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Cuba im Februar/März 2002 Reisbericht (1. Teil)
(
Gast
)
Details
Cubareise im Februar / März 2002
1.Teil
Es ist die fünfte gemeinsame Reise von Rebekka und mir, ich war vor elf Jahren schonmal mit zwei Freunden auf Cuba, also meine sechste Reise. Diesmal entscheiden wir uns erneut für Havanna, aber auch für eine organisierte Rundreise mit Aventoura, nachdem wir auch schonmal auf eigene Faust durch’s Land gefahren sind. Rundreise ist beqeumer und wenn man Glück mit den Reiseleitern hat, kriegt man mehr mit.
23.02. Hamburg / Paris
Es begann wie alle Cubaurlaube: Mit einer Überraschung. Einen Tag im Jahr schneit es in Hamburg und ausgerechnet an dem Tag, an dem wir in den Urlaub wollen, herrscht Schneechaos am Flughafen. Bereits beim Gepäckkontrollschalter vor dem Check-In meint ein gelangweilter Beamter, Air France würd heute eh nicht fliegen, wir könnten uns gleich am Air France-Flugschalter anstellen. Dort stehen schon 100m Schlange vor uns und zwei gelangweilte und genervte Mitarbeiterinnen arbeiten die Schlange ab. Nach drei Stunden, ich mittlerweile vollkommen genervt, kommen wir schließlich dran. Heute würde nur noch ein Flug am Abend rausgehen und der wäre schon überbucht. Man bucht uns auf den Folgetag, zum Glück ist auf dem Flug Paris-Havanna noch etwas frei. Toll. Wir fahren wieder zurück nach Hause und gehen erstmal essen. Ich rufe bei der Air France an und beschimpfe die, woraufhin man mir anbietet, mich auf einen Abendflug von Hamburg nach Paris zu buchen. Geht also doch. Übernachtung in Paris dann aber auf eigene Kosten. Ich sage zu, traue dem Wetter am nächsten Tag auch nicht. Der Abendflug geht mit fünf Stunden Verspätung ab, Air France spendiert wenigstens ein Abendessen und ich merke, wozu meine Lufthansa Frequent-Traveller Karte gut ist: Man kann in der Lounge Grand Prix Vorentscheidung gucken und dabei unglaubliche Mengen österreichischen Rotweins in sich gießen. Um 23.30 sind wir dann in Paris, unser Gepäck sogar auch. Hotel haben wir von hier im Internet gebucht, das Mercure in Roissy ist ein echter Geheimtip. Mit 100 Euro für das DZ relativ preiswert und wider Erwarten ganz okay. Typisches Mercure-Hotel eben, um Längen besser als das billigste Hotel am Flughafen Paris, das Ibis.
24.02. Habana
Wir schlafen in Ruhe aus, frühstücken, fahren zum Airport und knallen und erstmal wieder Rotwein in den Kopf. Der Flug geht sogar pünktlich, wir haben Alizé-Klasse gebucht und die entpuppt sich als Hit. Es sind die alten Businessclass 127-Sitze, die Air France eingebaut hat, im Oberdeck der 747 nur jeweils zwei und zwei, Service und Essen wie in der Economy aber egal, Hauptsache der Sitzkomfort stimmt. Dazu ein eigener Videoschirm mit fünf Filmen zur Auswahl. Mehrkosten Hin und Zurück 550 Euro. Nicht ganz so schick wie die neue Comfort Class der Condor (ähnliche Sitze aber eben schlechteres Caterin), dafür aber auch etwas billiger. Der Hinflug ist vergleichweise angenehm.
In Havanna empfängt uns dann der typisch cubanische Muff nach Feuchtigkeit, Klimaanlage, Beton....herrlich. Havanna hat uns wieder. Es dauert eine Ewigkeit, bis wir das Gepäck entgegennehmen können, umso schneller geht es am Zoll und der Einreise zu. Transfer in die Stadt. Für die ersten drei Tage wollten wir auf Nummer sicher gehen und haben unser altes Lieblingshotel gebucht: Das Habana Libre. Die Rezeption ist betont lax, wir bekommen nach einer Ewigkeit ein Zimmer, fahren hoch und stellen dort fest, daß darin wohl eine Orgie stattgefunden hat. Zig Handtücher liegen herum, alles ist ziemlich sauig. Ich fahre wieder zur Rezeption und erkläre dem Rezeptionisten, das Zimmer wäre nicht fertig. Kurzes Gespräch über Baseball und das Wetter, ein kleiner Tip und wir bekommen ein Zimmer im Executive Floor, 20. Stock. Sehr schick alles, viel Teppich, sehr geräumig, alle Lampen funktionieren und ein toller Blick über Havanna. Schnell umziehen und auf die Rampa. Der erste „Kssss...Wanna buy Cigar?“-Hustler wird freudig begrüßt. Wir gehen ins „Sofia“, wollen draußen sitzen und ein Bier trinken. Dort gibt es nur Heineken für 2$ statt Cristal für 1,50. Egal. Publikum besteht aus Chicas und ein paar Touris, sauunfreundliche Bedienungen und eine typische Rampa-Atmosphäre. Kurz noch runter zum Malecon, dort ist nichts los, es ist mit 15 Grad ziemlich kalt und sehr sehr windig. Wir gehen ins Bett und schlafen herrlich in den superbreiten Betten des Habana Libre.
25.02. Habana
Der erste Tag in Habana. Wir freuen uns über das beste Frühstücksbuffet Cubas. Es gibt alles und das in rauhen Mengen. Das Habana Libre gehört jetzt übrigens auch zur Sol-Melia Kette. Man merkt das nur am edleren Ambiente (vor allem auf Drucksachen) und den erhöhten Preisen in den Restaurants. Nach dem Frühstück laufen wir einfach los durch Vedado. Wir landen zufällig in einer Baptistenkirche, die ist rappelvoll, sieh an. Eine Horde amerikanischer Christen ist auch zu Besuch und hüpft „excited“ vor der Kirche rum. Wir gehen kopfschüttelnd weiter am Calixto Garcia Krankenhaus vorbei richtung Plaza de la Revolucion. Erstes längeres Gespräch mit einem Cubaner, der uns auch nach zwei Stunden nichts verkaufen will. Wir unterhalten uns über Beisbol, Fußball und Musik. Er ist stinkesauer, daß die cubanische Fußballnationalmannschaft so schlecht ist, obwohl viel im Lande gespielt wird, und schwört, daß man bei der WM in 8 Jahren spätestens dabei ist. Außerdem erzählt er über Charanga Habanera, die seit einem halben Jahr Auftrittsverbot hatten, weil der Sänger sich im Speed-Rausch an einem Hubschrauber hängend über Havanna hat fliegen lassen. Wir glauben die Geschichte nicht, bekommen sich aber während des Urlaubes noch ein paar Male zu hören. Wir landen schließlich nach einigen viel zu kalten Cristal beim Estadio Latinoamericano. Es ist Sonntagnachmittag, Beisbol-Time. Die Zeiten ändern sich: Vor einem Jahr kam man als Touri noch für 3 Peso rein, jetzt kostet’s für Touristen am Sonderschalter „Three Dollar for executive Seat, one Dollar for normal Seat“. Scherzkekse. Im Stadion gibt es nur eine Kategorie, also zahlen wir one Dollar. Die Metros spielen gegen Santiago, eigentlich eine klare Sache, aber wider Erwarten verliert Santiago. Es gibt neuerdings auch Bier im Stadion, gegen Dollar natürlich. Ein Erlebnis besonderer Art sind übrigens die Klos im Stadion. Das übertrifft alle Sauereien, die ich je in meinem Leben gesehen habe.
Nach dem Spiel latschen wir ins Hotel, ziehen uns um, wollen abends ins Paladar Amor, welches unser Reiseführer (Time Out Guide Habana – etwas besser als der Lonely Planet und das Moonbook von Habana) empfiehlt. Dort ist alles Dunkel, der Besitzer hat geschlossen wegen irgendwelcher Plattenaufnahmen. Er empfiehlt uns das Restaurant der Union Francesa. Wir finden das, tolles koloniales Gebäude. Das Restaurant ist ziemlich leer. Eine schlecht englisch sprechende Kellnerin nuschelt uns permanent die Ohren voll von „Camarones“. Wir erklären ihr in Spanisch, daß wir keine Camarones wollen und bestellen Pollo Frito. Für 12 Dollar. Naja, man ist ja im Urlaub. Die Kellnerin kommt mit zwei Platten, auf einer Schweinefleisch in Knoblauch angebraten und auf einer irgendwelche panierten Meeresfrüchte, alles sehr nett angerichtet. Wir, schön doof, denken das wären Appetizer und im Preis enthalten, weil in der Karte auch was von „Full Menu“ steht. Das Pollo ist dann ziemlich langweilig. Wir bestellen die Rechnung und auf der stehen 70 USD. Ich falle erstmal in Ohnmacht und lasse mir das erklären. Die Vorspeisen werden mit je 18 USD berechnet, dann nochmal 15% Service Fee und die Getränke auch teuerer als üblich. Ich erkläre ihr, wir hätten die Vorspeisen nicht bestellt. Sie labert furchtbar schnell irgendeinen Unsinn auf Spanisch, ich auf englisch. Schließlich fordere ich sie auf, mir sofort ihren Namen zu geben. Plötzlich kann sie wieder englisch und fragt warum. Ich sage ihr, ich werde sie wegen Betrug beim Tourismusministerium anzeigen (ist Unsinn, weiß ich auch). Sie zischt wie eine Rakete weg. Kurze Zeit später steht irgendsoein Oberkellner neben mir, der auch besser Englisch spricht und mir erklärt, daß seine Kellnerin darauf schwören würde, daß wir die Vorspeisen bestellt hätten und da wir sie auch ohne zu reklamieren gegessen hätte, sähe er keinen Anlaß ihr nicht zu glauben. Ich erkläre ihm, daß er zwar formaljuristisch sicherlich Recht hätte und ich deswegen auch zahlen würde, ich aber auch den Eindruck hätte, daß der LAden ein Betrügerladen wäre. Er raunt mir ein „Wenn ich Du wäre, würde ich genau so reagieren“ zu, meint aber, ich müsse trotzdem bezahlen. Laut schimpfend verlasse ich den Laden. Also Leute, Union Francesa meiden. Ich nehme mir vor, am nächsten Tag eine Riesenwelle zu machen, dann fällt mir aber ein, daß ich im Urlaub bin und lasse die Sache auf sich beruhen. Hätte eh nicht viel gebracht. Man hätte einfach die Rechnung nicht bezahlen und gleich die Polizei rufen sollen, naja, nachher ist man immer schlauer.
