Klassenfeind in Badehose

CARL D. GOERDELER ÜBER DEN TOURISMUS AUF KUBA

Der internationale Tourismus ist die wichtigste Einnahmequelle für Kuba. 200 000 Kubaner arbeiten als Kellner, Kneipenwirte oder Küchenhilfen im Tourismussektor – der einzige, der in den vergangenen Jahrzehnten ein stetes Wachstum verzeichnete. Dass aber beinahe zehn Prozent der arbeitenden Bevölkerung in permanentem Kontakt zum ausländischen Kunden das tägliche Brot verdient – und dem Staat damit Devisen verschafft – hat eine dunkle Seite: Das Risiko, sich anzustecken. Vor allem mit subversiven Ideen.

Das kubanische Ministerium für Tourismus hat deshalb die Resolution Nummer 10 herausgegeben, die in 22 Paragraphen und Merksätzen die „ethischen, moralischen und professionellen Prinzipien“ zusammenfasst, die alle Tourismuskader zu beachten haben.

Jeder Ober, jedes Zimmermädchen muss wissen, dass im Umgang mit den Gringos die Treue zum eigenen Vaterland vorrangig ist. Deshalb müssten alle Avancen wie Trinkgelder, Geschenke oder Einladungen hinterfragt werden: Nützt dies dem Vaterland? Oder ist damit etwa eine Gefährdung der Würde oder Existenz des kommunistischen Kuba verbunden?

Wenn solche Gringo-Gunstbeweise über das übliche Maß kleiner Trinkgelder hinausgehen, ist der Genosse oder die Genossin angehalten, dies dem Vorgesetzten zu melden und gegebenenfalls das Geschenk abzuliefern. Einen Game-Boy beispielsweise für den „allgemeinen, internen Gebrauch im Ministerium“.

Eigentlich selbstverständlich, dass der linientreue Tourismuskader weder Staatsgeheimnisse noch Berufsinterna ausplaudert. Er hat sich gegenüber den ausländischen Gästen diskret und zurückhaltend zu verhalten und gegebenenfalls Meldung zu machen, wenn ihm subersive Informationen zu Ohren kommen.

Während die kubanische Regierung sich – je stärker der System bröckelt, umso heftiger – in immer neuen Angriffen gegen die USA und andere „Feindstaaten“ ergeht, hat der Klassenfeind längst die schönsten Badestrände erobert. Verwunderlich, dass die misstrauischen Zuckerrohr-Kommunisten die Gefahr erst so spät entdeckt haben.

http://www.frankenpost.de/nachrichten/st....phtm?id=764404

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