Ein cubanischer Kirchenmann berichtet ... (Teil 2)

25.12.2004 16:58 (zuletzt bearbeitet: 25.12.2004 17:13)
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#1 Ein cubanischer Kirchenmann berichtet ... (Teil 2)
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Rey/Reina del Foro

Die kubanische Realität, Entwicklung und Perspektiven
von: Pablo Odén Marichal, Pfarrer der Anglikanischen Kirche Kubas, Abgeordneter in der Nationalversammlung der Republik Kuba
veröffentlicht in deutsch bei Cuba Si

Teil 2
2.1 Basteien der Religionslehre zu den Fragen der Menschenrechte

In jeder Religion werden in irgendeiner Form Opfer dargebracht. In vergangener Zeit waren es sogar Menschenopfer. Noch heute gibt es Opferungen von Tieren und andere Arten von Opfergaben, die jene früheren Blutopfer von Menschen und Tieren abgelöst haben. Das gilt auch für das Christentum. Für die Gläubigen ist der Tod des Christus am Kreuz das höchste aller Opfer.

Für die Imperialisten jedoch bedeutet das Gebot des NICHTTÖTENS eben das Nichttöten und nicht das Nichtopfern. So ist der Tod also kein Verbrechen, kein Mord, wenn es sich hierbei um eine Opferung handelt, auch wenn diese dem Gott Mammon, dem Wucher, der Ausbeutung usw. geweiht ist. Daher gibt es weder ein Verschulden, noch ein Prozessieren und Aburteilen des Vollstreckers.

Jene, die durch das imperialistische Unterdrückungssystem, Hunger, Krankheiten und 'gerechte' Kriege zu Tode kommen, werden nicht etwa ermordet, sondern als gefällige Gabe geopfert, um den Zorn des Systems zu bannen. Wer sich nun aber auflehnt und den Unterdrücker tötet, der ist wohl ein Mörder, der zu töten ist, denn er ist kein Prediger des geordneten und geheiligten Systems. Die bereits Gekreuzigten sind erneut zu kreuzigen! Im Namen des Todes ist zu töten!

Doch jene, die das System opfernd tötet, erleiden nicht den Tod; sie haben den Trost des ewigen Lebens post mortem im Jenseits. Es besteht kein Interesse an der Auferstehung, die eine Rückkehr zum Konflikt, zur Sinnlichkeit bedeuten würde, wovon der Tod den Körper erlöste. Daher gibt es keinen Raum für die Menschenrechte, denn diese spielen sich auf dieser Stufe des Menschen, in diesem und nicht in einem anderen Leben ab. Die Rechte aber sind für die Opferer, nicht für die Opferwilligen.

Außerdem haben die Gekreuzigten - um weiterhin das christliche Bild des Westens zu benutzen - die Ehre, für das System zu sterben, denn sie sind es, die das Bestehen des Systems ermöglichen, von dem sie zur gleichen Zeit verschlungen werden; und mit dem System aufrechterhalten sie die Freiheit, die westliche Demokratie, das Privateigentum und den freien Markt, woran sie nicht teilhaben und weniger noch Nutzen daraus ziehen.

Wenn sich jedoch die Opferwilligen auflehnen und für die Erhaltung ihres Lebens kämpfen, können sie schwerlich geopfert werden, denn die Opferung setzt einen gewissen Grad an Freiwilligkeit voraus. Es würde sich also nicht mehr um eine Opferung, sondern um Mord handeln, und in der Heiligen Schrift heißt es: "Du sollst nicht töten."

"Du sollst nicht töten... nicht durch Hunger und nicht durch Kugeln" war die Losung der Hunger- und Gebetstage, organisiert vom argentinischen "Servicio de Paz y Justicia" (Friedens- und Gerechtigkeitsdienst) im Mai 1983 im Rahmen der "Semana Internacional del Detenido-Desaparecido" (Internationale Woche des Verhafteten und Vermißten) (Pérez 1995, S. 67). Die Losung dieses Events ist gerechtfertigt, denn die Menschenrechte werden durch unterschiedliche Arten von Gewalt verletzt: durch grobe sowie raffinierte Gewalt, durch illegale und die sogenannten "legalen" Arten. Es werden Aggressionen verübt durch Epidemien, Sabotagen, Attentate, Morde, Militärinvasionen; doch auch mittels Gesetzen, Krediten, Handel, Diplomatie usw.

Den neoliberalen Imperialismus und Kapitalismus sollten wir aus Gewissensgründen ablehnen, denn es ist ein System, das Millionen Menschen tötet und verschlingt.

Die Verteidigung, die die Vereinigten Staaten und andere kapitalistische Länder im Hinblick auf die Menschenrechte vornehmen, ist ein Rollentausch, um auf diese Weise ihre groben Verletzungen der elementarsten Menschenrechte zu tarnen. Der religiöse Charakter der Verletzung der Menschenrechte besteht darin, daß der Verletzer die Verletzung als eine Opferung, eine Opfergabe darstellt und gleichzeitig die Opferwilligen - die wahren Verteidiger der Menschenrechte - als die Verletzer der Menschenrechte anklagt, aus dem einfachen Grunde ihrer Auflehnung gegen die Verletzung. Der Opferpriester ist die Ungerechtigkeit, natürlich in Gestalt des Unterdrückers, des Ausbeuters.

