Ich habe mich entschlossen auch mal einige Eindrücke meines Aufenthaltes in Amancio zu schildern. Vorab: mein Spanisch ist düftig, mir ist bewußt, dass ich auch wenn ich nicht zu den Reichen zähle, dort so gesehen werde und man daran teilhaben möchte. Auch will ich nicht versuchen in die Tiefen der cubanischen Seele oder Gesellschaft vorzustoßen. Da bleibe ich sowieso nur an der Oberfläche. In Amancio haben wir einen immer größer werdenden Bekannten bzw. Freundeskreis. Meine Eindrücke werde ich nicht chronologisch sondern nach Komplexen veröffentlichen.

Dia de las ellecciones
Schon vorab habe ich mitgeteilt, dass ich am Wahltag gerne Wahllokale besuchen möchte und auch fotografieren will. Mit meinem Interesse an der Wahl stand ich aber ziemlich alleine da. Als „Ossi“ kann ich das verstehen. Was solls, wenn es ohnehin nichts bringt. Bemerkenswert finde ich dennoch, dass lt. Granma vom 30 enero Raul in Santiago Segunto Frente 99,372 % Stimmen erhielt und Fidel im Distrito 7 „nur“ 98,268 %. Also am Wahltag mit der Abuela und einem Exvertragsarbeiter (in Karl-Marx-Stadt) gearbeitet los. Ich durfte überall fotografieren. Neben den Pionieren und Mitarbeitern im Wahlbüro waren wir auch die einzigsten. Da die Abuela nicht mehr so recht erkennen konnte welcher Zettel die Abgeordneten für Habana und die für Las Tunas enthielt eilte eine Dame zur Unterstützung in die Kabine. Dann die Zettel in die Urne, Pioniergruß und das wars. Wieder draußen sagte ich man könne ja doch nicht zwischen z.B. schwarz-rot-grün wählen, „doch, der grüne Zettel ist ja für die Abgeordneten nach Habana und der andere für die Povinz Las Tunas“ Ist auch eine Logik. Der grüne Zettel in der Provinzbox hätte auch nichts gebracht. Dennoch ist mir solche Wahl tausendmal lieber wenn ich an Kenia denke, Pakistan oder auch Rußland.
Ein anderer Teil des Tages: Neben meiner Casa befand sich eine Baustelle. Für die dörflichen Verhältnisse ein recht kostspieliger Bau. Warenanlieferung bei Dunkelheit. Ein sichtbarer Baufortschritt in den 14 Tagen. Bauherr: Jefe der Fabrik, aus der die Flaschen (Bild) kommen. Mir mitgeteilte Einzelheiten zu den Bauherren gebe ich aber hier nicht Preis. Jedenfalls am Wahltag eine geschäftige Bautätigkeit, viele Fahrzeuge, viele Trabajadores von denen sich auch viele flott bewegten. Hier war eben eine einflussreiche Stellung zu spüren.
Egal welche Kandidaten Abuela in die Box geworfen hatte, diese Schicht scheint mit in den kommenden Jahren das Sagen zu haben.
Übrigens die verwitterte Aufschrift am Trecker „DEFENDE SOCIALISMO“ – kein Kommentar
(Ich hoffe es klappt auch gleich mit den Bildern, sind auch mehr als 3 möglich?)
Achim

In Beantwortung einer Anfrage:
Ja es gibt 2 Casa Particulares

Hilda Barzaga Valdez
Calle 6 # 10
%1ra y 47
Reparto Politecnico
Tel: 31 69 2811
und
Augustina Martinez Hernandez
Calle Barrio de Oro # 37
Reparto El Batey
bei Hilda kleineres Zimmer, dafür mit moderner Klimaanlage
(War längerfristig mit einem Schweizer belegt)
Bei Augustina bzw. der Tochter Anisbel, die dort die Geschäfte führt. Zimmer größer – ventilatorgelüftet, bei beiden separate Dusche/WC, verlangen tuen beide 20 CUC, Frühstück 3 CUC, es ist zwar ein stolzer Preis für das Dorf, aber wer dort wohnen will oder muß – eben Angebot und Nachfrage, sind beide frei ist sicher der Verhandlungsspielraum größer.
Aber warum überhaupt das Kaff Amancio ? – dazu später mehr !!!

Zusatz Telefonnummer bei Augustina: 52248699
Anbei noch 3 Bilder,die Zuckerfabrik-nicht schön aber interessant und 2 weitere Motive

28 de enero de 1853: natalicio de nuestro Héroe Nacional José Martí.

