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Liebeserklärung an Cuba.
Moskito
(
Gast
)
Details
Liebeserklärung an Cuba.
Ich habe diesen Bericht gemeinsam mit einer Flasche Havana Club verfasst. Ich begann am 31.12. 2001 gegen 19 Uhr zu schreiben. Am 1.1.2002 um 3 Uhr morgens ist die Flasche Havana Club leer, ich bin voll und der Bericht ist fertig.
Den Bericht gibt es auch unter http://www.pocoloco.f2s.com/index.htm mit Bildern!
Ankunft
Ich döse die meiste Zeit in meinem Sessel vor mich hin. Der Flug Düsseldorf - Holguin dauert über 10 Stunden. Ich hasse die viel zu engen Sitzreihen, ich hasse das stundenlange untätige Herumsitzen, ich hasse Fliegen. Während mir zuerst die linke und dann die rechte Arschbacke einschläft, blättere ich im "Lonely Planet" Reiseführer. Ein paar Infos über das Land, in dem ich die nächsten drei Wochen verbringen werde, wären jetzt nicht schlecht.
Ich habe den Last - Minute Flug erst vor ein paar Tagen gebucht und, ich muss gestehen, mein Wissen über Kuba beschränkt sich zu diesem Zeitpunkt noch auf die für Mitteleuropäer übliche Anhäufung von Klischees: dicke Zigarren, Rum ohne Ende, Fidel Castro und die Revolution, Oldtimer und hübsche Cubanerinnen. Auch erinnere ich mich dunkel einmal einen Film mit Robert Redford gesehen zu haben, von dem mir nur ein einziger Satz über Havana in Erinnerung geblieben ist: "Man habe dort (in Havana) eine verdammt gute Chance die beste Zeit seines Lebens zu verbringen."
Mit diesem Basiswissen ausgestattet lande ich gegen 17 Uhr in Holguin. Immerhin habe ich inzwischen Holguin auf der Landkarte gefunden.
Da ich mehrere Jahre in Südamerika gelebt, und die meisten Länder Mittelamerikas bereist habe, spreche ich ganz gut spanisch und kenne mich einigermaßen mit der Behördenmentalität lateinamerikanischer Länder aus. Die Einreise ist trotz mitgebrachter Lebensmittel und fehlender Hotelreservierung kein Problem. Nach kurzer Diskussion mit dem Uniformierten gewährt mir dieser, mit einer unvergleichlich lässigen Handbewegung, die "Gunst" in Cuba einreisen zu dürfen.
Holguin
In Holguin begehe ich zum ersten und letzten Mal den Fehler in einem Hotel abzusteigen. Das Hotel Turquino ist ein Peso Hotel, man kann als Touri auch einchecken, muss aber mit Dollars bezahlen. Das Zimmer, immerhin 15 $ teuer, hat den Charme einer Bahnhofstoilette. Von den grün lackierten Wänden blättert die Farbe ab. Der geflieste Boden ist voller Löcher, und als ich das Licht anmache verschwinden Kakerlaken in allen möglichen Ritzen. Es riecht nach Urin und Muff. Die Bettwäsche mieft, und der russische Kühlschrank schimmelt vor sich hin.
Wirklich mies ist jedoch, das aus der Dusche kein Tropfen Wasser kommt. Ich muss mit dem versifften Eimer, der auch zum spülen des Klos benutzt wird, quer durch das Hotel laufen, um Wasser zu holen. Man stelle sich vor, nach ca. 16-stündiger Anreise nach Kuba und weiteren 3 Stunden schwitzen bei 30 Grad, stehe ich mit diesem versifften Eimer unter der trockenen Dusche...
Da ich ziemlich erledigt bin, lege ich mich nach einem kurzen Gang durch Holguins Gassen, früh ins Bett. Ich bin dann auch schnell eingeschlafen, trotz der drei besoffenen Cubaner im Nebenzimmer, die ihren Fernseher auf Maximallautstärke betreiben, und irgendeinen Ramba Zamba veranstalten.
Mitten in der Nacht haut es mich beinahe aus dem Bett. Über mir hat eine Discoteca aufgemacht. Das Zimmer vibriert, ich höre das Schlurfen tanzender Füße und die Musik ist so laut, dass ich schreien müsste, wollte ich mich mit jemandem unterhalten. Wenigstens höre ich jetzt den Fernseher aus dem Nachbarzimmer nicht mehr.
Das nächste Mal wache ich gegen 4 Uhr früh auf. In Deutschland ist es 10 Uhr. Die Luft ist noch angenehm kühl.
Schlaftrunken koche ich mir einen Kaffee. (Ich habe einen elektrischen Wasserkocher, Kaffeepulver und ein paar Tütensuppen dabei.) Draußen beginnt der Tag mit lautem Vogelgezwitscher und rosa Wölkchen am Himmel. Dazwischen knatternde Motoren und das Gackern von Hühnern.
Ich beschließe nach Santiago de Cuba zu fahren. Ich hätte genauso gut Trinidad, Havana oder eine beliebige andere Stadt wählen können.
Holguin - Santiago
Um sieben ist der Rucksack gepackt und ich verlasse das beschissene Hotel. Kurz darauf sitze ich im VIAZUL Luxus - Touribus nach Santiago. Während wir durch Zuckerrohrfelder brausen, nervt ein geschmackloses Video mit halbnackten Blondinen, die sich gegenseitig mit Karateschlägen bekämpfen und dabei auch noch singen!
Später Dörfer mit kleinen Häusern, staubigen Strassen und spinnennetzartig gespannten Stromleitungen. Dann, bis zum Horizont, Weideland mit bleichen Rindererden.
Santiago
Santiago ist mir sofort sympathisch. Es entspricht wohl einem meiner Klischees von Kuba. Alte Häuser mit viel bröckelndem Flair, schiefe Holzbalkone, kopfsteingepflasterte Strassen, Plazas mit Bänkchen und alten Bäumen. Nachts ist die Stadt erfüllt von Musik und Menschen.
Ich genieße es, ziellos durch die Gassen zu wandern, in kleinen Parks zu sitzen, hinunter zum Hafen zu schlendern und zwischendurch bei einer kalten cerveza zu verweilen.
Ich bewundere türkis- und rosafarbene Oldtimer und ich spreche mit allerlei Menschen, die mir begegnen. Es sind Taxifahrer, Bettler, Schnorrer, Verkäufer von irgendwas, Vermittler von irgendwas und ganz normale Cubaner, die nur einen Small talk halten wollen. Keiner ist wirklich aufdringlich. Selbst die Berufsschnorrer lassen sich mit einem "No me molestes" leicht ausbremsen. Wer mal durch Nordafrika gereist ist, ist da anderes gewohnt.
Einzig die Hitze macht mir zu schaffen. Zum Glück gibt es reichlich kaltes Bier.
Maris
Abends begegne ich Maris. Ihre schwarzen Haare sind zu unzähligen kleinen Zöpfchen geflochten. Ihre Haut hat die Farbe von Milchkaffee. Ich sehe sie auf der gegenüberliegenden Straßenseite und mir wird sofort klar, dass ich sie kennen lernen muss.
Sie wechselt die Straßenseite und läuft ein Stück vor mir her. Die schwarzen Zöpfchen und ihr brauner Rücken üben eine magische Anziehungskraft aus. Als ich sie fast erreicht habe, dreht sie sich um und sieht mich an. Von diesem Moment an ist es um mich geschehen. Ich stammle ein "Hola" und bin verzaubert von diesen braunen Augen, von diesem strahlenden Lächeln.
Von diesem Moment an wird Cuba für mich untrennbar mit Maris verbunden sein. Dieser Zauber hält mich bis heute gefangen. Obwohl inzwischen viele tausend Kilometer zwischen uns liegen vergeht kein Tag, an dem ich nicht an diese wunderschöne Zeit mit Maris in Cuba denke.
Parque Cespedes (Sonntag)
Ich sitze auf der steinernen Bank vor der "Casa Granda" und beobachte das Treiben. Alte Männer verdösen den Tag im Schatten der Bäume. Unglaublich süße Kinder in rosaroten Sonntagskleidchen zerren ihre Mütter durch den Park. Ab und zu Gruppen von Touris, die in ihren Strandshorts zwischen all den herausgeputzten Cubanern, irgendwie lächerlich wirken.