2.2 Die Unsichtbarkeit des Unterdrückten

Was wird verletzt, wenn es sich um die Menschenrechte handelt? In der Enzyklika Pacem in Terris des Papstes Johannes XXIII. heißt es im Abschnitt 11:

"... wir sehen, daß dieser (der Mensch) ein Recht hat auf Leben, die körperliche Unversehrtheit, auf die für einen anständigen Lebensstatus erforderlichen Mittel; diese sind im wesentlichen Nahrung, Kleidung, Wohnung, Erholung, ärztliche Betreuung und letztendlich auf die unerläßlichen Leistungen, die der Staat für jeden einzelnen zu erbringen hat (...), das Recht auf persönliche Sicherheit bei (...) jeglicher Eventualität, die ihn ohne sein Verschulden der für seinen Unterhalt erforderlichen Mittel beraubt." (Autorenkollektiv, Pacem..., 1963: S. 6)

Die Menschenrechte gipfeln im Recht auf ein würdiges Leben und alle anderen dieses erhaltende Rechte, in der Hauptsache das Recht auf Arbeit. Wenn nun die Verletzer über Menschenrechte reden, so meinen sie das Recht auf deren Unterdrückung aus dem einfachen Grunde ihrer Macht und Stärke.

Die heuchlerische Verfechtung der Menschenrechte durch die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten ist ein Vertauschen der Rollen, um auf diese Weise ihre groben Verletzungen der elementarsten Menschenrechte zu tarnen. Der religiöse Charakter der Verletzung der Menschenrechte besteht darin, daß der Verletzer die Verletzung als eine Opferung, eine Opfergabe darstellt und gleichzeitig die sich gegen eine so ungerechte Opferung auflehnenden Opferwilligen - die wahren Verteidiger der Menschenrechte - als die Verletzer der Menschenrechte anklagt, aus dem einfachen Grunde ihrer Auflehnung gegen die Verletzung.

Daher werden die Verletzten schon nicht mehr Ausgeschlossene oder Ausgegrenzte sein, denn ein Ausgeschlossener und ein Ausgegrenzter sind immer noch sichtbar. Der Verletzte wird ignoriert; er existiert nicht; er ist unsichtbar, denn die Sichtbarkeit des Verletzten bringt die Sichtbarkeit des Verletzers ans Licht. Daher die Bemühungen in Richtung der Unsichtbarkeit des Verletzten; er soll nicht in Betracht gezogen werden. Denn wo kein Opfer ist, ist auch kein Mörder; und wo es keinen Mörder gibt, dort gibt es weder Verbrechen noch Ungerechtigkeit.

Existent und sichtbar ist die Lewinski, denn sämtliche Medien haben monatelang über sie berichtet. Doch die 2,4 Millionen Afrikaner, die im Jahr 2000 an AIDS starben, sind nicht sichtbar und haben niemals existiert, ebenso die 25,3 Millionen AIDS-Kranken oder HIV-Infizierten in Schwarzafrika.

2.3 Die Vereinigten Staaten - der sichtbarste Verletzer

Als in demokratischer Abstimmung im Wirtschafts- und Sozialrat (ECOSOC) der Vereinten Nationen keine Wiederwahl der Vereinigten Staaten als Mitglied der Kommission für Menschenrechte dieser Organisation, das sie seit der Gründung im Jahre 1947 waren, erfolgte, wurde dieses als eine Sanktion gegen jenes Land seitens der internationalen Gemeinschaft ausgelegt aufgrund ihrer andauernden Politik der Nichtachtung der Menschenrechte sowohl innerhalb als auch außerhalb ihres Staatsgebietes wie beispielsweise in Kuba, Vieques, Palästina, Irak u.a.

Dieses Ergebnis konnte erzielt werden, da die Stimmabgabe eine geheime war, wodurch die Mitglieder des ECOSOC ohne die gewohnten Maßnahmen von Druck und Erpressung seitens der USA abstimmen konnten.

Außerdem hatte bereits im März 2001 der US-amerikanische Juristenverband (AAJ) die Vereinigten Staaten vor der Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen als systematischen und allgemeinen Verletzer der Bürger-, politischen, ökonomischen, sozialen und kulturellen Rechte der Bürger ihres eigenen Landes angeklagt.

