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Botschaft der „Damen in Weiß“ an die Mitglieder des Europäischen Parlaments
#1 Botschaft der „Damen in Weiß“ an die Mitglieder des Europäischen Parlaments
Sehr geehrte Europa-Abgeordneten,
wir bedanken uns sehr herzlich für Ihre Solidaritätsbekundungen mit unseren politischen Gefangenen und mit unserer Bewegung. Die Verleihung des „Sacharow – Menschenrechtspreises“ ist für uns eine Anerkennung unserer bisherigen Anstrengungen für die sofortige und bedingungslose Freilassung der 75 Inhaftierten im Frühjahr 2003 und zugleich eine
Verpflichtung für die Zukunft uns als Träger dieser Auszeichnung weiterhin würdig zu erweisen.
Gegenwärtig befinden sich ca. 300 friedliche politische Gefangene unter unmenschlichen Haftbedingungen in kubanischen Gefängnissen. Sie werden psychologischen und körperlichen Foltermethoden ausgesetzt. Die Regierung leugnet diese Verhältnisse und versucht die Tatsachen zu vertuschen. Wir verlangen ständig die sofortige Freilassung dieser Gefangenen, denn sie sind nicht schuldig der Verbrechen, die ihnen vorgeworfen werden.Seit der großen Verhaftungswelle am 18. / 19. und 20. März 2003 sowie der Verurteilung dreier junger Menschen schwarzer Hautfarbe - die bei einem verzweifelten Fluchtversuch ein Schiff entführen wollten - hat sich auf Kuba nichts geändert.
Die Strategie des Regimes - Grass über die Vorfälle wachsen zu lassen - sowie das Einfrieren der Beziehungen zu den Mitgliedsländern der Europäischen Union, helfen dem Regime seine Bedingungen Anderen aufzuzwingen ohne grundsätzliche Veränderung seiner
Haltung.
Unter dem großen internationalen Druck, durch die unbeugsame Haltung unserer politischen Gefangenen und unseren Anstrengungen mit Unterstützung der inneren Opposition wurden die kubanischen Behörden gezwungen, einige politische Gefangene aus der Haft zu entlassen. Der wahre Grund für diese Entlassungen war jedoch der schlechte Gesundheits-zustand der einzelnen Freigelassenen. Den Beweis für die schlechte gesundheitliche Verfassung der ehemaligen politischen Häftlinge erbrachte der Tod des politischen Gefangenen, Miguel Valdés Tamayo, kurz nach seiner Entlassung.
Dieser angebliche „Gute Wille der kubanischen Regierung“ veranlasste viele Regierungen der Europäischen Union ihre Kuba-Politik im Wiederspruch zu den im Jahre 2003 beschlossenen Maßnahmen zu ändern. Der Schwerpunkt sollte der Dialog mit der Regierung werden, obwohl diese Politik bis jetzt nicht dazu geführt hat: das mehr politische Gefangene freigelassen werden, das die Haftbedingungen sich verbessern, die Einstellung der Schikanen gegenüber den Angehörigen der politischen Gefangenen erfolgte, die Einschüchterungsversuche gegenüber den Mitgliedern der friedlichen Opposition – bekannt als „Actos de Repudio“ aufhören, die Erweiterung der „Actos de Repudio“ auf die Mitglieder der Bewegung „Damen in Weiß“ sogar erfolgte sowie die willkürliche Verhaftung von Andersdenkenden und ihre spätere Verurteilung in Schauprozessen sich bisher nicht änderte.Bei den meisten freigelassenen politischen Gefangenen aus dem Jahre 2007 handelt es sich um Menschen, die ihre Strafe schon verbüßt hatten. Ihre Entlassung aus der Haft wurde als “Gnadenakt” dargestellt, um die Weltöffentlichkeit zu täuschen.