Die dicke Bettlerin von gestern begrüßt mich mit Küsschen auf die Wange. Nachdem sie mir erneut erzählt hat, wie schwer das Leben in Cuba sei, bekommt sie ihre 5 Pesos und zottelt glücklich ab. Im Verlauf der nächsten Stunde kommen alle ihre Freunde bei mir vorbei - es hat sich wohl rumgesprochen, dass da ein Gringo mit weichem Keks sitzt. Ich fühle mich heute aber so gut, dass ich die Welt umarmen könnte. Trotzdem ist mein Pesovorrat irgendwann aufgebraucht und ich habe nur noch eine leere Plastiktüte zu verschenken - auch die wird gerne genommen.
Ein älterer Cubano und seine Tochter kommen vorbei. Gestern habe ich sie im Parque nach der Uhrzeit gefragt, dann haben wir noch ein wenig geplaudert. Heute begrüßen sie mich wie einen alten Bekannten, mit Küsschen, Umarmung und breitem Grinsen.
Abends
Maris isst am liebsten (Cubakenner haben es sofort erraten) pollo frito con arroz. Wiederstand ist zwecklos, so passe ich mich dieser Gewohnheit an. Wir gehen also unser erstes gemeinsames pollo essen, das erste in einer endlosen Reihe von pollos fritos...
Fetttriefend, von einer schwarzbraunen Kruste eingehüllt, liegt es dann vor mir. Maris spricht leidenschaftlich und pollokauend über Fidel und die Revolution. Sie empfindet, wie viele Cubanos eine Art Hassliebe auf den Staat. Einerseits sorgt der Staat in vielen Bereichen des Lebens für seine Cubis wie ein "Vater", andererseits beraubt er sie jeder Freiheit und Entwicklungsmöglichkeit.
Manchmal spricht sie ganz leise, wegen der Geheimpolizei, sagt sie.
Nach diesem Vortrag gibt es Schokoladeneis.
Maris ist 26 Jahre alt und arbeitet in G. Sie bezeichnet sich selbst als Mulatta, hat aber auch etwas Indio beigemischt. Sie hat ein, für Cubanas schmales Gesicht, einen großen, immer lachenden und immer hungrigen Mund, eine schmale Nase und unvergleichlich strahlende, bernsteinfarbene Augen.
Hafen (Montag)
Später Vormittag. Wir sitzen am Hafen auf einer dieser unbequemen Bänke mit schmiedeeisernen Lehnen. Etwas entfernt sitzt ein alter, dürrer Mann mit einer Art Baskenmütze auf dem Kopf. Plötzlich steht er auf und überreicht Maris ein schmales Blatt Papier. Es ist ein Gedicht. Er hat es soeben geschrieben. Es ist wunderschön, und handelt von einem Liebespaar am Ufer des Meeres. Es handelt von Engeln und Sternen die am Himmel erscheinen und von Dingen, die man in der Schule nicht lernen kann. Ich bin mal wieder hin und weg von diesem Land.
Abends ziehen wir durch die Strassen, Kneipen und Plätze Santiagos. Überall dichtes Gedränge, überall Musik, einfach geil. Obwohl ich erst ein paar Tage in Cuba bin, fühle ich mich vertraut, als lebte ich schon lange hier.
Santiago - Barracoa
Die noch tiefstehende Sonne lässt die Zuckerrohrfelder in sattem Grün leuchten. Bananenpflanzen, mit im Morgentau feuchtglänzenden Blättern, stehen in kleinen Gruppen zwischen schlanken Palmen. Ich sitze im Bus nach Barracoa und während die langsam erwachende Sonne die letzten Nebelschwaden verdrängt, lese ich noch einmal das Gedicht des Poeten aus Santiago.
Damit wir nicht zu sehr von der Landschaft verzaubert werden, legt der Busbegleiter ein Billigschmalzvideo der Extraklasse ein. Diesmal schweben Blondinen mit großen Brüsten singend durch künstliche Glitzerwelten.
Vor Barracoa ändert sich die Landschaft. Die schmale Strasse windet sich in engen Kurven die steilen Berghängen empor. Schroffe Felswände wechseln mit üppig bewachsenen Bergrücken.
Während einer kurzen Rast esse ich mein erstes Cucurucho. Es ist süß, klebrig und schmeckt irgendwie nach Kokosnuss. Man taucht den Finger in eine braune Masse und schlotzt das Ganze dann mit lautem Schmatzen.
Barracoa
Maris erwartet mich am Busbahnhof. Sie hat bereits eine Casa organisiert, mit Küche, Ventilator und einem riesigen, grünen Kühlschrank, der sich anhört, als würden in seinem Inneren Schachteln mit rostigen Nägeln geschüttelt.
Barracoa, die Stadt mit karibischem Flair. So jedenfalls mein Reiseführer. Da gerade Sturmflut ist, wird der Malecon von hohen Wellen überspült. Manche schaffen es sogar bis zu ersten Häuserreihe und zerschlagen das eine oder andere Fenster. Für die Kinder ist es ein riesiger Spaß, möglichst nahe an die Mauer heranzupirschen um dann beim nächsten Brecher, im letzten Moment, kreischend davonzulaufen.
Es sind glückliche Tage für Maris und mich. Wir fahren mit dem Bike zum Rio Toa und mit dem Taxi zur Playa Maguana. Abends, nach dem obligatorischen Pollo frito, dann durchs Kaff. Erst Casa de la Trova, dann ins La Terraza, dann La Discoteca. Ich genieße Mojitos und Cuba Libre und endlos lange Nächte unter dem sich vergeblich um Kühlung bemühenden Ventilator...
Mein elektrischer Wasserkocher und die schon erwähnten Tütensuppen, sind bei den Cubis heiß begehrt. Keine Cubanerin, die nicht sofort ihre Unschuld gegen meinen Wasserkocher eintauschen würde. Mein Pech, dass ich mir vorgenommen habe, ihn am letzten Tag Maris zu schenken. Mit den Tütensuppen Marke Maggi 'Huhn mit Nudeln', will sie ihre Chefin (La Directora) bestechen, damit sie noch ein paar Tage zusätzlichen Urlaub bekommt.
Am letzten Abend gibt's eine furchtbare Schlägerei. Ein riesiger Schwarzer beginnt wild um sich zu schlagen. Nach kurzer Zeit fliegen Tische und Stühle und auch einzelne Personen durch den Raum. Immer mehr Leute beteiligen sich an dem Geklopfe. Seltsamerweise ist keine Policia zu sehen, wo doch sonst in Cuba an jeder Ecke mindestens ein Uniformierter rumhängt. Wir verziehen uns durch den Hinterausgang.
Barracoa - Trinidad
Im VIAZUL Richtung Santiago. Maris steigt in G. aus. Sie muss arbeiten, und ich möchte mehr von Cuba kennen lernen. Es war ihre erste Fahrt im VIAZUL. Für Cubaner kaum zu bezahlen, da die Fahrkarte in Dollar bezahlt werden muss. Sie hat die ganze Zeit gekotzt und wäre unter der Klimaanlage beinahe erfroren. Ich verspreche in einer Woche, also nächsten Samstag zwischen 9 Uhr und 10 Uhr anzurufen.
Ich fahre weiter nach Santiago. Dort angekommen entschließe ich mich spontan den Nachtbus nach Trinidad zu nehmen. Der Bus ist fast leer und nach ein paar tiefen Zügen aus meiner Havana Club
7 años Pulle schlafe ich bis kurz vor Trinidad.
In dieser Nacht träume ich von Barracoa und von einer Mulatta aus G. Ich bin einerseits froh, etwas Abstand von den Geschehnissen der letzten Woche zu bekommen, spüre aber auch schon den damit verbundenen Verlust.
Natürlich habe ich neben meiner romantischen auch eine realistische Seite. Es gibt Eigenschaften an Maris an die ich mich erst gewöhnen muss. Ihre Einstellung zu Eigentum, d. h. die Trennung zwischen mein und dein scheint manchmal etwas unscharf zu sein. (Vermutlich ist das gelebter Sozialismus)
Nicht, dass sie ungefragt an meinen Geldbeutel gehen würde, aber es ist für sie selbstverständlich, meinen Milchpulvervorrat als Geschenk an ihre Mutter einzukassieren, den Ananassaft aus dem Kühlschrank ihrem Neffen zu vermachen, meine Rasierklingen bekommt der Papa und zwei Kugelschreiber brauche ich sowieso nicht.
