„Manchmal ist es besser, es einfach zu lassen.“ – Vom Umgang mit Konflikten in der Interaktion zwischen Kubanern und Deutschen

08.07.2007 13:21 (zuletzt bearbeitet: 08.07.2007 13:54)
#1 „Manchmal ist es besser, es einfach zu lassen.“ – Vom Umgang mit Konflikten in der Interaktion zwischen Kubanern und Deutschen
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http://zif.spz.tu-darmstadt.de/jg-12-2/docs/Schwarzack.pdf

„Manchmal ist es besser, es einfach zu lassen.“ – Vom Umgang mit Konflikten in der Interaktion zwischen kubanischen und deutschen Gesprächspartnern

In Antwort auf:
Deutsche klagen über die Indiskretion der Kubaner in Erstbegegnungen, Kubaner darüber, dass „die Deutschen sich immer beschweren“ (KM 1). Warum? In Kuba scheint es üblich zu sein, sich in Erstbegegnungen auch persönliche Sachen zu fragen, in Deutschland ist das nicht der normale Fall. Fragen wie „Sind Sie verheiratet?“, „Wie viel verdienst du?“ oder „Hast du einen Freund?“ kommen häufig vor. Für Kubaner je nach Situation und sozialer Hierarchie sind das schon in Erstbegegnungen übliche Fragen, wie eine Kubanerin hervorhebt: “Un tabú de ellos es no meterse en su vida privada. Si yo te conozco a ti y ya te estoy preguntando: ‘¿Tienes novio?’ y ‘¿Estás casada?’[...] No debo preguntártelo. Sin embargo, esta es una pregunta que inmediamente le hace un cubano cuando conoce a otro.” (KF 3). [Eines ihrer Tabus (der Deutschen = Anm. d. Verf.) ist, sich nicht in das Privatleben der Anderen einzumischen. Wenn ich dich kennen lerne und schon frage: ‚Hast du einen Freund?’ und ‚Bist du verheiratet?’ [...] Das sollte ich dich nicht fragen. Das ist aber eine Frage, die ein Kubaner sofort einem anderen stellt.]


In Antwort auf:
Die Befragten äußerten in ihren Erzählungen schnell Wertungen, dass etwas höflich oder unhöflich sei. Es zeigte sich dabei, wie sehr die Bewertung dessen, was als höflich bzw. unhöflich gilt, für die Angehörigen beider Kulturen unterschiedlich ist. Höflichkeit ist dabei sehr eng mit den Faktoren Direktheit bzw. Indirektheit verbunden. Wann gilt es als unhöflich, direkt zu sein, und wann nicht? Sich beschweren, Kritik üben oder offen eine Bitte ablehnen sind Handlungen, die unter Kubanern auf Missgefallen stoßen, aber häufig und selbstverständlich von Deutschen geäußert werden. Ein Beispiel soll dies verdeutlichen: “Si ahora yo quiero pedir prestado una grabadora y te digo: ‘Préstame la grabadora.’ Si tu me dices ‘no’, simplemente me dices ‘no’, un cubano diría: ‘No te la puedo prestar porque es de mi hermano y me la trajo ayer y él se la quiere llevar mañana’. ¿Entiendes? Eso sería la respuesta de un cubano. [...] Aunque no sea verdad. Eso es su manera de negártelo. O sea, el crea todo un protocolo, una justificación social, una argumentación social para negar esa cosa, para no quedar mal delante de la otra persona, como no quedar como un egoísta, un tacaño, que sé yo. Los alemanes dicen mas fácilmente: ‘No te la quiero prestar’.” [„Wenn ich mir von dir ein Aufnahmegerät borgen will und dir sage:‚Kannst du mir das borgen?’ Und du mir dann ‚Nein’ sagst, dann sagst du einfach ‚Nein’. Ein Kubaner würde Folgendes sagen: ‚Ich kann es dir nicht borgen, weil es von meinem Bruder ist und er es mir gestern mitgebracht hat und morgen schon wieder mitnehmen will.’ Verstehst du? Das wäre die Antwort eines Kubaners. Obwohl dies nicht wahr ist, ist das seine Art, es dir zu verneinen. D.h. er erfindet eine soziale Erklärung, eine soziale Argumentation, um dir diese Sache zu verneinen, um nicht schlecht vor der anderen Person dazustehen, um nicht als Egoist zu gelten, als Geizhals oder so. Die Deutschen sagen viel eher: ‚Ich will es Dir nicht borgen.’ “] (KM 2).


