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Das Fotomotiv
Das Fotomotiv
Abini Zöllner
In Berlin grüßen sich die Schwarzen untereinander, auch die Braunen. Sie grüßen sich auf der Straße, in Geschäften, in der U-Bahn. Es ist eine Form der Seelenverwandtschaft, ein Code der Freundlichkeit.
So passiert es, dass ich mit fremden Menschen in Gespräche gerate. Oder dass ich mit meinem Sohn in einem Café in Mitte frühstücke und uns die schwarzen Kellner eine Freundschaftskarte zustecken, die uns ab sofort Rabatt gewährt. Oder dass ich an der Ampel stehe und spontan zu einer Black Party eingeladen werde. Meine braune Haut ist ein Kommunikationsmittel, noch bevor ich etwas gesagt habe.
Als ich kürzlich mit ein paar Bekannten nach Kuba fuhr, bereiteten wir uns vor. Einer hatte sich Wachsamkeit verordnet, da in Kuba das Fahrverhalten so "unvorhersehbar" sei. Der andere erklärte, dass in der Nähe militärischer Einrichtungen, die als solche nicht immer erkennbar sind, jeder "Anweisung Folge geleistet werden muss, da sonst die Schusswaffe gebraucht wird". Auch ich hatte die Hinweise des Auswärtigen Amtes gelesen, aber mich beschäftigte vor allem das: Würde ich Freundschaftskarten geschenkt bekommen? Oder zu Partys eingeladen werden? Würde ich die ganze Zeit nur grüßend durch Kuba laufen? Es gibt dort so viele Mischungen zwischen Schwarz und Weiß, bis zu welcher Nuance grüßt man, ohne sich lächerlich zu machen?
Im Flugzeug malten wir uns aus, dass mich bestimmt alle für eine Kubanerin hielten. Vielleicht lernten wir Abseitiges kennen? Etwas, was Touristen sonst nicht zu sehen bekommen? Wir waren in Vorfreude.
Doch schon bei der Einreise versuchte man, mich an meiner Freude zu hindern. Die Zollbeamtin sah mich ungläubig an, schüttelte den Kopf und fragte immer wieder, wo ich geboren sei. Ich antwortete: In Deutschland. Das sei falsch, sagte sie. Ich ging gedanklich noch mal meinen persönlichen Time-Tunnel ab bis zur Geburt und bestand darauf: In Deutschland. Wieder falsch. Nach einer Viertelstunde gab ich endlich die richtige Antwort: Ich wurde in Berlin geboren. Jetzt nickte sie zufrieden, jetzt durfte ich passieren. Na, da war die Freude doppelt so groß.
Am nächsten Abend wollte ich mit meinen weißen Bekannten ins Casa de la Musica gehen. Aber ich kam nicht rein: "Not for Cuban People", erklärte mir der Einlasser, der Österreicher war. Ich schaute ihn an und sagte auf deutsch: "Das ist ja der Skandal". Dann ließ ich ihn verdutzt stehen.
Am nächsten Abend gingen wir wieder aus. Ich hatte mich etwas aufgebrezelt, wartete in der Hotellobby auf die anderen und bestellte mir an der Bar noch einen Mojito. Ein anderer Ausländer setzte sich mit seinem Cuba Libre neben mich, da machte das Hotelpersonal einen aufgeregten Eindruck. Ich verstand nichts, aber nach einem indiskreten Angebot und prüfenden Blicken wurde mir klar: Man hielt mich für eine Prostituierte. Darauf war ich blöderweise nicht vorbereitet.
Als die anderen dann kamen, lachten sie mich aus und meinten, dass ich mit meinem "kubanischen Aussehen" wohl nicht die Lösung war, sondern das Problem. Ha, ha.
