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Kokabauer auf der Siegerstraße
Kokabauer auf der Siegerstraße
(Die Presse) 17.12.2005
Leichter kann man sich's mit den USA kaum verscherzen: Kurz nach 9/11 trat Evo Morales, linker Abgeordneter im bolivianischen Kongress, vor die Presse und meinte: "Amerika geschieht das recht. Es ist die Strafe für seine Überheblichkeit." Im Jänner 2002 war Morales seinen Parlamentssitz los. Angeblich wegen Aufwiegelung zu Bauern-Unruhen; in Wahrheit wegen "sanften" Drucks aus der US-Botschaft in La Paz.
Evo Morales, Angehöriger des Inka-Stammes der Aymara, ist drauf und dran, bei den Wahlen am Wochenende zum ersten indigenen Präsidenten Boliviens gewählt zu werden. Und das in einem Land, in dem eine dünne Oberschicht aus Weißen und Mestizen (kaum 20 Prozent der Bevölkerung) die politische wie wirtschaftliche Macht im Land innehat.
Seine Jugend ist herkunftstypisch: Kind armer Eltern, verkaufte er Zuckerln auf der Straße, spielte in Tanzbands. Später zog die Familie in die Region Chapare, das Mekka der Kokabauern. Da arbeitete er sich über Funktionen in Dorfvertretungen empor, wurde Bauern- und Sozialistenführer, kam 1999 in den Kongress. Er fordert ungehinderten Koka-Anbau, hohe Steuern auf die Gasförderung ausländischer Firmen im Land, Verstaatlichungen, Umverteilung zu Gunsten der Armen und ein sozialistisches Gesellschaftsmodell.
In Washington schellen wieder die Alarmglocken: Siegt Morales, wäre Lateinamerika noch röter eingefärbt, als es (siehe Chile, Brasilien, Venezuela, Argentinien, Uruguay, Kuba) eh schon ist. wg
http://www.diepresse.com/Artikel.aspx?ch...rt=pk&id=526912
Evo Morales erreicht absolute Mehrheit
19.12.2005, Evo Morales von der Bewegung zum Sozialismus (MAS) wird als erster Indio Präsident Boliviens. Hochrechnungen von Radio- und Fernsehstationen des südamerikanischen Landes zufolge erreichte er bei der gestrigen präsidentenwahl mit 50,9 Prozent bereits im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit - als erster Präsident in der Geschichte Boliviens. Sein linker Konkurrent, der Indioführer Felipe Quispe, konnte ihm mit 1,1 Prozent nicht paroli bieten.
Als schärfster bürgerlicher Konkurrent war der von den transnationalen Konzernen und den USA favorisierte Jorge Quiroga, der weit abgeschlagen auf 31,9 Prozent der Stimmen kam. Er gestand seine Wahlniederlage bereits ein. Drittplazierter ist der Zementunternehmer Samuel Doria Medina, der mit 8,2 Prozent unter seinen Erwartungen blieb.
Die offiziellen Zahlen, die auf den ausgezählten Stimmen beruhen, sehen Morales noch bei 47 Prozent. Diese Zahlen basieren aber nur auf den Ergebnissen von 8,6 Prozent der 21.111 Wahllokale, weshalb allgemein den Prognosen der Medien größere Genauigkeit nachgesagt wird. Der Informationsidenst Bolpress titelt bereits: "Evo, gewählter Präsident".
Durch die absolute Mehrheit bleibt Evo Morales eine Abstimmung im Parlament erspart, da der zweite Wahlgang in Bolivien nicht durch allgemeine Wahlen, sondern durch eine Abstimmung der Parlamentarier durchgeführt wird. Hier behalten offenbar die bürgerlichen Parteien eine knappe Mehrheit. Im Senat erreicht Evo Morales' MAS offenbar 12 der 27 Sitze und damit einen weniger als die Podemos von Quiroga. Die Partei MNR des gestürzten Sánchez de Lozada, der in den USA aufgewachsen war und als Präsident weniger Spanisch als Englisch sprach, kam auf nur 6,7 Prozent.
In einer ersten Ansprache am Sonntagabend um 22 Uhr Ortszeit benannte Morales als Grundlage seiner Präsidentschaft Gleichheit, Gerechtigkeit, Gleichberechtigung und Frieden. Für Bolivien beginne eine neue Geschichte, so der Sozialist. Der künftige Vizepräsident Álvaro García Linera sprach von einer "historischen Revolution mit dem Stimmzettel".