Wir sind beide so genervt, daß wir noch ein paar Cristal ziehen und dann ins Bett gehen.
26.02. Habana
Erneut reichhaltiges Frühstück. Ich gieße mindestens eine Gallone frischen O-Saft in mich hinein und freue mich anschließend über gute Verdauung. Nachdem ich bisher bei jedem Cubaurlaub krank geworden bin (entweder Grippe oder Magenprobleme), habe ich mir diesmal vorgenommen, nicht krank zu werden. Meine Hausapotheke reicht für eine Notoperation. Um es vorwegzunehmen: Diesmal hat’s geklappt. Selbst der Magen hat mitgemacht.
Wir machen uns diesmal auf den Weg den Malecon entlang Richtung Prado. Recht bald quatscht uns ein Cubaner mit seiner Frau an. Wir unterhalten uns nett, auch er will uns nichts verkaufen und interessiert sich für Deutschland und wie es hier so zugeht. Vor allem was es mit diesem ominösen „Fiesta de Munich“ auf sich hat, bei dem es Bier nur in Litergläsern gibt. Oktoberfest. Am Malecon stellen wir fest, daß Habaguanex die brillante Idee gehabt hat, überall dort wo ein Haus eingekracht ist, die Trümmer wegzuräumen und ein kleines Cafe aufzumachen. Container, Klohaus, ein paar Plastiktische und Schirme. Fast Food, Bier und Refresco zu niedrigen Preisen. Da wird erstmal das Geld für den Wiederaufbau verdient. Wir trinken uns von Cafe zu Cafe und wundern uns, daß die Cubanische Regierung den Malecon dann wohl doch aufgegeben hat. Der Zustand der Häuser ist schlechter als noch vor einem Jahr, wenigstens den Bürgersteig hat man aber repariert. Erstaunlich wenig Hustler übrigens, auch erstaunlich wenig Polizei. Am Prado setzen wir uns erstmal in unser Lieblingscafé im ersten Stock des Casa del Scientifico. Die zweitbeste Pina Colada Cubas, toller Ausblick und eine interessante, lockere Atmosphäre. Danach statten wir dem Aventoura-Büro einen kurzen Besuch ab, Ramon, der Büroleiter spricht perfektes Deutsch, ist sehr freundlich und ruhig.
Dann Richtung Capitol, im „Kid Chocolate“ fragen wir, wann es Boxveranstaltungen gibt. Die KAssiererinnen lackieren sich zu dritte die Nägel und fangen erstmal an zu diskutieren. Verwertbare Antworten ergeben sich daraus nicht. Uns fällt auf, daß der Straßenverkehr extrem zugenommen hat. Man braucht zur Überquerung des Malecon eine ganze Zeit und muß auch sonst ziemlich aufpassen. Es sind wenig Touristen unterwegs. Wir schlendern den ganzen Tag durch Cerro, ein Stadtteil, in dem es viele kubanische Einkaufsstraßen gibt, aber wenig Touristen rumlaufen. Schließlich landen wir in einem Einkaufszentrum Carlos IV oder so ähnlich, welches genau wie eine Mall aussieht. Jede Menge Geschäfte, sogar eine Parfümerie und ein Juwelier, es gibt wirklich alles, natürlich gegen Dollar. Alles für Cubaner. Die geben sogar jede Menge Geld für furchtbar kitschige Porzellantiere aus Asien und Plastik-Weihnachtsbäume für 46 USD aus. Es scheint also in der Tat eine ganze Menge Cubaner zu geben, die über genug Dollar verfügen (was nicht darüber hinwegtäuschen soll, daß der Großteil der Bevölkerung immer noch am Rande des Existenzminimums lebt, also mit „ganze Menge“ meine ich vielleicht so 20 oder 30.000 in Habana, die mehr als 1000 USD im Monat verdienen). Wir laufen wieder zurück zum Habana Libre. Mir dampfen die Füße nach dieser Mammutwanderung, Rebekka ist auch für ihre Verhältnisse eher müde und wir gehen ins Bett. Wir nehmen uns vor, um 22 Uhr wieder aufzustehen und nochmal in ein paar Clubs zu gehen, verpennen das aber. Egal. Wir sind ja noch zwei Wochen auf Cuba.
27.02. Habana – Varadero – Cardenas – Santa Clara
Am Abend beginnt die Rundreise „Cuba Occidental“ und wir müssen vom Habana Libre ins verhaßte Inglaterra umziehen. Wenigstens kommen wir ohne Probleme schon um 12 Uhr in die Zimmer. Die sind wie immer dunkel, muffig, die Betten sind durchgelegen und ziemlich schmal. Das Inglaterra verlangt mittlerweile 120 USD für ein Doppelzimmer. Die sind völlig durchgedreht. Bei uns ist es im Rundreisepreis enthalten. Nachmittags laufen wir wieder zurück Richtung Habana Libre, weil Rebekka ein Interview mit Rene Banos machen muß. Rene Banos ist der Kopf von Vocal Sampling, einer cubanischen A-Capella-Salsa-Gruppe, die bereits mehrfach in allen wichtigen Ländern der Welt aufgetreten ist (mehr als 30 wie wir von ihm erfahren) und im Mai für fünf Wochen nach Hamburg ins Zelt der fliegenden Bauten kommt. Rebekka schreibt einen Artikel für die Hamburger Morgenpost und vielleicht auch Stern / Spiegel, wenn die den drucken. Rene Banos kommt direkt aus dem Fernsehstudio, war am Vorabend von einer Mexikotournee zurückgekommen und muß am nächsten Morgen gleich nach Frankreich fliegen. Er ist noch stark geschminkt und reichlich platt. Aber dabei sehr professionell und freundlich. Becky interviewt ihn eine Stunde lang, ich nehme alles auf MD auf und stelle ein paar Zwischenfragen. Danach wollen wir in unserem Lieblingsrestaurant im Capri auf dem Dach essen aber die Leute von Horizontes haben ein Einsehen gehabt und dieses Schrotthotel endlich geschlossen. Das Restaurant damit auch. Genau wie das FOCSA-Gebäude steht es nun leer weil sich niemand traut, den ganzen Bau zu renovieren oder abzureißen. Also tut man einfach nichts und wartet, daß auch nichts passiert. Wir latschen zurück und gehens ins Prado y Neptuno, wohl wissen, daß bei der Rundreise eine Woche Pollo auf uns warten wird. Das Prado y Neptuno ist wie McDoof – man weiß vorher was man kriegen wird und es ist nie schlecht. Es gibt sogar Mozzarella (was es danach nicht mehr geben sollte) und die Spaghetti sind auch „al dente“. Danach gehen wir in die Neptuno und setzen uns in ein paar Kneipen und beobachten, wie die Jineteros die Touris in die Läden zu schleppen versuchen und sich die Chicas an die wenigen alleinreisenden Männer (meistens Italiener) ranmachen. Chicas sind übrigens fast alle schwarz. Bin wirklich kein Rassist, aber das ist mir halt einfach aufgefallen. Ein kubanischer Freund meint, die weißen wären einfach teurer und würden nicht auf der Straße rumrennen. Kann das Forum hier sicher verifizieren, also: Stimmt das?
Am nächsten Morgen dann Rucksack packen (Nerv) und das Scheißfrühstück im Inglaterra. Die Kellnerin will Geld haben und meint, das wäre nicht im Preis enthalten. Ich zeige ihr den Vogel und grinse. Ist natürlich enthalten. Zur Strafe gibt es dann keinen Käse. Das kommt eben davon.