Seit der Bekanntmachung der Erkrankung des kubanischen Präsidenten, am 31. Juli 2006 und die vorübergehende Übertragung seiner Macht hat sich in Kuba nichts Wesentliches geändert. Das Spitzelnetz der so genannten “Komitees zur Verteidigung der Revolution” und andere angeblich unabhängigen Organisationen arbeiten nach wie vor sehr aktiv als Zuträger der Regierungsbehörden. Die kubanische Regierung versucht in der Welt das Bild aufrecht zu erhalten, sie regieren mit der Unterstützung des Volkes. Das Gegenteil ist der Fall. Das Aufrecherhalten der Verunsicherung in der Bevölkerung bleibt ihre Hauptwaffe, um die Macht zu erhalten.
Am 19. und 20. März 2007 – als wir friedlich durch die Straßen Havannas gingen – wurden wir Opfer der „Actos de Repudio“ der Regierung. Damals wollten wir mit unserem Marsch an den 4. Jahrestag der großen Verhaftungswelle 2003 erinnern. Diese von den kubanischen Behörden inszenierten Aktionen können jedoch nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass die Bevölkerung schon längst nicht mehr diese Regierung als eine Zukunft sehen. Die Wende begann schon lange in den Köpfe der Menschen in Kuba.Es steht außer Zweifel, dass die standhafte Haltung der Europäischen Union im Jahre 2003 und ihre Solidarität gegenüber den Angehörigen der 75 Gefangenen des „Schwarzen Frühling“ eine herausragende moralische Unterstützung war. Wahrscheinlich ist das der Grund, weshalb die totalitäre Regierung damals nicht weitere repressive Maßnahmen in Kraft setzte.Wir die – „Damen in Weiß“ – sowie unsere politischen Gefangenen erhoffen und erwarten von der Europäischen Union einen würdevollen Dialog.
Wir - Kubaner - tragen die Hauptverantwortung für unsere demokratische Zukunft und die Einhaltung der Menschenrechte. Jedoch sind wir sehr dankbar für jede unterstützende solidarische Geste der Parlamente und der Regierungen. Sie können einen großen Beitrag leisten, in dem sie die kubanische Regierung dazu bewegen, ihren harten Kurs zu ändern. Wir
bitten Sie, Ihren ganzen Einfluss geltend zu machen, dass die politischen Gefangenen, ihre Angehörigen sowie die gesamte Opposition nicht mehr als „Geisel der Regierung“ und ihrer Interessen benutzt werden.Wir schlagen vor einen wahren Dialog und keinen Monolog mit der Regierung zu führen und nicht nur die Wirtschafts- und Handelsinteresse in den Mittelpunkt zu stellen. Es sollte auch nicht der Sinn des Dialogs sein, nur die „Segnung“ der möglichen Nachfolger zu erhalten. Wir sind der Meinung, dass jeder kritische und konstruktive Dialog mit dieser Regierung unmöglich ist.
Wir glauben auch nicht an den Erfolg einer „Arbeitsgruppe“, um über Menschenrechte zu sprechen. Dazu ist der Druck von höchster Ebene der Regierungen und der Parlamente Notwendig. Die kubanische Regierung kann immer auf eine Verzögerungstaktik setzen. Wir wünschen der Europäischen Union viel Erfolg bei ihren Bemühungen. Wir stehen jedoch
skeptisch der naiven europäischen Vorstellung gegenüber, durch einen Dialog ein totalitäres Regime - mit 50 Jahren Erfahrung an der Macht- dazu zu bewegen, Fortschritte für Kuba und die Freilassung unserer politischen Gefangenen zu zulassen. Wir sind der Meinung, die totalitäre Diktatur sollte zunächst ein Zeichen des „Guten Willens“ setzen, bevor man weitere Zugeständnisse ihr gegenüber macht.
Viele Grüße im Namen der politischen Gefangenen und in unserem Eigenen
die „ Damen in Weiß "
Havanna, den 7. Juni. 2007
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