Diese Eigentumsumverteilungen vollzieht sie mit einem so glücklichen Gesicht, dass ich mir ziemlich mies vorkomme, als ich ihr klarmache, dass ich ja nichts dagegen habe, wenn sie ihre Familie mit meinen Sachen beschenkt, nur würde ich gerne zuvor gefragt werden.
Trinidad
Um es kurz zu machen, Trinidad gehört zu den Orten die man sich schon mal anschauen kann. Ist schließlich Weltkulturerbe der UNESCO. Wer noch nie dort war, sollte deswegen aber keine schlaflosen Nächte verbringen.
Trinidad besitzt wunderschön restaurierte Kirchen, Häuser, Museen, Plätze und Strassen. Ich vermisse jedoch die Lebendigkeit andere cubanischer Städte. In Trinidad wirkt alles wie im Museum. Man läuft zwischen anderen Touris rum, und sagt oh wie schön, schau mal dies, sieh mal das und das war's dann auch.
Abends in der Casa de la Trova schlafe ich fast ein. Eine Rentnerband spielt "Vamos a la playa" und ca. 25 Touris sitzen an den Tischen und wackeln mit dem Fuß dazu. Zum Glück treffe ich dann noch einen netten Cubi, der mit mir in einer Peso Bar einen absaufen geht.
Den nächsten Tag verbringe ich an der Playa Ancon. Mit einem Schrotthaufen von Fahrrad benötigt man ca. 40 Minuten von Trinidad. Der Strand ist ganz nett um mal einen Tag abzulümmeln, aber voller Pauschaltouris.
Ich sitze ein bisschen unter Palmen und blicke aufs Meer. Ich denke an Deutschland, ich denke an Maris und ich frage mich, was die Zukunft bringen wird.
Dann kommt mir dieser blöde Satz in den Sinn und frisst sich fest: "Es gibt schlimmere Schicksale, als mit einem Cuba Libre, bei einer leichten Briese unter Palmen sitzend, den Tag rum kriegen zu müssen."
Man sieht Cubaner selten schwimmen. Meist steht der ganze Clan bis Brusthöhe im Wasser und unterhält sich, wie bei einer Stehparty. Manchmal gehen sie ein bisschen in die Knie, aber nur soweit, bis das Kinn die Wasseroberfläche erreicht.
Touri Gespräch (Original):
Er: Schatzi, es gibt hier keine Sändwitsch mit Jamon und Queso.
Sie: Hä?
Er: Es gibt keine Sändwitsch mit Jamon und Queso, sondern nur Sändwitsch Jamon oder Sändwitsch Queso.
Sie: Das ist wieder mal typisch. Bei dem Service brauche die sich net zu wundern wenn keiner mehr kommt.
Er: Jetzt sei doch nit so.
Nach diesem Ausflug in die deutsche Kultur suche ich das Weite.
Als ich abends in meiner Casa den Rucksack auspacke fällt aus einer der Plastiktüten ein kleiner schwarzer Zopf. Etwas tiefer finde ich eine Plastikblume auf deren Blütenblätter Maris steht.
Trinidad - Havana
Mein Casa Besitzer vermittelt mir eine Mitfahrgelegenheit im PKW nach Havana. Irgendwann mutiert die Straße zur Autobahn. Vier Spuren, mit Mittelstreifen. Wir brettern mit 100 km durch die Pampa. Dabei stört es niemand, dass ab und zu ein Radfahrer auf der Überholspur entgegenkommt. Wir rauschen in zügigem Slalom um Pferdegespanne herum, die mit ihren 15 km/h zu den eher langsameren Autobahnbenutzern gehören.
Plötzlich eine Vollbremsung. Auf dem Mittelstreifen stehen junge Cubis und winken mit irgendwelchen Waren. Der Fahrer steigt aus, während das Auto mitten auf der Überholspur steht, und beginnt mit Preisverhandlungen. Man kann hier Zwiebeln kaufen, oder Tomatenmark in 5 Kilo Dosen, die aus der nahegelegenen Fabrik geklaut werden. Der Fahrer strahlt mich an: "Eso tambien es cuba."
Havana
Mein erster Rundgang enttäuscht ein wenig. Viele bröckelnde Häuser, aber auch sehr touristisch aufgemotzte Ecken. Natürlich ist es faszinierend diese unrestaurierte alte Hafenstadt zu erleben. Aber alles ist hektischer, großstädtischer, unpersönlicher wie in Santiago. Die Menschen sind kühler, distanzierter und auch der vielgelobte Malecon ist nur schwach frequentiert.
Malecon
Am Malecon lerne ich Elaine und Pedro kennen. Wir unterhalten uns über dies und das. Sie wollen wissen, welche Meinung ich über Cubaner habe.
Ich glaube, dass die meisten Kubaner durchaus liebenswerte Menschen sind. Als Touri nervt mich jedoch die zuweilen offen ausgelebte Dollargeilheit mancher Cubis, auch wenn ich die Gründe dafür kenne und teilweise verstehe.
Um zu beweisen, dass sie zu den 'guten' Cubaner gehören, laden sie mich zum Rum ein. Pedro verdient ca. 12 $ im Monat, Elaine hat keine feste Arbeit. Das Geld reicht ungefähr bis zum 15. des Monats. Die zweite Hälfte ist Überleben. Das heisst, kleine Geschäftchen hier, ein bisschen Schnorren da und wenn man Glück, hat ein paar Dollars vom Verwandten aus Miami.
Depression in Havana
Irgendwie lassen mich diese ganzen bröckelnden Gebäude kalt. Noch weniger interessieren mich die Putas, die mich auf meinen Spatziergängen anzischeln.
"You want ficki ficki with me?"
"No, muchas gracias."
"No me molestes!"
Auch habe ich eine scheiß Casa erwischt. Keine Privatsphäre. Ständig hängt mir das Besitzerehepaar auf der Pelle. Außerdem kann ich morgens nicht entspannt scheißen, wenn mir die Familie im Nachbarraum zuhört.
Meine Gedanken sind im Oriente. Plötzlich stehe ich vor dem Bahnhof. Ohne lang zu überlegen kaufe ich ein Ticket nach Santiago, für den Nachtzug, heute Abend.
Havana - Santiago
Gegen 21 Uhr verlassen ich Havana. Der Zug ist randvoll. Es ist brühwarm. Alles Cubis, kaum Touris. Die Fahrt soll 14 Stunden dauern, dauert aber dann 17 Stunden, weil die Lok, wie immer, unterwegs mehrmals kaputt geht. Glücklicherweise habe ich die Fähigkeit auch in unbequemen Situationen ganz gut schlafen zu können. Meine Sitznachbarin versorgt mich mit süßen Keksen (Sorte fresa - rosarote Füllung), bis mir die Zunge am Gaumen klebt.
Gegen 5 Uhr erreichen wir Camaguey. Bald danach wird es hell. Im Halbschlaf zieht die Landschaft an mir vorbei. Alles wirkt flach. Im Morgennebel erkenne ich buschartige Bäume, dann wieder Nebel, diesmal rosafarben. Ich denke an Maris. Ich muss mehr über sie erfahren. So langsam wird mir klar, dass es mich wohl ernsthaft erwischt hat. Aber was weiß ich schon von ihr? Ich erinnere mich an ihr strahlendes Lachen, an ihre leuchtenden Augen, an ihre unbeschwerte Art mit Menschen umzugehen. Reicht das aus?
Oder bin ich der dumme Touri, der einer Jinetera auf den Leim gegangen ist? Aber was hatte sie bis jetzt von mir? Pollo frito con arroz. Ein paar Disco Besuche und ein paar kleine Geschenke für die Familie. Sie hat eine feste Arbeit und möchte in Cuba leben. Das Ausreisemotiv scheidet somit aus.
Während mir diese Gedanken durch den Kopf gehen, wird der Zug immer langsamer und bald bleiben wir inmitten eines Zuckerrohrfeldes stehen (hier also wächst der Havana Club). Zwei Stunden lang passiert nichts mehr. Es wird immer wärmer. Selbst die Cubis schwitzen. Der Gestank der Toiletten wird unerträglich. Meine Sitznachbarin schmilzt dahin, stöhnt leise und wird immer kleiner.
Ich versuche an nichts zu denken. Ab und zu ein Schluck Wasser. Der Schweiß läuft in kleinen Bächen den Hals hinunter. Ein alter Mann schimpft lauthals über die Zustände in Cuba. Irgendwo schreit ein Säugling.