Vor dem Hotel steht schon der Minibus und der Reiseleiter. Luis Felipe, sehr aristokratisch aussehender Cubaner mit Vorfahren von den Kanaren. Luis ist ein untypischer Cubaner: Trinkt nicht, raucht nicht, tanzt nicht (oder nur selten) und will einem partout nichts verkaufen. Er spricht ziemlich gut deutsch, hat eine sehr angenehme und ruhige Art. Man kann sie auch als „Phlegma“ bezeichnen, wenn man noch nie in Cuba war und direkt von seinem deutschen Schreibtisch aus hier landet. Die Rundreise geht los, erstmal Richtung Varadero. Luis erzählt viel von Land und Leuten auch viel Neues und Interessantes für uns. Die Gruppe besteht aus acht Leuten, dem Reiseleiter Luis, Rebekka und mir. Wir sind mit Anfang 30 Teil der jüngeren Hälfte. Erster Stop ist bei einer Talbrücke ca. 50 km vor Matanzas, die höchste Cubas. Dort gibt es angeblich die besten Pina Colada Cubas, sagt Luis, und er hat in der Tat Recht. Aus frischen Ananas und frischen Kokosnüssen zaubern einige gutegelaunte Cubaner inmitten einer Horde Touris erstklassige Pina Coladas. Den Rum kann man sich selber nachschenken. Wir fahren weiter durch Matanzas nach Varadero, damit wir mal einen Eindruck von diesem unkubanischen Teil Cubas kriegen. Ich war das letzte Mal vor elf Jahren dort, da war das tollste Hotel das „Paradiso“, gerade erst eingeweiht. Heute ist das Paradiso ein Schuppen mittlerer Güte und Sol Melia hat eine ganze Reiher größerer und teurerer Schuppen auf die Halbinsel gesetzt. Es ist relativ wenig los und nicht ganz so schlimm wie ich befürchtet hatte. Es wohnen sogar noch 5000 Cubaner auf der Halbinsel, die will man aber auch bald vertreiben. Richtig so, haben da nix zu suchen. Das wäre ja noch schöner, daß an meinem Strand Cubis rumlaufen. 8-)))))
Wir quatschen mit ein paar cubanischen Barmixern und entdecken sogar cubanische Urlauber. Der Januar muß wohl eine Katastrophe gewesen sein, da hat der liebe Staat sogar wieder verdienten Erntearbeitern einen Urlaub in Varadero spendiert. Der Februar war auch noch mau, für den März sähen die Zahlen aber wohl besser aus, zumindest was die Buchungen betrifft.
In Varadero sehen wir, wie übrigens die ganze Rundreise über, die Schäden, welche der Hurricane Michelle im Dezember angerichtet hatte. Die Dupont-Villa wird noch renoviert, viele Fenster sind noch verklebt und vor allem Bäume hat es reihenweise zerlegt. Auf dem Lande mußten viele Holzhütten dran glauben, aber der Staat hat sich sehr viel Mühe gegeben, der Bevölkerung zu helfen. Überall werden kleine Steinhäuser gebaut, selbst in den entlegensten Dörfern werkelten Bautrupps mit Baumaterial (!!!).
Wir fahren weiter nach Cardenas, besuchen dort mitten in der Stadt ein Entwicklungshilfeprojekt, welches maßgeblich von Brot für die Welt finanziert wurde. Das Gebäude sticht dadurch besonders hervor, daß es 1A in Schuß ist, außen und innen. Wir bekommen ein köstliches Essen und reden mit dem Leiter der Einrichtung. Die haben einen cleveren Weg gefunden, sich mit den Behörden zu arrangieren: Die Einrichtung hat neben einer Reihe kleinerere Fabriken und Farmen auch einen Bautrupp mit Baumaterial. Dieser Bautrupp wird auch an staatliche Einrichtungen „verliehen“ und hilft bei Instandsetzung und Bau von Einrichtungen für Schulen und Krankenhäuser. Das Material bringt der Trupp mit und die Leihgebühr ist Null. Damit erkauft sich die Einrichtung offenbar eine Menge Freiheit, denn man sieht an jeder Ecke, daß hier Geld vorhanden ist und zwar satt. Es werden eine ganze Reihe sinnvoller Projekte unterstützt, von der Heimpflege alter und kranker Leute bis hin zu eigenen Biofarmen und Konservenfabriken. Neuestes Projekt ist eine Biogasanlage, Investitionsvolumen = 1 Mio. Dollar. Eine Menge Geld.
Wir fahren danach weiter nach Santa Clara, wo wir am Abend ankommen im Hotel Los Caneyes. Ich habe einen Horror vor Horizontes – Hotels, bin aber positiv überrascht. Die Gerüchte, Honrizontes hätte investiert, scheinen sich zu bewahrheiten. Das Hotel wurde frisch renoviert, die Blockhütten, in denen man untergebracht ist, sind absolut okay. Das Essen ist halt Horizontes-Standard, also unter aller Sau, aber damit hatten wir gerechnet. Im CD-Laden des Hotels finden wir einige seltene Kleinode, setzen uns an die Bar und wundern uns, wie viele kanadische Tourgruppen hier untergekommen sind. In der Disco findet eine afrikanische Modenschau statt (totaler Nepp), wir quatschen lange mit Luis Felipe, dem Reiseleiter über Cuba, Deutschland, alles mögliche eben.
28.02. Santa Clara – Topes de Collantes (Escambray) - Trinidad
Am nächsten morgen ist wieder mal eine Kaltfront über Cuba hereingebrochen. Es ist wolkig und ziemlich frisch. Beim Frühstück kommt eine schick gekleidete Dame auf uns zu und erklärt in geschliffenem Englisch, sie wäre PR-Managerin von Horizontes und bäte uns, an einer Kundenzufriedenheitsbefragung teilzunehmen. Darauf hatte ich fünf Jahre gewartet. Es gibt noch Wunder.
Danach geht es zum Che-Mausoleum. Auf dem Vorplatz exerzieren cubanische Schulklassen. Verrücktes Bild. Chicas beim militärischen Drill. Selten ein so elegantes „Links kehrt Marsch“ gesehen. Das Che Mausoleum selber ist unspektakulär. Es gibt ein typisch cubanisches Museum mit allerlei eigenartigem Zeugs von Che. Fehlt nur noch, daß sie seine Unterwäsche ausstellen oder sein benutzes Klopapier. Faszinierenderweise wird wenig über Che’s Schaffen auf Cuba und gar nichts über den Afrika-Einsatz gezeigt. Nach großer Begeisterung vor zehn Jahren während des Studiums habe ich mittlerweile ziemlich viel Distanz zu Che. Sicherlich war der Mann absolut konsequent, aber man könnt eben auch sagen, daß sein Dogma und Dickkopf vielen,zu vielen, Menschen das Leben gekostet hat und das was er innen- wie außenpolitisch geschafft hat, höflich ausgedrückt, lausig gewesen ist. Egal. Es folgt danach die Besichtigung des Tren Blindado, den Che und Fidel am Vorabend des Sieges der Revolution in Santa Clara zum entgleisen gebracht und damit den Truppen Batistas im Oriente den Nachschub abgeschnitten hatten. Ein paar Güterwagen stehen schick drapiert in der Gegend rum, drinnen kann man ein paar gut geölte Waffen besichtigen. Unspektakulär. Danach gehen wir durch Santa Clara. Es ist Büchermesse, also werden überall Bücher verkauft und in der Stadt ist viel los. Es gibt häßlichere cubanische Innenstädte. Wir setzen uns in eine Kneipe und unterhalten uns mit einem älteren Cubaner, der gutes Englisch spricht und uns in ein Paladar schleppen will. Wir haben leider keine Zeit, unterhalten uns aber nett und helfen ihm mit ein paar Dollars aus. Ein stolzer Mann, der sehr darunter leidet, seine lausige Rente mit sowas aufbessern zu müssen. Wir fahren danach weiter nach Süden in Richtung Escambray – Gebirge bis nach Topes de Collantes. In circa 1000 m Höhe gibt es ein riesiges Kurhotel, das heißt auch in Cuba genau so, was anmutet wie ein Speer’sches Ministerium. Es wurde noch von Batista gebaut und ist jetzt eher eine Art Sanatorium. Einigermaßen gut in Schuß gehalten. Wir machen Siesta und bekommen schließlich einen örtlichen Führer, Sergio, der ziemlich gut deutsch spricht und sich bestens in heimischer Tier- und Pflanzenwelt auskennt. Ein „Spaziergang“ zu einem Wasserfall steht auf dem Programm. Es geht steil bergab und wir wundern uns, daß uns entgegenkommende Urlauber zwar durchtrainiert, aber vollkommen ausgelaugt aussehen. Sergio klärt uns auf, daß der Spaziergang „nur“ 300 Höhenmeter überwindet. Es geht teilweise ziemlich steil bergab, Sergio bleibt immer wieder stehen und erklärt viel zu Flora und Fauna und sieht Vögel, die uns im Leben nicht aufgefallen wären. Beim Rückweg erkenne ich meine körperlichen Grenzen und verfluche jedes der 30 Pfund Übergewicht, die ich mir in den letzten Jahren angefressen habe. Schnaufend wie eine Dampflok klettere ich Meter um Meter höher, Rebekka rauscht wie eine Berggemse an mir vorbei und macht spitze Bemerkungen. Das Glückgefühl, die Wanderung dann oben angekommen überlebt zu haben, ist bemerkenswert. Wir versuchen, Trinkgeld für Sergio zu sammeln und erklären den Mitreisenden, daß der gute Mann davon lebt und wahrscheinlich sogar auch noch einen Teil des Trinkgeldes abliefern muß und daß ein paar Dollar pro Person angesichts der Gesamtkosten dieses Urlaubes ja wohl nicht zu viel wären. Faszinierend, die Leute geben schnell 2000 oder 3000 Euro für einen Urlaub aus aber knausern bei ein oder zwei Dollar Trinkgeld.
