Sozialismus des 21. Jahrhunderts - Chance für Lateinamerika?

03.02.2008 11:39 (zuletzt bearbeitet: 03.02.2008 11:41)
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#1 Sozialismus des 21. Jahrhunderts - Chance für Lateinamerika?
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Rey/Reina del Foro
In Antwort auf:
Sozialismus des 21. Jahrhunderts - Chance für Lateinamerika?

Der Soziologe Heinz Dieterich gehört in Lateinamerika zu den einflussreichsten politischen Theoretikern. Er prägte des Begriff des "Sozialismus des 21. Jahrhunderts", arbeitete als enger Berater des venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez und ist auch mit Fidel Castro seit langem gut bekannt. Seit 1977 lehrt er Soziologie an der Universität in Mexiko-Stadt.

Weltsichten, 03.02.2008, 11:45 Uhr

Mit Heinz Dieterich sprach Martin Polanski.

Das Gespräch im Wortlaut:

Martin Polanski: Gerade Lateinamerika bewegt sich ja nach links mit Ländern wie Venezuela, Bolivien oder auch Nicaragua - warum scheinen sozialistische Ideen gerade hier wieder Auftrieb zu bekommen.

Heinz Dieterich: Ich denke, das liegt daran, dass der Sozialismus des 21. Jahrhunderts eine neue Perspektive darstellt. Der Kapitalismus hat ja im wesentlichen zwei Modelle: eins ist das neoliberale, das hier ziemlich viel kaputt gemacht hat und das daher völlig unpopulär ist unter der Bevölkerung und der Mittelschicht, das zweite ist eine sozialdemokratische Politik, denn eine sozialdemokratische Politik oder auch die Politik eines Sozialstaates ist sehr kostspielig, und das kann man nur machen, wenn man viel Geld hat, und das ist im Wesentlichen der Fall in der ersten Welt und nicht in Lateinamerika, so dass hier keine Voraussetzungen für sozialdemokratische Politik bestanden haben. Ich denke, dass das Banner des Sozialismus des 21. Jahrhunderts als neue Zivilisation mit mehr Demokratie, mit mehr sozialer Gerechtigkeit, mit mehr Teilnahme der Bevölkerung die richtige attraktive Wirkung hatte für die Bevölkerung, so dass einige Führer, beispielsweise Präsident Hugo Chavez, das gespürt haben und das übernommen haben.

Polanski: Das ist ja eine der schillerndsten Figuren dieser neuen Linken in Lateinamerika - einige sehen in ihm ja fast schon einen Messias, auch einige Linke in Deutschland. Andere sagen, er sei einfach nur ein autoritäres Großmaul. Sie kennen ihn ja persönlich. Wie haben Sie ihn erlebt?

Dieterich: Ich kenne ihn nun schon zehn Jahre und ich glaube, dass beide Charakterisierungen falsch sind. Ich lernte ihn kennen, als er gerade aus dem Militär ins Präsidentenamt gekommen war, und da zeigte er die Formierung, die Sozialisierung und die Begrenzung, die man bei den Militärs bekommt, und zehn Jahre später ist er ein anderer Mensch - muss ich sagen: Er ist sehr viel gereist, gut assimiliert, er lernt sehr schnell, er ist sehr intelligent. Als autoritäres Großmaul würde ich ihn nicht bezeichnen. Ich würde mal sagen, dass da eine exotische karibische Komponente durchaus zum Tragen kommt, die nicht so sehr geographisch bestimmt, weil Fidel Castro ja auch in der Karibik lebt, und Fidel ist ja eigentlich jemand, den man als cartesianischen Rationalisten bezeichnen könnte, der immer sehr genau überlegt, was er sagt und wie er agiert. Hugo Chavez dagegen ist eher tropische Ausgelassenheit, und das bricht manchmal durch. Dazu kommt noch ein zweites Element: Er spielt im Grunde genommen eine Doppelrolle, indem er einerseits Führer eines Staates ist, was die Einhaltung bestimmter Protokolle erfordert und andererseits ist er Führer von Massen - das erfordert andere Protokolle, denn auf der Barrikade spricht man anders als in der Regierung, und das vermischt sich manchmal in der Öffentlichkeit.

.................

http://www.inforadio.de/static/dyn2sta_a...2_article.shtml

S


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03.02.2008 12:03
#2 RE: Sozialismus des 21. Jahrhunderts - Chance für Lateinamerika?
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Forums-Senator/in

Polanski: Wird Kuba die nächsten 18 Jahre auch überleben mit diesem System?

