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Caracas sehen und sterben ......
05.02.2007 00:09 (zuletzt bearbeitet: 05.02.2007 00:24)
#1 Caracas sehen und sterben ......
In Antwort auf:
Caracas sehen und sterben
Erfahrungsbericht von Gurnemanz über Caracas
15. August 2006
Empfehlenswert? ja
Kompletter Erfahrungsbericht
Eigentlich gibt es keinen Grund nach Caracas, die Hauptstadt Venezuelas, zu fliegen. Dies wird auch niemand tun, zumindest nicht um eine Städtereise nach europäischem Muster zu machen, wo man von einer Sehenswürdigkeir zur nächsten wandert, über Boulevards flaniert, in Kaffeehäusern sitzt usw. Caracas hat eigentlich nichts, was eine Reise lohnen würde. Allerdings sollte man nicht auf einen Besuch der Stadt verzichten, wenn man ohnehin schon im Land ist, nach einer Tour ins Delta del Orinoco, zu den Tafelbergen in Guyana oder dem Salto Àngel oder nach einem Strandurlaub auf Margarita bietet Caracas ein interessantes Kontrastprogramm. Da sowieso die meisten Flüge nach Europa von Caracas ausgehen, mit Ausnahme einiger Charterverbindungen von Porlamar, kann man die Zeit nutzen, für einen oder zwei Tage Venezuelas Hauptstadt zu besuchen.
Die Tourismusindustrie in Venezuela ist schwach entwickelt und konzentriert sich auf einige Strandhotels auf Margarita und eine Handvoll kleinerer Tourenanbieter, die Wanderungen und Fahrten zu den schier unglaublichen Naturwundern Venezuelas organisieren. Von Massentourismus kann in Venezuela keine Rede sein, vor allem nicht in Caracas, man wird kaum einem Ausländer begegnen.
Kein Wunder, Caracas ist so etwas wie ein stadtgewordener Alptraum. Menschen, die nur europäische und nordamerikanische Städte kennen, können sich Caracas sicherlich nur schwer vorstellen. Die Stadt ist geprägt von gewaltigen Menschenmassen, permanentem Verkehrschaos, das sich durch viel zu enge, schmutzige Straßen zwischen riesigen grauen Betonklötzen wälzt.
Schon die Anreise vom Flughafen ist abenteuerlich. Eine riesige Schar von Taxifahrern stürzt sich auf die Ankömmlinge und versucht für venezolanische Verhältnisse astronomische Preise auszuhandeln. Wer schlau ist nimmt hier den Bus, der vom nationalen Terminal für 8000 Bolívares (Bs.), ca. drei Euro, in die Innenstadt fährt. Die Fahrer der offiziellen Flughafentaxis verlangen 80.000 bis 100.000 Bolívares, die gleiche Strecke von etwa 40 Kilometern kostet in anderen Gegenden Venezuelas einen Bruchteil. Vorsichtig sollte man sein, wenn Taxifahrer besonders niedrige Preise anbieten, man kann Glück haben aber auch großes Pech und am Ende alles, manchmal auch das Leben, verlieren. Der Bus ist schnell, da er einen Schleichweg fährt, kostet sehr wenig und ist vor allem sicher. Vor der Anreise sollte man noch daran denken, einen Flug zu buchen, der lange vor Sonnenuntergang in Caracas ankommt. Nichts ist gefährlicher als im Dunkeln in Caracas ein Hotel oder ein Taxi zu suchen und dabei eindeutig als Tourist erkennbar zu sein.
Die Fahrt in die Innenstadt von Caracas hat mir im Voraus etwas Angst gemacht. Das hatte viele Gründe. Einer davon war mal wieder die Länderinformation des Auswärtigen Amts, das wie so oft totale Falschinformationen verbreitet. In Caracas ist vor einiger Zeit eine Brücke auf der Verbindung zwischen Stadt und Flughafen eingestürzt. Das Auswärtige Amt behauptet nun, daß mehrstündige Umwege nötig sind. Das ist Blödsinn, es gibt eine Umgehungsstraße direkt neben der Brücke, der Verkehr staut sich zwar, aber die Strecke sollte in einer guten Stunde geschafft sein. Der Bus fährt zudem einen Schleichweg durch einen der riesigen Slums von Caracas, einen schnelleren Weg, den aber Taxifahrer aus Sicherheitsgründen meiden. Irgendwann eröffnet sicher Blick auf die ersten Wolkenkratzer Caracas', nach einer Straßenbiegung, vorbei an den "Barrios", den Slums, die überall an den hohen Bergen der Andenausläufer um Caracas wuchern. Sofort tritt man in den chaotischen Verkehr der Stadt ein, der für Europäer, die auf die wahnwitzige Idee gekommen sind, ein Auto zu mieten, schlicht lebensgefährlich ist. Ampeln werden ignoriert, selbst durch Polizeiwagen, Mopeds schlängeln sich durch die Automassen hindurch, genauso wie Fußgänger, die in dauernder Lebensgefahr die Straße überqueren. Überall sieht man nun die grauen Betonklötze, oftmals sind die Fenster vergittert bis in den 15. Stock und am Boden durch Mauern und Elektrozäune gesichert, wer hier lebt, hat es schon besser als in den Barrios, lebt aber immer noch in katastrophalen Verhältnissen.