Dann geht es endlich weiter. Ein bisschen Wind durch die Fensterluken bringt Erleichterung. Ich atme auf, doch eine halbe Stunde später stehen wir wieder, ein paar Zuckerrohrfelder weiter.
Ich sende ein Stoßgebet zum Himmel: "O Herr, lass mich heute noch Santiago erreichen." Es ist 14 Uhr, als wir in San Luis einrollen. Die letzten paar Kilometer nach Santiago muss man im Taxi zurücklegen.
Santiago
Abends ziehe ich alleine durch Santiago. Diesmal kommt mir die Stadt wie ein einziger 'open air' Puff vor. Während ich durch die Straßen laufe, bekomme ich Angebote von Frauen, die, soweit es ihr Aussehen betrifft, ohne weiteres in Deutschland als Model arbeiten könnte. Mein Pech, dass meine Gedanken wo anders sind.
Am nächsten morgen gehe ich zum Frisör. 1 $ und ich sehe wieder zivilisiert aus. Zwei alte Cubis treffen sich vor dem Frisörladen. Der erste fragt: "Que haces?" Der zweite antwortet: "Estoy buscando el dollar." Dann gehen sie kichernd weiter. Ist wirklich war, kein Witz. Lachen musste ich auch.
10 Uhr rufe ich in G. an. Maris nicht erreicht. Da die meisten Cubis kein eigenes Telefon besitzen gibt es in jedem Stadtviertel die 'estaciones publicas'. Man kann dort z.B. sagen, dass man eine bestimmte Person zu einer bestimmten Zeit sprechen will. Diese Person bekommt dann diesen Zeitpunkt vom mensajero zugestellt und kann sich dementsprechend einfinden.
Also hinterlasse ich als nächsten Anrufszeitpunkt 12 Uhr. Ich renne 2 Stunden durch Santiago, wie ein pollo auf der Flucht vor dem Grill, führe belanglose Gespräche mit belanglosen Leuten und stehe Punkt 12 Uhr mit zitternden Fingern wieder in der Telefonkabine der Telecomunicacion.
"Quiero hablar con Maris."
"Aiiiiiiiiiiiih Giiiiiiinter" - ein Schrei, der soviel Freude ausdrückt, dass mir die Knie zu zittern beginnen.
Ich schmelze wie Schokoladeneis.
Wir verabreden uns für zwei Stunden später.
Wow, ist das schön.
Siboney
Wir mieten eine süße Casita in Siboney, mit Terrasse, direkt am Meer, unter Palmen. Mir bleibt noch eine Woche in Cuba. Im Radio läuft: "Creo que estoy enamorado."
Der Strand von Siboney gibt nicht allzu viel her. Aber ich genieße Meer, Palmen, Havana Club, Cigarros und natürlich die Zeit mit Maris.
Abends die Telenovela. Ich habe nie ganz herausgefunden um was es dabei geht. Ich weiss nur, es hat viel mit Herz und Schmerz zu tun, wird fast jeden Abend ausgestrahlt und ganz Kuba sitzt, mal weinend mal lachend, vor dem TV Gerät. Für Maris ist die Telenovela, neben Pollo frito und Schokoladeneis, die Krönung des Tages. Ich schlafe dabei meist ein.
Es hat sich etwas geändert zwischen uns. Es ist Vertrauen entstanden. Wir sprechen über Dinge, die man nicht jedem Menschen erzählt. Wir machen Pläne für die Zukunft. Wir wollen den Kontakt aufrecht erhalten. Ich verspreche im März 2002 wiederzukommen. Ich möchte sie auch gerne nach Deutschland einladen. Sie möchte jedoch nicht länger als 2 Wochen Kuba verlassen. Ich überrede sie zu 4 Wochen.
Ich denke nicht an Freitag, hoffe dass die Zeit stehen bleibt, hoffe, dass der scheiß Flieger wegen Bombendrohungen oder technischer Mängel nicht starten darf.
Abschied
Wir fahren mit dem Camion zurück nach Santiago. Auf der Pritsche ist es angenehm kühl und ich habe sogar einen Sitzplatz erwischt. Gegenüber sitzt ein Mann mit einem ängstlich gackernden, in eine Plastiktüte gewickelten Pollo, dessen Kopf zur einen Seite und dessen Füße zur anderen Seite herausschauen. In der anderen Hand umklammert er eine Flasche Rum.
Nach einer letzten Nacht in Santiago fahren wir nach Holguin. Nach einem letzten pollo frito con arroz fahren wir zum Flughafen. Maris ist aufgeregt und ich auch. Dann geht alles sehr schnell. Sie trifft eine Bekannte, die sie mit dem Auto nach Santiago mitnimmt. Kuss, Chao und weg.
Flug
Im Flugzeug habe ich drei Sitzplätze im Mittelbereich für mich. Ich versuche zu schlafen. In dieser Nacht schreibe ich den letzten Satz in mein Notizbuch:
'No puedo cerrar mis ojos porque empiezo a llorar.'
Saludos
Moskito con ayuda de Havana Club
Ich habe diesen Bericht gemeinsam mit einer Flasche Havana Club verfasst. Ich begann am 31.12. 2001 gegen 19 Uhr zu schreiben. Am 1.1.2002 um 3 Uhr morgens ist die Flasche Havana Club leer, ich bin voll und der Bericht ist fertig.
Den Bericht gibt es auch unter http://www.pocoloco.f2s.com/index.htm mit Bildern!
Ankunft
Ich döse die meiste Zeit in meinem Sessel vor mich hin. Der Flug Düsseldorf - Holguin dauert über 10 Stunden. Ich hasse die viel zu engen Sitzreihen, ich hasse das stundenlange untätige Herumsitzen, ich hasse Fliegen. Während mir zuerst die linke und dann die rechte Arschbacke einschläft, blättere ich im "Lonely Planet" Reiseführer. Ein paar Infos über das Land, in dem ich die nächsten drei Wochen verbringen werde, wären jetzt nicht schlecht.
Ich habe den Last - Minute Flug erst vor ein paar Tagen gebucht und, ich muss gestehen, mein Wissen über Kuba beschränkt sich zu diesem Zeitpunkt noch auf die für Mitteleuropäer übliche Anhäufung von Klischees: dicke Zigarren, Rum ohne Ende, Fidel Castro und die Revolution, Oldtimer und hübsche Cubanerinnen. Auch erinnere ich mich dunkel einmal einen Film mit Robert Redford gesehen zu haben, von dem mir nur ein einziger Satz über Havana in Erinnerung geblieben ist: "Man habe dort (in Havana) eine verdammt gute Chance die beste Zeit seines Lebens zu verbringen."
Mit diesem Basiswissen ausgestattet lande ich gegen 17 Uhr in Holguin. Immerhin habe ich inzwischen Holguin auf der Landkarte gefunden.
Da ich mehrere Jahre in Südamerika gelebt, und die meisten Länder Mittelamerikas bereist habe, spreche ich ganz gut spanisch und kenne mich einigermaßen mit der Behördenmentalität lateinamerikanischer Länder aus. Die Einreise ist trotz mitgebrachter Lebensmittel und fehlender Hotelreservierung kein Problem. Nach kurzer Diskussion mit dem Uniformierten gewährt mir dieser, mit einer unvergleichlich lässigen Handbewegung, die "Gunst" in Cuba einreisen zu dürfen.
Holguin
In Holguin begehe ich zum ersten und letzten Mal den Fehler in einem Hotel abzusteigen. Das Hotel Turquino ist ein Peso Hotel, man kann als Touri auch einchecken, muss aber mit Dollars bezahlen. Das Zimmer, immerhin 15 $ teuer, hat den Charme einer Bahnhofstoilette. Von den grün lackierten Wänden blättert die Farbe ab. Der geflieste Boden ist voller Löcher, und als ich das Licht anmache verschwinden Kakerlaken in allen möglichen Ritzen. Es riecht nach Urin und Muff. Die Bettwäsche mieft, und der russische Kühlschrank schimmelt vor sich hin.
Wirklich mies ist jedoch, das aus der Dusche kein Tropfen Wasser kommt. Ich muss mit dem versifften Eimer, der auch zum spülen des Klos benutzt wird, quer durch das Hotel laufen, um Wasser zu holen. Man stelle sich vor, nach ca. 16-stündiger Anreise nach Kuba und weiteren 3 Stunden schwitzen bei 30 Grad, stehe ich mit diesem versifften Eimer unter der trockenen Dusche...
