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Deutschland Radio Kultur Filmfest Havanna
29.11.2006 18:09 (zuletzt bearbeitet: 29.11.2006 18:12)
#1 Deutschland Radio Kultur Filmfest Havanna
DLF – Kultur heute 29.11.2006
Zensur auf dem internationalen Filmfestival von Havanna
Ein cubakritischer Beitrag aus Deutschland darf nicht laufen.
Von Peter B. Schumann
Take 1 Giroud (CD 4’39/5’16)
Sprecher: „Die Auswahl enthält alle möglichen Filme: aus Israel, aus Pälastina, aus Afrika, das unabhängige amerikanische Kino, einen von einem
Türken gemachten deutschen Film… Die Filme, die wir zeigen, umfassen alle Genres, Stilrichtungen, Tendenzen, Diskurse, einfach alles.“
Autor: So äußerst sich Iván Giroud, der Leiter des berühmten Internationalen Film-festivals in Havanna, gern. Nur vergisst er hinzuzufügen, dass diese
breite Palette ‚politisch korrekt’, opportun sein muss, dass Kritik nur erlaubt ist, so-lange sie den cubanischen Autoritäten ins Konzept passt, d.h. Fidel Castros
Revolution nicht tangiert. Das aber unternehmen die beiden deutschen Filmemacher Florian Borchmeyer und Matthias Hentschler in ihrem langen
Dokumentarfilm Havanna: Die neue Kunst, Ruinen zu schaffen.
Florian Borchmeyer:
Take 2 Borchmeyer (A 247)
Die Idee, überhaupt einen Film über die Ruinen Havannas zu machen, ist un-geheuer alt. Sie entstand vor ca. 8 Jahren, als ich selbst in Havanna
gelebt und studiert habe und genau in diesem zerfallenden Stadtzentrum, in Centro Habana, gelebt habe und dort einfach sah, wie in meiner
Nachbarschaft ganze Bauwerke einbrachen und Leute unter sich begruben. (25“)
Autor: Eine Handvoll Cubaner, die in solchen prekären Verhältnissen wohnen, äu-ßern sich über ihre meist auch gescheiterten Leben. Der
Film zeigt ihr sozia-les Umfeld in außerordentlichen Bildern von großer Eindringlichkeit. Sie können kaum Stein des Anstoßes sein, denn längst
gibt es üppig aufgemachte Bildbände wie den des kanadischen Fotografen Robert Polidori über das zerfallende Havanna. Der sieht die Dekadenz jedoch
mit einem eher no-stalgischen Blick, während Florian Borchmeyer und Matthias Hentschler eine politische Absicht verfolgen, zu der ihnen der Schriftsteller
José Antonio Ponte die Theorie geliefert hat.
Take 3 Borchmeyer (A 315)
Er bezeichnet sich selbst beruflich als Ruinologen, und er betrachtet den rui-nösen Zustand der Stadt Havanna als Metapher für den ruinösen Zustand des
ganzen Landes, des politischen Systems, aber auch der gesellschaftlichen Struktur und des Lebens der einzelnen Personen. Er sieht also Cuba als komplette
Ruine, indem der kaputte Zustand der Bauwerke einhergeht mit den zerrütteten Leben und dem zerrütteten zivilen Bewusstsein. (30“)
Autor: Doch die beiden Autoren lassen Ponte noch einen Schritt weitergehen.
Take 4 Film (A 377/ 410)
Sprecher: Daraus ergibt sich ein Gedanke, den wir alle haben: Wir brauchen uns um nichts mehr zu kümmern, es wird schon selbst zusammenfallen.
Lasst auch Fidel Castro sterben, denn Fidel Castro ist die große Ruine dieses Landes, nicht nur, weil er so viel ruiniert hat, sondern weil er selbst am Einstürzen ist. (17“)
Autor: Das hat José Antonio Ponte zwar vor gut einem Jahr gesagt, als der ‚Coman-dante’ noch bei bester Gesundheit schien. Aber es ist ein Sakrileg, über
das keine offizielle cubanische Institution hinwegsieht. Ponte wurde wegen solcher Äußerungen, die er lange vor dem Film verbreitet hatte, aus dem
Schriftsteller-Verband ausgeschlossen und hat praktisch Berufsverbot. Nun wollte die havanner Repräsentanz des Goethe-Instituts diese Neue Kunst, Ruinen zu schaffen
innerhalb der Deutschen Reihe des Filmfestivals zeigen. Alle Verantwortungsträger der deutschen Diplomatie vor Ort kennen und loben das Werk, genauso wie sie
Havannas wichtigstes Kulturereignis als ein offenes Schaufenster schätzen. Nur haben sie wohl den Sprengstoff des einen wie die Liberalität des anderen verkannt.