Erreicht man sein Hotel, sollte man auf jeden Fall den Taxifahrer bitten, solange zu warten, bis man auch wirklich ein sicheres Zimmer hat, vor allem nach Einbruch der Dunkelheit. Sich mit Gepäck auf die Suche nach einer anderen Unterkunft zu machen, kann sehr gefährlich werden, insbesondere in Centro Caracas.
Preiswerte und halbwegs sichere Unterkünfte findet man vor allem in Sabana Grande, einem nicht ganz so chaotischen Stadtteil wie Centro, aber immer noch für einen Europäer extrem anstrengend. Wer etwas mehr Geld in der Tasche hat, der sollte auf den Stadtteil Altamira ausweichen. Hier lebt die dünne venezolanische Mittel- und Oberschicht, entweder in sauberen Hochhäusern oder in mit Mauern und Stacheldraht verrammelten Villen. Altamira bietet sich vor allem dann an, wenn man etwas länger als ein oder zwei Nächte in Caracas bleiben möchte und das Hotel nach Sonnenuntergang auch mal verlassen will. Altamira ist bei richtigem Verhalten auch noch abends halbwegs sicher, was man von Sabana Grande und vor allem von Centro nicht behaupten kann.
Überhaupt ist die Sicherheit in Caracas ein dauerndes Thema, das man notgedrungen immer im Hinterkopf hat. Caracas führt gemeinsam mit Rio de Janeiro die Statistik der gefährlichsten Städte Amerikas an und ist damit eine der gefährlichsten Städte der Welt. An einem durchschnittlichen Wochenende werden in Caracas mehr Menschen ermordet als in Berlin in einem ganzen Jahr. Jene Mordrate ist in den letzten Jahren durch neue Sicherheitskonzepte der bolivarianischen Regierung schon drastisch veringert worden, ist aber immer noch inakzeptabel und weit von normalen Zuständen entfernt. Die Morde spielen sich aber vorwiegend in den Barrios ab, die von jedem Punkt der Innenstadt an den Bergen um Caracas zu sehen sind und die die größte Fläche und die größte Einwohnerzahl ausmachen. Das Problem mordender Polizeibanden ist weitestgehend gelöst, die kriminelle Tradition, die sich in den Barrios festgesetzt hat, besteht aber weiterhin, trotz Verbesserung der Lebensverhältnisse und neuer dezentraler Sicherheitskonzepte. Barrios sollte man daher bei jeder Tages- und vor allem Nachtzeit unbeding meiden. Nachts bedeutet so ein Ausflug für einen reichen Ausländer den sicheren Tod, tagsüber ist wenigstens ein Raubüberfall gesichert.
Trotzdem sollte man auf keinen Fall paranoid werden. Dieser Eindruck entsteht schnell, vor allem beim Lesen diverser Reiseführer, oppositioneller Zeitungen, die sich darauf spezialisiert haben, eine Chaos-Stimmung zu verbreiten oder auch nach Lektüre der Webseiten des Auswärtigen Amtes. Centro Caracas ist tagsüber halbwegs sicher, schon allein durch die Menschenmengen, die sich durch die Straßen schieben. Mit einem Taschendiebstahl muß man trotzdem mehr oder weniger rechnen.