Da ich ziemlich erledigt bin, lege ich mich nach einem kurzen Gang durch Holguins Gassen, früh ins Bett. Ich bin dann auch schnell eingeschlafen, trotz der drei besoffenen Cubaner im Nebenzimmer, die ihren Fernseher auf Maximallautstärke betreiben, und irgendeinen Ramba Zamba veranstalten.
Mitten in der Nacht haut es mich beinahe aus dem Bett. Über mir hat eine Discoteca aufgemacht. Das Zimmer vibriert, ich höre das Schlurfen tanzender Füße und die Musik ist so laut, dass ich schreien müsste, wollte ich mich mit jemandem unterhalten. Wenigstens höre ich jetzt den Fernseher aus dem Nachbarzimmer nicht mehr.
Das nächste Mal wache ich gegen 4 Uhr früh auf. In Deutschland ist es 10 Uhr. Die Luft ist noch angenehm kühl.
Schlaftrunken koche ich mir einen Kaffee. (Ich habe einen elektrischen Wasserkocher, Kaffeepulver und ein paar Tütensuppen dabei.) Draußen beginnt der Tag mit lautem Vogelgezwitscher und rosa Wölkchen am Himmel. Dazwischen knatternde Motoren und das Gackern von Hühnern.
Ich beschließe nach Santiago de Cuba zu fahren. Ich hätte genauso gut Trinidad, Havana oder eine beliebige andere Stadt wählen können.
Holguin - Santiago
Um sieben ist der Rucksack gepackt und ich verlasse das beschissene Hotel. Kurz darauf sitze ich im VIAZUL Luxus - Touribus nach Santiago. Während wir durch Zuckerrohrfelder brausen, nervt ein geschmackloses Video mit halbnackten Blondinen, die sich gegenseitig mit Karateschlägen bekämpfen und dabei auch noch singen!
Später Dörfer mit kleinen Häusern, staubigen Strassen und spinnennetzartig gespannten Stromleitungen. Dann, bis zum Horizont, Weideland mit bleichen Rindererden.
Santiago
Santiago ist mir sofort sympathisch. Es entspricht wohl einem meiner Klischees von Kuba. Alte Häuser mit viel bröckelndem Flair, schiefe Holzbalkone, kopfsteingepflasterte Strassen, Plazas mit Bänkchen und alten Bäumen. Nachts ist die Stadt erfüllt von Musik und Menschen.
Ich genieße es, ziellos durch die Gassen zu wandern, in kleinen Parks zu sitzen, hinunter zum Hafen zu schlendern und zwischendurch bei einer kalten cerveza zu verweilen.
Ich bewundere türkis- und rosafarbene Oldtimer und ich spreche mit allerlei Menschen, die mir begegnen. Es sind Taxifahrer, Bettler, Schnorrer, Verkäufer von irgendwas, Vermittler von irgendwas und ganz normale Cubaner, die nur einen Small talk halten wollen. Keiner ist wirklich aufdringlich. Selbst die Berufsschnorrer lassen sich mit einem "No me molestes" leicht ausbremsen. Wer mal durch Nordafrika gereist ist, ist da anderes gewohnt.
Einzig die Hitze macht mir zu schaffen. Zum Glück gibt es reichlich kaltes Bier.
Maris
Abends begegne ich Maris. Ihre schwarzen Haare sind zu unzähligen kleinen Zöpfchen geflochten. Ihre Haut hat die Farbe von Milchkaffee. Ich sehe sie auf der gegenüberliegenden Straßenseite und mir wird sofort klar, dass ich sie kennen lernen muss.
Sie wechselt die Straßenseite und läuft ein Stück vor mir her. Die schwarzen Zöpfchen und ihr brauner Rücken üben eine magische Anziehungskraft aus. Als ich sie fast erreicht habe, dreht sie sich um und sieht mich an. Von diesem Moment an ist es um mich geschehen. Ich stammle ein "Hola" und bin verzaubert von diesen braunen Augen, von diesem strahlenden Lächeln.
Von diesem Moment an wird Cuba für mich untrennbar mit Maris verbunden sein. Dieser Zauber hält mich bis heute gefangen. Obwohl inzwischen viele tausend Kilometer zwischen uns liegen vergeht kein Tag, an dem ich nicht an diese wunderschöne Zeit mit Maris in Cuba denke.
Parque Cespedes (Sonntag)
Ich sitze auf der steinernen Bank vor der "Casa Granda" und beobachte das Treiben. Alte Männer verdösen den Tag im Schatten der Bäume. Unglaublich süße Kinder in rosaroten Sonntagskleidchen zerren ihre Mütter durch den Park. Ab und zu Gruppen von Touris, die in ihren Strandshorts zwischen all den herausgeputzten Cubanern, irgendwie lächerlich wirken.
Die dicke Bettlerin von gestern begrüßt mich mit Küsschen auf die Wange. Nachdem sie mir erneut erzählt hat, wie schwer das Leben in Cuba sei, bekommt sie ihre 5 Pesos und zottelt glücklich ab. Im Verlauf der nächsten Stunde kommen alle ihre Freunde bei mir vorbei - es hat sich wohl rumgesprochen, dass da ein Gringo mit weichem Keks sitzt. Ich fühle mich heute aber so gut, dass ich die Welt umarmen könnte. Trotzdem ist mein Pesovorrat irgendwann aufgebraucht und ich habe nur noch eine leere Plastiktüte zu verschenken - auch die wird gerne genommen.
Ein älterer Cubano und seine Tochter kommen vorbei. Gestern habe ich sie im Parque nach der Uhrzeit gefragt, dann haben wir noch ein wenig geplaudert. Heute begrüßen sie mich wie einen alten Bekannten, mit Küsschen, Umarmung und breitem Grinsen.
Abends
Maris isst am liebsten (Cubakenner haben es sofort erraten) pollo frito con arroz. Wiederstand ist zwecklos, so passe ich mich dieser Gewohnheit an. Wir gehen also unser erstes gemeinsames pollo essen, das erste in einer endlosen Reihe von pollos fritos...
Fetttriefend, von einer schwarzbraunen Kruste eingehüllt, liegt es dann vor mir. Maris spricht leidenschaftlich und pollokauend über Fidel und die Revolution. Sie empfindet, wie viele Cubanos eine Art Hassliebe auf den Staat. Einerseits sorgt der Staat in vielen Bereichen des Lebens für seine Cubis wie ein "Vater", andererseits beraubt er sie jeder Freiheit und Entwicklungsmöglichkeit.
Manchmal spricht sie ganz leise, wegen der Geheimpolizei, sagt sie.
Nach diesem Vortrag gibt es Schokoladeneis.
Maris ist 26 Jahre alt und arbeitet in G. Sie bezeichnet sich selbst als Mulatta, hat aber auch etwas Indio beigemischt. Sie hat ein, für Cubanas schmales Gesicht, einen großen, immer lachenden und immer hungrigen Mund, eine schmale Nase und unvergleichlich strahlende, bernsteinfarbene Augen.
Hafen (Montag)
Später Vormittag. Wir sitzen am Hafen auf einer dieser unbequemen Bänke mit schmiedeeisernen Lehnen. Etwas entfernt sitzt ein alter, dürrer Mann mit einer Art Baskenmütze auf dem Kopf. Plötzlich steht er auf und überreicht Maris ein schmales Blatt Papier. Es ist ein Gedicht. Er hat es soeben geschrieben. Es ist wunderschön, und handelt von einem Liebespaar am Ufer des Meeres. Es handelt von Engeln und Sternen die am Himmel erscheinen und von Dingen, die man in der Schule nicht lernen kann. Ich bin mal wieder hin und weg von diesem Land.
Abends ziehen wir durch die Strassen, Kneipen und Plätze Santiagos. Überall dichtes Gedränge, überall Musik, einfach geil. Obwohl ich erst ein paar Tage in Cuba bin, fühle ich mich vertraut, als lebte ich schon lange hier.
Santiago - Barracoa
Die noch tiefstehende Sonne lässt die Zuckerrohrfelder in sattem Grün leuchten. Bananenpflanzen, mit im Morgentau feuchtglänzenden Blättern, stehen in kleinen Gruppen zwischen schlanken Palmen. Ich sitze im Bus nach Barracoa und während die langsam erwachende Sonne die letzten Nebelschwaden verdrängt, lese ich noch einmal das Gedicht des Poeten aus Santiago.
