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Bush verprellt kostbare Wählerstimmen
Bush verprellt kostbare Wählerstimmen
USA-Maßnahmen gegen Kuba verdrießen Exilkubaner
Von Leo Burghardt, Havanna
Die US-Regierung verschärft ihre Blockademaßnahmen gegen Kuba und verschreckt mit repressiven Maßnahmen große Teile der traditionell Republikaner wählenden kubano-amerikanischen Wählerschaft.
Der Countdown läuft. Zwar wurde der offizielle Anpfiff für die von Washington Anfang Mai verkündeten zusätzlichen Blockademaßnahmen vom State Department vom 1.Juni auf den 30.Juni verschoben. Aber der eigens dafür geschaffene Apparat – tausende Inspektoren und informelle Mitarbeiter – sind bereits heftig bei der Arbeit.
60000 Flugpassagiere wurden in Miami, Chicago, San Fransisco, New York und Los Angeles wie Kriminelle behandelt. Wer verdächtig schien, illegal nach Kuba gereist zu sein, kam auf eine schwarze Liste und muss nun mit einem Prozess und drakonischen Strafen rechnen.
Wie Peter Goldsmith und Michele Geslinde, die von 1997 bis 2003 die Conch Republik Cup-Regatta von Key West nach Kuba mitorganisierten. Sie wurden vergangene Woche verhaftet. Mögliches Strafmaß: 15 Jahre. Oder wie der Rechtsanwalt Richard Connors aus Chicago, der am 6.Juni rechtskräftig zu drei Jahren Gefängnis verurteilt wurde, weil er ein paar kubanische Markenzigarren verkauft hatte. Dem Ehepaar Smith aus Montpelier/Vermont, das in Kuba vier Mal Urlaub gemacht hatte, wurden 55000 US-Dollar Geldbuße angedroht.
USA-Präsident Bush versucht bei Kubano-Amerikanern Punkte für seine Wiederwahl zu sammeln – und das kann durchaus schief gehen. Denn mit der Ausweitung der Reisebeschränkungen für »Personen kubanischer Herkunft« von ein Mal pro Jahr auf ein Mal alle drei Jahre und den Restriktionen bei den Geldüberweisungen habe er »an der tiefen Hingabe der Kubaner gegenüber der Heiligkeit der Familie« gerührt, wie das Senator William Delahunt etwas geschwollen, aber zutreffend ausdrückte.
Für Richard Nuccio, einen der Chefberater des Ex-Präsidenten William Clinton für kubanische Angelegenheiten, ist der Zustand der Beziehungen zwischen den USA und Kuba »ganz einfach schizophren«. Washington habe sich bereits vor langer Zeit seine Kubapolitik aus der Hand nehmen und in eine Gesetzgebung pressen lassen, die rationales Handeln verhindere. »Castro weiß, was er will. Die Vereinigten Staaten wissen es nicht.« Die kubano-amerikanischen Ultrakonservativen könnten sich weder auf die öffentliche Meinung der Nation noch darauf berufen, dass sie durchdachte Optionen im nationalen Interesse vertreten. Sie seien außerdem nicht im Stande, Verhandlungslösungen zu akzeptieren. So weit Nuccio vor vier Jahren.
Inzwischen ist jedoch der harte Kern der floridanischen Extremisten geschrumpft – an Masse und an Substanz. Die Emigranten der neuen Generation verlassen Kuba kaum noch aus politischen Gründen. Sie wollen arbeiten und Geld verdienen, für sich und ihre Angehörigen auf der Insel. Die Söhne und Töchter der alten Radaumacher unterscheiden sich von den neuen meist nur dadurch, dass sie sich etabliert haben.
Am 7.Juni zitierte die Nachrichtenagentur AP aus Miami einen 56-jährigen kubanischen Emigranten: Die Mehrheit der Kubaner habe sich »naturgemäß« zu den Republikanern hingezogen gefühlt. Aber mit den Jahren und wenn man sehe, wie die Dinge laufen, denke man anders. Die Jüngeren, fährt AP fort, seien tatsächlich nicht mehr so den Republikanern verpflichtet. Es wachse die Zahl derer, denen eine Versöhnung mit Kuba näher liege.
77 Prozent der Kubaner in Florida haben Familien auf der Insel. Die »St. Petersburg Times« und die »Palm Beach Post« hatten ihre Reporter am 22. und 24.Mai losgeschickt, um Meinungen einzuholen. Carlos Chediak (75), der 2000 für Bush gestimmt hatte, sagte zum Beispiel: »Ich war Republikaner. Jetzt bin ich Demokrat. In meinem Alter drei Jahre warten zu müssen, um nach Kuba reisen zu können und meinen Enkel zu sehen! Bush hat hier Tausende Stimmen verloren.« Gloria Méndez (51) und ihr Ehemann sind als republikanische Wähler registriert. Bei der kommenden Wahl werden sie jedoch für die Demokraten stimmen. »Die Leute, die die neuen Bestimmungen unterstützen, haben keine Angehörigen auf der Insel.« Und das sei eben eine Minderheit, schüttete Raul Boucourt sein Herz aus.
Am Bemerkenswertesten, weil weniger emotional, äußerte sich der alte Fuchs Joe García, Exekutivdirektor der Nationalen Kubanisch-Amerikanischen Stiftung, dem Dachverband der Anti-Castro-Industrie: »Bei so einer heiklen Wahl wie der kommenden kann sich jeder Irrtum als fatal erweisen.«
(ND 21.06.04)
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