Horst Gobrecht - Castros Steuermann

24.11.2004 14:22
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Hamburg
Horst Gobrecht - Castros Steuermann
Hamburg persönlich: Hamburger Ex-Finanzsenator baute in Kuba die Steuerverwaltung auf.

Von Ralf Nehmzow

Die Sonne ist untergegangen über Kuba. Die Luft ist drückend schwül im privaten Arbeitszimmer der Residenz des Deutschen Botschafters. Ein feiner Vorort von Havanna. An den schweren Holztischen sitzt Staatschef Fidel Castro, Revolutionsführer und "Comandante" im olivgrünen Kampfanzug. Ihm gegenüber: Hanseat Horst Gobrecht, späterer Finanzsenator von Hamburg.

Ein bizarres Treffen 1981, bei einem Besuch einer Bonner Parlamentsdelegation. 14 Jahre später wurde Gobrecht Steuerberater von Kubas Regierung, von Fidel Castro. Einen Job, den er heute noch ausübt, wenn auch jetzt nicht mehr so intensiv.

Sein erster Eindruck von Fidel Castro? "Eine beeindruckende Persönlichkeit", erinnert sich Gobrecht (68). Er sitzt im Rathsweinkeller bei Grützwurst, zieht an einer "Sumatra", eine kubanische Zigarre. "Es hieß, jeder von uns hätte fünf Minuten Gesprächszeit." Der Ex-Finanzsenator schmunzelt, sagt: "Daraus wurden tatsächlich dreieinhalb Stunden, ein wechselseitiges Gespräch." Gobrecht über Castro: "Er war glänzend informiert, offen in der Diskussion."

Wie der Hanseat 1995 Steuerberater von Fidel Castros Regierung wurde, das kam so: Kubas damaliger Finanzminister Manuel Millares, Kampfgefährte von Castro, hatte Gobrecht 1994 in Deutschland kennengelernt. Man verstand sich gut. Die Friedrich-Ebert-Stiftung bat Gobrecht offiziell, den Job zu machen. Der Steuerberater und Sozialdemokrat, eigentlich mit geringem Interesse an "ineffektiven politischen Systemen", flog erst mal zwei Wochen nach Kuba. "Ich wollte mir selbst einen Eindruck verschaffen." Der Hamburger Steuerfachmann mitten im sozialistischen Kuba - er sagte zu. Mehrmals im Jahr flog er fortan bis 2002 jeweils für ein paar Wochen in Castros Inselreich ein. Als "One-Dollar-Man", unentgeltlich, ehrenamtlich. Die gesamte Steuerverwaltung mußte entwickelt und aufgebaut werden. "Die Zusammenarbeit klappt gut. Wir haben von morgens bis spätabends gearbeitet", sagt Gobrecht, der heute fließend Spanisch spricht. Er lebte im Hotel in der Altstadt. Was er an Kuba schätzt? "Die Gastfreundschaft, die Menschen, ich habe dort viele Freunde gefunden." Er hofft, daß dort nach der Ära Castro die Demokratie kommt.

Da spricht der Politiker Gobrecht: Unter anderem war er 1984 bis 1987 Finanzsenator in Hamburg, 1976 bis 1984 als Abgeordneter aus dem Wahlkreis Altona im Bundestag. Er ist Honorarkonsul von Nicaragua, wirkt auch als Steuerberater in Hamburg. Neben Englisch, Spanisch spricht er Französisch und Italienisch. "Italien ist mein Lieblingsland."

Wenn er nicht gerade in Sachen Steuern unterwegs ist, verbringt er bisweilen mit Ehefrau Jutta Zeit im Wochenend-Bauernhaus in Niedersachsen. Ein Rentier im Unruhestand. Sein neuestes Projekt: das Wirschaftsforum Hamburg, ein Gesprächskreis für Verantwortungsträger aus Wirtschaft und Politik. Gobrecht hat dort den Vorsitz. Doch es könnte ihn bald wieder in die Ferne ziehen. Die Friedrich-Ebert-Stiftung hat angefragt, ob er die brasilianische Regierung in Finanzfragen beraten möchte. Finanz-Globetrotter Gobrecht lacht, sagt: "Ich habe schon Zustimmung signalisiert."

erschienen am 24. November 2004 in Hamburg


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