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Zoe Valdéz und der Idiot Koch
Zoe Valdéz und der Idiot Koch
Hans-Werner Richert - Havanna
Für Zoé Valdéz ist der hessische Ministerpräsident Koch (CDU) ein Idiot!. Die in Frankreich lebende Kubanerin hat sich bisher vor allem mit Romanen, die von vielen Lesern in den Bereich der Pornographie eingegliedert werden, und mit ihren Erklärungen und Aktionen gegen Kuba einen Namen gemacht. Nun gibt es sicher nicht wenige Menschen in der Bundesrepublik Deutschland und insbesondere im Bundesland Hessen, die dieses Meinung teilen, aber das bemerkenswerte daran ist die Begründung der Auslandskubanerin. Es geht ihr nicht etwa um seine Politik in dem deutschen Bundesland, sondern um etwas anderes. In einem haßtriefenden Artikel für das politische Magazin FACTS, läßt sich Valdéz über Kuba, Castro, den Kubatourismus und anderes aus. Kubatouristen sind für sie danach unwissend oder zynisch – oder beides. Dieser Artikel fiel mir in die Hände, nachdem mir ein Bekannter erzählte, er habe den Ministerpräsidenten Hessens mit Familie in der Altstadt Havannas getroffen. Dies ist offensichtlich kein offizieller Besuch gewesen, da davon inden kubanischen Medien nichts zu hören bzw. zu lesen war, und vor allem angesichts der nach wie vor bestehenden Sanktionen der EU gegen Kuba, zu denen auch gehört, daß hohe Repräsentanten der Mitgliedsstaaten keine Reisen auf die Insel unternehmen sollten. Also machte der Herr Koch hier wohl Familienurlaub! Und als Kubatourist ist Koch also (laut Valdéz) unwissend oder zynisch – oder beides (nur als Kubatourist?). Doch sie geht noch einen schritt weiter, denn die Quintessenz des Artikels heißt: "Alle Idioten gehen nach Kuba". Natürlich hatte die Verfasserin nicht unbedingt Herrn Koch im Hinterkopf, als sie ihre umwerfende Erkenntnis zu Papier brachte. Ihr ging es darum, ganz allgemein gegen den Kubatourismus Stimmung zu machen und somit dieentsprechende Kampagne des CIA-Ablegers "Reporter ohne Grenzen" zu unterstützen, mit der versucht wird, die wirtschaftliche Basis des Landes zu ruinieren. Diese dubiose Organisation, mit der sie eng zusammenarbeitet, ist insbesondere in Paris aktiv, um Franzosen davon abzuhalten ihren Urlaub auf der Insel zu verbringen, wobei sie auch vor gewalttätigen Aktionen vor der kubanischen Botschaft nicht zurückschreckt. Jetzt will Valdéz mit diesem Artikel offensichtlich die Kampagne auch in die Schweiz tragen. Die "Sprach- und Literaturwissenschaftlerin" (FACTS) hat dabei mit der Veröffentlichung den Lesern ein Glanzstück ihres literarischen
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Schaffens, und nebenbei ihrer historischen Kenntnisse, zugänglich gemacht. So heißt es gleich im ersten Absatz, in Kuba herrsche "eine der grausamsten Diktaturen in der Geschichte der Menschheit". Ob die Dame wohl schon mal was vom deutschen, italienischen oder spanischen Faschismus gehört hat? Sind ihr Namen wie Pol Pot, Pinochet, Strössner und viele andere mehr unbekannt?Offensichtlich! Nach Bush braucht man erst gar nicht zu fragen, denn der regiert ja die Musterdemokratie der heutigen Welt. Was führt sie nun an, um ihre verwegene These zu erklären? "Fidel Castro und seine Gefährten" hätten schon lange vor dem'Triumph der Revolution' damit begonnen, "Unschuldige zu erschießen, in den Bergen der Sierra Maestra". Belege für dieses Behauptung bringt sie nicht, dafür weiß sie aber ganz genau, wie das damals passiert sein soll: "Wenn sich ein Bauer den Rebellen widersetzte, wurde er mit einem Schuß in den Nacken hingerichtet."Auch weiß sie, daß die "castristische revolutionäre Bewegung"in den Städten "eine Terrororganisation" war. Aus welcher Quelle sie diese Behauptung