Take 5 Borchmeyer (A 029)
Was dann geschah, ist, dass der Film dem Leiter des Filmfestivals Ivan Gi-roud vorgelegt wurde, und der sagte: Dieser Film sei ihm schon bekannt, da er im ICAIC auf
einer Giftliste oder Verbotsliste stünde und deshalb von ihm als Filmfestivalleiter nicht programmiert werden könne. Er hat damit zugege-ben, erstens dass es diese Liste
gibt, und zweitens, dass er als Filmfestival-Direktor keine unabhängige Institution ist, sondern von einem staatlichen Or-gan, nämlich dem cubanischen Filminstitut,
in seiner Programmierung abhängt. (30“)
Autor: 12 Jahre lang ist die Deutsche Reihe auf dem havanner Festival ohne Eingrif-fe von Seiten der Cubaner, allerdings auch ohne kritische Filme über Cuba gelaufen.
Nun hat sie das erlebt, was Journalisten, Künstlern, Intellektuellen häufig widerfährt, die die Toleranz des Regimes auszuloten gedenken. Im üb-rigen sind Florian Borchmeyer
und Matthias Hentschler nicht die einzigen, die an der mangelnden Meinungsfreiheit auf diesem 28. Internationalen Film-festival in Havanna gescheitert sind. Auch der
bekannte cubanische Regis-seur Rolando Díaz, ganz und gar kein Dissident, sondern ein Arbeitsexiliant, darf seinen Spielfilm Cercanía nicht zeigen, weil in seiner Geschichte
über das problematische Zusammentreffen eines alten Cubaners mit seinen Angehörigen in Miami einige allzu irritierende Sätze über die Verhältnisse auf der Insel fallen.
Dafür können die Besucher der Deutschen Reihe sich u.a. an deutschen Märchenfilmen erfreuen.
http://www.ruinas.de http://www.raros.de
Zensur auf dem internationalen Filmfestival von Havanna
Ein cubakritischer Beitrag aus Deutschland darf nicht laufen.
Von Peter B. Schumann
Take 1 Giroud (CD 4’39/5’16)
Sprecher: „Die Auswahl enthält alle möglichen Filme: aus Israel, aus Pälastina, aus Afrika, das unabhängige amerikanische Kino, einen von einem
Türken gemachten deutschen Film… Die Filme, die wir zeigen, umfassen alle Genres, Stilrichtungen, Tendenzen, Diskurse, einfach alles.“
Autor: So äußerst sich Iván Giroud, der Leiter des berühmten Internationalen Film-festivals in Havanna, gern. Nur vergisst er hinzuzufügen, dass diese
breite Palette ‚politisch korrekt’, opportun sein muss, dass Kritik nur erlaubt ist, so-lange sie den cubanischen Autoritäten ins Konzept passt, d.h. Fidel Castros
Revolution nicht tangiert. Das aber unternehmen die beiden deutschen Filmemacher Florian Borchmeyer und Matthias Hentschler in ihrem langen
Dokumentarfilm Havanna: Die neue Kunst, Ruinen zu schaffen.
Florian Borchmeyer:
Take 2 Borchmeyer (A 247)
Die Idee, überhaupt einen Film über die Ruinen Havannas zu machen, ist un-geheuer alt. Sie entstand vor ca. 8 Jahren, als ich selbst in Havanna
gelebt und studiert habe und genau in diesem zerfallenden Stadtzentrum, in Centro Habana, gelebt habe und dort einfach sah, wie in meiner
Nachbarschaft ganze Bauwerke einbrachen und Leute unter sich begruben. (25“)
Autor: Eine Handvoll Cubaner, die in solchen prekären Verhältnissen wohnen, äu-ßern sich über ihre meist auch gescheiterten Leben. Der
Film zeigt ihr sozia-les Umfeld in außerordentlichen Bildern von großer Eindringlichkeit. Sie können kaum Stein des Anstoßes sein, denn längst
gibt es üppig aufgemachte Bildbände wie den des kanadischen Fotografen Robert Polidori über das zerfallende Havanna. Der sieht die Dekadenz jedoch
mit einem eher no-stalgischen Blick, während Florian Borchmeyer und Matthias Hentschler eine politische Absicht verfolgen, zu der ihnen der Schriftsteller
José Antonio Ponte die Theorie geliefert hat.