Tapfer gingen sie dann aber mit mir in eine Disco, in eine kubanische. Gerade fing die beliebteste Band des Landes an zu spielen: Los Van Van. Ein junger Mann forderte mich höflich auf. Warum nicht? Zwar konnte ich nicht Salsa tanzen, aber hier kannte mich ja keiner. Er wirbelte mich umher, gelegentlich stand ich auf seinen Füßen oder kippte unmotiviert in die falsche Richtung. Mir war übel. Ich hatte keine Ahnung, dass der junge Mann tagsüber beim kubanischen Fernsehballett sein Geld verdiente. Eine deutsche Touristin, die die ganze Zeit mit ihrem Mann etwas gehemmt am Rand stand, sagte: "Was genierst du dich so. Sieh doch mal, die Kubaner können auch nicht alle tanzen." Sie zeigte auf mich.
Ich beschloss, nicht unter depressiven Druck zu geraten. Es gab Schlimmeres, zum Beispiel Menschen, die beim Platznehmen den Stuhl verfehlten - wie mein bedauernswerter Tischnachbar. Ich richtete mich an seinem Leid auf.
Am letzten Tag besuchten wir den berühmten Plaza de la Revolución. An diesem Ort werden meist mehrstündige Reden an das Volk gehalten. Hier machen alle Reisebusse Station. Gerade trafen wieder welche ein, als ich von den interessierten Touristen als Fotomotiv entdeckt wurde. Sie richteten mich so ein, dass im Hintergrund auch noch das Martí-Monument ins Bild rückte. Dabei hatte ich nur auf meine Bekannten gewartet. Aber plötzlich war ich Patriotin. Ich schwieg und lächelte in die Kameras.
Quelle: Berliner Zeitung, 19.07.04
Danke Jan,
als "Südländer" sind wir ein bisschen fern des Geschehens im "Hohen Nordosten" Deutschlands!
Hab's korrigiert.
Saludos
Chris
#9 RE:Das Fotomotiv
In Antwort auf:Wenn die abgebildete Person auf dem Buch die Autorin sein soll, dann bin ich entweder farbgestört,
Dürften in ihrem Buch stehen.
Black BRD´ler-Biographien sind momentan in:
oder die haben das Foto ordentlich manipuliert. Wo ist die denn "black"?. Blanca, bestenfalls Trigueña.
e-l-a
Sie ist nicht ganz so "blass" wie auf dem Buchtitel!
Auf Suche nach den Spuren…
…ihrer Identität begaben sich der Anthropologe Svante Pääbo, Direktor am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig, und die Autorin Abini Zöllner, die in ihrem kürzlich erschienenen Buch Schokoladenkind ihre ungewöhnliche Biografie erzählt.
Abini Zöllner
© Peter Endig/Transit für DIE ZEIT
Zeit: Wie kommt eine 36jährige dazu, ihre Autobiografie zu schreiben?
Abini Zöllner: Ich habe eine Zeitungskolumne mit Anekdoten aus meiner Familie geschrieben. Dann kam ein Verleger auf mich zu. Er wollte daraus ein Buch machen, Ich habe leichtsinnigerweise zugesagt. Nach zwei Monaten habe ich ihn gebeten, den Vorschuss wiederzurückzahlen zu dürfen. Ich war der Meinung, dass ich mich übernommen habe. Mich hat während des Schreibens immer die Frage gequält, wen das überhaupt interessieren könnte. Dann habe ich es einfach für meine Familie geschrieben.
Jetzt interessieren sich sehr viele Menschen für meine Geschichte. Nicht, weil Abini Zöllner so bekannt wäre, ich eine Person der Zeitgeschichte wäre. Sondern weil das Buch vielen Menschen die Möglichkeit zur Identifikation gibt. Sei es nun die Ost-West-Geschichte, die Geschichte einer starken Mutter-Tochter-Beziehung oder die Liebesgeschichte mit meinem ehemaligen Mann.
Zeit: War die Niederschrift des Buches auch eine Prozess der Selbsterkenntnis?
