Späte Einsichten eines Stars
Errol Flynn filmte die kubanische Revolution

Wer sich die Wahrheit über den Vietnamkrieg ausgerechnet von Sylvester "Rambo" Stallone erklären lassen wollte, dürfte selbst unter politisch arg Unbedarften mitleidiges Kopfschütteln ernten. Aber man sollte über Hollywood-Größen nicht zu rasch sein Urteil fällen, wie man kürzlich beim Themenabend des Senders arte über einen der größten Stars aus Hollywoods Glanzzeit der 1930er und 1940er Jahre feststellen konnte. Zwar ließ der Titel "Freibeuter und Frauenheld - Das wilde Leben des Errol Flynn" das bekannte Bild von Flynn erwarten, doch wer lange genug ausharrte, konnte im dritten Programmteil eine ganz andere, überraschende Seite an ihm entdecken. Denn mit Flynns 1959 entstandenem Dokumentarfilm "Die Wahrheit über Fidel Castros Revolution" kommt eine Filmrarität aus dem Staub der Archive ans Licht, die den "Freibeuter und Frauenhelden" als engagierten, politisch wachen Menschen mit ausgeprägtem Gerechtigkeitssinn zeigt. Da seine in der Sierra Maestra schon vor Castros Sieg gesammelten Informationen der bald einsetzenden Diffamierung der Revolutionäre entgegentrat, erlebte der Film damals nur eine einzige Aufführung - auf dem Filmfestival in Moskau!
Ausgerechnet Errol Flynn! Jener bei Medien und Publikum so beliebte Star, der wie so viele reiche US-Amerikaner jener Zeit das süße Leben auf der Zuckerinsel in vollen Zügen genoss und gemeinsam mit dem Produzenten und Regisseur Victor Pahlen in den Casinos und Bordellen Havanas zigtausende Dollars verschleuderte! Freimütig räumt er nun ein, dass er selbst "zu den Menschen gehörte, die glauben, das Elend der Welt mit ein paar Daiquiri-Cocktails besiegen zu können". Doch nun entdeckt er abseits der Glitzerpaläste auch die arme, landlose Mehrheit der Kubaner, deren ganze Hoffnung jene kleine Schar von Kämpfern in der Sierra sind. Er filmt den noch jugendlich aussehenden Castro, den zwei Jahre Einzelhaft in Batistas Kerkern nach dem fehlgeschlagenen Angriff auf die Moncada nicht haben brechen können. Er folgt den Guerilleros auf den Märschen durch die Berge, in denen sie neue Mitstreiter gewinnen, er schildert Che Guevaras siegreichen Einzug ins befreite Santa Clara und schließlich den Jubel in den Straßen Havannas, als der Diktator Batista endlich verjagt ist.
Dass alle diese Aufnahmen damals nur ohne Ton möglich waren und nun von Flynns Kommentar sowie der Rebellenhymne "Adelante Cubanos" begleitet werden, ist besonders bedauerlich bei den Passagen über die Prozesse und Urteile gegen die Verantwortlichen des Batista-Regimes, denen sich Flynn besonders ausgiebig widmet. Ausdrücklich billigt er die etwa 100 Hinrichtungen besonders brutaler Schergen des Regimes, über die sich "die internationale Presse so aufregt, während sie zu den Tausenden von Todesopfern der Diktatur immer geschwiegen hatte."
Anerkennend hebt er hervor, dass alle Verfahren in offenen Gerichtssälen stattfanden und die Verteidiger ausführlich zu Wort kamen. Als einer der zum Tode Verurteilten keine Reue zeigt und sogar selbst das Kommando zur eigenen Hinrichtung geben will, wird auch diesem Wunsch entsprochen.
Natürlich ist unter solchen Drehbedingungen kein Meisterwerk der Filmkunst entstanden, und der Wert von Flynns Film liegt neben dem Gewicht seines prominenten Eintretens für das befreite Kuba, das er in Prolog und Epilog direkt ins Publikum spricht, vor allem in der Authentizität seiner Bilder aus der unmittelbaren Nähe der Revolutionäre. Und fast prophetisch erscheint es, dass er diesen Teil mit Bildern von Castros begeistert gefeiertem erstem Staatsbesuch in Venezuela beendet, dessen späte Früchte in unseren Tagen Flynn nicht mehr erlebte - er starb kurz nach Beendigung dieses Films im Oktober 1959.

Quelle: http://www.dkp-online.de/Kuba-AG/

siehe auch:
The Cuban Story:
https://www.kubaforen.de/t516146f3613-Err...quot--Arte.html