Take 3 Borchmeyer (A 315)
Er bezeichnet sich selbst beruflich als Ruinologen, und er betrachtet den rui-nösen Zustand der Stadt Havanna als Metapher für den ruinösen Zustand des
ganzen Landes, des politischen Systems, aber auch der gesellschaftlichen Struktur und des Lebens der einzelnen Personen. Er sieht also Cuba als komplette
Ruine, indem der kaputte Zustand der Bauwerke einhergeht mit den zerrütteten Leben und dem zerrütteten zivilen Bewusstsein. (30“)
Autor: Doch die beiden Autoren lassen Ponte noch einen Schritt weitergehen.
Take 4 Film (A 377/ 410)
Sprecher: Daraus ergibt sich ein Gedanke, den wir alle haben: Wir brauchen uns um nichts mehr zu kümmern, es wird schon selbst zusammenfallen.
Lasst auch Fidel Castro sterben, denn Fidel Castro ist die große Ruine dieses Landes, nicht nur, weil er so viel ruiniert hat, sondern weil er selbst am Einstürzen ist. (17“)
Autor: Das hat José Antonio Ponte zwar vor gut einem Jahr gesagt, als der ‚Coman-dante’ noch bei bester Gesundheit schien. Aber es ist ein Sakrileg, über
das keine offizielle cubanische Institution hinwegsieht. Ponte wurde wegen solcher Äußerungen, die er lange vor dem Film verbreitet hatte, aus dem
Schriftsteller-Verband ausgeschlossen und hat praktisch Berufsverbot. Nun wollte die havanner Repräsentanz des Goethe-Instituts diese Neue Kunst, Ruinen zu schaffen
innerhalb der Deutschen Reihe des Filmfestivals zeigen. Alle Verantwortungsträger der deutschen Diplomatie vor Ort kennen und loben das Werk, genauso wie sie
Havannas wichtigstes Kulturereignis als ein offenes Schaufenster schätzen. Nur haben sie wohl den Sprengstoff des einen wie die Liberalität des anderen verkannt.
Take 5 Borchmeyer (A 029)
Was dann geschah, ist, dass der Film dem Leiter des Filmfestivals Ivan Gi-roud vorgelegt wurde, und der sagte: Dieser Film sei ihm schon bekannt, da er im ICAIC auf
einer Giftliste oder Verbotsliste stünde und deshalb von ihm als Filmfestivalleiter nicht programmiert werden könne. Er hat damit zugege-ben, erstens dass es diese Liste
gibt, und zweitens, dass er als Filmfestival-Direktor keine unabhängige Institution ist, sondern von einem staatlichen Or-gan, nämlich dem cubanischen Filminstitut,
in seiner Programmierung abhängt. (30“)
Autor: 12 Jahre lang ist die Deutsche Reihe auf dem havanner Festival ohne Eingrif-fe von Seiten der Cubaner, allerdings auch ohne kritische Filme über Cuba gelaufen.
Nun hat sie das erlebt, was Journalisten, Künstlern, Intellektuellen häufig widerfährt, die die Toleranz des Regimes auszuloten gedenken. Im üb-rigen sind Florian Borchmeyer
und Matthias Hentschler nicht die einzigen, die an der mangelnden Meinungsfreiheit auf diesem 28. Internationalen Film-festival in Havanna gescheitert sind. Auch der
bekannte cubanische Regis-seur Rolando Díaz, ganz und gar kein Dissident, sondern ein Arbeitsexiliant, darf seinen Spielfilm Cercanía nicht zeigen, weil in seiner Geschichte
über das problematische Zusammentreffen eines alten Cubaners mit seinen Angehörigen in Miami einige allzu irritierende Sätze über die Verhältnisse auf der Insel fallen.
Dafür können die Besucher der Deutschen Reihe sich u.a. an deutschen Märchenfilmen erfreuen.
http://www.ruinas.de http://www.raros.de
http://www.dradio.de/dlf/sendungen/kulturheute/568904/
@chaval
weil es kein forum ist sondern eine radiosendung
http://www.ruinas.de http://www.raros.de
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