Dieterich: Nein, mit diesem System nicht.
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Wäre zu wünschen, dass mehr linke Revolutionsnostalgiker ihre rosa Brillen absetzen und zu dieser Einsicht gelangen würden.

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„Die Demokratie ist die schlechteste aller Staatsformen, ausgenommen alle anderen.“
Winston Churchill

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03.02.2008 12:41
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#3 RE: Sozialismus des 21. Jahrhunderts - Chance für Lateinamerika?
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( Gast )

Dieterich: Man darf sich keine Illusionen machen - die Politik wird nicht aus humanistischen Antrieben gemacht, sondern wegen Interessen, das ist nicht das Reich von Mutter Teresa, sondern das Reich von Macchiavelli und der Realpolitik....Aber es gibt ein zweites Element, das weitaus tiefgehender ist: Wir sind heute im Weltsystem im Übergang von einer unipolaren Gesellschaft, von den USA dominiert, zu einer multipolaren Gesellschaft. Das bedeutet, das Weltsystem heute wird zunehmend beeinflusst von China, von Indien und möglicherweise von Lateinamerika in der Zukunft... Anders ausgedrückt: Heute ist in der Weltpolitik das Interesse eines Nationalstaates nur zu verteidigen über einen Regionalstaat und über eine Regionalökonomie - deshalb existiert heute die Europäische Union mit eigener Währung usw., und das gleiche passiert jetzt in Lateinamerika, und Hugo Chavez ist der Vorreiter...


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03.02.2008 12:57 (zuletzt bearbeitet: 03.02.2008 12:58)
avatar  don olafio ( gelöscht )
#4 RE: Sozialismus des 21. Jahrhunderts - Chance für Lateinamerika?
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don olafio ( gelöscht )
Zitat von chavalito
Polanski: Wird Kuba die nächsten 18 Jahre auch überleben mit diesem System?

Dieterich: Nein, mit diesem System nicht.
__________________________________________________________

Wäre zu wünschen, dass mehr linke Revolutionsnostalgiker ihre rosa Brillen absetzen und zu dieser Einsicht gelangen würden.
Es wäre vor allem zu wünschen, dass gewisse Leute sich überhaupt eine Brille ins Gesicht setzen - egal ob rosarot, mittelblau oder hellbernsteinfarben - damit sie zumindest physisch in die Lage versetzt werden, Texte vollständig und in ihrem Zusammenhang zu rezipieren und nicht mehr darauf angewiesen sind, mühselig nur einen einzelnen Satz zu entziffern und diesen dann glückstrunken - "Ein Satz, ein Satz, ein vollständiger Satz - schaut her Leute, ich habe es geschafft!" - in fetten Lettern als vermeintliche Quintessenz ins Forum zu schreien...


Don Olafio

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03.02.2008 14:02 (zuletzt bearbeitet: 03.02.2008 14:04)
#5 RE: Sozialismus des 21. Jahrhunderts - Chance für Lateinamerika?
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Forums-Senator/in
Zitat von don olafio
in fetten Lettern als vermeintliche Quintessenz ins Forum zu schreien...

Wo habe ich behauptet oder auch nur angedeutet, dass dies die Quintessenz von Dieterichs Text sei??

Ich habe mir einfach die Freiheit rausgenommen (porque me dió la gana, coj....!!), einen Satz zu nehmen und zu kommentieren, sonst nix, Herr D.O.!!

Wobei dieser Satz auch nicht sooooo völlig aus dem Zusammenhang gerissen ist, denn Dieterich vertritt schon seit einiger Zeit die Ansicht, dass ein Beharren auf dem Status Quo oder Reformen, welche die Grundstrukturen nicht antasten, die Revolution nicht davor bewahren werden, das gleiche Schicksal wie das Modell der Genossen in der UdSSR zu finden.
siehe: https://www.kubaforen.de/topic-threaded.p...message=7194362
oder https://www.kubaforen.de/topic-threaded.p...message=7470241

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05.02.2008 14:43
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#6 RE: Sozialismus des 21. Jahrhunderts - Chance für Lateinamerika?
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( Gast )

Kann den Aussagen im Interview nur zustimmen. Jedoch sollte man die Intelligenz der Politiker nicht überschätzen.
Das dieses System nicht überleben wird, glaubt hier ein jeder, aber das System Kuba hat auch nicht viel mit Sozialismus des 21sten Jahrhunderts zu tun, bis jetzt.


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