Che - Ein "Schwarzer"...

18.10.2003 01:30 (zuletzt bearbeitet: 18.10.2003 03:34)
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#1 Che - Ein "Schwarzer"...
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sehr erfahrenes Mitglied

Zum Schmunzeln...

aus: Tagesspiegel vom 12.010.03
http://archiv.tagesspiegel.de/archiv/12.10.2003/786088.asp

Junge Union ernennt Che Guevara zum Ehrenmitglied

Die Reinickendorfer JU hat die Qualitäten des linken Rebellen entdeckt und ruft zur Revolution: Mit Postkarten und Kartoffelchips kämpfen sie für mehr Ausbildungsplätze

Von Dagmar Rosenfeld

Mit einem toten Revolutionär kann man es ja machen. Zuerst war es die Textilindustrie, die Che Guevaras Konterfei auf T-Shirts gedruckt hat, als Modegag. Bis man dann gemerkt hat, dass Jesus-Motive sich noch besser verkaufen lassen. Jetzt hat die Junge Union (JU) Reinickendorf den „provokant-revolutionären Che-Look“ (so steht es im Newsletter der JU) entdeckt und Guevara kurzerhand zu ihrem Ehrenmitglied ernannt. „Würde Che noch leben, er wäre ganz bestimmt bei uns eingetreten“, sagt Johannes Eydinger aus dem JU-Vorstand. Das kann er doch nicht ernst meinen. Ein Politgag, oder?

Ein bisschen Satire sei schon dabei, sagt Eydinger. Aber es gebe tatsächlich eine Menge Punkte in denen die Junge Union mit Guevara „total einer Meinung“ sei. Wie Che sich für eine bessere Sozialpolitik eingesetzt und das Regime gestürzt habe, das sei schon eine gute Sache gewesen. Was dann in Kuba daraus gemacht wurde – nun gut, das stehe auf einem anderen Blatt. Aber eine revolutionäre Persönlichkeit wie Che Guevara, die könne Deutschland beim bevorstehenden Umbau der Sozialsysteme gut vertragen. Eine junge Kämpfernatur eben, weil die jetzige Politikergeneration es nicht bringe.

Auf Postkarten und T-Shirts hebt Guevara also nun seine linke Faust für die jungen Konservativen aus Reinickendorf und ruft in ihrem Namen zur Revolution. Aber keine Angst, bolivianische Verhältnisse müssen wir in Berlin wohl erstmal nicht befürchten. Denn die revolutionären Ziele der JU sind dann doch weniger rebellisch als Ches Kämpfermiene es vermuten lässt: Finger weg vom Bildungshaushalt, mehr Ausbildungsplätze und ein geeintes Europa. Und Revolution machen die jungen Wilden aus Reinickendorf nicht mit Waffengewalt, sondern mit Kartoffelchips. Die verteilen sie an Schulen des Bezirks zusammen mit den Che-Postkarten. Chips – das Opium fürs junge Volk.

Die Reinickendorfer Parteifreunde von Johannes Eydinger finden die Che-Kampagne offenbar prima. Es habe nur positive Reaktionen gegeben, sagt er. Auch von den älteren Mitgliedern. Ansonsten hat in der Berliner CDU kaum einer mitbekommen, dass der Nachwuchs einen linken Revolutionär zum Ehrenmitglied ihrer Organisation erklärt hat. Auch Matthias Wambach, Sprecher der Berliner CDU, war ahnungslos. „Na ja, die Junge Union ist für unkonventionelle Aktionen bekannt“, sagt er. Auch wenn man sich über das Geschichtsbild von Che Guevara sicherlich noch einmal sachlich mit den jungen Leuten unterhalten müsse.

Die wirklich linken Gruppierungen in Berlin jedenfalls sind ziemlich verwundert über die revolutionären Ambitionen der JU. „Wir sind uns noch nicht sicher, ob die JU tatsächlich weiß, wer Che war und wofür er politisch stand“, heißt es etwa bei der Neuen Linken Gruppe. Doch wenn es der Jungen Union Ernst mit der Revolution sei, schreibt die linke Organisation in einem nicht ganz so ernsten offenen Brief, dann sei das ein Grund zu feiern. Und so lädt die Gruppe die Nachwuchs-Revolutionäre aus Reinickendorf zu einer Party am 1. Januar 2004 ein. Auf der könne man dann gemeinsam den 45. Jahrestag der sozialistischen Revolution in Kuba feiern.

Keine schlechte Idee. Alle würde dann T-Shirts mit Ches Konterfei tragen und Kartoffelchips essen, die die JU-ler mitgebracht haben. Revolutionen können so schön sein, wenn es keine Gegner mehr gibt.


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18.10.2003 01:32 (zuletzt bearbeitet: 18.10.2003 03:33)
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#2 RE:Che - Ein "Schwarzer"...
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sehr erfahrenes Mitglied

und ...

aus: Tagesspiegel, 12.10.03
http://archiv.tagesspiegel.de/archiv/12.10.2003/785051.asp

Ein Schwarzer
VON TAG ZU TAG

Stephan Wiehler erklärt, warum

Che Guevara immer ein CDU-Mann war

Es ist eine Weltsensation, was die Junge Union Reinickendorfs da enthüllt hat. Che Guevara, die letzte Ikone der Revolution, ist als Renegat enttarnt. Das berühmte Konterfei des Mannes, der dem Kampf für die Geknechteten des Kapitals ein Gesicht gab, erscheint jetzt auf Postkarten und T-Shirts der jungen Christdemokraten. Am Barett die Buchstaben JU ruft er mit erhobener Faust dazu auf: „Engagiert euch!“ Die Botschaft: Che war immer ein Mann der CDU.

Darauf hätten wir auch selbst kommen können, wenn uns der Blick auf Che nicht seit Jahrzehnten durch ideologische Entfremdung seitens der Linken verstellt worden wäre. Als Sohn eines aristokratischen Landwirts, der in Argentinien eine Matetee-Plantage besaß, entstammt Che Guevara der konservativen Stammwählerschaft. Er studiert Ingenieurwissenschaften und Medizin, ohne dem Staat auf der Tasche zu liegen, macht sich als Buchhändler selbstständig. Durch sein sozialpolitisches Engagement an der Seite des Rechtsanwalts Fidel Castro wird er zunächst Chef der Nationalbank und später Industrieminister – klassische Ämter für Konservative. Doch das planwirtschaftliche Korsett des sozialistischen Staates wird dem Manager-Typ bald zu eng. Er kehrt Kuba den Rücken und stürzt sich in militärische Unternehmungen im Kongo und in Bolivien. Dort verliebt er sich in die Ostdeutsche Tamara Bunke – und setzt sich ständig für die Vereinigung ein.

Wenn der kein Schwarzer war, wer dann?


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