Quelle: Bolpress: http://www.bolpress.com/politica.php?Cod=2005121907
Zusammenfassung: RedGlobe: http://www.redglobe.de/index.php?option=...d=433&Itemid=39
Videonachricht von Euronews: http://www.euronews.net/popup.php?lng=3&....rm?usehostname
Neoliberalismus abgewählt
In Bolivien gewinnt der Sozialist Evo Morales die Präsidentschaftswahl
Mit einem so überwältigenden Sieg hatte Evo Morales wohl selbst nicht gerechnet. Nach dem Endergebnis wurde der 46-jährige Aymara-Indio am Sonntag mit 51 Prozent der Stimmen zum künftigen Präsidenten Boliviens gewählt. Wahlvorhersagen hatten weder ihm noch dem neoliberalen Herausforderer Jorge Quiroga den Sprung über die 50-Prozent-Marke zugetraut. Mit der absoluten Mehrheit bleibt dem Land nun eine undemokratische Prozedur erspart. Dem bolivianischen Wahlrecht zufolge wird der Präsident vom Parlament bestimmt, sofern keiner der Kandidaten im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit erreicht. Eine Stichwahl ist nicht vorgesehen. Die Regelung hatte in der Vergangenheit ein beispielloses Geschacher um Einfluss und Posten zwischen den Parteien ebenso gefördert wie direkte Korruption und Stimmkauf. (...)
Streitpunkt und soziales Problem: Die Koka-Frage
Evo Morales hatte seinen politischen Einfluss vor allem mit der Forderung nach einer Legalisierung des Anbaus von Koka ausbauen können. Rund 80 Prozent der bolivianischen Bevölkerung gehört einer der indigenen Gruppen an. Der Koka-Anbau hat in dieser Bevölkerungsmehrheit zum einen hohen traditionellen Wert. Viele Familien hängen wirtschaftlich vom Anbau der Koka-Pflanze ab. Die MAS unter Evo Morales hatte sich daher vor allem gegen die US-Regierung positioniert. Washington verteidigt seit Jahren kompromisslos die Vernichtung von Koka-Feldern in Südamerika, um so vorgeblich den Drogenhandel in den Griff zu bekommen.
Vor allem in Kolumbien, aber auch in Bolivien und Ecuador hatte diese Politik verheerende soziale Auswirkungen. Durch die Ausbringung von Herbiziden wurden in diesen Ländern fruchtbare Böden vergiftet. Organisationen von Landarbeitern und Menschenrechtsgruppen beklagen gesundheitliche Folgen für die Bewohner der betroffenen Gegenden.
Die MAS wendet sich entschieden gegen eine Fortführung dieser aggressiven Bekämpfung des Koka-Anbaus. Das Drogenproblem, so fordert Morales seit Jahren, müsse in den Konsumentenstaaten bekämpft werden. Der Streit hat konkrete politische Auswirkungen. Die Bekämpfung des Koka-Anbaus obliegt in den USA der Drug Enforcement Administration (Drogenbekämpfungsbehörde, DEA), die in Südamerika eng mit den Außenposten der US-Armee zusammenarbeitet. Der DEA wurde daher wiederholt vorgehalten, die Militarisierung der Region durch die USA zu befördern. Tatsächlich wurde der Vorwurf des "Drogenterrorismus" aus den USA auch schon gegen die MAS erhoben.
Umkehr der Wirtschaftspolitik erwartet
Die ablehnende Haltung Washingtons erklärt sich zudem aus dem wirtschaftspolitischen Programm der MAS. Evo Morales gilt als Widersacher der neoliberalen Politik der vergangenen Jahre. Vor allem aber tritt er für die Rückverstaatlichung der Erdgasvorkommen ein, die 1996 privatisiert worden waren. Die darauf folgenden Proteste hatten das Land seither nicht mehr zur Ruhe kommen lassen. Bolivien verfügt über derzeit 1,5 Billionen Kubikmeter bestätigter Erdgasvorkommen. Zugleich ist es der ärmste Staat Südamerikas. (...)
Quelle und vollständiger Artikel: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/21/21619/1.html
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