Alljährlich findet an diesem Tag ein Umzug der Schulen durch den Ort statt. Allein schon wegen dem ansonsten recht trostlosen Veranstaltungskalender in Amancio wird dieser von vielen Schaulustigen am Rand beobachtet. Auf einem Bild ist auch die Klinik mit, von einigen so heißgeliebten Krankenschwestern, zu sehen.
Jedenfalls der Führungsblock, der sich im Stechschritt versuchte, zeigte stramme Beine.
Danach wurde in verschiedenen Etappen die Geschichte Cubas in kleineren Gruppenspielen wiedergegeben. Den größeren Teil nahm aber die Zeit ab Fidel in Anspruch, von der Bildung, der Krankenversorgung usw. Erfrischend ist aber immer wieder der Anblick der fröhlichen Kinder. Da fallen die 2 bis 3 die mit ernstem Gesicht Parolen verlesen nicht ins Gewicht. Dazu noch, wenn dabei einige Dorfköter voller Aufregung um das Mikrofon jagen. Zumindestens äußert man seinen Mißmut über die USA-Politik nicht in Verbrennungen von Bush-Puppen oder Flaggen, wie vielfach auf der Welt.
Natürlich ließ man in Sprechchören Che hochleben. Gegen Ende der Veranstaltung war dann Chavez dran. Ein dreifach Hoch ! Raul und Hugo unterzeichneten ein Abkommen, während im Hintergrund der Barbudo im Adidasanzug saß und schrieb (wahrscheinlich seine Reflexiones). Anschließend wurde Fidel in die Mitte genommen und man ließ sich gemeinsam feiern. Mir erschien er jedenfalls gut erholt.
Da die Lautsprecher schon mal dastanden, wurde nach Abschluß der Demo Reggeaton aufgelegt. Leider war mein Akku leer. Dabei erreichte die Begeisterung der Jugendlichen wohl den Höhepunkt der Veranstaltung und die Masse bebte.
Zu den Fotos: da es sich um eine öffentliche Veranstaltung handelte, die nach außen repräsentieren soll, zeige ich auch die Bilder. Etliche detaillgetreue Bilder einzelner Kinder zeige ich nicht. Auf jeden Fall hat das Casa de la Cultura von mir alles zum Überspielen erhalten und somit viel Bildmaterial zur Verfügung.

noch 3 Bilder - Fidel bei bester Gesundheit

"Lachen oder weinen ?"
Am besten gelassen sehen. Auch unsere Bundeskanzlerin hat mal das FDJ-Blauhemd getragen.
Übrigens bei Bekannten im letzten Jahr in Holguin: Nach einer Stromsperre geht das Licht wieder an und ein
vernehmbarer Aufschrei durchs Barrio. Der Gastgeber ruft lauthals : "VIVA FIDEL" (und auch einige andere)
Wie war das nun wieder gemeint ?????

Mit dem Rad nach Guayabal
Das ich mehrmals mit dem Rad nach Guayabal wollte stieß auf wenig Verständnis.
Ich habe doch das Geld um mit R.´s. Moskvich gegen ein geringes Entgelt zu fahren, dabei Bucanero trinken kann und die leeren Dosen großzügig in die Landschaft werfen kann. Außerdem bei den Temperaturen (es war für unsere Verhältnisse hochsommerlich warm und sonnig) und dann das Wasser „mucho frio“.
Ich finde es jedenfalls weit interessanter gemütlich mit dem Rad zu fahren und zu beobachten. Etliche die ich traf und die Zwischenstrecken, weil kein Fahrrad, zu Fuß zurücklegen mußten, sind da schlechter dran. Auch mit den gelegentlich verkehrenden Schienenfahrzeugen (siehe Bilder) wollte ich nicht tauschen. Überall freundliches Grüßen. Nirgendwo ein aufdringliches „Hello my freng“. Zwischenstopp beim Tomatenbauern. Der Anbau, die Pflanzen und der Ertrag alles dürftig. Dann die roten Früchte zu Tomatenmark (Ketchup) verkocht. Einfach, aber wie beim guten BIO-Bauern. Wie die Masse später eventuell gestreckt oder mit Zusätzen versehen wird, entzieht sich meiner Kenntnis. Auf dem Weg sind immer wieder größere Rauchentwicklungen aus brennenden Zuckerrohrfeldern zu beobachten.
Der Campismo Guayabal ist kein 3-Sterne Hotel, der Strand nicht Traumstrand. Der Campismo macht aber rundum einen gepflegten Eindruck und ist in den Ferien voll mit Cubanern belegt, jetzt zuweilen Jugend- und Schulgruppen. Mit unserem Mietwagen durften wir im Sommer auch auf das Gelände. Die Annahme eines kleinen Parkentgeldes war den Leuten schon irgendwie fremd. Da merkt man die Ferne zu den Tourismushochburgen, die ich ohnehin nicht bevorzuge. Der Ort liegt ruhig und irgendwie idyllisch an der Karibikküste. Manch derzeit schäbiges Wassergrundstück wird vielleicht in einigen Jahren einen hohen Wert haben. Frischer Fisch wird ständig angelandet und verkauft. Die Langusten müssen zwar auch diesen Weg nehmen, sind aber nur woanders erhältlich.
Also für jemanden, der schon mal in der Gegend ist, lohnt der Besuch dort (eine Alternative gibt es sowieso nicht). Zum Wasser: jetzt war es sehr klar und für das was unsereins unter Baden versteht ausreichend warm. Für die eng umschlungenen Paare, die im Sommer und speziell an Wochenenden, in Massen das Wasser aufwallen lassen, ist es vielleicht doch noch zu frisch.

noch 3 Bilder