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Zwischen Annäherung und Annexion
Mal wieder ein paar spezielle Äußerungen von "unserem Kuba Spezialisten" Harald Neuber ...
Schade, dass er sich hier nicht mehr blicken lässt
Zwischen Annäherung und Annexion
Harald Neuber 28.12.2006
Die USA und Kuba streiten um den Gesundheitszustand Fidel Castros - und bereiten sich auf die Zeit nach ihm vor
Fast ein halbes Jahrhundert lang war Fidel Castro der Erzfeind der USA. Nun wird er selbst zum Streitfall zwischen Havanna und Washington. Seit der Staatschef die Amtsgeschäfte Ende Juli an seinen fünf Jahre jüngeren Bruder Raúl Castro abgab, lancieren der US-Auslandsgeheimdienst CIA und die kubanische Regierung abwechselnd gegenteilige Einschätzungen zum Gesundheitszustand des 80-Jährigen. Die USA wollen Castro sterben sehen, Kuba beharrt auf dem Gegenteil. Der letzte Coup gelang Havanna Anfang dieser Woche: Nach Untersuchungen dementierte ein spanischer Darmspezialist am Dienstag anderslautende Prognosen. Castro habe keinen Krebs, so José Luis García Sabrido.
Hinter der absurden Propagandaschlacht steht vor allem auf US-Seite Kalkül: In der Vergangenheit hatten Vertreter Washingtons immer wieder erklärt, man werde eine "Machtübergabe" von Fidel an Raúl Castro "nicht akzeptieren", ungeachtet des Umstandes, dass die kubanische Verfassung eben dies vorsieht. Zudem treten in den USA, sollte Fidel Castro sterben, automatisch militärische Aktionspläne in Kraft. Ein entsprechendes Szenario wurde Mitte des Monats in Miami geprobt. Mit Beteiligung lokaler Polizeikräfte, der halbmilitärischen Küstenwache und der Bundespolizei FBI wurde ein Einsatzplan trainiert, der unter anderem die Mobilisierung von Polizeikräften in Florida und die Schließung der Häfen vorsieht. An dem Manöver beteiligt war auch das Heimatschutzministerium, das im November 2002 zur Unterstützung des US-amerikanischen "Krieges gegen den Terrorismus" gegründet wurde.
Extremistische Gruppen in den USA
Die quasimilitärischen Pläne werden mit wahrscheinlichen Aufständen in Kuba und unüberlegten Reaktionen der kubanischen Exilgemeinschaft in Miami begründet. Damit dürften vor allem die paramilitärischen Organisationen gemeint sein. Unausgesprochen bleibt bei den Erklärungen, dass Gruppen wie Alpha 66 über Jahrzehnte von verschiedenen US-Regierungen geduldet, oder sogar unterstützt wurden. So wird die Warnung vor einer Eskalation der Lage nach dem Tod Fidel Castros zur selbsterfüllenden Prophezeiung. Der kubanischen Regierung, die eine Gleichsetzung des Revolutionsführers mit der Revolution 47 Jahre lang akzeptiert hat, bleibt nun nicht anderes übrig, als das Spiel mitzuspielen. Wenn immer aus der CIA-Zentrale in Langley/Virginia eine neue unheilbare Erkrankung Fidel Castros "festgestellt" wird (2005: "Parkinson", 2006: "Darmkrebs im Endstadium"), muss sie mit Gegendiagnosen aufwarten.
Die Versuche des Interimspräsidenten Raúl Castro, aus diesem Zwang auszubrechen, wirkten zunächst hilflos. In der vergangenen Woche erklärte der 75-Jährige seinen Bruder auf einem Kongress der Kubanischen Studentenunion (FEU) für "unsersetzbar" - außer durch die Kommunistische Partei Kubas. In der gleichen Rede rief er zu mehr Kritik an den Problemen des sozialistischen Inselstaates auf.
Schwieriger Dialog zwischen Washington und Havanna
Anfang Dezember hatte der Übergangspräsident bereits mit einem Aufruf zum politischen Dialog an die USA für Aufsehen gesorgt. Die jahrzehntelangen Spannungen zwischen beiden Staaten müssten auf dem Verhandlungsweg abgebaut werden, sagte er in Havanna - um eine prompte Abfuhr von der amtierenden Regierung unter George W. Bush zu erhalten. Was nicht erstaunt, denn der rechte Flügel des kubanischen Exils hat nach wie vor großen Einfluss auf die Bush-Regierung. Wohnungsbauminister Mel Martínez etwa ist ein exponierter Vertreter dieser Gruppe: Er spielte eine führende Rolle in den beiden Wahlkampfkampagne des Präsidenten. Bei der international kritisierten Wahl im Jahr 2000 war er zudem einer der 25 Wahlmänner aus Florida, die letztlich für Bush stimmten.
Doch trotz des Einflusses der Exilkubaner organisieren sich auch die Gegner der aggressiven Kuba-Politik. Drei Wochen nach dem Gesprächsangebot aus Havanna traf eine zehnköpfige Delegation US-amerikanischer Politiker in der kubanischen Hauptstadt ein; immerhin die größte Abordnung seit der Revolution 1959. Beachtlich bei dem Treffen war nicht nur die Größe der Gruppe, sondern auch ihre Zusammensetzung: Neben sechs Senatoren der oppositionellen Demokratischen Partei trafen sich in Havanna auch vier prominente Vertreter der Republikaner mit dem Parlamentspräsidenten Ricardo Alarcón, Außenminister Felipe Pérez Roque und anderen hochrangigen Regierungsvertretern.
Zum Abschluss des dreitägigen Treffens erklärte die Delegationsleitung aus dem Republikaner Jeff Flake und dem Demokraten William Delahunt einstimmig, es sei "Zeit für die USA, in einen Dialog mit Kuba einzutreten". Sie wandten sich damit offen gegen die Linie der Regierung.
Mehr US-Dollar für Anti-Kuba-Gruppen - auch in Europa
Doch die zeigt sich zunächst unbeeindruckt. Mit Millionenmitteln werden von Washington weiterhin Organisationen mit dem Ziel finanziert, einen Systemwechsel in Kuba durchzusetzen. Ausgezahlt werden die Mittel anteilig von der US-Entwicklungsbehörde USAID und der National Endowment for Democracy (NED), die 1983 unter dem damaligen US-Präsidenten Ronald Reagan gegründet wurde, um außenpolitische Ziele seiner Regierung verdeckt zu finanzieren.
Die US-Nachrichtenagentur Associated Press (AP) wies unlängst darauf hin, dass die Gelder zunehmend auch für Gründung und Unterhalt antikubanischer Gruppen in Europa verwendet werden, vor allem in Polen, der Slowakei und Tschechien - Länder, die der US-Regierung schon bei dem Angriff auf Irak näher standen, als die kerneuropäischen Staaten. Organisationen wie People in Need (Tschechien), People in Peril (Slowakei) oder die Pontis Foundation (Slowakei) beschränken sich dabei nicht nur auf Kuba. Auf der Agenda einiger dieser Gruppen steht auch die "Demokratisierung" der GUS-Staaten.
Über die Kuba-Achse, so scheint es, wird in Europa ein schlagkräftiges Netzwerk aufgebaut, um - sollte sich der "Fall Kuba" erledigt haben - den politischen Einfluss Washingtons von Osteuropa bis Zentralasien zu sichern.
Artikel-URL: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/24/24320/1.html
Nos vemos
Dirk
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