Warum sollte man also Caracas besuchen? Diese Frage ist durchaus berechtigt, kann aber einfach beantwortet werden: In Venezuela vollzieht sich derzeit ein unglaublicher gesellschaftlicher und politischer Prozeß, der Versuch eine noch nie dagewesene Staatsordnung zu schaffen, eine radikale Basisdemokratie, eine Äquivalenz-Ökonomie, in einem Wort: Es wird versucht Heinz Dieterichs These des überall im Land propagierten "Sozialismus des 21. Jahrhunderts" umzusetzen. Caracas ist das Zentrum dieser Bewegung. Hier lebt ein sehr goßer Teil der Venezolaner und hier sind die extremen sozialen Unterschiede besonders deutlich sichtbar. So ist Caracas für jeden politisch, ökonomisch, historisch wie auch immer Interessierten sozusagen Pflichtprogramm. Man kann auf der Plaza Bolívar Menschen beobachten, die in Gruppen überall heftig und laut diskutieren. Jetzt im Sommer 2006 sah man überall Glückwünsche und Gebete auf Papptafeln sehen, die dem erkrankten Fidel Castro Genesung wünschten. Diskutiert wird, ob man in Kuba nun gut leben kann oder nicht, ob Chávez ein "loco" ist und wie Gott zu den ganzen Vorgängen wohl steht. Straßenstände verkaufen Devotionalien an Hugo Chávez, Ché Guevara, genauso wie an Michael Ballack oder jene gelb-grünen Trikots der Fußball-Idole aus dem südlichen Nachbarland. Spontane Demonstrationen von kleinen Grüppchen wälzen sich durch den hupenden chaotischen Verkehr, bekunden Zustimmung oder Ablehung zum Kurs der bolivarianischen Regierung. Vor dem Miraflores-Palast, dem Sitz des Präsidenten, liegen Soldaten im Schatten, Menschen gehen ein und aus, anders als in Deutschland nicht im Maßanzug durch mehrere Sicherheitsschleusen, sondern ganz normale Menschen. Eine Tribüne wird auf der Straße vor dem Palast gebaut, da wieder irgendeine Veranstaltung mit dem immer im Lande umherreisende Präsidenten ansteht. Soldaten versuchen notdürftig die Autos umzuleiten, die aber ihren eigenen Weg fahren.
Überhaupt, Präsident Hugo Chávez ist allgegenwärtig, nicht nur weil momentan Wahlen anstehen und diverse Parteien zur Wiederwahl der Chávez-Regierung aufrufen und ihr Ziel der "10 Millionen Stimmen" propagieren. Chávez ist in den Köpfen, zumindest außerhalb des noblen Altamira, des gläsernen Chacao und dem Bankenviertel Las Mercedes. Ein Taxifahrer erzählte mir über die diversen Bauprojekte der Stadt. So wird man hören, daß nicht einfach eine neue U-Bahnlinie gebaut wird, sondern "der Präsident baut sie", genauso wie eine neue Brücke auf dem Weg zum Flughafen. Der Präsident macht hier alles, was sich zum positiven entwickelt. Gerade in Bezug auf die aktuellen Ereignisse in Kuba ist diese Personenfixierung durchaus ein Problem, das längst erkannt ist, aber wohl nur schwer gelöst werden kann. Da wird auch der überall sichtbare Satz "Con Chávez todos son el gobierno" schnell zum Paradoxon, gerade weil der "Sozialismus des 21. Jahrhunderts" das totale Gegenteil vorsieht, die absolute direkte Demokratie. Aber das ist schon wieder ein anderes Thema. Man kann sich also in diese Menschenmengen mitreißen lassen, immer mit dem Wissen, daß hier etwas ganz Neues entsteht und daß man mittendrin und dabei war.
Ansonsten fehlt Caracas natürlich alles, was eine touristisch interessante Stadt ausmacht. Das historische Zentrum fiel der gnadenlosen Marktradikalisierung unter den korrupten Regierungen der Vergangenheit zum Opfer. Die kolonialen Gebäude mußten Bankenhochhäusern und schnell hochgezogenen Betonklötzen weichen. Genauso schnell, wie diese Gebäude wuchsen, wucherten auch die Barrios an den Berghängen um die Stadt. Heute besinnt man sich wieder auf die Vergangenheit, insbesondere auf den Befreiungshelden und Politiktheoretiker Simón Bolívar. Überall ist "Nuestra historia-nuestra patria" zu lesen, es wird gerettet, was noch zu retten ist. Dennoch, eine saubere, sanierte Altstadt wie z.B. in Havanna, kann man in Caracas nicht erwarten, es beschränkt sich hier auf einige Straßen und verfallene Kleinode, die der Rettung erwarten.
Um diese alten Straßenzüge aus der Kolonialzeit zu besichtigen muß man früh aufstehen, schon um 10 Uhr vormittags verwandelt sich das gesamte Zentrum von Caracas in einen großen Markt. Sämtliche Gehwege sind jetzt mit Straßenständen verbaut, die alle vorstellbaren Produkte anbieten. Dabei erweckt sich der Eindruck, daß wohl diejenigen Händler, die die lauteste Musik spielen, den höchsten Umsatz erzielen. Wer sich durch dieses Chaos bewegen will, der wechselt auf die Fahrbahn, wo sich Autos durch das Gewühl quälen und Mopeds, scheinbar ohne Bremsen, ständige Lebensgefahr verbreiten.