Damit wir nicht zu sehr von der Landschaft verzaubert werden, legt der Busbegleiter ein Billigschmalzvideo der Extraklasse ein. Diesmal schweben Blondinen mit großen Brüsten singend durch künstliche Glitzerwelten.
Vor Barracoa ändert sich die Landschaft. Die schmale Strasse windet sich in engen Kurven die steilen Berghängen empor. Schroffe Felswände wechseln mit üppig bewachsenen Bergrücken.
Während einer kurzen Rast esse ich mein erstes Cucurucho. Es ist süß, klebrig und schmeckt irgendwie nach Kokosnuss. Man taucht den Finger in eine braune Masse und schlotzt das Ganze dann mit lautem Schmatzen.
Barracoa
Maris erwartet mich am Busbahnhof. Sie hat bereits eine Casa organisiert, mit Küche, Ventilator und einem riesigen, grünen Kühlschrank, der sich anhört, als würden in seinem Inneren Schachteln mit rostigen Nägeln geschüttelt.
Barracoa, die Stadt mit karibischem Flair. So jedenfalls mein Reiseführer. Da gerade Sturmflut ist, wird der Malecon von hohen Wellen überspült. Manche schaffen es sogar bis zu ersten Häuserreihe und zerschlagen das eine oder andere Fenster. Für die Kinder ist es ein riesiger Spaß, möglichst nahe an die Mauer heranzupirschen um dann beim nächsten Brecher, im letzten Moment, kreischend davonzulaufen.
Es sind glückliche Tage für Maris und mich. Wir fahren mit dem Bike zum Rio Toa und mit dem Taxi zur Playa Maguana. Abends, nach dem obligatorischen Pollo frito, dann durchs Kaff. Erst Casa de la Trova, dann ins La Terraza, dann La Discoteca. Ich genieße Mojitos und Cuba Libre und endlos lange Nächte unter dem sich vergeblich um Kühlung bemühenden Ventilator...
Mein elektrischer Wasserkocher und die schon erwähnten Tütensuppen, sind bei den Cubis heiß begehrt. Keine Cubanerin, die nicht sofort ihre Unschuld gegen meinen Wasserkocher eintauschen würde. Mein Pech, dass ich mir vorgenommen habe, ihn am letzten Tag Maris zu schenken. Mit den Tütensuppen Marke Maggi 'Huhn mit Nudeln', will sie ihre Chefin (La Directora) bestechen, damit sie noch ein paar Tage zusätzlichen Urlaub bekommt.
Am letzten Abend gibt's eine furchtbare Schlägerei. Ein riesiger Schwarzer beginnt wild um sich zu schlagen. Nach kurzer Zeit fliegen Tische und Stühle und auch einzelne Personen durch den Raum. Immer mehr Leute beteiligen sich an dem Geklopfe. Seltsamerweise ist keine Policia zu sehen, wo doch sonst in Cuba an jeder Ecke mindestens ein Uniformierter rumhängt. Wir verziehen uns durch den Hinterausgang.
Barracoa - Trinidad
Im VIAZUL Richtung Santiago. Maris steigt in G. aus. Sie muss arbeiten, und ich möchte mehr von Cuba kennen lernen. Es war ihre erste Fahrt im VIAZUL. Für Cubaner kaum zu bezahlen, da die Fahrkarte in Dollar bezahlt werden muss. Sie hat die ganze Zeit gekotzt und wäre unter der Klimaanlage beinahe erfroren. Ich verspreche in einer Woche, also nächsten Samstag zwischen 9 Uhr und 10 Uhr anzurufen.
Ich fahre weiter nach Santiago. Dort angekommen entschließe ich mich spontan den Nachtbus nach Trinidad zu nehmen. Der Bus ist fast leer und nach ein paar tiefen Zügen aus meiner Havana Club
7 años Pulle schlafe ich bis kurz vor Trinidad.
In dieser Nacht träume ich von Barracoa und von einer Mulatta aus G. Ich bin einerseits froh, etwas Abstand von den Geschehnissen der letzten Woche zu bekommen, spüre aber auch schon den damit verbundenen Verlust.
Natürlich habe ich neben meiner romantischen auch eine realistische Seite. Es gibt Eigenschaften an Maris an die ich mich erst gewöhnen muss. Ihre Einstellung zu Eigentum, d. h. die Trennung zwischen mein und dein scheint manchmal etwas unscharf zu sein. (Vermutlich ist das gelebter Sozialismus)
Nicht, dass sie ungefragt an meinen Geldbeutel gehen würde, aber es ist für sie selbstverständlich, meinen Milchpulvervorrat als Geschenk an ihre Mutter einzukassieren, den Ananassaft aus dem Kühlschrank ihrem Neffen zu vermachen, meine Rasierklingen bekommt der Papa und zwei Kugelschreiber brauche ich sowieso nicht.
Diese Eigentumsumverteilungen vollzieht sie mit einem so glücklichen Gesicht, dass ich mir ziemlich mies vorkomme, als ich ihr klarmache, dass ich ja nichts dagegen habe, wenn sie ihre Familie mit meinen Sachen beschenkt, nur würde ich gerne zuvor gefragt werden.
Trinidad
Um es kurz zu machen, Trinidad gehört zu den Orten die man sich schon mal anschauen kann. Ist schließlich Weltkulturerbe der UNESCO. Wer noch nie dort war, sollte deswegen aber keine schlaflosen Nächte verbringen.
Trinidad besitzt wunderschön restaurierte Kirchen, Häuser, Museen, Plätze und Strassen. Ich vermisse jedoch die Lebendigkeit andere cubanischer Städte. In Trinidad wirkt alles wie im Museum. Man läuft zwischen anderen Touris rum, und sagt oh wie schön, schau mal dies, sieh mal das und das war's dann auch.
Abends in der Casa de la Trova schlafe ich fast ein. Eine Rentnerband spielt "Vamos a la playa" und ca. 25 Touris sitzen an den Tischen und wackeln mit dem Fuß dazu. Zum Glück treffe ich dann noch einen netten Cubi, der mit mir in einer Peso Bar einen absaufen geht.
Den nächsten Tag verbringe ich an der Playa Ancon. Mit einem Schrotthaufen von Fahrrad benötigt man ca. 40 Minuten von Trinidad. Der Strand ist ganz nett um mal einen Tag abzulümmeln, aber voller Pauschaltouris.
Ich sitze ein bisschen unter Palmen und blicke aufs Meer. Ich denke an Deutschland, ich denke an Maris und ich frage mich, was die Zukunft bringen wird.
Dann kommt mir dieser blöde Satz in den Sinn und frisst sich fest: "Es gibt schlimmere Schicksale, als mit einem Cuba Libre, bei einer leichten Briese unter Palmen sitzend, den Tag rum kriegen zu müssen."
Man sieht Cubaner selten schwimmen. Meist steht der ganze Clan bis Brusthöhe im Wasser und unterhält sich, wie bei einer Stehparty. Manchmal gehen sie ein bisschen in die Knie, aber nur soweit, bis das Kinn die Wasseroberfläche erreicht.
Touri Gespräch (Original):
Er: Schatzi, es gibt hier keine Sändwitsch mit Jamon und Queso.
Sie: Hä?
Er: Es gibt keine Sändwitsch mit Jamon und Queso, sondern nur Sändwitsch Jamon oder Sändwitsch Queso.
Sie: Das ist wieder mal typisch. Bei dem Service brauche die sich net zu wundern wenn keiner mehr kommt.
Er: Jetzt sei doch nit so.
Nach diesem Ausflug in die deutsche Kultur suche ich das Weite.
Als ich abends in meiner Casa den Rucksack auspacke fällt aus einer der Plastiktüten ein kleiner schwarzer Zopf. Etwas tiefer finde ich eine Plastikblume auf deren Blütenblätter Maris steht.
Trinidad - Havana
Mein Casa Besitzer vermittelt mir eine Mitfahrgelegenheit im PKW nach Havana. Irgendwann mutiert die Straße zur Autobahn. Vier Spuren, mit Mittelstreifen. Wir brettern mit 100 km durch die Pampa. Dabei stört es niemand, dass ab und zu ein Radfahrer auf der Überholspur entgegenkommt. Wir rauschen in zügigem Slalom um Pferdegespanne herum, die mit ihren 15 km/h zu den eher langsameren Autobahnbenutzern gehören.
