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Dissident nach Spanien ausgereist
Dissident nach Spanien ausgereist
Rivero will sich in Madrid für politische Häftlinge in seiner Heimat einsetzen
Madrid - Vier Monate nach seiner Freilassung hat der kubanische Bürgerrechtler und Dichter Raul Rivero sein Land verlassen dürfen und ist am Freitag in Madrid eingetroffen. Er habe eine befristete Ausreisegenehmigung erhalten und dürfe binnen zwei Jahren nach Kuba zurückkehren, sagte er nach seiner Ankunft in der spanischen Hauptstadt. "Ob ich zurückkehre hängt aber nicht von mir, sondern von der kubanischen Regierung ab." Er wolle in Madrid arbeiten und sich von dort für die politischen Häftlinge in seiner Heimat einsetzen, ergänzte Rivero. Er traf mit seiner Frau, seiner elfjährigen Tochter und seiner Mutter ein.
Rivero, der Mitte der 90er Jahre die unabhängige Nachrichtenagentur Cuba Press gegründet hatte, war im März 2003 bei einer der größten Repressionswellen der vergangenen Jahre zusammen mit anderen Regimekritikern festgenommen und drei Wochen später zu 20 Jahren Haft verurteilt worden. Den 75 Männern und Frauen wurde vorgeworfen, mit den USA gegen Kuba zu konspirieren, nachdem sie sich mit dem Leiter der US-Vertretung in Havanna, James Cason, getroffen hatten. Als Folge der drakonischen Urteile hatte die EU alle Kontakte zu Kuba eingeschränkt. Vor Riveros Freilassung hatte sich die sozialistische Regierung in Madrid für eine Lockerung der harten EU-Haltung eingesetzt. (dpa)
http://derstandard.at/?id=2000648
Raúl Rivero endlich in Freiheit
Kubanischer Schriftsteller durfte nach Spanien ausreisen
Von Peter B. Schumann
Mir kam ganz spontan ein Wort in den Sinn, das ich sehr liebe und das ganz einfach "Freiheit" heißt.
Daran dachte Raúl Rivero, als das Flugzeug der Iberia in Madrid landete und eine Zeit der Qual zu Ende ging. Sie hatte vor genau zwei Jahren mit dem drakonischen Urteil eines kubanischen Schnellgerichts begonnen. 20 Jahre sollte er hinter Gittern verbringen, weil er angeblich mit dem schlimmsten Feind der Insel, den USA, kollaboriert hatte. Ähnlich erging es der übrigen Gruppe, insgesamt 75 Dissidenten. Doch der Poet wurde zusätzlich die meiste Zeit in Isolationshaft gesperrt und musste in einer winzigen Zelle unter erbärmlichsten Umständen leben. 18 Monate hat er dies ertragen, bis er Ende November des letzten Jahres zusammen mit einem guten Dutzend weiterer Häftlinge wegen schwerer Krankheit Haftverschonung erhielt.
Während meiner Haftzeit habe ich viele Gefangene kennen gelernt, die ebenfalls zunächst eine solche Genehmigung erhalten hatten, die dann aber wieder zurück ins Gefängnis mussten. Ich habe damit gerechnet, in jedem Augenblick wieder abgeholt zu werden... Auch kannte ich meine Grenzen nicht, innerhalb derer ich mich bewegen konnte. Deshalb habe ich die Beiträge, die ich für ausländische Zeitungen geschrieben habe, mit größerer Vorsicht, mit mehr Selbstzensur verfasst als vor meiner Haft.
Raúl Rivero war der prominenteste politische Häftling Kubas. Das dürfte auch einer der Gründe für seinen verschärften Arrest gewesen sein. Die zahlreichen internationalen Solidaritätsbekundungen und vor allem die gezielte diplomatische Hilfe durch die spanische Regierung Zapatero haben seine Freilassung bewirkt. Doch was wird aus den anderen, die mit ihm entlassen wurden?
Einige versuchen ins Ausland zu gehen, meist in die USA. Sie haben auch bereits die Erlaubnis hierfür von den kubanischen Behörden erhalten. Es ist nur merkwürdig, dass sie nun auf bürokratische Schwierigkeiten bei den Nordamerikanern stoßen. Doch ich hoffe, dass nächste Woche drei oder vier von ihnen in die USA reisen dürfen.
Und was geschieht mit all denen, die sich noch immer in den Gefängnissen befinden und für die es keine gezielten Protestaktionen gibt?
Das ist für mich sehr schmerzlich. Die Situation ist für die meisten unverändert hart und hat sich nur in einigen Fällen gebessert. Für jeden, der die Methoden des kubanischen Gefängnissystems kennt, ist das ein Anzeichen dafür, dass sie als Nächste freigelassen werden, eine Gruppe von acht oder zehn Leuten.
Sie gehören möglicherweise zu der "Verhandlungsmasse" bei den Gesprächen zwischen Kuba und der Europäischen Union. Beide Seiten suchen zur Zeit Entspannung, nachdem die Politik der gegenseitigen Isolierung in die Sackgasse geführt hat. Aber es droht ein neuer Konflikt. Die innere Opposition hat für den 20. Mai zu einer Versammlung zur Förderung der Zivilgesellschaft aufgerufen.
Sie werden dagegen zumindest Studenten und Frauen staatlicher Organisationen mobilisieren, die versuchen werden, dies zu verhindern. Das kann zu einer sehr ernsthaften Konfrontation führen ... und zu harter Repression, deren Auswirkungen völlig unkalkulierbar sind und die negative Folgen bis in die Europäische Union hinein haben könnten, zum Beispiel auf den gerade begonnenen Dialog mit der kubanischen Regierung.
Kann dieser Dialog überhaupt zu einer innenpolitischen Entspannung führen - wie die EU hofft, oder gar zu einem "Gespräch über Menschenrechte" - das der kubanische Außenminister angeboten hat?
Diese Regierung spielt sich gern als eine machistisch-leninistische Regierung auf. Wenn jemand ihr gegenüber hart auftritt, dann reagiert sie hart, schreit laut und droht mit Waffen. Das führt zwar zu nichts, erzeugt nur Ärger und noch mehr Gewalt. Denn die kubanische Regierung ist auf den Krieg vorbereitet, nicht auf den Frieden, auf Krach, nicht auf Dialog. Der verwirrt sie stets. Aber darin liegt die Chance des diplomatischen Wegs, positive Bezugspunkte zu finden und so auch den etwa 300 politischen Häftlingen zu helfen, die sich unter sehr schwierigen Bedingungen in den kubanischen Gefängnissen befinden.
Was dürfen die Leser des Dichters und Journalisten von Raúl Rivero in seinem spanischen Exil erwarten?
Jetzt kommt hier im April zunächst ein Band mit Gedichten heraus, die ich im Gefängnis geschrieben habe: Herz ohne Wut. Nächste Woche werde ich in der Universität aus einem Manuskript lesen, das ich mitgebracht habe: Leben und Pflichten, Texte, die in der Haft sowie in den letzten drei Monaten entstanden sind. Dann will ich die Chroniken fortsetzen, die ich immer verfasst habe, diese Mischung aus Journalismus und Literatur, und meine Gefängniserfahrungen niederschreiben. Aber ich will nicht von meinen Erfahrungen leben, sondern Geschichten festhalten, die mir andere erzählten, ganz normale Gefangene.
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