Neben den Straßenständen wurden in den letzten Jahren spezielle Märkte für Kleinhändler angelegt, nicht nur in Caracas, sondern im ganzen Land. Hier haben zumeist Menschen aus den Barrios die Möglichkeit, ihr Geschäft in der Innenstadt zu betreiben. Das internationale Großkapital greift man auf diesen Märkten wohl am besten an, indem man die Logos der großen Marken einfach selbst auf einfache T-Shirts aufbügelt. Es kommt das Gleiche heraus, als wenn es eine Billigarbeiterin in Thailand machen würde, es kostet allerdings für den Käufer nur einen Bruchteil.
Bewegt man sich durch Caracas' Innenstadt, sollte man ständig darauf achten, wie die Umgebung aussieht. Es geht recht schnell, daß man plötzlich in einem verlassenen Park landet oder in einer dunklen Straße. Dann heißt es möglichst nicht verloren und hilflos auszusehen, sondern sicheren Schrittes wieder in eine belebte Gegend zurückzukehren. Für solch einen Fall empfiehlt es sich auch immer ein Bündel Geldscheine griffbereit in der Tasche zu haben, damit man den Fall eines Falles schnell hinter sich bringen kann.
Der Verkehr in Caracas ist wie schon erwähnt ein Dauerchaos. Besucher sollten auf keinen Fall ein Auto mieten und sich auf eigene Faust fortbewegen. Das ist lebensgefährlich und man kommt ohnehin nicht voran. Dies ist auch der Grund, warum Taxis in Caracas so viel teurer sind als im Rest des Landes. Da Benzin in Venezuela praktisch nichts kostet, zahlt man vor allem für die Fahrtzeit des Fahrers und die liegt in Caracas bei einem Vielfachen von der in anderen Regionen Venezuelas. Am schnellsten kommt man mit der U-Bahn voran. Sie ist gleichzeitig der sicherste und sauberste Ort in Caracas. Essen, Trinken und großes Gepäck sind in der U-Bahn verboten. Eine einfache Fahrt kostet gerade einmal 500 Bs. und man ist schnell an seinem Ziel. Im Moment wird gerade eine neue Linie gebaut, die nun auch einige Barrios an die Innenstadt anschließt. Der Bau wird überall als nationale Sache propagiert, die U-Bahn scheint in Caracas ein Inbegriff von Fortschritt und Modernität zu sein.
Interessante Dinge in Caracas:
Plaza Bolívar: Jede Stadt in Venezuela besitzt ihre Plaza Bolívar, so auch Caracas. Sie markiert das Zentrum der Stadt, das neue wie das alte. Hier spielt sich das Leben ab. Von hier aus sind auch viele andere interessante Orte gut zu Fuß erreichbar. Um die Plaza reihen sich auch einige koloniale Gebäude, z.B. das Rathaus von Caracas. Tagsüber ist es ein recht sicherer Ort, nachts sollte man ihn wie das gesamte Zentrum möglichst meiden.
Palacio Miraflores: Der Präsidentenpalast in direkter Nachbarschaft einer großen Kaserne. Hier ist das politische Herz des Landes. Man sieht viel Militär, vorrangig die regierungsloyalen Fallschirmjägertruppen, denen auch Präsident Chávez entstammt. Der Ort ist oft Schauplatz von Demonstrationen, wenn sich das politische Klima wieder verschärft, sollte man diesen Demonstrationen fernbleiben. In der angeheizten Zeit, im Jahr 2002, hat die Opposition schon einmal auf friedliche Demonstranten geschossen und mehrere Menschen getötet. Momentan ist es aber sicher, sogar nachts, da rund um die Uhr große Mengen von Soldaten um den Palast herum zu finden sind.
Casa Natal de Simón Bolívar: Im Zentrum gelegen, leicht zu finden nicht weit von der Plaza Bolívar. Wer nicht die ganze Bolívar-Tour durch Caracas machen möchte, die locker einen ganzen Tag dauern kann, der bekommt hier einen kleinen Einblick in das Leben des Revolutionärs und des Bürgertums in vergangener Zeit. Der Eintritt ist wie in allen historischen Stätten in Venezuela kostenlos. Als "reicher" Tourist sollte man jedoch ab und zu etwas Geld für die Erhaltung und Sanierung dieser Orte geben.