Zöllner: Ich hatte mich schon vorher gefunden. Ich habe ja eine jüdische Mutter, die 1937 mit ihrer Familie nach China emigriert ist und dann zwölf Jahre dort gelebt hat. Ich habe eine Vater, der als überzeugter Kommunist aus Nigeria kommend unbedingt nach Moskau wollte und dann in Leipzig hängen geblieben ist. Das ist schon alles sehr verwirrend. Aber für mich war es trotzdem sehr normal. Ich bin schließlich in diese Familie hinein geboren worden.
Dennoch habe ich lange Zeit damit zu tun gehabt, dazu gehören zu wollen. Ich habe dafür so viele Verrenkungen unternommen, dass ich am Ende nicht mehr ich selbst war. Bis ich dann mit 19, 20 festgestellt habe: Ich bin ein Original.
Zeit: Herr Pääbo. Gratulation, gerade wurden Sie mit dem Leipziger Wissenschaftspreis ausgezeichnet. Aber Sie, ein preisgekrönter Wissenschaftler, und die Fruchtfliege Drosophila teilen 75 Prozent ihrer Gene. Wie können sich zwei so unterschiedliche Lebewesen, das eine mit venia legendi, das andere mit Heißhunger auf verfaulte Bananen, genetisch so sehr ähneln?
Svante Pääbo
© Peter Endig/Transit für DIE ZEIT
Svante Pääbo: Es kommt nicht so sehr darauf an, welche Gene ich trage, sondern wie ich meine Gene verwende, wie, wann und wo ich als Organismus welche Gene einschalte. Zudem hängt stark von meiner Umwelt ab, welche von meinen genetischen Möglichkeiten ich entfalte.
Zeit: Mit dem Schimpansen teilen wir 98,7 Prozent unserer Gene. Was bedeutet das?
Pääbo: Dass wir aus genetischer Sicht Menschenaffen sind. Menschenaffen, die sich extrem vermehrt und in den letzten 100.000 bis 200.000 Jahren die Welt erobert haben.
Zeit: Wenn die genetische Ähnlichkeit so groß ist, gibt es überhaupt menschliche Rassen? Wie groß sind die genetischen Unterschiede?
Pääbo: Während wir uns von anderen Menschenaffen ungefähr in 1 Prozent unserer Gene unterscheiden, trennen uns nur 0,1 Prozent von anderen Menschen. Einzigartig beim Menschen im Vergleich zu anderen Tieren ist, dass wir uns alle sehr, sehr ähnlich sind. Das liegt daran, dass wir noch vor ziemlich kurzer Zeit in Afrika eine ziemlich kleine Population waren. Zwei zufällig in Afrika ausgewählte Schimpansen unterscheiden sich genetisch viel deutlicher, als zwei zufällig ausgewählte Menschen, auch wenn der eine aus Asien, der andere aus Europa stammt.
Zeit: Die Mauer hat also nicht ausgereicht, um Ost und West genetisch zu isolieren. Frau Zöllner, Sie haben eine Ost-West-Biografie, sind als Schwarze unter lauter Weißen aufgewachsen. Wie unterschiedlich sind wir denn?
Zöllner: Ich glaube, die Unterschiede sind nicht wirklich vorhanden. Sie werden gemacht. Ich bin der Meinung, dass es eine soziale Identität gibt, eine moralische, eine natürliche und eine politische. In der politischen Identität unterscheiden wir uns zwischen Ost- und Westdeutschland. Aber die Unterschiede werden vor allem von Klischees am Leben erhalten.
Zeit: Ossi, Wessi, Schwarz, Weiß. Wie gehen Sie mit Klischees um?
Zöllner: Ich habe sie manchmal sogar geglaubt. Als Kind haben die Leute gesagt, aus mir würde mal eine gute Sportlerin. Aber niemand hat gesagt, ich würde eine gute Rechtsanwältin werden. Das hat mich irritiert, aber nicht besonders verunsichert. Ich habe geglaubt, dass Schwarze besser tanzen und singen können, dass sie die besseren Sportler sind, und dass das alles auch auf mich zutrifft. Das stimmt aber nicht.