In Antwort auf:
Das individualistische Verhalten der Deutschen kann also von Kubanern als sehr grob und unhöflich interpretiert werden, weil deren soziale Norm anderes verlangt. Die Kubaner berichteten des Weiteren, dass sie Entscheidungen nicht einfach so für sich alleine treffen können, sondern dass andere Personen, speziell Familienangehörige, immer mit berücksichtigt werden müssen. “Entre los cubanos lo primero la familia.” (KM 3). Unter Kubanern zählt zuerst die Familie. Dass Arbeit oder Anderes bei familiären Problemen oft stärker in den Hintergrund treten, wird von Deutschen nicht immer verstanden.


In Antwort auf:
Auch andere Wertunterschiede bieten Motive für mögliche Konflikte. Sie drehen sich vor allem um die Rollen von Frau und Mann, Schönheitsideale und um Geld und Besitz. Beispielsweise berichtet eine Kubanerin humoristisch von folgender Situation: „Und die Deutsche hatte so dicke Beine. Ja, diese dicken Beine, die bei uns so schick sind. Und meine Mutter hatte das gleich gesehen ‚Oh wie schöne Beine, wie dicke Beine [...]’ und sie hat das so oft gesagt, dass ich das mal übersetzen also dolmetschen musste. Und dann musste ich gleich hinzufügen. ‚Also in Kuba die dicken Beine sind fantastisch.’“ (KF1).


In Antwort auf:
Situationen, in denen sich Kubaner direkt verhalten

· Verhandlungen (entsprechend dem amerikanischen Stil)
· Erstbegegnungen (Fragen zu Privatem und Persönlichem)
· Komplimente machen
· Fragen nach Verdienst
· körperliche Nähe
· Gefühle äußern

Situationen, in denen sich Deutsche direkt verhalten

· Ablehnung oder Missfallen ausdrücken
· Nein sagen
· Kritik äußern
· Konflikte ansprechen
· Arbeit verteilen
· Beschwerden



In Antwort auf:
Verbale Direktheit betrifft also in der deutschen und der kubanischen Kultur unterschiedliche Themen und Sprechhandlungen: In Kuba scheinen Aussagen oder Fragen wie: ‚Du bist aber dick geworden!’ kein Angriff auf die Persönlichkeit, sondern im Gegenteil noch ein Kompliment zu sein. Dahinter stehen andere Werte, möglicherweise z.B. der, dass dick bedeutet, wohlgenährt zu sein und somit wohlhabend. Ebenso sind persönliche Fragen in Erstbegegnungen durchaus zulässig (s. o.). Teilweise scheinen für gewisse Sprechhandlungen, in diesem Fall ‚Verhandeln’, neue Verhaltensnormen aus dem (US-)Amerikanischen übernommen zu werden. Ob dies allerdings in Relation zum deutschen Verhalten direkt ist, muss an dieser Stelle offen bleiben.


In Antwort auf:
An anderer Stelle wird in den Interviews sogar ganz klar bewertet: „Es wird viel gelogen.“ (DM 1). Das, was also unter Kubanern als höflich gilt, kann von Deutschen als Unehrlichkeit interpretiert werden. Dass aber lediglich unterschiedliche Wertesysteme dahinter liegen, ist oft nicht bewusst. Meist verschlechtert sich die Beziehung und löst in den Deutschen dann vermehrt den Drang aus, darüber zu reden, was andererseits wiederum ein Verhalten darstellt, das eben von Kubanern vermieden wird (um nicht unhöflich zu sein). Handelt es sich dabei unausweichlich um einen Teufelskreis?