Bellas Artes: Nicht schön, aber riesig und monumental. Gigantische Betonbauten, vollgestopft mit Wohnungen, eine riesige Freifläche davor. Alles wirkt wie ein Weltuntergangsszenario aus einem Science-Fiction-Film. Es ist keine wirkliche Schönheit, aber die Wirkung zählt. Unweit von hier befinden sich mehrere Museen und Ausstellungshäuser. Der Ort kann tagsüber recht unsicher werden, dann wenn man sich von den Menschenmengen wegbewegt und die verwaisten Grünflächen betritt. Nachts auf jeden Fall meiden.
Altamira: Das Kontrastprogramm zum übervölkerten Zentrum. Auf den breiten Straßen befindet sich vergleichsweise wenig Verkehr, etwas abseits finden sich die Villen der venezolanischen Mittel- und Oberschicht, erkennbar an den hohen Mauern, dem Stachel- oder Elektrodraht und den bissigen Hunden. Altamira ist auch nachts relativ sicher. Wer das Nachtleben von Caracas erleben möchte, der sollte sich hier ein Hotel suchen.
Es gibt noch einige mehr in Caracas, allerdings ist die Hauptattraktion das pulsierende Leben auf den Straßen und die Dynamik des Landes, die in Caracas besonders stark zu spüren ist.
Dinge, die man nicht tun sollte
Caracas ist alles andere als sicher, das dürfte mittlerweile bekannt sein, daher muß man sich hier anders verhalten, als in europäischen Städten.
Fotografieren: ist ein Problem in Caracas. Nicht nur, da Häuserschluchten den Blick versperren. Man sollte beim Fotografieren immer zu erst die Umgebung beachten. Ein Tourist, der seine Kamera präsentiert, gerät schnell in den Fokus von Dieben und schlimmeren. Die Kamera sollte man nach dem Fotografieren sofort wieder fest in einer Tasche verschließen, die man sicher bei sich trägt. Auf keinen Fall sollte man in Mallorca-Manier mit der Kamera um den Hals oder auch in der Hand umherlaufen. Ungünstig sind große auffällige Spiegelreflexgeräte, besser kleine handliche Kameras.
Portemonaie: Das Gleiche wie bei den Kameras. Möglichst selten aus der Tasche holen, am besten immer ein paar Scheine griffbereit in der Hosentasche tragen, so daß man sich im Gewühl z.B. etwas zu Trinken kaufen kann. Größere Summen immer in einem Hotelsafe einschließen, genauso wie Kreditkarten o.Ä. Nur soviel mitnehmen, wie man am Tag ausgeben wird. Bei uns gibt es spezielle Taschen, die man am Körper trägt und die man in den Hosenbund klemmt. Solche Taschen sind für Venezuela, vor allem Caracas, empfehlenswert.
In Barrios gehen: Das mag interessant sein, aber genauso lebensgefährlich. Die Situation in den Barrios hat sich zwar spürbar verbessert, vor allem durch die Mission "Barrio Adentro", dennoch bleiben sie unberechenbare Orte. Der größte Teil der Morde geschieht in diesen Slums. Stattdessen kann man statt eines Taxis den Bus zum Flughafen nehmen, dann wird man durch die Armenviertel gefahren.
Nachts in Caracas: Generell sollte man vermeiden, nach Sonnenuntergang auf die Straße zu gehen. Wer das Nachtleben von Caracas schnuppern will, der sollte unbedingt ein Taxi benutzen und sich auch von Tür zu Tür fahren lassen. Flanieren wie in Europa ist in Caracas nicht möglich und lebensgefährlich.
HardFacts
Caracas ist deutlich teurer als andere Regionen in Venezuela, dennoch viel preisgünstiger als Europa oder Nordamerika. Hotels beginnen bei ca. 10 Euro pro Nacht, dies sind jedoch meistens schlechte Absteigen und Stundenhotels. Ein akzeptables Mittelklassehotel bekommt man ab ca. 30-40 Euro, nach oben kann man auch schon mal für 500 Euro eine Nacht verbringen, z.B. im Hilton oder im Gran Melía.
Essen ist günstig, auf der Straße bekommt man Arepas und Empanadas für ca. 1500 Bs., traditionell dazu ein Malzbier für 1000 Bs. Will man sich selbst in Supermärkten versorgen, kann es schnell sehr teuer werden, fast wie in Deutschland. Die venezelonischen Regierungen haben lange Zeit die Landwirtschaft komplett verkommen lassen, so daß das Land heute fast vollständig von Importen abhängig ist. Supermärkte sind daher bestimmt von den gleichen bunten Packungen, wie man sie aus den USA kennt. Großkonzerne wie Kraft und Nestlé haben praktisch ein Monopol auf die venezolanische Lebensmittelversorgung. Eine Alternative sind die jüngst eingerichteten Mercal-Läden, die die Bevölkerung zu subventionierten Preisen versorgen. Sie stehen auch Ausländern offen, jedoch sollte man bedenken, daß man hier eine venezolanische Sozialleistung in Anspruch nimmt.