Zeit: Herr Pääbo, unsere Urahnen waren blutrünstige Fieslinge, die Neandertaler tumbe Trottel. Wie gehen Sie mit solchen Klischees um?
Pääbo: Klischees sind eben Klischees. Was wir etwa über die Begegnung des Neandertalers und des modernen Menschen denken, sagt mehr über uns aus, als über das prähistorische Geschehen. In Israel finden wir Fossilien, die zeigen, das der moderne Mensch und der Neandertaler dort fast 60.000 Jahre koexistierten, bevor die Neandertaler verschwunden sind. Die einen sagen jetzt: Der moderne Mensch hat die Neandertaler ausgerottet. Man kann aber auch sagen: es gab 60.000 Jahre friedliches Zusammenleben. Wenn man das heute über den Nahen Osten sagen könnte, wäre ich schon froh.
Zeit: Ist denn auch ein Stück Neandertaler in uns?
Pääbo: Das kann ich nicht ausschließen. Aber es gibt bisher keine Hinweise darauf. Was wir bisher untersuchen konnten, unterscheidet sich stark.
Zeit: Frau Zöllner, wie findet man seine Identität?
Zöllner: Jeder Mensch hat eine Identität, aber viele sind sich ihrer nicht bewusst. Mein Sohn hat gesagt: Du bist ne Kokosnuss. Ich habe mich zuerst darüber geärgert . Aber er hat Recht gehabt. Ich bin außen braun und innen weiß. Man ganzes Wesen, mein Denken, mein Handeln sind einfach weiß. Ich bin Deutsche. Da ist nicht mehr viel Afrika in mir drin.
Zeit: Wie würden Sie Ihre Identität beschreiben?
Zöllner: Ich denke, 20 Prozent sind genetische Identität, 50 Prozent die mütterliche Erziehung und 30 Prozent die Umgebung, die mich geformt hat.
Pääbo: 50 Prozent Mutter, das könnte auch bei mir hinkommen.
Zeit: Herr Pääbo, in drei Sätzen bitte: Was ist der Mensch?
Pääbo: Als Genetiker würde ich sage: Wir haben ein genetisches Gerüst. Aber es ist eben nur ein Gerüst. Alles was wir an Identität aufbauen, hängen wir an diesem Gerüst auf. Die sozialen Einflüsse, die politischen, unsere Beziehungen und so weiter.
Zeit: Frau Zöllner, Herr Pääbo, vielen Dank für das Gespräch.
Abini Zöllner ist Feuilletonredakteurin bei der Berliner Zeitung und Buchautorin (Schokoladenkind, Rowohlt Verlag).
Prof .Dr. Svante Pääbo ist Paläogenetiker und Direktor am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie hier in Leipzig.
(c) DIE ZEIT 22/2003
würde sich selbst in Münden keiner nach ihr umdrehen
Da fiel der "Neger"-Huber in seiner bayrischen Heimat schon eher auf
Yer Baby !
#15 RE:Das Fotomotiv
Habe Abini Zöllner dunkler in Erinnerung. Michael-Jackson-Effekt? Es gab schon öfter Fotos von ihr in der Berliner Zeitung. Sie ist die Frau des Musikers Dirk Zöllner. Darüber, wie sie sich kennenlernten, hatte sie einen Artikel geschrieben, kann man wohl nicht nur in ihrem Buch, sondern auch im Archiv der Berliner Zeitung nachlesen .
Saludos,
hdn
Es gibt noch ein Buch eines in Deutschland aufgewachsenen Kindes schwarzer Hautfarbe (bzw. brauner) , allerdings zur Nazizeit. Es ist vom Herausgeber bzw. Chef von der Zeitschrift
"Ebony" aus den USA. Den Namen von ihm weiss ich allerdings nicht. Hab ihn mal im deutschen
Fernsehen (ich glaub WDR ) bei einem Interview gesehen.
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