Der Bus fährt duch das Escambray-Gebirge nach Trinidad, wo wir zwei Nächte im Hotel Costa Sur verbringen. Vor drei Jahren waren Rebekka und ich schonmal zwei Nächte dort als wir mit einem Auto von Habana nach Santiago gefahren sind und hatten uns damals mit einem Animateur, Luis, angefreundet. Luis ist immer noch da, jetzt als PR-Manager, war zwischenzeitlich fünf Wochen in Deutschland gewesen. Riesen-Hallo. Luis muß leider mit einer Gruppe kanadischer Rentner eine Tour machen, wir verabreden uns also für den kommenden Abend. Wir überreden unseren Busfahrer Pedro, uns nach Trinidad zu fahren, laden ihn dafür in ein Paladar ein. Ziemlich mäßiges Pollo, mit 10 USD etwas überteuert aber eine nette Atmosphäre im Garten. Danach gehen wir zum Casa de la Musica, auf dessen Vorplatz eine Salsa-Kombo aufspielt. Gar nicht mal so schlecht. Auf einen Cubaner kommen zehn Touris, daher etwas „ruhige“ Stimmung. Der Rum ist hier billig (ein Dollar für ein Glas 7 anos, und zwar ein Glas voll, nicht genau abgemessene 5cl oder so...), die Touristen verschwinden auf einmal weil ihre Busse fahren und wir haben einen netten Abend. Selbst Reiseleiter Luis Felipe trinkt rum und hat schnell einen im Kahn. Rückfahrt ins Hotel. Pedro will partout kein Trinkgeld haben, wie uncubanisch. Im Hotel haben wir, wie immer während der Rundreise, die besten Zimmer in neugebauten Bungalows am Strand. Sehr schick alles, leider haben die Cubaner den Strand vergessen. Ist eh zu kalt, uns macht es nichts aus.
01.03. Trinidad
Morgens Horizontes-Frühstück. Trash-Cult. Danach Fahrt nach Trinidad mit üblichen Touri-Besichtigungen. Luis Felipe meint, am Aussichtsturm „Ignacio“ (oder so ähnlich, so ein 45m hoher Steinturm den man besichtigen kann) gäbe es die billigsten Zigarren in Cuba. Er sollte Recht haben. Im staatlichen Laden mit Quittung, Siegel und allem piepapo gibt es frische, d.h. nicht trockene, Lanceros für 80 USD 25 Stück. In der Fabrik in Pinal de Rio kosten die mehr als 300 USD. Ich kaufe für 40 USD 25 Montecristo 4, rauche zwar nicht aber kann die ja verschenken. Wir trauen uns nicht auf den Turm zu steigen (Höhenangst) und quatschen unten mit ein paar Cubanern. In Trinidad fällt uns auf, wie sauarm die Leute dort sind. Nirgend anders sind wir so oft auf Seife und Kuli angesprochen worden. Einige Mitreisende erblöden sich, Kinder für das Betteln mit Kugelschreibern und Caramelo zu belohnen. Super, dann hat sich das wenigstens für die Kids gelohnt die Schule zu schwänzen. Trinidad liebt man oder man haßt es, ich glaube es gibt nichts dazwischen. Lieben tun wir’s nicht. J
Der Nachmittag ist frei. Wir setzen uns an die Sonne und lesen Bücher. Abends fährt die ganze Gruppe in die Stadt, diesmal zu einem anderen Paladar. Es gibt eine tolle Meeresfrüchteplatte. Dumm für die, die keinen Fisch mögen, wie ich zum Beispiel. Danach Standardprogramm: Casa de la Musica. Heute sind weniger Touris da. Wir fahren um 23 Uhr wieder ins Hotel und treffen dort endlich PR-Manager Luis. Luis ist hundemüde, freut sich aber sehr uns zu treffen. Sein Englisch ist dank MTV und ESPN fast perfekt, sogar Deutsch spricht er um Längen besser als wir Spanisch. Wir unterhalten uns lange, Luis erzählt und fragt viel. Sagt, er würde Cuba zwar lieben, aber trotzdem gerne im Ausland arbeiten. Er ist anders als viele andere Cubaner, die wir getroffen haben. Dynamischer, Zielbewußter – würde ich sofort einstellen wenn er hier wäre (ich arbeite in einer großen Werbeagentur). Er erzählt einige nette Annekdoten von Horizontes, meint, der Hurricane wäre ein Segen gewesen, weil er die ganzen verwarzten Hotels zerstört hätte und die nun alle neu renoviert würden. Er ärgert sich, daß Cubatrips an die Kanadier zu Schleuderpreisen verkauft werden.
02.03. Trinidad – Cienfuegos - Playa Giron - Playa Larga
Ich habe Geburtstag. Beschließe, das keinem zu sagen. Ich hasse Geburtstage. Rebekka gratuliert natürlich. Nach dem Frühstück fahren wir los in Richtung Cienfuegos. Luis Felipe kommt aus Cienfuegos und schwärmt von dieser schönen Stadt, sie sei viel sauberer und besser als alle anderen in Cuba. Er sollte Recht behalten. Vorher Besichtigung des botanischen Gartens, der leider zu 2/3 durch den Hurricane Michelle zerstört worden ist, aber dennoch sehenswert ist. Wir fahren auch am AKW gegenüber von Cienfuegos vorbei. Eine riesige Bauruine, die wohl auch nicht mehr fertiggestellt wird. Das fertige AKW hätte 80% des cubanischen Energiebedarfes gedeckt und einige Millionen Tonnen Öl gespart. Zur Fertigstellung des ersten Reaktors (Tschernobyl-Typ) hätten die Cubaner noch 800 Mio. USD gebraucht. Kommissionen aus Frankreich, Kanada, Deutschland und sogar den USA haben das AKW besichtigt und gemeinsam mit den Cubanern einen Sicherheitsplan entwickelt. Die Amerikaner haben dann natürlich doch irgendwie kalte Füße bekommen (weil der Wind im Falle eines GAUs den ganzen Dreck nach Florida geweht hätte) und es geschafft, den Cubanern das Vorkommen ausreden zu lassen. Angeblich. Jetzt steht da ein riesiger, zu 90% fertiggestellter Reaktor und rottet vor sich hin.
Cienfuegos ist in der Tat anders als die anderen cubanischen Städte. Wirkt alles äußerst adrett. Eine ziemlich schicke Fußgängerzone mit vielen Einkaufsmöglichkeiten, kaum Touristen, viele sehr gut angezogene Cubaner. Luis weiß auch nicht so recht, warum es der Stadt so gut zu gehen scheint. „War schon immer so“. Aha. Danach fahren wir weiter nach Playa Giron, wo es leider überhaupt nichts zu sehen gibt. Das Museum am Playa Giron ist ziemlich runtergekommen und eher eine Waffenschau, die sich in militärtaktischen Erklärungen verliert. Die Gruppe ist reichlich genervt von der „Revolucion“, Rebekka und ich heucheln höfliches Interesse und genießen langatmige Erklärungen. Natürlich kein Wort davon, daß die Cubaner nur deswegen gewonnen haben, weil die Amerikaner dann doch kalte Füße bekommen haben und die Exilcubaner nicht mit ihrer Luftwaffe unterstützt haben. Wenn die Amis „richtig“ eingegriffen hätten, wäre die Sache wohl anders ausgegangen. Gut, daß damals das Telefon zwischen Chruschtschow und Washington schon funktioniert hatte.
Wir übernachten in der „Villa Playa Giron“, die man höflich als „uninspiriert“ bezeichnen kann. Verwöhnte Touris nennen das „unter aller Sau“. Horizontes wie man es kennt und liebt eben. Die Bungalows wurden renoviert allerdings hat das Geld nur für die Bäder, Lampen und Fernseher gereicht und im Bad gibt es eben auch nur brühend heißes Wasser, egal welchen Hahn man aufdreht. Das Hotel wird auch von Cubanern besucht, deswegen gibt es wohl kein Buffett sondern Rationen, die eine schlecht gelaunte Kellnerin auftischt. Wir betteln um Espaguetti statt Pollo Fritto und setzen uns schließlich durch. Bei Spaghetti kann selbst ein Horizontes-Koch nicht so viel falsch machen, als daß man sie nicht essen könnte. Danach gibt es „Animacion“. Eine Kombo spielt auf der Hammondorgel eine James LAst Version von „Besame Mucho“ und anschließend „My way“. Becky und ich begeben uns umgehend auf die Suche nach Betäubungsmittel und trinken uns die Musik, die Bandleaderin (die einen auf „Welcome to Las Vegas“ macht) und das Ambiente schön. Auf meine Frage, ob man denn nicht mal „A puro Dolor“ oder sowas spielen könnte, meint ein Musiker, das Programm stünde fest. Kicher. Luis Felipe bringt uns etwas Salsa und ChaChaCha bei und der Abend wird irgendwie doch ganz lustig. Er endet dann mit „Mueve la Colita“ und der damit verundenen „A bajo, a riba, isquierda, derecha“-Tanzorgie mit den anwesenden Cubanern, die nach Genuß von zwei Flaschen Rum auch aus ihrer Lethargie erwacht sind.
Unruhige Nacht dank vieler Moskitos. In Cuba läuft übrigens gerade eine „Kill the Moscito“-Kampagne und überall laufen Spezialtrupps mit Insektenvertilgungsmitteln rum, die alle Wohnungen und Ecken vollpesten. Den Cubaner macht das nichts aus. Die sitzen beim Mittagessen während sie eingenebelt werden.
