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USA rätseln über wirtschaftlichen Kurs Boliviens
Bei seiner Amtseinführung am Sonntag (Ortszeit) hat der neue bolivianische Präsident Evo Morales erneut widersprüchliche Signale über den Kurs seiner Wirtschaftspolitik gegeben: Seine Regierung werde prüfen, ob sich das Land nach dem Scheitern einer panamerikanischen Freihandelszone lieber dem von den USA unterstütztem Handelsblock der lateinamerikanischen Länder Kolumbien, Ecuador und Peru oder der Freihandelszone Mercosur anschließen werde, in der sich Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay zusammengeschlossen hatten und dem auch Venezuela beitreten will.
Politische Beobachter in den USA nahmen in den Aussagen Morales' eine "versöhnliche Note" wahr - obwohl er klarstellte, für ihn sei die "Zeit des neoliberalen Wirtschaftsmodells" abgelaufen. Denn vor seiner Wahl hatte Morales, der als erster Indianer das Amt in der Andenrepublik übernimmt, sich noch strikt gegen die von den USA geforderte Freihandelszone ausgesprochen. Nun sprach er vor zehntausenden Anhänger auf dem Heldenplatz in der Hauptstadt La Paz davon, dass Freihandelzonen "willkommen" seien - solange sie "Märkte für die Armen garantieren".
"Nicht klar, wohin Bolivien gehen wird"
Die USA hatten sich bislang Morales gegenüber betont zurückhaltend gegeben, selbst nachdem der frühere Chef der Gewerkschaft der bolivianischen Koka-Bauern Präsident George W. Bush als "Terroristen" bezeichnet und seine Sympathie für einen Sozialismus südamerikanischer Prägung - wie ihn seine Vorbilder Fidel Castro in Kuba und Hugo Chavez in Venezuela anstreben - bekundet hatte. Dennoch ließ sich Thomas Shannon, der Lateinamerika- Beauftragte im US-Außenamt, mit den Worten zitieren, es sei "nicht klar, wohin Bolivien gehen wird" - nämlich eine engere Anbindung an die USA oder an der konkurrierenden südamerikanischen Block suchen wird, dem auch die linksgerichteten Präsidenten von Argentinien und Brasilien, Nestor Kirchner und Luiz Ignacio Lula da Silva, zugerechnet werden.
Vor allem zwei Themen stehen im Zentrum der Auseinandersetzung: Der Koka-Anbau im bolivianischen Hochland - einst auch einzige Einkommensquelle für den neuen Präsidenten - und die Erdgasreserven des Landes: Morales hatte im Wahlkampf angekündigt, er werde die Reserven, die als zweitgrößte des Kontinents nach denen Venezuelas gelten, "dem bolivianischen Volk zurückzugeben, um die Armut zu besiegen".
Streitpunkt: Erdgas und Koka
Zugleich sicherte er ausländischen Investoren zu, ihre Eigentumsrechte zu wahren. Zwar gehören mit Total und Repsol französische und spanische Firmen zu den Konzernen, die seit Mitte der 90er Jahre rund dreieinhalb Milliarden Dollar in die Gasförderung in Bolivien investiert haben. Dazu zählt aber auch Petroleo Brasileiro aus dem Nachbarland Brasilien. Morales' Vorgänger waren sämtlichst an Protesten gegen die Energiepolitik ihrer Regierung gescheitert.
Morales hat den USA zudem vorgeworfen, ihren "Krieg gegen Drogen" in Südamerika vor allem zu nutzen, um ihren politischen Einfluss zu sichern, und versprach vor der Wahl, den Anbau von Koka - Ausgangspflanze für die Herstellung von Kokain - zu legalisieren; die Blätter der Pflanzen sind unter den Indianern Boliviens von alters her ein Genussmittel. Zur Amtseinführung am Sonntag sprach der neue Präsident allerdings differenzierter: Er sei durchaus offen für ein "Abkommen mit den USA, um den Drogenhandel zu bekämpfen", sagte Morales. Es dürfe aber keine Ausrede sein "für die USA, um unser Volk zu dominieren".
Tränen in den Augen, linke Faust gereckt
Überhaupt zielte Morales am Sonntag eher auf Emotionen denn auf harte Politik: Tränen standen in seinen Augen, als der erste Indio in der Geschichte des seit Anfang des 19. Jahrhunderts unabhängigen Staates den Amtseid ablegte - die rechte Hand auf das Herz gelegt, die Linke zur Faust erhoben. Sein Wahlsieg sei eine "kulturelle und demokratische Revolution", rief er später seinen Anhängern zu: "500 Jahre Volkswiderstand der Indianer waren nicht vergebens", sagte der 48-Jährige, der dem Volk der Aymara-Indianer entstammt.
Die Menge bejubelte auch seine Ankündigung, dem Staat in der Wirtschaft wieder mehr Geltung zu verschaffen und nicht nur die Erdgas-Reserven, sondern auch die Wasserversorgung in staatliche Hände zu bringen. "Sie haben uns vor 15 Jahren gesagt, dass der Privatsektor unsere Probleme der Korruption und der Arbeitslosigkeit lösen wird", kritisierte Morales. "Aber die Jahre sind vergangen, und wir haben mehr Arbeitslosigkeit und mehr Korruption."
Besuch aus Chile
Angesichts solcher Worte feierten die Morales-Anhänger nach Agenturberichten mit Sprechchören insbesondere Venezuelas Staatschef Chavez. Der Linkspopulist nahm als einer von 15 Staatsoberhäuptern an der Amtseinführung teil. Mit besonderer Aufmerksamkeit wurde die Anwesenheit von Chiles Präsident Ricardo Lagos erfolgt - mit dem Nachbarland unterhält Bolivien bereits seit fast 30 Jahren keine offiziellen diplomatischen Verbindungen mehr.
Die beiden Staaten streiten um einen Zugang Boliviens zum Meer, das es im so genannten Salpeterkrieg in den 1880 an den Nachbarn verloren hatte. Die Reise Lagos' dürfte eine seiner letzten Amthandlungen sein: Die Chilenen haben mit Michelle Bachelet bereits seine Nachfolgerin gewählt - auch sie wird dem sozialistischen Lager zugerechnet.
Quelle:http://www.n24.de/wirtschaft/wirtschafts...012312322800002
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Dirk
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