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Jorge Edwards: Der Ursprung der Welt
(
Gast
)
#1 Jorge Edwards: Der Ursprung der Welt
http://www.welt.de/data/2005/07/16/746009.html?s=1
Übrigens: "Persona non grata", Jorge Edwards' Buch über seinen Aufenthalt als Allende-Botschafter in Kuba und den Fall des stalinistischen Schauprozesses gegen Heberto Pedilla ist ebenfalls sehr zu empfehlen.
In Antwort auf:
Romancier, Intellektueller, Diplomat und Zeitzeuge - der Chilene Jorge Edwards ist zu entdecken
von Marko MartinEr ist Latino. Er parliert spanisch, französisch oder englisch und arbeitete als hochrangiger Diplomat in Lima, Havanna und Paris. Er schreibt Erzählungen und Romane, die von ästhetischer Finesse, politischer Klarsicht und erotischer Faszination zeugen. Er hat zahlreiche Preise erhalten, unter anderen den Premio Cervantes, eine Art Nobelpreis der spanischsprachigen Welt. Seine Förderer waren Pablo Neruda und Salvador Allende, zu seinen Freunden zählen Mario Vargas Llosa und der Deutsche Hans Christoph Buch, die Namen seiner zwei prominentesten Feinde lauten Fidel Castro und Augusto Pinochet. Reicht diese Aufzählung, um hierzulande Interesse oder - was wahrscheinlicher ist - resignative Abwehr zu provozieren? Fehlte nur noch, daß der vermeintliche Alleskönner ein südländischer Adonis wäre...
In Antwort auf:
"Nach dem Wahlsieg Allendes wurde ich 1970 als dessen Sondergesandter nach Kuba geschickt, um dort eine Botschaftsstruktur aufzubauen. Ich blieb allerdings nur wenige Monate auf der Insel, dann wurde ich ausgewiesen. Ich war ja nicht nur als chilenischer Diplomat, sondern vor allem als Schriftsteller ins Land gekommen, den seine kubanischen Kollegen gut kannten. So gut, daß sie sich mir bald anvertrauten und von der allgegenwärtigen Repression, der Bespitzelung und dem Mißtrauen untereinander erzählten, von der Rigidität des Regimes, das ihre Freiräume immer weiter verengte. Kurz nachdem der Dichter Heberto Padilla bei mir im Hotel gewesen war, wurde er verhaftet. Das war am Freitag. Drei Tage später mußte ich das Land verlassen. Vorher wurde ich jedoch noch zum Kulturminister einbestellt. Es war 23 Uhr am Sonntag, und ich erinnere mich deshalb so genau daran, weil unerwarteterweise auch Castro selbst anwesend war. Er zeigte sich enttäuscht und wütend über mich und klagte Padilla an, einen Umsturz geplant zu haben. Er wußte genau, was er wollte: Die Entwicklung sollte in Richtung chinesischer Kulturrevolution gehen. ,Mit diesen Intellektuellen ist Schluß', brüllte er und brüstete sich damit, ab nun auf deren Urteil keinen Wert mehr zu legen. Das war aber schon deshalb absurd, weil ich Castro bei all unseren Treffen zuvor nie als einen Liebhaber der Literatur wahrgenommen habe - der musische Fidel existierte immer nur in der Optik westlicher Sympathisanten."
[...]
In Antwort auf:
Jorge Edwards sitzt im Speiseraum eines Berliner Hotels und spricht diese Sätze. Weder hastig und eruptiv, noch unterbrochen durch rhetorische Kunstpausen. Die Wahrheit muß nicht prunken. Sie braucht sich allerdings auch nicht klein zu machen, denn Tatsache ist - und Edwards erwähnt es - daß "Persona non grata", sein dokumentarischer Roman über jene Zeit in Kuba und den schmerzhaften Erkenntnisprozeß eines linksliberalen Intellektuellen, bis heute nicht in Deutschland erschienen ist. Erscheinen konnte.
[...]
In Antwort auf:
"Die Kreise der lateinamerikanischen Exilanten in Paris und ihre Erfahrungen mit den südamerikanischen Diktaturen bilden den Hintergrund dieses gekonnt konstruierten Eifersuchtdramas."
Dabei erzählt "Der Ursprung der Welt", 1996 in Barcelona erschienen, nicht abstrakt von "Diktaturen", sondern sowohl von der Flucht vor dem Pinochet-Terror wie auch vom geistigen Freiwerden gegenüber der Castro-Manipulation. Mehr noch: Der in die Jahre gekommene Arzt Patricio verdächtigt seine jüngere Frau Silvia, mit Felipe, einem erst kürzlich verstorbenen Lebemann-Freund der beiden, eine leidenschaftliche Affäre unterhalten zu haben.[...]
"Felipe", liest man da, "war der einzige von uns, der immer, seit den Anfangsjahren, eine von spaßhaften, offen respektlosen Bemerkungen durchsetzte Antipathie gegenüber Fidel Castro zeigte, den er zu unserer Entrüstung als ,Langbart' bezeichnete, und wenn er ein paar Gläser intus hatte, imitierte er sehr komisch die Sprechweise des Kubaners, und ich habe den Verdacht, all seine Zweifel erreichten den Höhepunkt oder traten offen zutage, bekamen sozusagen die Erlaubnis, sich frei zu bewegen, als die Truppen des Warschauer Paktes in die Tschechoslowakei einmarschierten.
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