Kuba-Boxstar Solis: Über Sidon auf den WM-Thron

25.04.2007 12:40
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#1 Kuba-Boxstar Solis: Über Sidon auf den WM-Thron
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Rey/Reina del Foro


HAMBURG -
Vaughn Bean hat in seiner Karriere schon viel erlebt. Er verlor einen WM-Kampf gegen Evander Holyfield nur nach Punkten, von Vitali Klitschko wurde er erst in Runde elf ausgeknockt. Doch seit einigen Tagen hat der US-Schwergewichtsprofi (32) genug vom Boxsport. Als Sparringspartner war er im Hamburger Profistall Arena zu Gast gewesen und musste mit dem Kubaner Odlanier Solis Fonte in den Ring klettern. Was folgte, war eine vier Runden währende Lehrstunde, an deren Ende Bean entnervt das Arena-Gym verließ und in die USA zurückkehrte. Selbst die 60 000 Euro Kampfbörse, die ihm Arena-Chef Ahmet Öner geboten hatte, um an diesem Freitag Solis bei dessen Profidebüt herauszufordern, konnten ihn nicht umstimmen.

Solis zuckt, auf diese Anekdote angesprochen, mit den Schultern. An einen Vaughn Bean könne er sich nicht erinnern, sagt er. Manche Boxer reagieren so, wenn sie betont cool wirken wollen. Solis ist so cool. Er interessiert sich nicht für andere Boxer. Die Namen der Weltmeister im Schwergewicht kenne er zwar, ihre Kämpfe schaue er sich aber nicht an. Und dass er am Freitag sein Debüt nun gegen den deutschen Ring-Veteranen Andreas Sidon (44) bestreiten soll, ist ihm nicht einmal ein Schulterzucken wert. Es ist eine andere Art von Selbstbewusstsein, die dieser 26 Jahre alte Kubaner zur Schau stellt. Dreimal war er Amateur-Weltmeister, 2004 in Athen gar Olympiasieger. "Für mich gibt es nur ein Ziel: Weltmeister bei den Profis zu werden. In einem Jahr möchte ich so weit sein", sagt er.

Dass Öner genauso tickt und auf den im Profigeschäft üblichen behutsamen Karriereaufbau verzichten will, findet Solis richtig. "Er ist schnell, technisch perfekt und schlägt hart. Ihm fehlt nur Erfahrung. Die kriegt er nur gegen starke Leute", sagt Öner. Vielleicht war diese Einstellung - neben der Finanzkraft Arenas - das Geheimnis dafür, dass sich Solis, der sich am 11. Dezember mit seinen Teamkollegen Yan Barthelemy und Yuriorkis Gamboa bei einem Trainingscamp in Venezuela von der Nationalstaffel abgesetzt hatte, für Hamburg entschied. Über seine Beweggründe lässt sich Solis ebenso wenig entlocken wie über die Umstände seiner Flucht und die Auslöser dafür. Und doch spürt man, dass ihm die Trennung von seiner Ehefrau und dem zweijährigen Sohn nicht so leicht gefallen ist, wie es sein kühles Auftreten vermitteln soll. Jeden Tag telefoniert er mit seiner Familie, "und es ist jedesmal hart, den Hörer aufzulegen", gibt er zu.

Das Ziel, der Familie durch die auf Kuba verbotene Profikarriere ein besseres Leben zu ermöglichen, sei sein Antrieb, sagt der 1,86-m-Mann, der sich in Hamburg gut eingelebt hat. Er hat eine eigene Wohnung, seine Wäsche wird bei Arena gewaschen, Essen gibt es im Restaurant. Die Freizeit verbringt er mit Gamboa und Barthelemy oder in der großen kubanischen Gemeinde in Berlin. Die lebensfrohe Art der Latinos, die gern feucht feiern und es mit der Disziplin nicht immer genau nehmen, hat schon zu einem Streit mit Öner geführt. "Aber ich habe klar gemacht, dass sie sich an die Regeln halten müssen, die ich aufstelle", sagt der Arena-Chef. "Ich habe das akzeptiert", sagt Solis, der nur mit der Pünktlichkeit noch Probleme hat. Die neue Heimat habe es ihm dennoch derart angetan, dass er sich, anders als bei seiner Ankunft Anfang März, vorstellen kann, dauerhaft hier zu leben. "Der Lebensstandard ist hier viel besser. Wenn Kubaner irgendwann frei reisen können, möchte ich meine Familie nachholen und hier leben", sagt er. Bleibt nur abzuwarten, welches seiner Ziele Solis zuerst erreicht.


erschienen am 25. April 2007
http://www.abendblatt.de/daten/2007/04/25/730143.html

Nos vemos
Dirk

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