2. Teil folgt
1.Teil
Es ist die fünfte gemeinsame Reise von Rebekka und mir, ich war vor elf Jahren schonmal mit zwei Freunden auf Cuba, also meine sechste Reise. Diesmal entscheiden wir uns erneut für Havanna, aber auch für eine organisierte Rundreise mit Aventoura, nachdem wir auch schonmal auf eigene Faust durch’s Land gefahren sind. Rundreise ist beqeumer und wenn man Glück mit den Reiseleitern hat, kriegt man mehr mit.
23.02. Hamburg / Paris
Es begann wie alle Cubaurlaube: Mit einer Überraschung. Einen Tag im Jahr schneit es in Hamburg und ausgerechnet an dem Tag, an dem wir in den Urlaub wollen, herrscht Schneechaos am Flughafen. Bereits beim Gepäckkontrollschalter vor dem Check-In meint ein gelangweilter Beamter, Air France würd heute eh nicht fliegen, wir könnten uns gleich am Air France-Flugschalter anstellen. Dort stehen schon 100m Schlange vor uns und zwei gelangweilte und genervte Mitarbeiterinnen arbeiten die Schlange ab. Nach drei Stunden, ich mittlerweile vollkommen genervt, kommen wir schließlich dran. Heute würde nur noch ein Flug am Abend rausgehen und der wäre schon überbucht. Man bucht uns auf den Folgetag, zum Glück ist auf dem Flug Paris-Havanna noch etwas frei. Toll. Wir fahren wieder zurück nach Hause und gehen erstmal essen. Ich rufe bei der Air France an und beschimpfe die, woraufhin man mir anbietet, mich auf einen Abendflug von Hamburg nach Paris zu buchen. Geht also doch. Übernachtung in Paris dann aber auf eigene Kosten. Ich sage zu, traue dem Wetter am nächsten Tag auch nicht. Der Abendflug geht mit fünf Stunden Verspätung ab, Air France spendiert wenigstens ein Abendessen und ich merke, wozu meine Lufthansa Frequent-Traveller Karte gut ist: Man kann in der Lounge Grand Prix Vorentscheidung gucken und dabei unglaubliche Mengen österreichischen Rotweins in sich gießen. Um 23.30 sind wir dann in Paris, unser Gepäck sogar auch. Hotel haben wir von hier im Internet gebucht, das Mercure in Roissy ist ein echter Geheimtip. Mit 100 Euro für das DZ relativ preiswert und wider Erwarten ganz okay. Typisches Mercure-Hotel eben, um Längen besser als das billigste Hotel am Flughafen Paris, das Ibis.
24.02. Habana
Wir schlafen in Ruhe aus, frühstücken, fahren zum Airport und knallen und erstmal wieder Rotwein in den Kopf. Der Flug geht sogar pünktlich, wir haben Alizé-Klasse gebucht und die entpuppt sich als Hit. Es sind die alten Businessclass 127-Sitze, die Air France eingebaut hat, im Oberdeck der 747 nur jeweils zwei und zwei, Service und Essen wie in der Economy aber egal, Hauptsache der Sitzkomfort stimmt. Dazu ein eigener Videoschirm mit fünf Filmen zur Auswahl. Mehrkosten Hin und Zurück 550 Euro. Nicht ganz so schick wie die neue Comfort Class der Condor (ähnliche Sitze aber eben schlechteres Caterin), dafür aber auch etwas billiger. Der Hinflug ist vergleichweise angenehm.
In Havanna empfängt uns dann der typisch cubanische Muff nach Feuchtigkeit, Klimaanlage, Beton....herrlich. Havanna hat uns wieder. Es dauert eine Ewigkeit, bis wir das Gepäck entgegennehmen können, umso schneller geht es am Zoll und der Einreise zu. Transfer in die Stadt. Für die ersten drei Tage wollten wir auf Nummer sicher gehen und haben unser altes Lieblingshotel gebucht: Das Habana Libre. Die Rezeption ist betont lax, wir bekommen nach einer Ewigkeit ein Zimmer, fahren hoch und stellen dort fest, daß darin wohl eine Orgie stattgefunden hat. Zig Handtücher liegen herum, alles ist ziemlich sauig. Ich fahre wieder zur Rezeption und erkläre dem Rezeptionisten, das Zimmer wäre nicht fertig. Kurzes Gespräch über Baseball und das Wetter, ein kleiner Tip und wir bekommen ein Zimmer im Executive Floor, 20. Stock. Sehr schick alles, viel Teppich, sehr geräumig, alle Lampen funktionieren und ein toller Blick über Havanna. Schnell umziehen und auf die Rampa. Der erste „Kssss...Wanna buy Cigar?“-Hustler wird freudig begrüßt. Wir gehen ins „Sofia“, wollen draußen sitzen und ein Bier trinken. Dort gibt es nur Heineken für 2$ statt Cristal für 1,50. Egal. Publikum besteht aus Chicas und ein paar Touris, sauunfreundliche Bedienungen und eine typische Rampa-Atmosphäre. Kurz noch runter zum Malecon, dort ist nichts los, es ist mit 15 Grad ziemlich kalt und sehr sehr windig. Wir gehen ins Bett und schlafen herrlich in den superbreiten Betten des Habana Libre.
25.02. Habana
Der erste Tag in Habana. Wir freuen uns über das beste Frühstücksbuffet Cubas. Es gibt alles und das in rauhen Mengen. Das Habana Libre gehört jetzt übrigens auch zur Sol-Melia Kette. Man merkt das nur am edleren Ambiente (vor allem auf Drucksachen) und den erhöhten Preisen in den Restaurants. Nach dem Frühstück laufen wir einfach los durch Vedado. Wir landen zufällig in einer Baptistenkirche, die ist rappelvoll, sieh an. Eine Horde amerikanischer Christen ist auch zu Besuch und hüpft „excited“ vor der Kirche rum. Wir gehen kopfschüttelnd weiter am Calixto Garcia Krankenhaus vorbei richtung Plaza de la Revolucion. Erstes längeres Gespräch mit einem Cubaner, der uns auch nach zwei Stunden nichts verkaufen will. Wir unterhalten uns über Beisbol, Fußball und Musik. Er ist stinkesauer, daß die cubanische Fußballnationalmannschaft so schlecht ist, obwohl viel im Lande gespielt wird, und schwört, daß man bei der WM in 8 Jahren spätestens dabei ist. Außerdem erzählt er über Charanga Habanera, die seit einem halben Jahr Auftrittsverbot hatten, weil der Sänger sich im Speed-Rausch an einem Hubschrauber hängend über Havanna hat fliegen lassen. Wir glauben die Geschichte nicht, bekommen sich aber während des Urlaubes noch ein paar Male zu hören. Wir landen schließlich nach einigen viel zu kalten Cristal beim Estadio Latinoamericano. Es ist Sonntagnachmittag, Beisbol-Time. Die Zeiten ändern sich: Vor einem Jahr kam man als Touri noch für 3 Peso rein, jetzt kostet’s für Touristen am Sonderschalter „Three Dollar for executive Seat, one Dollar for normal Seat“. Scherzkekse. Im Stadion gibt es nur eine Kategorie, also zahlen wir one Dollar. Die Metros spielen gegen Santiago, eigentlich eine klare Sache, aber wider Erwarten verliert Santiago. Es gibt neuerdings auch Bier im Stadion, gegen Dollar natürlich. Ein Erlebnis besonderer Art sind übrigens die Klos im Stadion. Das übertrifft alle Sauereien, die ich je in meinem Leben gesehen habe.
Nach dem Spiel latschen wir ins Hotel, ziehen uns um, wollen abends ins Paladar Amor, welches unser Reiseführer (Time Out Guide Habana – etwas besser als der Lonely Planet und das Moonbook von Habana) empfiehlt. Dort ist alles Dunkel, der Besitzer hat geschlossen wegen irgendwelcher Plattenaufnahmen. Er empfiehlt uns das Restaurant der Union Francesa. Wir finden das, tolles koloniales Gebäude. Das Restaurant ist ziemlich leer. Eine schlecht englisch sprechende Kellnerin nuschelt uns permanent die Ohren voll von „Camarones“. Wir erklären ihr in Spanisch, daß wir keine Camarones wollen und bestellen Pollo Frito. Für 12 Dollar. Naja, man ist ja im Urlaub. Die Kellnerin kommt mit zwei Platten, auf einer Schweinefleisch in Knoblauch angebraten und auf einer irgendwelche panierten Meeresfrüchte, alles sehr nett angerichtet. Wir, schön doof, denken das wären Appetizer und im Preis enthalten, weil in der Karte auch was von „Full Menu“ steht. Das Pollo ist dann ziemlich langweilig. Wir bestellen die Rechnung und auf der stehen 70 USD. Ich falle erstmal in Ohnmacht und lasse mir das erklären. Die Vorspeisen werden mit je 18 USD berechnet, dann nochmal 15% Service Fee und die Getränke auch teuerer als üblich. Ich erkläre ihr, wir hätten die Vorspeisen nicht bestellt. Sie labert furchtbar schnell irgendeinen Unsinn auf Spanisch, ich auf englisch. Schließlich fordere ich sie auf, mir sofort ihren Namen zu geben. Plötzlich kann sie wieder englisch und fragt warum. Ich sage ihr, ich werde sie wegen Betrug beim Tourismusministerium anzeigen (ist Unsinn, weiß ich auch). Sie zischt wie eine Rakete weg. Kurze Zeit später steht irgendsoein Oberkellner neben mir, der auch besser Englisch spricht und mir erklärt, daß seine Kellnerin darauf schwören würde, daß wir die Vorspeisen bestellt hätten und da wir sie auch ohne zu reklamieren gegessen hätte, sähe er keinen Anlaß ihr nicht zu glauben. Ich erkläre ihm, daß er zwar formaljuristisch sicherlich Recht hätte und ich deswegen auch zahlen würde, ich aber auch den Eindruck hätte, daß der LAden ein Betrügerladen wäre. Er raunt mir ein „Wenn ich Du wäre, würde ich genau so reagieren“ zu, meint aber, ich müsse trotzdem bezahlen. Laut schimpfend verlasse ich den Laden. Also Leute, Union Francesa meiden. Ich nehme mir vor, am nächsten Tag eine Riesenwelle zu machen, dann fällt mir aber ein, daß ich im Urlaub bin und lasse die Sache auf sich beruhen. Hätte eh nicht viel gebracht. Man hätte einfach die Rechnung nicht bezahlen und gleich die Polizei rufen sollen, naja, nachher ist man immer schlauer.