In Antwort auf:
Empfehlenswert ist, zunächst viele Komplimente und positive Bestärkungen zu äußern und daran anschließend erst die eigenen Bitten vorzutragen. Dies ist die kubanische Art zu fordern, dass jemand etwas macht, teilte mir diese kubanische Interviewpartnerin mit.




In Antwort auf:
Zusammenfassung der Ergebnisse

Konflikte, die auf kulturelle Unterschiede zurückzuführen sind, entfachen sich zwischen Deutschen und Kubanern vorwiegend an den Themen ‚Rolle von Frau und Mann’, ‚Geld und Besitz’, ‚autonomer Raum’ bzw. auch dann, wenn Regeln der Höflichkeit überschritten wurden. In beiden Kulturen kommt verbale Direktheit vor, jedoch unterscheidet sie sich in den Sprechhandlungen, die sie betreffen. Im Falle von Konflikten wird Metakommunikation gern von Deutschen zur Lösung des Konflikts eingesetzt, in der kubanischen Kultur ist dies kaum üblich. Tendenziell hat sich gezeigt, dass Kubaner Konflikte verbal indirekter lösen als Deutsche. Sie scheinen sich tatsächlich ähnlich dem ‚Face Maintenance Model’ zu verhalten. Dahingegen sind Deutsche tendenziell eher dazu bereit, Konflikte verbal direkt zu lösen. Sie scheinen sich ähnlich dem ‚Problem Solving Model’ zu verhalten.



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08.07.2007 21:21
avatar  ( Gast )
#2 RE: „Manchmal ist es besser, es einfach zu lassen.“ – Vom Umgang mit Konflikten in der Interaktion zwischen Kubanern und Deutschen
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( Gast )

Rafael danke für die Zusammenfassung, der Text hat bis auf das High Context Problem nicht viel mehr hergegeben.
Wäre aber schon interessant was dich dazu bewegt dich dermassen intensiv mit Kuba auseinander zusetzen.

Einfach zusammengefasst: Kubaner sind recht direkt wenn es darum geht Frauen zu bearbeiten, bei den Deutschen ist es umgekehrt, bis ein gewisser Alkoholspiegel das Problem löst. Deutsche sind sicher Lösungsporienter, jedoch auch mit dem ja nicht Gesicht verlieren Problem ausgestattet, weil wir sind ja Weltmeister??!!??. Kubaner verzichten lieber gleich auf eine Lösung, bevor irgendwer noch das Gesicht verliert.

Kann nur sagen die Probleme in egal welchen Bereich direkt anzusprechen ist das beste was man tun kann, auch in Kuba. Nur sollte man die Leute ausreichend kennen und dies so machen das sie eben nicht merken das sie ihr falsch liegen. Der Vorschlag ist zwar gut, aber dieser ist noch viel besser, aber das konnte man zuerst nicht wissen. Und bitte haut anständig auf den Tisch, damit die Latinos merken das sie keine Meter machen mit ihrem um den heißen Brei herumgerede.


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14.07.2007 20:37
#3 RE: „Manchmal ist es besser, es einfach zu lassen.“ – Vom Umgang mit Konflikten in der Interaktion zwischen Kubanern und Deutschen
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Forums-Senator/in

In Antwort auf:
Deutsche sind sicher Lösungsporienter, jedoch auch mit dem ja nicht Gesicht verlieren Problem ausgestattet, weil wir sind ja Weltmeister??!!??. Kubaner verzichten lieber gleich auf eine Lösung, bevor irgendwer noch das Gesicht verliert.


Mein lieber Gary, mit deiner preussischen Verhaltensweise machst du dir in Kuba nicht so viele Freunde.