übernimmt, verrät sie auch nicht, in der einschlägigen Literatur über Kuba ist eine derartige Bewertung jedenfalls kaum zu finden. Zudem ist das mit dem Terror ja so eine Sache. Wer den jeweils Mächtigen nicht in den Kram paßt wird flugs zum Terroristen erklärt. So wurde z. B. auch Nelson Mandela jahrzehntelang in den sogenannten westlichen Staaten (eigentlich sind es ja, mit Ausnahme der damals noch existierenden sozialistischen Staaten, eher die nördlichen gewesen) als Terrorist bezeichnet, bis schließlich dasApartheidsregime in Südafrika (mit der Hilfe Kubas!) verjagt wurde. Und heute ist er ein in allen politischen Lagern anerkannter und geachteter Expräsident. Doch das alles interessiert die 45jährige nicht, genausowenig wie der Terror des Diktators Batista gegen die eigene Bevölkerung, gegen den die revolutionäre Bewegung vorging und von dem sie die Insel befreite. Nach dem Sieg der Revolution wurde es dann nach ihrer Ansicht noch schlimmer, da "wurden Dutzende von Personen hingerichtet, verurteilt in Volksprozessen". Es müssen nach ihrer Rechnung genau fünfzig Dutzend gewesen sein, denn auf "600 belief sich die Zahl der Opfer allein im ersten Jahr von Fidel Castros Herrschaft", läßt sie uns weiter wissen. Nun sagt sie uns allerdings nicht, ob die 600 Personen Opfer Fidels oder der Volksprozesse (also des Volkes) waren, oder ob vielleicht Fidel in allen diesen Prozessen den Vorsitz führte. Sie sagt unsauch nicht, daß ein Großteil der von den Volksgerichten Verurteilten "Personen" (deren Zahl ich nicht kenne) Folterschergen des durch einen Militärputsch an die Macht gekommenen Diktators Batista waren.
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Nun verstehe ich ohne weiteres, wenn sich jemand gegen die Todesstrafe ausspricht, da ich selbst ein leidenschaftlicher Gegner dieser juristisch legitimierten Tötung bin. Ich kann in diesem Zusammenhang aber nicht verstehen, daß sie hofft, "dass irgendwann, wenn all dies zu Ende ist, Kuba in seinem Glanz aufersteht und der Welt seine schönste Seite zeigen kann." Mit der Auferstehung kann ja wohl nur die Zeit vor der Revolution gemeint sein, also die Batistadiktatur, unter der das Land geprägt war von Folter; Mord, Drogenhandel, Unterernährung, Analphabetismus, Arbeitslosigkeit, Prostitution u.v.a.m. sowie einer Mafia unter der Führung Meyer Lanskys, die schalten und walten konnte, wie sie es fürrichtig hielt.Dies ist also der "Glanz" und die "schönste Seite" Kubas, zu der sich Valdéz zurücksehnt! Bei derartig seltsamen Bekenntnissen wundert es einen auch nicht, wenn die laut FACTS "erfolgreichste kubanische Schriftstellerin" (kennen die Macher dieser Zeitschrift überhaupt andere?) französische und spanische Autoren kritisiert, weil diese an der Buchmesse in Havanna teilnehmen, sich also in ihrem ureigensten Metier bewegen und damit als Botschafter der Kultur und der Völkerverständigung auftreten. Sie hält es dagegen mehr mit Boykott- und Strafaktionen: "Dagegen beglückwünsche ich die mutige Geste der deutschen Buchhändler, Verleger und Schriftsteller, welche die karibische Diktatur durch ihre Abwesenheit straften", gesteht sie. Und das obwohl besagte Buchmesse (Februar 2004) explizit der deutschen Kultur gewidmet war. Nur am Rande sei erwähnt, daß der Boykott vom BRD-Außenministerium angeordnet wurde. Abschießend, ohne auf alle Dummheiten des besagten Artikels einzugehen, kann man das Weltbild dieser Humanistin wohl so zusammenfassen: Es lebe ein Kuba, dessen schönste Seite sich nur unter einer Militärdiktatur im Glanz der Bordelle und Spielkasinos entwickeln kann. Und es lebe ein mutiges Deutschland, das nach belieben Staaten der Dritten Welt abstrafen darf!
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