Wir sind beide so genervt, daß wir noch ein paar Cristal ziehen und dann ins Bett gehen.
26.02. Habana
Erneut reichhaltiges Frühstück. Ich gieße mindestens eine Gallone frischen O-Saft in mich hinein und freue mich anschließend über gute Verdauung. Nachdem ich bisher bei jedem Cubaurlaub krank geworden bin (entweder Grippe oder Magenprobleme), habe ich mir diesmal vorgenommen, nicht krank zu werden. Meine Hausapotheke reicht für eine Notoperation. Um es vorwegzunehmen: Diesmal hat’s geklappt. Selbst der Magen hat mitgemacht.
Wir machen uns diesmal auf den Weg den Malecon entlang Richtung Prado. Recht bald quatscht uns ein Cubaner mit seiner Frau an. Wir unterhalten uns nett, auch er will uns nichts verkaufen und interessiert sich für Deutschland und wie es hier so zugeht. Vor allem was es mit diesem ominösen „Fiesta de Munich“ auf sich hat, bei dem es Bier nur in Litergläsern gibt. Oktoberfest. Am Malecon stellen wir fest, daß Habaguanex die brillante Idee gehabt hat, überall dort wo ein Haus eingekracht ist, die Trümmer wegzuräumen und ein kleines Cafe aufzumachen. Container, Klohaus, ein paar Plastiktische und Schirme. Fast Food, Bier und Refresco zu niedrigen Preisen. Da wird erstmal das Geld für den Wiederaufbau verdient. Wir trinken uns von Cafe zu Cafe und wundern uns, daß die Cubanische Regierung den Malecon dann wohl doch aufgegeben hat. Der Zustand der Häuser ist schlechter als noch vor einem Jahr, wenigstens den Bürgersteig hat man aber repariert. Erstaunlich wenig Hustler übrigens, auch erstaunlich wenig Polizei. Am Prado setzen wir uns erstmal in unser Lieblingscafé im ersten Stock des Casa del Scientifico. Die zweitbeste Pina Colada Cubas, toller Ausblick und eine interessante, lockere Atmosphäre. Danach statten wir dem Aventoura-Büro einen kurzen Besuch ab, Ramon, der Büroleiter spricht perfektes Deutsch, ist sehr freundlich und ruhig.
Dann Richtung Capitol, im „Kid Chocolate“ fragen wir, wann es Boxveranstaltungen gibt. Die KAssiererinnen lackieren sich zu dritte die Nägel und fangen erstmal an zu diskutieren. Verwertbare Antworten ergeben sich daraus nicht. Uns fällt auf, daß der Straßenverkehr extrem zugenommen hat. Man braucht zur Überquerung des Malecon eine ganze Zeit und muß auch sonst ziemlich aufpassen. Es sind wenig Touristen unterwegs. Wir schlendern den ganzen Tag durch Cerro, ein Stadtteil, in dem es viele kubanische Einkaufsstraßen gibt, aber wenig Touristen rumlaufen. Schließlich landen wir in einem Einkaufszentrum Carlos IV oder so ähnlich, welches genau wie eine Mall aussieht. Jede Menge Geschäfte, sogar eine Parfümerie und ein Juwelier, es gibt wirklich alles, natürlich gegen Dollar. Alles für Cubaner. Die geben sogar jede Menge Geld für furchtbar kitschige Porzellantiere aus Asien und Plastik-Weihnachtsbäume für 46 USD aus. Es scheint also in der Tat eine ganze Menge Cubaner zu geben, die über genug Dollar verfügen (was nicht darüber hinwegtäuschen soll, daß der Großteil der Bevölkerung immer noch am Rande des Existenzminimums lebt, also mit „ganze Menge“ meine ich vielleicht so 20 oder 30.000 in Habana, die mehr als 1000 USD im Monat verdienen). Wir laufen wieder zurück zum Habana Libre. Mir dampfen die Füße nach dieser Mammutwanderung, Rebekka ist auch für ihre Verhältnisse eher müde und wir gehen ins Bett. Wir nehmen uns vor, um 22 Uhr wieder aufzustehen und nochmal in ein paar Clubs zu gehen, verpennen das aber. Egal. Wir sind ja noch zwei Wochen auf Cuba.
27.02. Habana – Varadero – Cardenas – Santa Clara
Am Abend beginnt die Rundreise „Cuba Occidental“ und wir müssen vom Habana Libre ins verhaßte Inglaterra umziehen. Wenigstens kommen wir ohne Probleme schon um 12 Uhr in die Zimmer. Die sind wie immer dunkel, muffig, die Betten sind durchgelegen und ziemlich schmal. Das Inglaterra verlangt mittlerweile 120 USD für ein Doppelzimmer. Die sind völlig durchgedreht. Bei uns ist es im Rundreisepreis enthalten. Nachmittags laufen wir wieder zurück Richtung Habana Libre, weil Rebekka ein Interview mit Rene Banos machen muß. Rene Banos ist der Kopf von Vocal Sampling, einer cubanischen A-Capella-Salsa-Gruppe, die bereits mehrfach in allen wichtigen Ländern der Welt aufgetreten ist (mehr als 30 wie wir von ihm erfahren) und im Mai für fünf Wochen nach Hamburg ins Zelt der fliegenden Bauten kommt. Rebekka schreibt einen Artikel für die Hamburger Morgenpost und vielleicht auch Stern / Spiegel, wenn die den drucken. Rene Banos kommt direkt aus dem Fernsehstudio, war am Vorabend von einer Mexikotournee zurückgekommen und muß am nächsten Morgen gleich nach Frankreich fliegen. Er ist noch stark geschminkt und reichlich platt. Aber dabei sehr professionell und freundlich. Becky interviewt ihn eine Stunde lang, ich nehme alles auf MD auf und stelle ein paar Zwischenfragen. Danach wollen wir in unserem Lieblingsrestaurant im Capri auf dem Dach essen aber die Leute von Horizontes haben ein Einsehen gehabt und dieses Schrotthotel endlich geschlossen. Das Restaurant damit auch. Genau wie das FOCSA-Gebäude steht es nun leer weil sich niemand traut, den ganzen Bau zu renovieren oder abzureißen. Also tut man einfach nichts und wartet, daß auch nichts passiert. Wir latschen zurück und gehens ins Prado y Neptuno, wohl wissen, daß bei der Rundreise eine Woche Pollo auf uns warten wird. Das Prado y Neptuno ist wie McDoof – man weiß vorher was man kriegen wird und es ist nie schlecht. Es gibt sogar Mozzarella (was es danach nicht mehr geben sollte) und die Spaghetti sind auch „al dente“. Danach gehen wir in die Neptuno und setzen uns in ein paar Kneipen und beobachten, wie die Jineteros die Touris in die Läden zu schleppen versuchen und sich die Chicas an die wenigen alleinreisenden Männer (meistens Italiener) ranmachen. Chicas sind übrigens fast alle schwarz. Bin wirklich kein Rassist, aber das ist mir halt einfach aufgefallen. Ein kubanischer Freund meint, die weißen wären einfach teurer und würden nicht auf der Straße rumrennen. Kann das Forum hier sicher verifizieren, also: Stimmt das?
Am nächsten Morgen dann Rucksack packen (Nerv) und das Scheißfrühstück im Inglaterra. Die Kellnerin will Geld haben und meint, das wäre nicht im Preis enthalten. Ich zeige ihr den Vogel und grinse. Ist natürlich enthalten. Zur Strafe gibt es dann keinen Käse. Das kommt eben davon.