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15.07.2007 00:07
avatar  el-che
#4 RE: „Manchmal ist es besser, es einfach zu lassen.“ – Vom Umgang mit Konflikten in der Interaktion zwischen Kubanern und Deutschen
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Rey/Reina del Foro



rafael, interessante soziologishe betrachtung der kub. gesellschaft. für aus dem latinoraum stammende touristen ist es ganz normal, also keine überraschung. wenn du mal in andalucia/andaluzien gewesen bist,würdest feststellen, die soziol.merkmale sind fast identisch


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15.07.2007 08:58
avatar  ( Gast )
#5 RE: „Manchmal ist es besser, es einfach zu lassen.“ – Vom Umgang mit Konflikten in der Interaktion zwischen Kubanern und Deutschen
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( Gast )

Rafael les dir meinen Text durch, schalte das Hirn ein und du wirst merken, das dabei "minimaler" Schaden entsteht, obwohl abundzu muss man sicher mit Härte durchgreifen, siehst ja eh wie weit die Kubaner mit gut zureden gekommen sind. Lauf ja nicht herum und stänkere einfach jeden an, das überlasse ich dann schon den echten Preussen. Genau genommen dürfte ich bis jetzt 4 Kubaner insultiert haben in 3 Jahren. Mit 2 arbeite ich jetzt besser zusammen als vorher, einer redet nicht mehr mit mir und mit einer rede ich nicht mehr. Letztere sind aber Vollversager, denen man sich entledigen muss um etwas zu erreichen. Wie gesagt ich arbeite in Kuba und bin kein Tourist, als Tourist kannst gerne immer freundlich sein, wenn es allerdings um größere Summen geht, sollte man sich etwas anders Verhalten und wissen mit wem man sich anlegt.
Was arbeitest den Rafael?


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15.07.2007 17:49
#6 RE: „Manchmal ist es besser, es einfach zu lassen.“ – Vom Umgang mit Konflikten in der Interaktion zwischen Kubanern und Deutschen
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Forums-Senator/in

In Antwort auf:
Rafael les dir meinen Text durch, schalte das Hirn ein und du wirst merken, das dabei "minimaler" Schaden entsteht, obwohl abundzu muss man sicher mit Härte durchgreifen, siehst ja eh wie weit die Kubaner mit gut zureden gekommen sind. Lauf ja nicht herum und stänkere einfach jeden an, das überlasse ich dann schon den echten Preussen. Genau genommen dürfte ich bis jetzt 4 Kubaner insultiert haben in 3 Jahren. Mit 2 arbeite ich jetzt besser zusammen als vorher, einer redet nicht mehr mit mir und mit einer rede ich nicht mehr. Letztere sind aber Vollversager, denen man sich entledigen muss um etwas zu erreichen. Wie gesagt ich arbeite in Kuba und bin kein Tourist, als Tourist kannst gerne immer freundlich sein, wenn es allerdings um größere Summen geht, sollte man sich etwas anders Verhalten und wissen mit wem man sich anlegt.


Also, Gary, mit ein bisschen rumschreien ist es wohl kaum getan. Hattest du nicht auch manchmal den Eindruck, dass es an den nötigen Anreizen fehlt und dass die Kubis durch das "System" systematisch versaut werden?


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15.07.2007 22:26
avatar  guzzi ( gelöscht )
#7 RE: „Manchmal ist es besser, es einfach zu lassen.“ – Vom Umgang mit Konflikten in der Interaktion zwischen Kubanern und Deutschen
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guzzi ( gelöscht )

In Antwort auf:
dass es an den nötigen Anreizen fehlt und dass die Kubis durch das "System" systematisch versaut werden?



Nur zum Teil,sie versauen vieles selber und verstecken sich hinter dem System, leider haben sie eben die Fähikeit alles so zu drehen und wenden, dass es ihnen wieder passt. Arbeite und lebe mal mit Cubis zusammen, Jahre, dann siehst du die Sache ganz anders.


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