Die venezolanische Währung, der Bolívar, ist einer starken Inflation ausgesetzt, die sich zwar mittlerweile deutlich gelegt hat, aber immer noch spürbar ist. Genauso schwankend sind die Preise. Hinweise, man solle nach Venezuela auschließlich Dollars mitbringen, sind Unsinn, aber oft zu finden. Der Euro bringt generell einen besseren Kurs, im Sommer 2006: offiziell 1:2700, Schwarzmarkt 1:3000.
Klimatisch ist Caracas sehr angenehm, das merkt man vor allem, wenn man vom Flughafen kommt, der an der sehr heißen und drückend feuchten Karibikküste liegt. Caracas liegt auf mehr als 800 Metern Höhe. Die Temperaturen übersteigen selten 30 Grad, es regnet fast täglich und ständig hängen die Wolken nur kurz über der Stadt. Das einzige, was vielleicht zu schaffen macht, ist der Smog in der Innnenstadt, verursacht durch das dauernde Verkehrschaos, die niedrigen Benzinpreise (ein Liter kostet ca. drei Cent) und die teils uralten Autos.
Flüge nach Caracas gibt es aus Europa ab Frankfurt, Madrid, Lissabon, Mailand, Paris und Amsterdam. Mit etwas Glück bekommt man einen Flug für unter 600 Euro, manchmal ist es preiswerter einen Charterflug mit Condor nach Porlamar (Margarita) zu nehmen und von dort einen der preiswerten Inlandsflüge. Über Land ist Caracas spottbillig mit dem Bus zu erreichen, als Richtlinie kann man sich merken, daß man etwa 10 Euro für 500 Kilometer bezahlt. Allerdings sollte man immer darauf achten, nicht abends in Caracas anzukommen.
Die genaue Zahl der Bevölkerung von Caracas ist unbekannt, sie kann aber durchaus 10 Millionen betragen. Durch die Vernachlässigung der ländlichen Regionen in der Vergangenheit, durch den Ausverkauf der Ölgesellschaft PDVSA und korrupte Regierungen sind in einem der potentiell reichsten Länder der Erde die meisten Menschen verarmt. Viele zog es nach Caracas in der Hoffnung dort vielleicht einen Lebensunterhalt zu finden. Daher machen die Barrios den größten Teil der Stadt aus. Etwa 70 bis 80 Prozent der Venezolaner sind arm, sie verdienen selten mehr als 20.000 Bs. am Tag. Im Gegensatz dazu steht eine kleine Ober- und eine noch kleinere Mittelschicht. Hier ist es wiederum normal, mehrere Autos zu besitzen und ein Dienstmädchen im Haus zu haben. Man soll sich nicht täuschen lassen: Die glitzernden Shopping-Malls in Chacao oder Altamira, die Fastfood-Restaurants, die scheinbar einen großen Teil der Innenstadt von Caracas bestimmen, sind für den größten Teil der Menschen nicht erreichbar.
Medizinische Versorgung: Wer in Venezuela krank wird, kann eine Vielzahl von Ärzten finden. Allerdings sind Krankenversicherungen unbekannt. Ein Arztbesuch kostet Geld, meistens nicht wenig und man sollte eine Auslandskrankenversicherung besitzen, Medikamente sind für Westeuropäer ziemlich preiswert. Die Masse der Venezolaner wird mittlerweile durch 30.000 kubanische Ärzte im Rahmen der Mission "Barrio Adentro" kostenlos versorgt. Für Ausländer sind diese Ärzte theoretisch auch zugänglich, nur fehlt der Regierung das Geld um einen ähnlichen Standard wie in privaten Kliniken zu gewährleisten.
Impfungen sind in Caracas nicht zwingend notwendig, Hepatitis-Impfungen empfehlen sich aber, wie überall in Lateinamerika oder auch am Mittelmeer. Malariavorsorge ist erst in abgelegeneren Regionen, etwa im Bundesstaat Amazonas, notwendig.