Vor dem Hotel steht schon der Minibus und der Reiseleiter. Luis Felipe, sehr aristokratisch aussehender Cubaner mit Vorfahren von den Kanaren. Luis ist ein untypischer Cubaner: Trinkt nicht, raucht nicht, tanzt nicht (oder nur selten) und will einem partout nichts verkaufen. Er spricht ziemlich gut deutsch, hat eine sehr angenehme und ruhige Art. Man kann sie auch als „Phlegma“ bezeichnen, wenn man noch nie in Cuba war und direkt von seinem deutschen Schreibtisch aus hier landet. Die Rundreise geht los, erstmal Richtung Varadero. Luis erzählt viel von Land und Leuten auch viel Neues und Interessantes für uns. Die Gruppe besteht aus acht Leuten, dem Reiseleiter Luis, Rebekka und mir. Wir sind mit Anfang 30 Teil der jüngeren Hälfte. Erster Stop ist bei einer Talbrücke ca. 50 km vor Matanzas, die höchste Cubas. Dort gibt es angeblich die besten Pina Colada Cubas, sagt Luis, und er hat in der Tat Recht. Aus frischen Ananas und frischen Kokosnüssen zaubern einige gutegelaunte Cubaner inmitten einer Horde Touris erstklassige Pina Coladas. Den Rum kann man sich selber nachschenken. Wir fahren weiter durch Matanzas nach Varadero, damit wir mal einen Eindruck von diesem unkubanischen Teil Cubas kriegen. Ich war das letzte Mal vor elf Jahren dort, da war das tollste Hotel das „Paradiso“, gerade erst eingeweiht. Heute ist das Paradiso ein Schuppen mittlerer Güte und Sol Melia hat eine ganze Reiher größerer und teurerer Schuppen auf die Halbinsel gesetzt. Es ist relativ wenig los und nicht ganz so schlimm wie ich befürchtet hatte. Es wohnen sogar noch 5000 Cubaner auf der Halbinsel, die will man aber auch bald vertreiben. Richtig so, haben da nix zu suchen. Das wäre ja noch schöner, daß an meinem Strand Cubis rumlaufen. 8-)))))
Wir quatschen mit ein paar cubanischen Barmixern und entdecken sogar cubanische Urlauber. Der Januar muß wohl eine Katastrophe gewesen sein, da hat der liebe Staat sogar wieder verdienten Erntearbeitern einen Urlaub in Varadero spendiert. Der Februar war auch noch mau, für den März sähen die Zahlen aber wohl besser aus, zumindest was die Buchungen betrifft.
In Varadero sehen wir, wie übrigens die ganze Rundreise über, die Schäden, welche der Hurricane Michelle im Dezember angerichtet hatte. Die Dupont-Villa wird noch renoviert, viele Fenster sind noch verklebt und vor allem Bäume hat es reihenweise zerlegt. Auf dem Lande mußten viele Holzhütten dran glauben, aber der Staat hat sich sehr viel Mühe gegeben, der Bevölkerung zu helfen. Überall werden kleine Steinhäuser gebaut, selbst in den entlegensten Dörfern werkelten Bautrupps mit Baumaterial (!!!).
Wir fahren weiter nach Cardenas, besuchen dort mitten in der Stadt ein Entwicklungshilfeprojekt, welches maßgeblich von Brot für die Welt finanziert wurde. Das Gebäude sticht dadurch besonders hervor, daß es 1A in Schuß ist, außen und innen. Wir bekommen ein köstliches Essen und reden mit dem Leiter der Einrichtung. Die haben einen cleveren Weg gefunden, sich mit den Behörden zu arrangieren: Die Einrichtung hat neben einer Reihe kleinerere Fabriken und Farmen auch einen Bautrupp mit Baumaterial. Dieser Bautrupp wird auch an staatliche Einrichtungen „verliehen“ und hilft bei Instandsetzung und Bau von Einrichtungen für Schulen und Krankenhäuser. Das Material bringt der Trupp mit und die Leihgebühr ist Null. Damit erkauft sich die Einrichtung offenbar eine Menge Freiheit, denn man sieht an jeder Ecke, daß hier Geld vorhanden ist und zwar satt. Es werden eine ganze Reihe sinnvoller Projekte unterstützt, von der Heimpflege alter und kranker Leute bis hin zu eigenen Biofarmen und Konservenfabriken. Neuestes Projekt ist eine Biogasanlage, Investitionsvolumen = 1 Mio. Dollar. Eine Menge Geld.
Wir fahren danach weiter nach Santa Clara, wo wir am Abend ankommen im Hotel Los Caneyes. Ich habe einen Horror vor Horizontes – Hotels, bin aber positiv überrascht. Die Gerüchte, Honrizontes hätte investiert, scheinen sich zu bewahrheiten. Das Hotel wurde frisch renoviert, die Blockhütten, in denen man untergebracht ist, sind absolut okay. Das Essen ist halt Horizontes-Standard, also unter aller Sau, aber damit hatten wir gerechnet. Im CD-Laden des Hotels finden wir einige seltene Kleinode, setzen uns an die Bar und wundern uns, wie viele kanadische Tourgruppen hier untergekommen sind. In der Disco findet eine afrikanische Modenschau statt (totaler Nepp), wir quatschen lange mit Luis Felipe, dem Reiseleiter über Cuba, Deutschland, alles mögliche eben.
28.02. Santa Clara – Topes de Collantes (Escambray) - Trinidad
Am nächsten morgen ist wieder mal eine Kaltfront über Cuba hereingebrochen. Es ist wolkig und ziemlich frisch. Beim Frühstück kommt eine schick gekleidete Dame auf uns zu und erklärt in geschliffenem Englisch, sie wäre PR-Managerin von Horizontes und bäte uns, an einer Kundenzufriedenheitsbefragung teilzunehmen. Darauf hatte ich fünf Jahre gewartet. Es gibt noch Wunder.
Danach geht es zum Che-Mausoleum. Auf dem Vorplatz exerzieren cubanische Schulklassen. Verrücktes Bild. Chicas beim militärischen Drill. Selten ein so elegantes „Links kehrt Marsch“ gesehen. Das Che Mausoleum selber ist unspektakulär. Es gibt ein typisch cubanisches Museum mit allerlei eigenartigem Zeugs von Che. Fehlt nur noch, daß sie seine Unterwäsche ausstellen oder sein benutzes Klopapier. Faszinierenderweise wird wenig über Che’s Schaffen auf Cuba und gar nichts über den Afrika-Einsatz gezeigt. Nach großer Begeisterung vor zehn Jahren während des Studiums habe ich mittlerweile ziemlich viel Distanz zu Che. Sicherlich war der Mann absolut konsequent, aber man könnt eben auch sagen, daß sein Dogma und Dickkopf vielen,zu vielen, Menschen das Leben gekostet hat und das was er innen- wie außenpolitisch geschafft hat, höflich ausgedrückt, lausig gewesen ist. Egal. Es folgt danach die Besichtigung des Tren Blindado, den Che und Fidel am Vorabend des Sieges der Revolution in Santa Clara zum entgleisen gebracht und damit den Truppen Batistas im Oriente den Nachschub abgeschnitten hatten. Ein paar Güterwagen stehen schick drapiert in der Gegend rum, drinnen kann man ein paar gut geölte Waffen besichtigen. Unspektakulär. Danach gehen wir durch Santa Clara. Es ist Büchermesse, also werden überall Bücher verkauft und in der Stadt ist viel los. Es gibt häßlichere cubanische Innenstädte. Wir setzen uns in eine Kneipe und unterhalten uns mit einem älteren Cubaner, der gutes Englisch spricht und uns in ein Paladar schleppen will. Wir haben leider keine Zeit, unterhalten uns aber nett und helfen ihm mit ein paar Dollars aus. Ein stolzer Mann, der sehr darunter leidet, seine lausige Rente mit sowas aufbessern zu müssen. Wir fahren danach weiter nach Süden in Richtung Escambray – Gebirge bis nach Topes de Collantes. In circa 1000 m Höhe gibt es ein riesiges Kurhotel, das heißt auch in Cuba genau so, was anmutet wie ein Speer’sches Ministerium. Es wurde noch von Batista gebaut und ist jetzt eher eine Art Sanatorium. Einigermaßen gut in Schuß gehalten. Wir machen Siesta und bekommen schließlich einen örtlichen Führer, Sergio, der ziemlich gut deutsch spricht und sich bestens in heimischer Tier- und Pflanzenwelt auskennt. Ein „Spaziergang“ zu einem Wasserfall steht auf dem Programm. Es geht steil bergab und wir wundern uns, daß uns entgegenkommende Urlauber zwar durchtrainiert, aber vollkommen ausgelaugt aussehen. Sergio klärt uns auf, daß der Spaziergang „nur“ 300 Höhenmeter überwindet. Es geht teilweise ziemlich steil bergab, Sergio bleibt immer wieder stehen und erklärt viel zu Flora und Fauna und sieht Vögel, die uns im Leben nicht aufgefallen wären. Beim Rückweg erkenne ich meine körperlichen Grenzen und verfluche jedes der 30 Pfund Übergewicht, die ich mir in den letzten Jahren angefressen habe. Schnaufend wie eine Dampflok klettere ich Meter um Meter höher, Rebekka rauscht wie eine Berggemse an mir vorbei und macht spitze Bemerkungen. Das Glückgefühl, die Wanderung dann oben angekommen überlebt zu haben, ist bemerkenswert. Wir versuchen, Trinkgeld für Sergio zu sammeln und erklären den Mitreisenden, daß der gute Mann davon lebt und wahrscheinlich sogar auch noch einen Teil des Trinkgeldes abliefern muß und daß ein paar Dollar pro Person angesichts der Gesamtkosten dieses Urlaubes ja wohl nicht zu viel wären. Faszinierend, die Leute geben schnell 2000 oder 3000 Euro für einen Urlaub aus aber knausern bei ein oder zwei Dollar Trinkgeld.
