen Fidel zu den Waffen griffen und zum Beispiel im Escambray-Gebirge kämpften, haben ganz sicher nicht für irgendwelche Großgrundbesitzer ihr Leben riskiert und zu Tausenden verloren, sondern eher für ihre eigenen Besitzrechte als Kleinbauern oder auch für das Recht des gesamten Volkes, die Regierung in freien Wahlen abzulösen. In den fünf Jahren nach 1959 gab es viel mehr rebellische Guerillakämpfer (und viel mehr Todesopfer) als vor 1959, schon weil Fidel die Freiheitsrechte der einzelnen Kubaner viel stärker beschnitten hat als Batista. Die wenigsten Aufständischen nahmen vor dem Kampf den Umweg übers Exil, viel mehr gingen direkt in die Berge oder den Untergrund.
Allerdings erscheint mir deine Weißwaschung des bewaffneten Widerstands in den 1960er und 70er Jahren ein wenig vereinfachend. Sicherlich verfolgten manche gute Absichten. Aber glaubst Du wirklich, dass jeder der sich von Miami und Kuba aus dem Kampf gegen die Revolution anschloß, primär Interesse an Demokratie und Menschenrechte hatte?
Auf Kuba nach Fidel eine rechtsautoritäre Diktatur à la Strössner zu etablieren wäre extrem schwierig geworden -- schon Batista ist ja gescheitert, weil kaum jemand für ihn kämpfen und sterben wollte. Die große Mehrheit der Bevölkerung wollte 1959 nach Überstehen des Revolutionskriegs erstens vor allem Frieden, zweitens einen funktionierenden demokratischen Rechtsstaat und drittens echte soziale Reformen (wie in der Verfassung von 1940 skizziert), aber ganz bestimmt keine neue Militärdiktatur, weder mit kommunistischem noch mit rechtsautoritärem Anstrich.
Zitat von reyney im Beitrag #13Ich habe ihn ganz bewusst erwähnt, weil bei ihm oft verschwiegen wird, dass er vor 1959 als leitendes Mitglied der Bewegung des 26. Juli schon dasselbe getan hat wie später, nur dass das von vielen nicht als Terrorismus bezeichnet wird. Natürlich ist Bosch mit den Jahren immer extremer geworden, und an der Cubana-Bombe gibt es nichts zu entschuldigen. Aber dann muss man fairerweise auch erwähnen, dass Fidel und Raúl selbst nicht wenige Verbrechen auf dem Gewissen haben, auch an unschuldigen Kindern und Jugendlichen -- das größte Einzelverbrechen ist vielleicht die Versenkung des Schleppers "13 de Marzo" im Juli 1994 vor Havanna mit rund 40 Toten, darunter zehn Kinder und Jugendliche.
Auch der von Dir erwähnte Orlando Bosch hat beispielsweise an der Ermordung von unschuldigen Jugendlichen mitgewirkt, bei dem Terroranschlag auf die Cubana-Maschine im Jahr 1976.
Aber eigentlich geht es hier ja nicht um Terrorismus, sondern um die Damen in Weiß. Als roten Faden kann ich hier höchstens erwähnen, dass selbst diese gewaltlosen Frauen in den Castro-Medien als gefährliche Schwerverbrecherinnen gelten: In der staatlichen kubanischen Wikipedia-Alternative EcuRed ist der Artikel Damas de Blanco unter "Terrorismo contra Cuba" kategorisiert! Von solchen "Terroristen", die schlimmstenfalls mit Gladiolen bewaffnet sind, kann man sich eigentlich nur mehr wünschen, oder? Mit finsteren Dschihadisten haben die jedenfalls nicht viel gemeinsam.
#18 RE: Kubas "Damen in Weiß" üben die Demokratie
Zitat von HayCojones im Beitrag #17
… an der Cubana-Bombe gibt es nichts zu entschuldigen. Aber dann muss man fairerweise auch erwähnen, dass Fidel und Raúl selbst nicht wenige Verbrechen auf dem Gewissen haben…
Und schon kommen wir ins schwierige Fahrwasser der Geschichtsphilosophie. Rechnen wir Tote gegeneinander auf? Wie viele Leben, insbesondere auch der farbigen Bevölkerung, wurden durch die Revolution gerettet, wie viele Leben verlängert die sonst kürzer geendet hätten? War die französische Revolution wirklich notwendig? Jeden Konflikt, den wir im Nachhinein als das Gute gegen das Böse schildern, ist letztenendes retrospektiv auf Basis unser eigenen Wertevorstellungen konstruiert. Nein, diese Debatte werde ich hier nicht führen.
#19 RE: Kubas "Damen in Weiß" üben die Demokratie
Zitat von reyney im Beitrag #18Nein, wir rechnen nicht auf. Wir halten bloß fest, dass sowohl von Gegnern als auch von Anhängern der Revolution schlimme Verbrechen begangen worden sind -- selbstverständlich jeweils im Namen höherer Ideale. Erst wenn man die Verbrechen nur einer Seite verurteilt und die anderen (z.B. Tötung wegen versuchter illegaler Ausreise!) nicht zur Kenntnis nehmen will oder sogar rechtfertigt, gerät man ins Philosophieren und Relativieren. Das lehne ich ab. Der gute Zweck oder die korrekte Gesinnung heiligt nicht alle Mittel. Auch eine politische Präferenz für oder gegen eine irgendwie sozialistische Herrschaftsform schließt ja nicht aus, dass man sich auf minimale Werte einigt -- Gewaltlosigkeit in der politischen Auseinandersetzung wäre z.B. so ein Grundwert.
Rechnen wir Tote gegeneinander auf?
@reyney
Ich glaube nicht, das es irgend jemanden stört, dass Berta Soler Geld von den USA verteilt. Das ist nichts ungewöhnliches, schließlich leben Millionen von US-Hilfe, meiner eingeschlossen. Irgendwie müssen sie sich auch finanzieren. Das Regime hat es da einfacher, sie nimmt das Geld einfach aus der Staatskasse. Das Glaubwürdigkeitsproblem hat eher das Regime, sonst würden sie die Damen nicht derart mobben.
Zitat von HayCojones im Beitrag #17
nicht wenige Verbrechen auf dem Gewissen haben, auch an unschuldigen Kindern und Jugendlichen -- das größte Einzelverbrechen ist vielleicht die Versenkung des Schleppers "13 de Marzo" im Juli 1994 vor Havanna mit rund 40 Toten, darunter zehn Kinder und Jugendliche.
Wobei der Schlepper bereits innerhalb der Bucht das erste Mal aufgehalten werden sollte und sie ihren Weg aufs offene Meer erst durch Rammen des anderen Schleppers wieder freigemacht haben. Das waren also keinerswegs rein gewaltlose Flüchtlinge, allerdings denke ich schon, dass man mehr als die 31 Menschen hätte retten können, nachdem der Schlepper dann endgütlig auf offenem Meer gestellt worden war.
#23 RE: Kubas "Damen in Weiß" üben die Demokratie
#24 RE: Kubas "Damen in Weiß" üben die Demokratie
Zitat von Mocoso im Beitrag #23Zitat von Lothar im Beitrag #20
schließlich leben Millionen von US-Hilfe, meiner eingeschlossen.
Ich wusste nicht, daß du von US-Hilfe lebst, erzähl!
Als Kind haben mich GIs mit "Treets" und "bonitos" gefüttert.
Schnell wieder ins In-Topic.
Im neuen Video von "Porno para Ricardo" haben "die DdB" auch ihren Auftritt.
#25 RE: Kubas "Damen in Weiß" üben die Demokratie
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