Plötzlich eine Vollbremsung. Auf dem Mittelstreifen stehen junge Cubis und winken mit irgendwelchen Waren. Der Fahrer steigt aus, während das Auto mitten auf der Überholspur steht, und beginnt mit Preisverhandlungen. Man kann hier Zwiebeln kaufen, oder Tomatenmark in 5 Kilo Dosen, die aus der nahegelegenen Fabrik geklaut werden. Der Fahrer strahlt mich an: "Eso tambien es cuba."
Havana
Mein erster Rundgang enttäuscht ein wenig. Viele bröckelnde Häuser, aber auch sehr touristisch aufgemotzte Ecken. Natürlich ist es faszinierend diese unrestaurierte alte Hafenstadt zu erleben. Aber alles ist hektischer, großstädtischer, unpersönlicher wie in Santiago. Die Menschen sind kühler, distanzierter und auch der vielgelobte Malecon ist nur schwach frequentiert.
Malecon
Am Malecon lerne ich Elaine und Pedro kennen. Wir unterhalten uns über dies und das. Sie wollen wissen, welche Meinung ich über Cubaner habe.
Ich glaube, dass die meisten Kubaner durchaus liebenswerte Menschen sind. Als Touri nervt mich jedoch die zuweilen offen ausgelebte Dollargeilheit mancher Cubis, auch wenn ich die Gründe dafür kenne und teilweise verstehe.
Um zu beweisen, dass sie zu den 'guten' Cubaner gehören, laden sie mich zum Rum ein. Pedro verdient ca. 12 $ im Monat, Elaine hat keine feste Arbeit. Das Geld reicht ungefähr bis zum 15. des Monats. Die zweite Hälfte ist Überleben. Das heisst, kleine Geschäftchen hier, ein bisschen Schnorren da und wenn man Glück, hat ein paar Dollars vom Verwandten aus Miami.
Depression in Havana
Irgendwie lassen mich diese ganzen bröckelnden Gebäude kalt. Noch weniger interessieren mich die Putas, die mich auf meinen Spatziergängen anzischeln.
"You want ficki ficki with me?"
"No, muchas gracias."
"No me molestes!"
Auch habe ich eine scheiß Casa erwischt. Keine Privatsphäre. Ständig hängt mir das Besitzerehepaar auf der Pelle. Außerdem kann ich morgens nicht entspannt scheißen, wenn mir die Familie im Nachbarraum zuhört.
Meine Gedanken sind im Oriente. Plötzlich stehe ich vor dem Bahnhof. Ohne lang zu überlegen kaufe ich ein Ticket nach Santiago, für den Nachtzug, heute Abend.
Havana - Santiago
Gegen 21 Uhr verlassen ich Havana. Der Zug ist randvoll. Es ist brühwarm. Alles Cubis, kaum Touris. Die Fahrt soll 14 Stunden dauern, dauert aber dann 17 Stunden, weil die Lok, wie immer, unterwegs mehrmals kaputt geht. Glücklicherweise habe ich die Fähigkeit auch in unbequemen Situationen ganz gut schlafen zu können. Meine Sitznachbarin versorgt mich mit süßen Keksen (Sorte fresa - rosarote Füllung), bis mir die Zunge am Gaumen klebt.
Gegen 5 Uhr erreichen wir Camaguey. Bald danach wird es hell. Im Halbschlaf zieht die Landschaft an mir vorbei. Alles wirkt flach. Im Morgennebel erkenne ich buschartige Bäume, dann wieder Nebel, diesmal rosafarben. Ich denke an Maris. Ich muss mehr über sie erfahren. So langsam wird mir klar, dass es mich wohl ernsthaft erwischt hat. Aber was weiß ich schon von ihr? Ich erinnere mich an ihr strahlendes Lachen, an ihre leuchtenden Augen, an ihre unbeschwerte Art mit Menschen umzugehen. Reicht das aus?
Oder bin ich der dumme Touri, der einer Jinetera auf den Leim gegangen ist? Aber was hatte sie bis jetzt von mir? Pollo frito con arroz. Ein paar Disco Besuche und ein paar kleine Geschenke für die Familie. Sie hat eine feste Arbeit und möchte in Cuba leben. Das Ausreisemotiv scheidet somit aus.
Während mir diese Gedanken durch den Kopf gehen, wird der Zug immer langsamer und bald bleiben wir inmitten eines Zuckerrohrfeldes stehen (hier also wächst der Havana Club). Zwei Stunden lang passiert nichts mehr. Es wird immer wärmer. Selbst die Cubis schwitzen. Der Gestank der Toiletten wird unerträglich. Meine Sitznachbarin schmilzt dahin, stöhnt leise und wird immer kleiner.
Ich versuche an nichts zu denken. Ab und zu ein Schluck Wasser. Der Schweiß läuft in kleinen Bächen den Hals hinunter. Ein alter Mann schimpft lauthals über die Zustände in Cuba. Irgendwo schreit ein Säugling.
Dann geht es endlich weiter. Ein bisschen Wind durch die Fensterluken bringt Erleichterung. Ich atme auf, doch eine halbe Stunde später stehen wir wieder, ein paar Zuckerrohrfelder weiter.
Ich sende ein Stoßgebet zum Himmel: "O Herr, lass mich heute noch Santiago erreichen." Es ist 14 Uhr, als wir in San Luis einrollen. Die letzten paar Kilometer nach Santiago muss man im Taxi zurücklegen.
Santiago
Abends ziehe ich alleine durch Santiago. Diesmal kommt mir die Stadt wie ein einziger 'open air' Puff vor. Während ich durch die Straßen laufe, bekomme ich Angebote von Frauen, die, soweit es ihr Aussehen betrifft, ohne weiteres in Deutschland als Model arbeiten könnte. Mein Pech, dass meine Gedanken wo anders sind.
Am nächsten morgen gehe ich zum Frisör. 1 $ und ich sehe wieder zivilisiert aus. Zwei alte Cubis treffen sich vor dem Frisörladen. Der erste fragt: "Que haces?" Der zweite antwortet: "Estoy buscando el dollar." Dann gehen sie kichernd weiter. Ist wirklich war, kein Witz. Lachen musste ich auch.
10 Uhr rufe ich in G. an. Maris nicht erreicht. Da die meisten Cubis kein eigenes Telefon besitzen gibt es in jedem Stadtviertel die 'estaciones publicas'. Man kann dort z.B. sagen, dass man eine bestimmte Person zu einer bestimmten Zeit sprechen will. Diese Person bekommt dann diesen Zeitpunkt vom mensajero zugestellt und kann sich dementsprechend einfinden.
Also hinterlasse ich als nächsten Anrufszeitpunkt 12 Uhr. Ich renne 2 Stunden durch Santiago, wie ein pollo auf der Flucht vor dem Grill, führe belanglose Gespräche mit belanglosen Leuten und stehe Punkt 12 Uhr mit zitternden Fingern wieder in der Telefonkabine der Telecomunicacion.
"Quiero hablar con Maris."
"Aiiiiiiiiiiiih Giiiiiiinter" - ein Schrei, der soviel Freude ausdrückt, dass mir die Knie zu zittern beginnen.
Ich schmelze wie Schokoladeneis.
Wir verabreden uns für zwei Stunden später.
Wow, ist das schön.
Siboney
Wir mieten eine süße Casita in Siboney, mit Terrasse, direkt am Meer, unter Palmen. Mir bleibt noch eine Woche in Cuba. Im Radio läuft: "Creo que estoy enamorado."
Der Strand von Siboney gibt nicht allzu viel her. Aber ich genieße Meer, Palmen, Havana Club, Cigarros und natürlich die Zeit mit Maris.
Abends die Telenovela. Ich habe nie ganz herausgefunden um was es dabei geht. Ich weiss nur, es hat viel mit Herz und Schmerz zu tun, wird fast jeden Abend ausgestrahlt und ganz Kuba sitzt, mal weinend mal lachend, vor dem TV Gerät. Für Maris ist die Telenovela, neben Pollo frito und Schokoladeneis, die Krönung des Tages. Ich schlafe dabei meist ein.
Es hat sich etwas geändert zwischen uns. Es ist Vertrauen entstanden. Wir sprechen über Dinge, die man nicht jedem Menschen erzählt. Wir machen Pläne für die Zukunft. Wir wollen den Kontakt aufrecht erhalten. Ich verspreche im März 2002 wiederzukommen. Ich möchte sie auch gerne nach Deutschland einladen. Sie möchte jedoch nicht länger als 2 Wochen Kuba verlassen. Ich überrede sie zu 4 Wochen.