Der Bus fährt duch das Escambray-Gebirge nach Trinidad, wo wir zwei Nächte im Hotel Costa Sur verbringen. Vor drei Jahren waren Rebekka und ich schonmal zwei Nächte dort als wir mit einem Auto von Habana nach Santiago gefahren sind und hatten uns damals mit einem Animateur, Luis, angefreundet. Luis ist immer noch da, jetzt als PR-Manager, war zwischenzeitlich fünf Wochen in Deutschland gewesen. Riesen-Hallo. Luis muß leider mit einer Gruppe kanadischer Rentner eine Tour machen, wir verabreden uns also für den kommenden Abend. Wir überreden unseren Busfahrer Pedro, uns nach Trinidad zu fahren, laden ihn dafür in ein Paladar ein. Ziemlich mäßiges Pollo, mit 10 USD etwas überteuert aber eine nette Atmosphäre im Garten. Danach gehen wir zum Casa de la Musica, auf dessen Vorplatz eine Salsa-Kombo aufspielt. Gar nicht mal so schlecht. Auf einen Cubaner kommen zehn Touris, daher etwas „ruhige“ Stimmung. Der Rum ist hier billig (ein Dollar für ein Glas 7 anos, und zwar ein Glas voll, nicht genau abgemessene 5cl oder so...), die Touristen verschwinden auf einmal weil ihre Busse fahren und wir haben einen netten Abend. Selbst Reiseleiter Luis Felipe trinkt rum und hat schnell einen im Kahn. Rückfahrt ins Hotel. Pedro will partout kein Trinkgeld haben, wie uncubanisch. Im Hotel haben wir, wie immer während der Rundreise, die besten Zimmer in neugebauten Bungalows am Strand. Sehr schick alles, leider haben die Cubaner den Strand vergessen. Ist eh zu kalt, uns macht es nichts aus.
01.03. Trinidad
Morgens Horizontes-Frühstück. Trash-Cult. Danach Fahrt nach Trinidad mit üblichen Touri-Besichtigungen. Luis Felipe meint, am Aussichtsturm „Ignacio“ (oder so ähnlich, so ein 45m hoher Steinturm den man besichtigen kann) gäbe es die billigsten Zigarren in Cuba. Er sollte Recht haben. Im staatlichen Laden mit Quittung, Siegel und allem piepapo gibt es frische, d.h. nicht trockene, Lanceros für 80 USD 25 Stück. In der Fabrik in Pinal de Rio kosten die mehr als 300 USD. Ich kaufe für 40 USD 25 Montecristo 4, rauche zwar nicht aber kann die ja verschenken. Wir trauen uns nicht auf den Turm zu steigen (Höhenangst) und quatschen unten mit ein paar Cubanern. In Trinidad fällt uns auf, wie sauarm die Leute dort sind. Nirgend anders sind wir so oft auf Seife und Kuli angesprochen worden. Einige Mitreisende erblöden sich, Kinder für das Betteln mit Kugelschreibern und Caramelo zu belohnen. Super, dann hat sich das wenigstens für die Kids gelohnt die Schule zu schwänzen. Trinidad liebt man oder man haßt es, ich glaube es gibt nichts dazwischen. Lieben tun wir’s nicht. J
Der Nachmittag ist frei. Wir setzen uns an die Sonne und lesen Bücher. Abends fährt die ganze Gruppe in die Stadt, diesmal zu einem anderen Paladar. Es gibt eine tolle Meeresfrüchteplatte. Dumm für die, die keinen Fisch mögen, wie ich zum Beispiel. Danach Standardprogramm: Casa de la Musica. Heute sind weniger Touris da. Wir fahren um 23 Uhr wieder ins Hotel und treffen dort endlich PR-Manager Luis. Luis ist hundemüde, freut sich aber sehr uns zu treffen. Sein Englisch ist dank MTV und ESPN fast perfekt, sogar Deutsch spricht er um Längen besser als wir Spanisch. Wir unterhalten uns lange, Luis erzählt und fragt viel. Sagt, er würde Cuba zwar lieben, aber trotzdem gerne im Ausland arbeiten. Er ist anders als viele andere Cubaner, die wir getroffen haben. Dynamischer, Zielbewußter – würde ich sofort einstellen wenn er hier wäre (ich arbeite in einer großen Werbeagentur). Er erzählt einige nette Annekdoten von Horizontes, meint, der Hurricane wäre ein Segen gewesen, weil er die ganzen verwarzten Hotels zerstört hätte und die nun alle neu renoviert würden. Er ärgert sich, daß Cubatrips an die Kanadier zu Schleuderpreisen verkauft werden.
02.03. Trinidad – Cienfuegos - Playa Giron - Playa Larga
Ich habe Geburtstag. Beschließe, das keinem zu sagen. Ich hasse Geburtstage. Rebekka gratuliert natürlich. Nach dem Frühstück fahren wir los in Richtung Cienfuegos. Luis Felipe kommt aus Cienfuegos und schwärmt von dieser schönen Stadt, sie sei viel sauberer und besser als alle anderen in Cuba. Er sollte Recht behalten. Vorher Besichtigung des botanischen Gartens, der leider zu 2/3 durch den Hurricane Michelle zerstört worden ist, aber dennoch sehenswert ist. Wir fahren auch am AKW gegenüber von Cienfuegos vorbei. Eine riesige Bauruine, die wohl auch nicht mehr fertiggestellt wird. Das fertige AKW hätte 80% des cubanischen Energiebedarfes gedeckt und einige Millionen Tonnen Öl gespart. Zur Fertigstellung des ersten Reaktors (Tschernobyl-Typ) hätten die Cubaner noch 800 Mio. USD gebraucht. Kommissionen aus Frankreich, Kanada, Deutschland und sogar den USA haben das AKW besichtigt und gemeinsam mit den Cubanern einen Sicherheitsplan entwickelt. Die Amerikaner haben dann natürlich doch irgendwie kalte Füße bekommen (weil der Wind im Falle eines GAUs den ganzen Dreck nach Florida geweht hätte) und es geschafft, den Cubanern das Vorkommen ausreden zu lassen. Angeblich. Jetzt steht da ein riesiger, zu 90% fertiggestellter Reaktor und rottet vor sich hin.
Cienfuegos ist in der Tat anders als die anderen cubanischen Städte. Wirkt alles äußerst adrett. Eine ziemlich schicke Fußgängerzone mit vielen Einkaufsmöglichkeiten, kaum Touristen, viele sehr gut angezogene Cubaner. Luis weiß auch nicht so recht, warum es der Stadt so gut zu gehen scheint. „War schon immer so“. Aha. Danach fahren wir weiter nach Playa Giron, wo es leider überhaupt nichts zu sehen gibt. Das Museum am Playa Giron ist ziemlich runtergekommen und eher eine Waffenschau, die sich in militärtaktischen Erklärungen verliert. Die Gruppe ist reichlich genervt von der „Revolucion“, Rebekka und ich heucheln höfliches Interesse und genießen langatmige Erklärungen. Natürlich kein Wort davon, daß die Cubaner nur deswegen gewonnen haben, weil die Amerikaner dann doch kalte Füße bekommen haben und die Exilcubaner nicht mit ihrer Luftwaffe unterstützt haben. Wenn die Amis „richtig“ eingegriffen hätten, wäre die Sache wohl anders ausgegangen. Gut, daß damals das Telefon zwischen Chruschtschow und Washington schon funktioniert hatte.
Wir übernachten in der „Villa Playa Giron“, die man höflich als „uninspiriert“ bezeichnen kann. Verwöhnte Touris nennen das „unter aller Sau“. Horizontes wie man es kennt und liebt eben. Die Bungalows wurden renoviert allerdings hat das Geld nur für die Bäder, Lampen und Fernseher gereicht und im Bad gibt es eben auch nur brühend heißes Wasser, egal welchen Hahn man aufdreht. Das Hotel wird auch von Cubanern besucht, deswegen gibt es wohl kein Buffett sondern Rationen, die eine schlecht gelaunte Kellnerin auftischt. Wir betteln um Espaguetti statt Pollo Fritto und setzen uns schließlich durch. Bei Spaghetti kann selbst ein Horizontes-Koch nicht so viel falsch machen, als daß man sie nicht essen könnte. Danach gibt es „Animacion“. Eine Kombo spielt auf der Hammondorgel eine James LAst Version von „Besame Mucho“ und anschließend „My way“. Becky und ich begeben uns umgehend auf die Suche nach Betäubungsmittel und trinken uns die Musik, die Bandleaderin (die einen auf „Welcome to Las Vegas“ macht) und das Ambiente schön. Auf meine Frage, ob man denn nicht mal „A puro Dolor“ oder sowas spielen könnte, meint ein Musiker, das Programm stünde fest. Kicher. Luis Felipe bringt uns etwas Salsa und ChaChaCha bei und der Abend wird irgendwie doch ganz lustig. Er endet dann mit „Mueve la Colita“ und der damit verundenen „A bajo, a riba, isquierda, derecha“-Tanzorgie mit den anwesenden Cubanern, die nach Genuß von zwei Flaschen Rum auch aus ihrer Lethargie erwacht sind.
Unruhige Nacht dank vieler Moskitos. In Cuba läuft übrigens gerade eine „Kill the Moscito“-Kampagne und überall laufen Spezialtrupps mit Insektenvertilgungsmitteln rum, die alle Wohnungen und Ecken vollpesten. Den Cubaner macht das nichts aus. Die sitzen beim Mittagessen während sie eingenebelt werden.
2. Teil folgt
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