Wer möchte, kann in Venezuela billig eine Schönheitsoperation durchführen lassen, nirgendwo sonst auf der Welt gibt es so viele plastische Chirurgen, die Praxen sehen oft aus wie normale Läden oder Friseurgeschäfte. Man geht rein und kommt wenig später wieder heraus...
Literaturempfehlung zu Caracas: Sahra Wagenknecht: Sieben Tage in Caracas, in: Sahra Wagenknecht (Hg.): Aló Presidente, Hugo Chávez und Venezuelas Zukunft, Berlin 2004, S. 12-37
Fotos:
1. Blick auf Caracas in Richtung Palacio Miraflores
2. Brücke zum Palacio Miraflores: Hier ließ 2002 die Opposition auf die eigenen friedlichen Demonstranten schießen um es später als Übergriff der Regierung darzustellen.
3. Plaza Bolívar
4. "Historisches Zentrum" mit mobilen Kliniken der Mission "Barrio Adentro"
5. Caracas, im Hintergrund riesige Barrios.
http://reisen.ciao.de/Caracas__Test_3120437
06.02.2007 23:41 (zuletzt bearbeitet: 06.02.2007 23:42)
#2 RE: Caracas sehen und sterben ......
mango69
(
gelöscht
)
Details
Danke für den aufschlussreichen Bericht!
Habe mir überlegt, dieses Jahr mal hinzufahren - es dann aber wieder verworfen - eben deshalb weil mir das Land (oder speziell Caracas) ZU unsicher erscheint . Vor allem wenn man alleine unterwegs ist. Dein Bericht deckt sich mit anderen Erzählungen die mir zu Ohren kamen. Da erscheint mir Kolumbien noch angenehmer - einige Regionen ausgenommen natürlich.
07.02.2007 17:25 (zuletzt bearbeitet: 20.02.2007 18:18)
#5 RE: Caracas sehen und sterben ......
Der Bericht ist O.K., aber das kann man auf jede Süd-Amerikanische Stadt umlegen. Bogota, Sao Paulo, Buenos Aires, La Paz..., alle Süd-Amerikanischen Grosstädte sind anders als europäische Städte, aber in New York kann ich auch nicht in den Bronx mit Massanzug und Rolex mich ins Cafe setzen und Budweiser schlucken.
Bzgl. Chicas, es gibt in Carracas sehr schöne Frauen, allerdings gibt´s auch genügend Schotter und Ausschuss. Will man dort eine seriöse Frau kennenlernen muss man spanisch können und man kann sie nicht einfach von der Seite anhauen wie in Cuba (Hola mi Vida linda...), es gibt dort gewisse Clubs wo man zum Buxxxn hingehen kann und wo man bezahlt.
Als ich in Carracas war, bin ich abends zum Centro Comercial San Ignacio, da sind meist angenehme Leute und auch schöne Frauen. Bekanntschaften habe ich meist im grossen Shopping Center San Ignacio gemacht, man muss allerdings spanisch sprechen und auch etwas sympatisch wirken sonst schaut es eher mau aus.
In Carracas gibt´s momentan ne Menge cubanische Ärzte die in den Barrios tätig sind, der erhalten USD 450 im Monat, viele von denen sind jedoch mittlerweile nach Miami ausgeflogen, dies wird natürlich nicht offiziell gesendet, aber unterhält man sich mit Leuten wird einem das bestätigt. I.d.R. wohnt der cubanische Arzt bei einer Familie in den Barrios, die Familie erhält dafür eine monatlich Zahlung vom Staat. Der Arzt bekommt ein Zimmer zur Vefügung gestellt und hält dort Sprechstunde, jedoch fehlen dem Arzt meist Equipment (Röntgengerät usw.), somit ist die Tätigkeit des Arztes sehr beschränkt. Die Idee ist sicherlich gut und menschlich O.K.. Venezuela überweisst für jeden cubanischen Arzt einen gewissen Betrag an Cuba, sowie verbilligtes Öl.
Bzgl. Chicas, es gibt in Carracas sehr schöne Frauen, allerdings gibt´s auch genügend Schotter und Ausschuss. Will man dort eine seriöse Frau kennenlernen muss man spanisch können und man kann sie nicht einfach von der Seite anhauen wie in Cuba (Hola mi Vida linda...), es gibt dort gewisse Clubs wo man zum Buxxxn hingehen kann und wo man bezahlt.
Als ich in Carracas war, bin ich abends zum Centro Comercial San Ignacio, da sind meist angenehme Leute und auch schöne Frauen. Bekanntschaften habe ich meist im grossen Shopping Center San Ignacio gemacht, man muss allerdings spanisch sprechen und auch etwas sympatisch wirken sonst schaut es eher mau aus.
