Die Kommunistische Partei wird für die Zeit nach Castro vorbereitet

26.06.2006 10:41
avatar  ( Gast )
#1 Die Kommunistische Partei wird für die Zeit nach Castro vorbereitet
avatar
( Gast )

26. Juni 2006, Neue Zürcher Zeitung

Vorgehen gegen disziplinlose Funktionäre in Kuba

Die Kommunistische Partei wird für die Zeit nach Castro vorbereitet

Seit Monaten beschäftigt der Kampf gegen Korruption und Machtmissbrauch die kubanische Führung. Die Kommunistische Partei wird gesäubert und gestärkt. Dies soll garantieren, dass nach dem Ableben Castros die Ideale der sozialistischen Revolution erhalten bleiben.

bau. Mexiko-Stadt, 25. Juni

Wohl erstmals in der Geschichte der 1965 gegründeten Kommunistischen Partei Kubas (PCC) ist letzte Woche ein Mitglied des obersten Leitungsgremiums, des Politbüros, vor Gericht gestellt und zu einer langen Gefängnisstrafe verurteilt worden. Früher hatte man Genossen, die bei korrupten Handlungen oder ideologischen Abweichungen ertappt worden waren, jeweils mit einem ehrenrührigen Rüffel und dem Ausschluss aus der Partei bestraft. So wurde 2002 Aussenminister Roberto Robaina, dem man Fehler in der Führung des Ministeriums, vor allem eine zu grosse Nähe zu den USA, vorwarf, ohne grosses Aufheben kaltgestellt. Seither arbeitet er anscheinend als Parkwächter.

Machtmissbrauch
Jetzt hat ein Gericht in der Hauptstadt Havanna Juan Carlos Robinson, den Sekretär des PCC in den Ostprovinzen Guantánamo und Santiago de Cuba, zu zwölf Jahren Gefängnis verurteilt. Der Musterkommunist, der zehn Jahre lang dem Politbüro angehörte, hatte offenbar wiederholt seine hohe Stellung in der Partei dazu missbraucht, um sich persönliche Vorteile zu verschaffen. Aus der Verlautbarung des Gerichts geht nicht hervor, welcher Art die Verfehlungen im Detail waren, die zur Verurteilung führten. Ende April hatte das Politbüro den in Ungnade gefallenen Genossen strafrechtlich angezeigt. Damals hiess es, Robinson habe sich «frech und hochnäsig» benommen, seine Macht missbraucht und seine Funktion öffentlich zur Schau gestellt.

Das Generalsekretariat wieder eingeführt
Die exemplarische Bestrafung des ranghohen Funktionärs erfolgt zum Zeitpunkt grösserer Revirements im Schosse des PCC und des Ministerrats. Laut dem Parteiorgan «Granma» wurden in den letzten Wochen ein Drittel aller Parteisekretäre in den Provinzen ausgewechselt; die Chefs zweier Schlüsselministerien, derjenigen für Industrie sowie für Rechnungsprüfung und Kontrolle, wurden ersetzt. Gleichzeitig besann man sich auf eine Stärkung des obersten Leitungsausschusses der Partei. Auf dem Höhepunkt der Wirtschaftskrise nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion war 1991 das Generalsekretariat der Partei abgeschafft worden. Jetzt hat man dieses Exekutivorgan des Politbüros wieder eingeführt. Das Sekretariat soll nicht nur innerhalb der Partei, sondern auch in der ganzen Staatsverwaltung dafür sorgen, dass die Beschlüsse der Parteileitung auch wirklich durchgesetzt werden.

Ende April hatte der Staats- und Parteichef Fidel Castro verkündet, am Ende der «Sonderperiode in Friedenszeiten» sei es Aufgabe der Partei, einen grösseren Einfluss auf die Entwicklung im Land zu nehmen und stärker zu führen, dies mit dem Ziel, einerseits den Aufbau des Sozialismus voranzutreiben, andererseits alles zu bekämpfen, was geeignet sei, das Werk der Revolution zu verletzen, zu verzögern oder gar zu verhindern. Man werde mit aller Entschiedenheit Disziplinlosigkeit, Korruption und Nachlässigkeit bekämpfen, sagte Castro.

Neue Massnahmen gegen den weitverbreiteten Diebstahl von Staatseigentum und den blühenden Schwarzhandel gehören seit ein paar Monaten zum kubanischen Alltag. Tausende von meist jungen «Sozialarbeitern» haben die für ihre Bestechlichkeit bekannten Tankwarte an den Zapfsäulen für Benzin und Dieseltreibstoff ersetzt. Ein neugeschaffenes Korps von Inspektoren, die besonders revolutionär denken und zusätzlich auf einen Verhaltenskodex eingeschworen werden, schnüffelt in Geschäften, Restaurants und anderen Dienstleistungsbetrieben, um Unregelmässigkeiten aufzudecken.

Vor dem achtzigsten Geburtstag des greisen Revolutionsführers am 13. August mehren sich die offiziellen Stellungnahmen zur Frage, was nach dem Ableben Castros mit Kuba geschehen soll. Die jüngsten Massnahmen zur Stärkung des Parteiapparates und der Disziplin lassen vermuten, dass eine kollektive Führung unter der Schirmherrschaft des PCC angestrebt wird. Verteidigungsminister Raúl Castro, der um vier Jahre jüngere Bruder Fidels, erklärte, nur der PCC könne der würdige Erbe des Revolutionsführers Castro sein, alles andere sei Spekulation.

Sparsam und arbeitsam
In einem kürzlich in Buchform publizierten Interview mit dem Direktor von «Le Monde Diplomatique», Ignacio Ramonet, bestätigt Castro einmal mehr, dass er seinen Bruder als natürlichen Nachfolger sieht. Immerhin deutet er an, dass angesichts des ebenfalls fortgeschrittenen Alters von Raúl ein Generationenwechsel in der Führung des Landes unausweichlich sei. Aussenminister Felipe Pérez Roque, ein übereifriger Adlatus des nimmermüden Alt-Revolutionärs, macht sich ebenfalls Gedanken darüber, wie das Überleben der Revolution nach Castro zu sichern wäre. Für ihn ist entscheidend, dass Partei und Regierung nicht die «moralische Autorität» verlieren. Das Volk müsse wissen, dass die Führer keine Privilegien hätten, mit dem guten Beispiel vorangingen sowie sparsam und arbeitsam seien.

http://www.nzz.ch/2006/06/26/al/articleE8UDJ.html
_____________________________
hpblue - zurich - switzerland


 Antworten

 Beitrag melden
Seite 1 von 1 « Seite Seite »
Bereits Mitglied?
Jetzt anmelden!
Mitglied werden?
Jetzt registrieren!