Die Präpotenz des Imperiums stellt die Vereinigten Staaten dar als Messias innerhalb und außerhalb ihres Staatsgebietes, denn, wenngleich sie Gesetzgeber der Welt zu sein beabsichtigen, halten sie sich selbst nicht an viele jener internationalen Abkommen, Vereinbarungen und Verträge, die gerechte Beziehungen zwischen den Völkern und Nationen anstreben, wie beispielsweise:

das Internationale Abkommen über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte
Protokolle des Abkommen über Bürgerrechte und politische Rechte
die Anti-Apartheid-Konvention
die Konvention über die Unverjährbarkeit von Kriegsverbrechen
die Konvention über die Abschaffung aller Formen der Diskriminierung der Frau
die Konvention über die Einstellung des Menschenhandels und der Ausbeutung der Prostitution Dritter
die Konvention über den Flüchtlingsstatus
die Konvention über die Rechte der zuwandernden Beschäftigten und ihrer Familien
die Konvention von Ottawa 1997 zum Verbot von Anti-Personen-Minen
Schließlich und endlich verweigern sie sich der Ratifizierung des Protokolls von Kyoto über die Reduzierung des Ausstoßes von Treibhausgasen (Granma Nr. 118: 3)
Es sollten hier nur zehn wohlbekannte Fälle der Nichtachtung der Menschenrechte durch die Vereinigten Staaten angeführt werden; abgesehen von den Aberdutzenden anderer Konventionen zu den Rechten der Arbeiter, den Rechten und dem Schutz der Kinder; abgesehen auch von ihrer äußerst üblen Rekordzahl von Vollstreckungen der Todesstrafe, von der weltweit größten Anzahl Strafgefangener - mit denen sie ein Privatgeschäft betreiben - im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung, die brutal behandelt und gelegentlich gezwungen werden, unentgeltlich zu arbeiten oder man zahlt ihnen nur 20 oder 40 Prozent des Lohnes, alles zum Vorteil der großen Unternehmen. (Ebenda)

Die Vereinigten Staaten haben aus der Kommission für Menschenrechte einen transnationalen Markt der Menschenrechte gemacht, auf dem sie über Erpressungen und Bedrohungen Aktionen kaufen. Für ihre "Hilfen" und Wucher- und leoninischen Darlehen stellen sie Bedingungen hinsichtlich der Operationen auf dem Gebiet der Menschenrechte und machen die Zahlung ihrer Beiträge an die Vereinten Nationen und deren Einrichtungen vom Erreichen ihrer Ziele abhängig. Sucht man also nach dem markantesten Beispiel der Verletzung der Menschenrechte der Völker, so sollte man das Verhalten der Vereinigten Staaten in der Kommission für Menschenrechte analysieren.

2.4 Widerstand und Solidarität - die Alternative

Die Verletzung der Menschenrechte durch die mächtigen Nationen bei Geringschätzung der ausgebeuteten Völker hat sich zu einem System entwickelt, das ihnen erlaubt, andere unter ihre Federführung zu bringen und zu beherrschen.

Die Waffe aller, die gegen diese Ungerechtigkeit angehen, ist der Widerstand: Wir müssen uns weigern, für ihre Zwecke benutzt zu werden. Widerstand ist etwas anderes als Diskrepanz. Es ist die aktive Opposition gegen den Willen der Mächtigen. Es ist die einzige Art und Weise zu überleben. Und das ist Kubas Weg gewesen. Wir konnten ihn dank der Solidarität der Völker gehen, mit denen uns gemeinsame Interessen und Verantwortlichkeiten verbinden; denn in diesem Sinne ist Kuba ebenfalls mit den Völkern solidarisch, von deren Regierungen ganz abgesehen. Einen Beweis dessen haben unsere Ärzte und das medizinisch-technisches Personal erbracht, die nach Mittelamerika, den Ländern der Karibik, nach Afrika und Asien gegangen sind, um zu heilen, zu restaurieren und zu humanisieren und bei ihrer Rückkehr nichts anderes im Gepäck hatten als ihre Erfahrungen und Erlebnisse von Liebe, Kollegialität und Solidarität.

Erheben wir Einspruch gegen die Macht des Imperiums. Treten wir ein gegen die Absichten der Verletzer der Menschenrechte. Unterstützen wir das ihnen entgegenstehende Recht und bieten wir ihnen die Stirn.


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27.12.2004 00:13
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#2 RE:Ein cubanischer Kirchenmann berichtet ... (Teil 2)
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( Gast )

In Antwort auf:
unsere Ärzte und das medizinisch-technisches Personal erbracht, die nach Mittelamerika, den Ländern der Karibik, nach Afrika und Asien gegangen sind, um zu heilen, zu restaurieren und zu humanisieren und bei ihrer Rückkehr nichts anderes im Gepäck hatten als ihre Erfahrungen und Erlebnisse von Liebe, Kollegialität und Solidarität.
tja, oel kann man schwierig im koffer transportieren.
die anderen botschafter cubas, die liebe usw. in aller welt verteilen, muessen in der regel fuer uebergewicht beim gepaeck loehnen, wenn sie zurueckkehren ;-).

diese artikel haette man uebrigens auch bin laden zuordnen koennen. klingt alles so aehnlich. zum glueck liest das hier ja fast niemand


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