In Carracas gibt´s momentan ne Menge cubanische Ärzte die in den Barrios tätig sind, der erhalten USD 450 im Monat, viele von denen sind jedoch mittlerweile nach Miami ausgeflogen, dies wird natürlich nicht offiziell gesendet, aber unterhält man sich mit Leuten wird einem das bestätigt. I.d.R. wohnt der cubanische Arzt bei einer Familie in den Barrios, die Familie erhält dafür eine monatlich Zahlung vom Staat. Der Arzt bekommt ein Zimmer zur Vefügung gestellt und hält dort Sprechstunde, jedoch fehlen dem Arzt meist Equipment (Röntgengerät usw.), somit ist die Tätigkeit des Arztes sehr beschränkt. Die Idee ist sicherlich gut und menschlich O.K.. Venezuela überweisst für jeden cubanischen Arzt einen gewissen Betrag an Cuba, sowie verbilligtes Öl.
Moin,
nur zwei kurze praktische Kommentare:
In Antwort auf:
Nachts in Caracas: Generell sollte man vermeiden, nach Sonnenuntergang auf die Straße zu gehen. Wer das Nachtleben von Caracas schnuppern will, der sollte unbedingt ein Taxi benutzen und sich auch von Tür zu Tür fahren lassen. Flanieren wie in Europa ist in Caracas nicht möglich und lebensgefährlich.In Antwort auf:Hinweise, man solle nach Venezuela auschließlich Dollars mitbringen, sind Unsinn, aber oft zu finden. Der Euro bringt generell einen besseren Kurs, ...
Das ist so nicht richtig. In Teilen von Altamira und Las Mercedes kann man auch Nachts rumlaufen. Man sollte halt ein wenig drauf achten, das man nicht ganz alleine auf der Strasse ist ...
Das ist zwar formal richtig, unterschlägt aber den kleinen Unterschied, daß der Euro auch mehr wert ist als der Dollar. Im allgemeinen hat man hinterher mehr Bolos, wenn man Euros in Europa in Dollars tauscht, und diese dann in Bolos, als wenn man direkt Euros in Bolos tauscht.
Ansonsten schliese ich mich vielem in dem Artikel an. Caracas (insbesondere das Nachtleben am Wochenende) ist durchaus einen (oder auch mehrere) Besuch(e) Wert. Ich fühlte mich aber auch in Bogotá und Medellín deutlich sicherer (und wohler :) ...
ciao
Bastian
08.02.2007 22:29 (zuletzt bearbeitet: 08.02.2007 22:49)
#7 RE: Caracas sehen und sterben ......
In Antwort auf:
Schon lustig, dass in einem Beitrag von Rafael_70 ein Literaturverweis auf ein Buch von Sahra Wagenknecht steht ...
hombre del norte, 06.02.2007 23:41
HdN, der Bericht ist natürlich nicht mein Bericht!
Ich mag den Bericht, der ja eine irgendwie skurrile Mischung zwischen wirklichkeitsgetreuer Einschätzung der unfassbaren Verhältnisse sowie einer infantilen Begeisterung für "die" Revolution ist.
Leider ist nicht nur Caracas gefährlich, sondern auch andere große Städte wie Barcelona (das in Venezuela)oder Puerto Cruz.
Ich kann gut nachvollziehen, dass Venezuela nicht gerade auf der Liste der meisten Reiseveranstalter steht.
Ausnahmen sind natürlich Ista Margarita, die Tafelberge und der Regenwald sowie teilweise die Anden (Merida).
Man mag es kaum glauben, dass noch vor ca. 15 - 20 Jahren Venezuela von seinen Nachbarländern wegen der Stabilität und Sicherheit beneidet wurde. (wie mir von den Einheimischen erzählt wurde, waren damals die Türen der Häuser nicht einmal verschlossen. )
Entgegen der naiven Ansichten von D.O. oder Chris war auch damals schon ein hohes Maß an Korruption und Ungleichheit gegeben. Allerdings war Venezuela auch immer ein Land, in dem Wählerstimmen über teure Sozialprogramme erkauft wurden.
Die politische Radikalisierung hat seit Ende der 80er Jahre zu einer massiven Zunahme von Chaos, Gewalt und Kriminalität geführt. Dass die Herren Chavez und Konsorten daran eine hohe Mitschuld haben, dürfte außer Frage stehen.
Jedenfalls tragen die chaotischen Maßnahmen der Chavez-Regierung nicht gerade dazu bei, das Land zu stabilisieren und eine tragfähige wirtschaftliche Entwicklung zu ermöglichen.
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