Ich denke nicht an Freitag, hoffe dass die Zeit stehen bleibt, hoffe, dass der scheiß Flieger wegen Bombendrohungen oder technischer Mängel nicht starten darf.
Abschied
Wir fahren mit dem Camion zurück nach Santiago. Auf der Pritsche ist es angenehm kühl und ich habe sogar einen Sitzplatz erwischt. Gegenüber sitzt ein Mann mit einem ängstlich gackernden, in eine Plastiktüte gewickelten Pollo, dessen Kopf zur einen Seite und dessen Füße zur anderen Seite herausschauen. In der anderen Hand umklammert er eine Flasche Rum.
Nach einer letzten Nacht in Santiago fahren wir nach Holguin. Nach einem letzten pollo frito con arroz fahren wir zum Flughafen. Maris ist aufgeregt und ich auch. Dann geht alles sehr schnell. Sie trifft eine Bekannte, die sie mit dem Auto nach Santiago mitnimmt. Kuss, Chao und weg.
Flug
Im Flugzeug habe ich drei Sitzplätze im Mittelbereich für mich. Ich versuche zu schlafen. In dieser Nacht schreibe ich den letzten Satz in mein Notizbuch:
'No puedo cerrar mis ojos porque empiezo a llorar.'
Saludos
Moskito con ayuda de Havana Club
derhelm
(
Gast
)
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schöner Bericht, Moskito.
Vorallem gefällt mir die unvoreingenommene Art mit der Du anscheinend das Land kennengelernt hast.
Gelassenheit braucht besonders in Cuba, das scheint Dir gelungen zu sein.
Naja, der erste Glanz verfliegt aber auch irgendwann.
Lass uns wissen was aus Deiner Maris geworden ist....
Ihr ist wohl zu verdanken, dass du eine Liebeserklärung an Cuba verfasst.
Vorallem gefällt mir die unvoreingenommene Art mit der Du anscheinend das Land kennengelernt hast.
Gelassenheit braucht besonders in Cuba, das scheint Dir gelungen zu sein.
Naja, der erste Glanz verfliegt aber auch irgendwann.
Lass uns wissen was aus Deiner Maris geworden ist....
Ihr ist wohl zu verdanken, dass du eine Liebeserklärung an Cuba verfasst.
Alex
(
Gast
)
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danke fuer diese nette Lektuere zum Feierabend!
Macht Spass zu lesen und sich in diese bekannten Situationen ind Erlebnisse zurueck- bzw. hinein zu versetzen....
doei,Alex
(el campanero holandés y el torro alemán)
http://1st.to/bvr
http://members.tripodnet.nl/casasantiago
http://1st.to/alexmusic
Macht Spass zu lesen und sich in diese bekannten Situationen ind Erlebnisse zurueck- bzw. hinein zu versetzen....
doei,Alex
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ulli
(
Gast
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In Antwort auf:
Moskito con ayuda de Havanna Club
Hallo Moskito,
jetzt weiß ich, warum Hemingway beim Schreiben auch immer gesoffen hat!
Wenn Du so weiter machst- mit dem Schreiben- wirst Du noch in seine Fußstapfen treten.
Auf die Fortsetzung Deines Liebesromans im März bin ich jetzt schon gespannt!
ulli
Uwe L.
(
Gast
)
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Hola Moskito,
das war ein echt super Bericht. Ob das alles so bleibt sei dahingestellt. Ich wünsche es dir. Aber auf jeden Fall hätte dein Bericht das "Prädikat" vefilmt zu werden.
Mir fallen dazu nur folgende Worte ein.
"Aquellos ojos verdes que nunca olvidare"
Denke das dies die richtige Hintergrundmusik sein könnte.
http://weblatino.de/Ojos.mp3
allerdings ca. 6 MB gross, calidad 192.
Gratulación
Uwe
das war ein echt super Bericht. Ob das alles so bleibt sei dahingestellt. Ich wünsche es dir. Aber auf jeden Fall hätte dein Bericht das "Prädikat" vefilmt zu werden.
Mir fallen dazu nur folgende Worte ein.
"Aquellos ojos verdes que nunca olvidare"
Denke das dies die richtige Hintergrundmusik sein könnte.
http://weblatino.de/Ojos.mp3
allerdings ca. 6 MB gross, calidad 192.
Gratulación
Uwe
joe1
(
Gast
)
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Moskito
(
Gast
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An alle.
Die vielen positiven Reaktionen frauen mich natürlich riesig. Ich war zunächst im Zweifel, ob ich das hier veröffentlichen soll, da es doch eine Liebesgeschichte ist und keiner der klassischen Chica-Rammel Storys, die ich zugegebenermaßen, ab und zu auch gerne lese.
Tja, und wies weitergeht, im März, bin ich natürlich am meisten gespannt.
@ Ulli, danke für die Lorbeeren, aber mit mit dem Ernest würde ich mich nicht mal im Saufen messen. ;-)
@ Uwe L. hab mir die file runtergeladen. Ist eine wunderbare Schnulze, genau das richtige für mich, danke.
@ joe1 Ich würde nicht behaupten, dass Santiago besser ist als Havana. Letztendlich ist das Geschmacksache, vermutlich gefällt es einem dort am Besten, wo man die besten Erfahrungen gemacht hat. Abgesehen davon lohnt es sich auf jedenfall den Oriente zu besuchen.
Ich möchte irgendwann mal in die Sierra Maestra, am liebsten zu Fuß einmal quer durch. Vielleicht hat jemand Infos dazu?
Saludos
Moskito
Die vielen positiven Reaktionen frauen mich natürlich riesig. Ich war zunächst im Zweifel, ob ich das hier veröffentlichen soll, da es doch eine Liebesgeschichte ist und keiner der klassischen Chica-Rammel Storys, die ich zugegebenermaßen, ab und zu auch gerne lese.
Tja, und wies weitergeht, im März, bin ich natürlich am meisten gespannt.
@ Ulli, danke für die Lorbeeren, aber mit mit dem Ernest würde ich mich nicht mal im Saufen messen. ;-)
@ Uwe L. hab mir die file runtergeladen. Ist eine wunderbare Schnulze, genau das richtige für mich, danke.
@ joe1 Ich würde nicht behaupten, dass Santiago besser ist als Havana. Letztendlich ist das Geschmacksache, vermutlich gefällt es einem dort am Besten, wo man die besten Erfahrungen gemacht hat. Abgesehen davon lohnt es sich auf jedenfall den Oriente zu besuchen.
Ich möchte irgendwann mal in die Sierra Maestra, am liebsten zu Fuß einmal quer durch. Vielleicht hat jemand Infos dazu?
Saludos
Moskito
uwe
(
Gast
)
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In Antwort auf:dann bist du doch nicht sooooo verliebt, oder willst du sie auf die probe stellen?.
Ich möchte irgendwann mal in die Sierra Maestra, am liebsten zu Fuß einmal quer durch
sehr guter bericht. dass du havanna nicht geniessen konntest, lag wohl eher an der abwesenheit deiner chica. die staedte sind eigentlich nicht zu vergleichen. fuer mich wuerde in einem urlaub, ohne mind. 1 tag in havanna gewesen zu sein, etwas fehlen.
-----------
tipp?!
habe gestern im hiesigen pro markt 5 euro-translater gekauft. alter preis 79,95 dm, neu 5.11 euro !!
werde heute die restlichen 10 stueck aufkaufen. marke franklin (5 sprachen). vielleicht haben die sich im zuge der preisumstellung nur vertan ;-)). der urlaub wird sicher der billigste, den ich bisher gemacht habe .
Moskito,
du hast es fertiggebracht, dass ich mich nach Santiago sehne obwohl ich mich das letzte Mal dort geschworen habe, nicht so schnell wiederzukehren. Ende Juni war's viel zu heiss und dann werde ich krank.
Die Sierra Maestra zu Fuss ist ein Traum. Jedoch m.E. wegen der Hitze nur im Dezember oder Januar machbar.
Elisabeth
du hast es fertiggebracht, dass ich mich nach Santiago sehne obwohl ich mich das letzte Mal dort geschworen habe, nicht so schnell wiederzukehren. Ende Juni war's viel zu heiss und dann werde ich krank.
Die Sierra Maestra zu Fuss ist ein Traum. Jedoch m.E. wegen der Hitze nur im Dezember oder Januar machbar.
Elisabeth
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